Sonntag, 28. Juni 2015

Griechenland: Populismus auf der Goebbels-Frequenz


Seit 40 Jahren dasselbe Lied: "Wish you were here" wird heute von Leuten gesungen, die zur Entstehungszeit des Songs noch nicht auf der Welt waren.

Nun also wieder eine Woche Verlängerung. Nun also wieder eine Volksabstimmung. Nun also wieder Hoffnung. Und wieder Angst, dass das Volk, einmal befragt, falsche Antworten geben könnte.

Sigmar Gabriel ist deshalb "prinzipiell offen" für die Idee, die Griechen selbst zu fragen, ob sie den Euro behalten wollen, auch wenn sie dafür nach der Pfeife von IWF, EZB und EU-Kommission tanzen müssen. "Prinzipiell offen" heißt, der SPD-Chef ist natürlich dagegen, weil ein demokratisches Votum in Griechenland zwangsläufig gewichtiger wäre als die Ansichten der Bürokraten der Institutionen, die fremdes Geld verwalten, als wäre es nicht ihr eigenes. Gabriel wirkliche Sehnsucht ist die nach einem starken Mann, der gern auch eine Frau sein kann, am liebsten aber aussähe wie Sigmar selbst: Ein Disziplinprediger, von Zügellosigkeit mehr als nur ein wenig verfettet, eine Charaktermaske, bereit, die Rolle jederzeit zu wechseln.

Die Salamirettung, die seit fünf Jahren einen Konkursfall verbirgt, nährt solche atavistischen triebe. "So, so you think you can tell / heaven from Hell / blue skies from pain", reimte Roger Waters vor 40 Jahren, als Schlussakte von Helsinki unterzeichnet wurde, der Europäische Rat erstmals zusammentrat und Griechenland nach Jahren der Militärdiktatur eine neue demokratische Verfassung bekam.

Nichts hat sich seitdem geändert, noch immer steht die älteste Demokratie der Welt direkt an der schwelle zur Demokratisierung, zumindest wenn es nach den sogenannten Geldgebern geht. "Gefährlich" sei Tsipras "Kalkül", sein Volk zu fragen, urteilt der "Spiegel", nicht mehr als ein "Selbstrettungsversuch" sei das, kritisiert die FAZ und "Referendum, was soll das nun wieder?", fragt die intellektuelle "Zeit".

Man muss herausfinden, was wer wofür bereit zu zahlen ist. "Did they get you to trade your heroes for ghosts? Hot ashes for trees? Hot air for a cool breeze? Cold comfort for change?" Lieber Krieg oder Käfig? Lieber Freiheit oder Wohlstand? Lieber Euro oder Demorkatie?

Deutschland wüsste, wie es für Griechenland entscheiden würde, Deutschland weiß allerdings nicht, ob die Griechen das genauso sehen. genaugenommen die Situation, in der kein Anwalt einen Zeugen ins Kreuzverhör nimmt. genaugenommen genau die Situation, in der Europa ein Führer fehlt, der die Richtung vorgibt. Wir brauchen es jetzt einfach. Wir brauchen es jetzt so, wie Martin Schulz, Jean-Claude Juncker und Angela Merkel es richtig finden.

Nun also wieder Vertagung, nun also wieder Hetze gegen Hellas. Nun also wieder Populismus auf der Goebbels-Frequenz. Danach folgt das übliche: Banken zu, Kontenkappung, Trost und Zuspruch, krisenrunden. "We're just two lost souls swimming in a fish bowl year after year", sang David Gilmour, als Griechenland noch nicht einmal beitrittsverhandlungen mit der nachmaligen EU führte. "Running over the same old ground what have we found? The same old fears wish you were here."

4 Kommentare:

  1. Unser weiser Wirtschaftslenker Sigmar darf ebensowenig wie unsere größte Kanzlerin aller Zeiten frei heraus sagen, daß er die Griechen am liebsten sofort mit einem warmen Regen deutscher Steuergelder überschwemmen möchte, damit sie sich bei ihren noch nicht einmal 200 Jahren währenden Bemühungen, ein funktionierendes Staatswesen zu bilden, ja nicht überanstrengen, denn er möchte in den Heerschaaren der deutschen Transferleistungsempfänger keinen schädlichen Neid wecken.
    Aber wartet nur darauf, dass die Griechen per Referendum nochmals ihre Unlust, Verträge einzuhalten, bekräftigen, dann wird er ihnen zur Rettung Europas und der Welt wieder beistehen...

    Und nun ein konstruktiver Vorschlag: Man sollte einen Eurosoli von 10% einführen, der
    1. nur von deutschen Staatsbürgern zu entrichten ist, denn nur Deutschland ist am Elend in Europa schuld.
    2. ab einem Bruttoeinkommen von 80.000 € erhoben wird, was auch für SPD Ortsvereine akzeptabel sein düfte, weil es den verdächtigen, übertriebenen Fleiß bremst.
    3. erst einmal zum Schließen der griechischen Haushaltslücken verwendet wird; wenn Griechenland in 100 Jahren einen ausgeglichenen Etat haben wird, wird man über das Auslaufen der Abgabe diskutieren können.

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  2. Fink Ployd hatte ich mal in der großen grauen Stadt gesehen - schlechte Technik , nervige Ployd fans mit Drogenproblemen und Aggrostau ; Konzert zu teuer und überall Möchtegerndagegenseier mit Beamtenstatus und Pseudohippies .

    der Sepp

    Reichskulturpessimist

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  3. @ Volker: Nicht unübel! Aber das trifft es dennoch nicht, dünkt mich.
    Es ist alles Affenkomödie, Augenauswischerei, Bauchpinselei.
    Die wissen, was sie tun, die paddeln nicht hilflos herum.
    Es könnte zwar sein, daß Ferkel Erika zum Zeitpunkt ihrer "Machtergreifung" nicht ganz a l l e s wußte, was ihr zugedacht war.

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