Zu spät: In der 87. Minute kann auch Königshofer nichts mehr retten. |
Fast hatte der Glaube das Wissen besiegt nach dem letzten Heimspiel des Halleschen FC gegen Wehen Wiesbaden. Erstmals seit April gelang ein Sieg, erstmals schien es wieder so, als könnte die Mannschaft, die HFC-Trainer Sven Köhler und Manager Ralph Kühne vor der Saison zusammengestellt hatten, wirklich nicht nur die teuerste sein, die jemals für den Club aus der Saalestadt auflief, sondern auch die beste. Ein Remis danach im Auswärtsspiel bei Regensburg war weniger als erhofft, aber doch mehr als befürchtet - der Hallesche FC stand also im Spiel gegen den Aufsteiger Sonnenhof Großaspach wiedereinmal am Scheideweg: Endgültig raus aus der Abstiegszone. Oder endgültig wieder dorthin, wo der Verein seit dem Aufstieg in die 3. Liga noch jedes Jahr im späten Herbst gestanden hatte.
Die Spieler des HFC entschieden nun, es besser noch schlimmer werden zu lassen als jetzt schon gut zu sein. Erneut umformiert, weil Andy Gogia, der einzige Matchwinner, den der HFC derzeit hat, sich auch noch verletzt abgemeldet hat, taumelt die Truppe in Rot und Weiß durch eine erste Halbzeit, die an Arbeitsverweigerung grenzt. Nichts geht nach vorn, von einem Eckball in der ersten Minute und ein paar peinlichen Schussversuchen gegen Ende zu abgesehen. Großaspach ist schneller, wendiger, heller, dem HFC fehlt jede Leidenschaft, es scheint minutenlang, als seien die Gäste mit einem oder zwei Mann mehr auf dem Platz.
Die 6000 Zuschauer, die nach Monaten permanenter Heimpleiten immer noch ins frühere Kurt-Wabbel-Stadion kommen, sehen einer Mannschaft beim Auseinanderfallen zu. Ivica Banovic, nach seiner Genesung der aktuelle Hoffnungsträger des HFC, müht sich zwar im Mittelfeld. Und der nach einer zwischenzeitlichen Verbannung in die Reserve rehabilitierte Timo Furuholm deutet drei-, viermal an, was er machen könnte, bekäme er pro Halbzeit nicht drei, sondern vielleicht 13 Zuspiele. Aber im Zusammenspiel funktioniert überhaupt nichts. Selbst Schick und Schmidt, zwei Männer, die seit zwei Jahren in einer Mannschaft stehen, rennen sich eher über den Haufen als die Laufwege des anderen zu antizipieren.
In der Halbzeit reagiert Sven Köhler. Er nimmt Schick, der die letzten Minuten vor der Halbzeit als Abwehrspieler für den vorgerückten Ziebig verbracht hat, vom Platz und bringt mit Kruse den etatmäßigen Kapitän. Für das Ausmaß an Zerrüttung, das im Mannschaftsverbund herrscht, mag der Umstand ein Indiz sein, dass Banovic die Kapitänsbinde nicht an seinen Kollegen weitergibt. Noch auffälliger jedoch: Sven Köhler, an der Seitenlinie wie immer agil wie ein Grabstein, lässt es kommentarlos zu.
Großaspach steht in der zweiten Hälfte tiefer und scheint zufrieden damit, den einen Punkt zu sichern. Der HFC hat Ansätze von Chancen durch Furuholm, der erstmals von einem eigenen Fanclub unterstützt wird, und Tony Schmidt. Doch schon ein Blick auf die Statistik lässt ahnen, dass die Wahrscheinlichkeit für einen HFC-Torerfolg äußerst niedrig ist. Die elf Spieler, die jetzt auf dem Platz stehen, haben in den letzten 16 Partien zusammen achtmal getroffen - aller 180 Minuten einmal. Und hier sind nun nur noch 30 Minuten zu spielen.
Der einzige im Stadion, der noch Hoffnung zu haben scheint, ist Sven Köhler. Er macht keine Anstalten zu wechseln. Selbst als Großaspach erkennen lässt, dass ein torloses Unentschieden eigentlich alles ist, was sie mit nach Würtemberg nehmen wollen, zieht er weder den spielstarken Marco Engelhardt nach vorn noch versucht er, mit dem kopfballstarken Ex-Abwehrchef Marcel Franke die bis dahin nicht vorhandene Gefahr bei Ecken und Freistößen zu erhöhen.
Aber Freistöße hat der HFC ohnehin nicht. Die Strategie heißt Brechstange, der offensivste Mann ist Linksverteidiger Daniel Ziebig. Alles spielt fortwährend aneinander vorbei, es gibt keine Leidenschaft, nicht einmal Emotion. Die Schultern hängen, die Köpfe sind gesenkt. Wie verunsichert selbst die erfahrenen Spieler sind, zeigt Sascha Pfeffer, als er in aussichtsreicher Position vor dem Tor nochmal das Standbein wechselt. Und die Schusschance damit vorüberziehen lässt.
Ein Debakel, bis in die Schlussphase hinein allerdings noch bemäntelt vom erträglichen Ergebnis. Remis gegen den Vorletzten, das ist in etwa das, was der HFC zustande bringt. Aber Köhler wechselt nun doch, bringt jedoch weder Osawe noch einen Abwehrspieler, um Engelhardt weiter vorn platzieren zu können. Stattdessen kommt Stanley Ratifo, ein Nachwuchsmann, den der HFC im Sommer rein zufällig verpflichten konnte, weil der ehemalige Hallenser nach ein paar Jahren an der Ostsee darum bat, in der 2. Mannschaft mitspielen zu dürfen. Wie viel Vertrauen muss ein Trainer, der so wechselt, in die Spieler haben, die er lange beobachtet, ausgewählt und schließlich nach aufreibenden Verhandlungen unter Vertrag nehmen konnte?
Und wie sieht es andersherum aus? Im Verlauf der Saison, die zwischen Desaster und gelegentlichem Aufatmen schwankte, hat Sven Köhler von Torwart über Abwehrchef über den Mittelfeldchef bis zur Sturmspitze sämtliche Leistungsträger mindestens einmal rasiert. Er hat neue Leute geholt, ausprobiert und sie anschließend aussortiert. Bis auf Andy Gogia, Tony Schmidt, Maximilian Jansen, Sascha Pfeffer, den erst spät gekommenen Marco Engelhardt und den erst seit drei Spieltagen genesenen Banovic war jeder der 22 Spieler schon einmal auserkoren, der entscheidende Schwachpunkt in einer Mannschaft zu sein, die viel schlechter spielt als von der Papierform her möglich.
Wieviel Vertrauen können diese Spieler noch zu ihrem Trainer haben? Wenig. Wie viele neue Spieler kann ein Verein noch holen, um diesen Mangel an Vertrauen auszugleichen?
Es müssten Stand heute genug sein, um eine ganze Elf zu füllen. Denn gegen Großaspach kommt zum spielerischen Offenbarungseid am Ende auch noch die Unfähigkeit hinzu, einen Tag zu erkennen, an dem nicht mehr möglich ist als keine Niederlage zu kassieren. In den letzten Minuten rennt der HFC blind an, auch Marco Engelhardt ist ohne Absicherung ganz vorn unterwegs. Großaspach kontern einmal, Torwart Königshofer rettet mit den Fingerspitzen. Großaspach kontert zweimal, ein HFC-Spieler klärt zu Ecke. Die kommt, mittig, zentral vors Tor. Und ein kleingewachsener Brasilianer im Sonnenhof-Dress springt am höchsten und netzt ein.
Selbst jetzt aber ist von Schadensbegrenzung keine Rede. Noch mal Brechstange, wieder ist der Ball weg. Nun laufen drei Großaspacher auf Königshofer, den besten Mann im Halle-Dress, zu. Ding. Dong. Peng. Das 0:2 in der Nachspielzeit. Pfiffe von der Tribüne, "Köhler raus"-Rufe. Der HFC steht am 17. Spieltag mit noch einmal vier Punkten weniger und einer um zwei Tore schlechteren Tordifferenz da als zum selben Zeitpunkt der fürchterlichen Vorsaison.
Vielleicht nun doch das Ende einer Ära, die 2007 begann, als es hier kurz nach Amtsantritt von Sven Köhler in einer ersten Bilanz zu dessen Tätigkeit hieß: "Hoffnung trügt. Liebe wird enttäuscht. Und die Tabellenspitze ist spätestens zu Weihnachten so weit weg wie der Himalaya".
Die Spieler des HFC entschieden nun, es besser noch schlimmer werden zu lassen als jetzt schon gut zu sein. Erneut umformiert, weil Andy Gogia, der einzige Matchwinner, den der HFC derzeit hat, sich auch noch verletzt abgemeldet hat, taumelt die Truppe in Rot und Weiß durch eine erste Halbzeit, die an Arbeitsverweigerung grenzt. Nichts geht nach vorn, von einem Eckball in der ersten Minute und ein paar peinlichen Schussversuchen gegen Ende zu abgesehen. Großaspach ist schneller, wendiger, heller, dem HFC fehlt jede Leidenschaft, es scheint minutenlang, als seien die Gäste mit einem oder zwei Mann mehr auf dem Platz.
Die 6000 Zuschauer, die nach Monaten permanenter Heimpleiten immer noch ins frühere Kurt-Wabbel-Stadion kommen, sehen einer Mannschaft beim Auseinanderfallen zu. Ivica Banovic, nach seiner Genesung der aktuelle Hoffnungsträger des HFC, müht sich zwar im Mittelfeld. Und der nach einer zwischenzeitlichen Verbannung in die Reserve rehabilitierte Timo Furuholm deutet drei-, viermal an, was er machen könnte, bekäme er pro Halbzeit nicht drei, sondern vielleicht 13 Zuspiele. Aber im Zusammenspiel funktioniert überhaupt nichts. Selbst Schick und Schmidt, zwei Männer, die seit zwei Jahren in einer Mannschaft stehen, rennen sich eher über den Haufen als die Laufwege des anderen zu antizipieren.
In der Halbzeit reagiert Sven Köhler. Er nimmt Schick, der die letzten Minuten vor der Halbzeit als Abwehrspieler für den vorgerückten Ziebig verbracht hat, vom Platz und bringt mit Kruse den etatmäßigen Kapitän. Für das Ausmaß an Zerrüttung, das im Mannschaftsverbund herrscht, mag der Umstand ein Indiz sein, dass Banovic die Kapitänsbinde nicht an seinen Kollegen weitergibt. Noch auffälliger jedoch: Sven Köhler, an der Seitenlinie wie immer agil wie ein Grabstein, lässt es kommentarlos zu.
Großaspach steht in der zweiten Hälfte tiefer und scheint zufrieden damit, den einen Punkt zu sichern. Der HFC hat Ansätze von Chancen durch Furuholm, der erstmals von einem eigenen Fanclub unterstützt wird, und Tony Schmidt. Doch schon ein Blick auf die Statistik lässt ahnen, dass die Wahrscheinlichkeit für einen HFC-Torerfolg äußerst niedrig ist. Die elf Spieler, die jetzt auf dem Platz stehen, haben in den letzten 16 Partien zusammen achtmal getroffen - aller 180 Minuten einmal. Und hier sind nun nur noch 30 Minuten zu spielen.
Der einzige im Stadion, der noch Hoffnung zu haben scheint, ist Sven Köhler. Er macht keine Anstalten zu wechseln. Selbst als Großaspach erkennen lässt, dass ein torloses Unentschieden eigentlich alles ist, was sie mit nach Würtemberg nehmen wollen, zieht er weder den spielstarken Marco Engelhardt nach vorn noch versucht er, mit dem kopfballstarken Ex-Abwehrchef Marcel Franke die bis dahin nicht vorhandene Gefahr bei Ecken und Freistößen zu erhöhen.
Aber Freistöße hat der HFC ohnehin nicht. Die Strategie heißt Brechstange, der offensivste Mann ist Linksverteidiger Daniel Ziebig. Alles spielt fortwährend aneinander vorbei, es gibt keine Leidenschaft, nicht einmal Emotion. Die Schultern hängen, die Köpfe sind gesenkt. Wie verunsichert selbst die erfahrenen Spieler sind, zeigt Sascha Pfeffer, als er in aussichtsreicher Position vor dem Tor nochmal das Standbein wechselt. Und die Schusschance damit vorüberziehen lässt.
Ein Debakel, bis in die Schlussphase hinein allerdings noch bemäntelt vom erträglichen Ergebnis. Remis gegen den Vorletzten, das ist in etwa das, was der HFC zustande bringt. Aber Köhler wechselt nun doch, bringt jedoch weder Osawe noch einen Abwehrspieler, um Engelhardt weiter vorn platzieren zu können. Stattdessen kommt Stanley Ratifo, ein Nachwuchsmann, den der HFC im Sommer rein zufällig verpflichten konnte, weil der ehemalige Hallenser nach ein paar Jahren an der Ostsee darum bat, in der 2. Mannschaft mitspielen zu dürfen. Wie viel Vertrauen muss ein Trainer, der so wechselt, in die Spieler haben, die er lange beobachtet, ausgewählt und schließlich nach aufreibenden Verhandlungen unter Vertrag nehmen konnte?
Und wie sieht es andersherum aus? Im Verlauf der Saison, die zwischen Desaster und gelegentlichem Aufatmen schwankte, hat Sven Köhler von Torwart über Abwehrchef über den Mittelfeldchef bis zur Sturmspitze sämtliche Leistungsträger mindestens einmal rasiert. Er hat neue Leute geholt, ausprobiert und sie anschließend aussortiert. Bis auf Andy Gogia, Tony Schmidt, Maximilian Jansen, Sascha Pfeffer, den erst spät gekommenen Marco Engelhardt und den erst seit drei Spieltagen genesenen Banovic war jeder der 22 Spieler schon einmal auserkoren, der entscheidende Schwachpunkt in einer Mannschaft zu sein, die viel schlechter spielt als von der Papierform her möglich.
Wieviel Vertrauen können diese Spieler noch zu ihrem Trainer haben? Wenig. Wie viele neue Spieler kann ein Verein noch holen, um diesen Mangel an Vertrauen auszugleichen?
Es müssten Stand heute genug sein, um eine ganze Elf zu füllen. Denn gegen Großaspach kommt zum spielerischen Offenbarungseid am Ende auch noch die Unfähigkeit hinzu, einen Tag zu erkennen, an dem nicht mehr möglich ist als keine Niederlage zu kassieren. In den letzten Minuten rennt der HFC blind an, auch Marco Engelhardt ist ohne Absicherung ganz vorn unterwegs. Großaspach kontern einmal, Torwart Königshofer rettet mit den Fingerspitzen. Großaspach kontert zweimal, ein HFC-Spieler klärt zu Ecke. Die kommt, mittig, zentral vors Tor. Und ein kleingewachsener Brasilianer im Sonnenhof-Dress springt am höchsten und netzt ein.
Selbst jetzt aber ist von Schadensbegrenzung keine Rede. Noch mal Brechstange, wieder ist der Ball weg. Nun laufen drei Großaspacher auf Königshofer, den besten Mann im Halle-Dress, zu. Ding. Dong. Peng. Das 0:2 in der Nachspielzeit. Pfiffe von der Tribüne, "Köhler raus"-Rufe. Der HFC steht am 17. Spieltag mit noch einmal vier Punkten weniger und einer um zwei Tore schlechteren Tordifferenz da als zum selben Zeitpunkt der fürchterlichen Vorsaison.
Vielleicht nun doch das Ende einer Ära, die 2007 begann, als es hier kurz nach Amtsantritt von Sven Köhler in einer ersten Bilanz zu dessen Tätigkeit hieß: "Hoffnung trügt. Liebe wird enttäuscht. Und die Tabellenspitze ist spätestens zu Weihnachten so weit weg wie der Himalaya".
Hier wird einen noch einmal die ganze Erbärmlichkeit und Planlosikeit in aller Sachlichkeit in Worten vor Augen geführt. Danke für die beste Zusammenfügung dieses HFC-Dilemma! Mehr ist nicht hinzuzufügen
AntwortenLöschenSom jag brukade säga innan: Fotbåll är för pöbeln.
AntwortenLöschen@anonym: Da sagte Jesus zu ihnen: Amen, das sage ich euch: Zöllner und HFC-Fans gelangen eher in das Reich Gottes als ihr.
AntwortenLöschen".. einen Tag zu erkennen, an dem nicht mehr möglich ist als keine Niederlage zu kassieren." Wenn ich so einen Schwachsinn lese, kommt mir doch sofort die berühmte Wurst.
AntwortenLöschenDa soll sich der HFC also nach Ansicht des Schreiberlings die letzten Spielminuten ergeben? Hinten reinstellen, damit kein zweiter Konter zustande kommt? Wer so etwas schreibt, hat von Fußball soviel Ahnung wie ein Ochse vom Milchgeben. Wenn ich einen Trainer demontieren will, muss ich mir was Intelligenteres einfallen lassen. In diesem Sinne ...
du erkennst solche tage offenbar nicht
AntwortenLöschenbanovic hat dir da etwas voraus: er sagt, ihm sei schnell klar geworden, dass dieses spiel nur durch eine standardsituation entschieden werden kann
AntwortenLöschenda wäre nun der marcel franke, wie es im text steht, nicht die schlechteste wahl gewesen
Gute Analyse und auch gute wortwahl. Aber ein kleiner Fehler ist doch drin. Banovic darf die Binde nicht abgeben, so lange er nicht ausgewechselt wird. Das sind Statuten des DFB oder sogar der Fifa. Gabs schon öfter das der eigentliche Kapitän eingewechselt wird aber eben nicht die Binde übernehmen kann, weil der Spieler der mit der Binde aufgelaufen ist noch weiter spielt. ;) (Obwohl die Metapher ganz gut geeignet ist um die Situation zu verdeutlichen. Lassen wir es mal als künstlerische Freiheit stehen ;))
AntwortenLöschenist das so? gut, dann bleibt es als metapher stehen
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