Beruf im Wandel: Hartmut Richter (l.) war ein Fluchthelfer, der Kapitän des gesunkenen Flüchtlingsbootes (r.) hingegen ist ein Schlepper. |
Die Sache ist doch völlig klar. Menschen, die Menschen helfen, unerträglichen Lebensbedingungen in vordemokratischen Staaten zu entkommen, sind Fluchthelfer. Selbst wenn sie Geld nehmen, überwiegt die gute Tat den Eigennutz, wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel im April 1975 feststellte: Zwei "Berufsschleuser" hatten zwischen 70 und 80 Mediziner gegen einen Kopfpreis von durchschnittlich 40 000 Westmark aus der DDR herausgebracht. Der "Spiegel" nannte die Männer selbstverständlich "Fluchthelfer", schließlich hatten sie Menschen bei der Flucht geholfen.
Vierzig Jahre später boomt das Gewerbe. In Nordafrika leben ganze Landstriche von Fluchthilfe, Käpitäne, Steuermänner, Matrosen, Bootsausrüster, sie alle kümmern sich darum, zehn- und hunderttausende Menschen vor politischer Verfolgung, vor Gewalt, Krieg, Korruption und religiösem Fanatismus in Sicherheit zu bringen. Nur der Begriff "Fluchthelfer" ist ausgestorben: Zwar nennt der "Spiegel" die Menschen, die da versuchen, aus Afrika nach Europa zu gelangen, wie die gesamte deutsche Presse gern "Flüchtlinge". Doch die, die ihnen helfen, flüchten zu können, sind keineswegs mehr "Fluchthelfer". Sondern "Schlepper".
Eine Begriffsveränderung, die nicht von ungefähr kommt, wie letzte Erwähnung des Wortes "Fluchthelfer" im "Spiegel" belegt. Getreu der Absicht erfolgt der Sprachgebrauch: In diesem Fall ging es um den chinesischen Menschenrechtsaktivisten Chen Guangcheng, also gegen China. Folglich ist der Schlepper kein Schlepper, sondern ein Fluchthelfer wie einst im Fall der Fluchten aus der DDR. "Flucht" wie "Hilfe" sind positiv besetzt, die Vokabel richtet sich damit aktiv aus einer Verteidigungshaltung heraus gegen den Fluchtstaat.
Anders sieht es aus, wenn etwa ein malischer Menschenrechtsaktivist an Bord eines libyschen Seelenverkäufers nach Italien aufbricht. Von Fluchthilfe wird hier in keiner deutschen Zeitung die Rede sein, nicht einmal davon, dass die Fluchtentscheidung ein souveräner Entschluss des Maliers ist. Nein, dem paternalistischen Grundverständnis deutscher Medienarbeiter Afrika gegenüber wird der Fluchtwillige zur Menschenmasse ohne eigenen Willen. Ein "Schlepper" bemächtigt sich seiner und "Menschenhändler" und gewissenlose Profiteure des Flüchtlingselends halten ihn in ihren Fängen.
Gut und Böse tauschen die Plätze, je nachdem, welchen Blickwinkel die Geschwätzdesigner aus der Bundesworthülsenfabrik für die Betrachtung der Wirklichkeit vorgegeben haben: Wer jemandem aus der DDR oder China heraushilft, ist ein Mensch, der nur das Beste will. Wer dasselbe für Menschen tut, die Syrien, den Irak, Libyen oder ein anderes verheertes nordafrikanisches Land verlassen will, ist ein skrupelloser Krimineller, dem die EU das Handwerk legen muss.
Vierzig Jahre später boomt das Gewerbe. In Nordafrika leben ganze Landstriche von Fluchthilfe, Käpitäne, Steuermänner, Matrosen, Bootsausrüster, sie alle kümmern sich darum, zehn- und hunderttausende Menschen vor politischer Verfolgung, vor Gewalt, Krieg, Korruption und religiösem Fanatismus in Sicherheit zu bringen. Nur der Begriff "Fluchthelfer" ist ausgestorben: Zwar nennt der "Spiegel" die Menschen, die da versuchen, aus Afrika nach Europa zu gelangen, wie die gesamte deutsche Presse gern "Flüchtlinge". Doch die, die ihnen helfen, flüchten zu können, sind keineswegs mehr "Fluchthelfer". Sondern "Schlepper".
Eine Begriffsveränderung, die nicht von ungefähr kommt, wie letzte Erwähnung des Wortes "Fluchthelfer" im "Spiegel" belegt. Getreu der Absicht erfolgt der Sprachgebrauch: In diesem Fall ging es um den chinesischen Menschenrechtsaktivisten Chen Guangcheng, also gegen China. Folglich ist der Schlepper kein Schlepper, sondern ein Fluchthelfer wie einst im Fall der Fluchten aus der DDR. "Flucht" wie "Hilfe" sind positiv besetzt, die Vokabel richtet sich damit aktiv aus einer Verteidigungshaltung heraus gegen den Fluchtstaat.
Anders sieht es aus, wenn etwa ein malischer Menschenrechtsaktivist an Bord eines libyschen Seelenverkäufers nach Italien aufbricht. Von Fluchthilfe wird hier in keiner deutschen Zeitung die Rede sein, nicht einmal davon, dass die Fluchtentscheidung ein souveräner Entschluss des Maliers ist. Nein, dem paternalistischen Grundverständnis deutscher Medienarbeiter Afrika gegenüber wird der Fluchtwillige zur Menschenmasse ohne eigenen Willen. Ein "Schlepper" bemächtigt sich seiner und "Menschenhändler" und gewissenlose Profiteure des Flüchtlingselends halten ihn in ihren Fängen.
Gut und Böse tauschen die Plätze, je nachdem, welchen Blickwinkel die Geschwätzdesigner aus der Bundesworthülsenfabrik für die Betrachtung der Wirklichkeit vorgegeben haben: Wer jemandem aus der DDR oder China heraushilft, ist ein Mensch, der nur das Beste will. Wer dasselbe für Menschen tut, die Syrien, den Irak, Libyen oder ein anderes verheertes nordafrikanisches Land verlassen will, ist ein skrupelloser Krimineller, dem die EU das Handwerk legen muss.
Partisan und Terrorist.
AntwortenLöschenauch so ein Sprachspiel des politischen Gewissens.
ja, hatten wir mal islamisten gegen rebellen gegen terroristen
AntwortenLöschenDiesem Artikel muß ich leider widersprechen!
AntwortenLöschentu das, widerspruch ist immer gut. aber warum?
AntwortenLöschenHier werden Sie geholfen!
AntwortenLöschen@ppq
AntwortenLöschen...aber warum?
"Fluchthelfer" ist der, der einem Anderen dabei hilft von irgendwo zu fliehen. Der Gehilfe eines Eindringlings ist ein "Schlepper"
Sehen Sie keinen Unterschied zwischen eingesperrt und ausgesperrt?
jetzt habe ichs. lieber Penseur, sie verwechseln da die realität mit der sprache gewordenen realität. der text beschreibt doch überhaupt nicht die reale lage, sondern den sprachlichen umgang damit. da spiegel, dpa, sz und co. keinen unterschied in ihrem und im sinne von molot machen (eingesperrt/ausgesperrt, DDR/afrika), dürften sie auch keinen unterschied in der beschreibung derer machen, die helfen. sie schreiben es ja selbst: wer das wort flüchtlinge benutzt (und das wird bis heute benutzt, kräftig), der könnte seiner eigenen logik folgend die, die bei der flucht helfen natürlich auch fluchthelfer nennen. tun sie nicht. aber nicht aus den gründen, die sie mutmaßen. sondern aus einem im bauch gefühlten opportunismus heraus, der sich zugleich paternalistisch geriert. das sollte der text beschreiben
AntwortenLöschen@PPQ:
AntwortenLöschenSo, jetzt hab' ich's auch! Danke für die Denkhilfe an den Denker ;-)