Sonntag, 30. November 2014

Angriff auf Pressefreiheit: Russen senden auf Deutsch

Deutsche schauen wieder nach Osten - und schuld ist Russia Today
Es ist der vielleicht gefährlichste Anschlag auf die Werte des freien Westens seit dem Schwarzen Kanal, eine miese, hinterlistige Attacke, schlimmer noch als die Unterwanderung der AfD durch Putins Fünfte Kolonne. Russia Today, der russische Staatssender, hat ein deutsches Programm gestartet, das binnen weniger Tage zu einer akuten Gefahr für die Pressefreiheit in Deutschland geworden ist, wie zahlreiche sachkundige Analysen belegen.

Auf Putins Leib- und Magensender ist alles anders als in den objektive berichtenden Medien, mit denen deutsche Zuschauer sonst zu tun haben. Statt die lautere Wahrheit zu berichten, liefert der Russenkanal pure Propaganda. "Das Programm bietet einen obskuren Mix aus konfrontativer Kreml-Propaganda und Weltverschwörung", musste das Handelsblatt nach einem Selbstversuch als Zuschauer des Internetkanals rtdeutsch.com feststellen. Auch die "Welt" konnte nur über einen Versuch Moskaus berichten, mit Hilfe verstärkten billiger Propaganda "in der Ukraine-Krise einen Keil zwischen Europa und die USA zu treiben, und auch zwischen die Bevölkerung Europas und seine Regierungen".

Natürlich letztlich eine vergebliche Mühe, denn zwischen die Völker der freien Welt und ihre demokratisch gewählten Regierungen passt traditionell kein Blatt Papier. Putins schärfste Waffe im Kampf gegen Freiheit und Demokratie (fefe) aber versucht es dennoch: Mit gewaltige finanzielle Aufwendungen droht der Kreml die Deutschen einem massiven Umerziehungsprogramm zu unterziehen.

In die gezinkten Karten spielen könnte der russischen Propagandamaschine dabei das sogenannte Putin Paradoxon. Mit diesem Begriff bezeichnen Medienwissenschaftler wie Hans Achtelbuscher vom An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung in Halle an der Saale den Umstand, dass aktuelle Analysen und Berichte der deutschen Leitmedien darauf schließen lassen, dass die russischen Staatssender und von Putin direkt gelenkte Zeitungen mit ihrer plumpen Propaganda immer höhere Glaubwürdigkeitswerte beim Publikum erzielen, während die deutsche Konkurrenz mit zunehmendem Misstrauen ihrer Zuschauer und Leser zu kämpfen hat.

Seit Monaten schon versuchen die führenden Medienhäuser deshalb, mit ähnlich grob zusammengeschluderten Propagandabotschaften wie der Moskauer Sender Boden gutzumachen. Mittlerweile ist es dabei zumindest schon einmal gelungen, ein ein bizarres Paralleluniversum zu erschaffen, in dem es eine Konstante gibt: Der Russe ist verkommen.

Samstag, 29. November 2014

HFC: Kampfsieg in der Kältekammer


Wenig auf der Welt ist zuletzt langweiliger gewesen als ein Besuch im Heimstadion des Halleschen Fußballclub. Das ehemalige Kurt-Wabbel-Stadion, zu Ehren der aussterbenden nicht-erneuerbaren Energie "Erdgas-Sportpark" genannt, ist regelmäßig Schauplatz von freudlosen Pleiten der Hausherren. Zwar war Ende Oktober endlich der erste Heimsieg im sechsten Anlauf gelungen. Doch zuletzt gelang gegen den Tabellenvorletzten Großaspach wieder ein jammervolles 0:2, das die Rufe nach einem Trainerwechseln an der Saale wieder lauter werden ließ.

Und nun also Osnabrück, vor einem Jahr in ähnlicher Situation ein dankbarer Aufbaugegner, derzeit jedoch mit einer Bilanz aus sieben Spielen ohne Niederlage angereist. Selbstvertrauen gegen Wackelknie, so sieht es nach 24 Sekunden auch aus. Der HFC, diesmal mit Dominic Rau für Baude in der Abwehr, ist mental noch in der Kabine, da haben die Gäste die erste große Torchance. Immerhin: es ist dann für einige Zeit ihre einzige. Denn die Köhler-Elf, der nachgesagt wird, sie könne das Spiel nicht machen, zeigt heute, dass das nicht immer stimmt. Angeführt vom spielerisch wie kämpferisch herausragenden Ivica Banovic dominieren die Gastgeber ab Minute fünf, als seien das nicht dieselben Spieler, die gegen Großaspach noch so blutleer und ideenlos wirkten.

Osnabrück, begleitet von rund 250 in ihrer Ecke unverdrossen gegen die halleschen Fan-Überzahl ansingende Anhänger, wirkt konsterniert. In der achten Minute verpasst Banovic ein Zuspiel von Gogia, in der zehnten köpft kruse am Tor vorbei, wenig später ist es Furuholm, der vorbeischießt. Es muss wieder ein Standard her - und hier kommt er auch schon: 13. Minute, Ecke von links, Gogia, seit der Verletzung von Sören Betram nicht mehr bestrebt, mit geheimen Großversammlungen an der Eckfahne alle eigenen Mitspieler zu verwirren, schießt hoch Richtung zweiten Pfosten, VfL-Keeper Heuer Fernandes verpasst. Marco Engelhardt hat hinter ihm kein Problem, aus kürzester Distanz abzuschließen.

Es ist erst das vierte Mal in den zurückliegenden sieben Monaten, dass der Heimverein hier in Führung geht. Zweimal hieß es danach Zittern bis zum Ausgleich, nur einmal reichte der Vorsprung bis ins Ziel.

Heute aber ist keine Angst auf den Rängen, heute ist auch kein Verstecken auf dem Platz. Florian Brügmann spielt auf Linksaußen eine fantastische Partie, Furuholm hat die hängenden Schultern zu Hause gelassen, Banovic und Kruse machen in der Mitte dicht, Pfeffer und Jansen kommen häufiger über außen als in allen heimspielen bisher zusammengenommen. Der einzige in Rot und Weiß, der sichtlich wackelt, ist Dominic Rau, ein zum Außen umfunktionierter Innenverteidiger. Mehrfach wird der Neueinkauf vom Sommer überlaufen, mehrfach muss er foulspielen, um einen Angriff zu stoppen. Osnabrück bemerkt das und kommt nun erst recht häufiger über seine Seite.

Ohne zählbaren Erfolg. Den verzeichnet der HFC: In der 36. Minute tritt Andy Gogia zum Freistoß an. Kapitän Tim Kruse steigt am höchsten und lenkt den Ball mit dem Hinterkopf ins Osnabrücker Netz. Der VfL findet nun minutenlang gar nicht mehr statt. Dafür hat Halle Chance um Chance - Timo Furuholm verzieht nach Pass von Gogia nur knapp, nach einem Zuspiel von Sascha Pfeffer noch knapper. Die schönste Chance hat allerdings Ivica Banovic, Herz und Hirn des HFC-Spiels, als er Sekunden vor der Pause fast zentral aus 20 Metern abzieht und den Ball an die Torlatte knallt. Etwas weniger Wucht, und er wäre drin gewesen.

Es ist eiskalt im Erdgas-Sportpark, in dem sich als Folge der desaströsen Heimauftritte der letzten Monate nur noch 5300 Zuschauer verlieren. Doch das Spiel wärmt weiter. Selten war die Stimmung auf den Rängen in den letzten Wochen so euphorisch, selten zündete der Funke vom Rasen auf den Tribünen, schwappte die gute Laune von oben so nach unten zu den Spielern.

Der Knick kommt mit der 64. Minute, als der einmal mehr überlaufene Dominic Rau einen VfL-Angriff nur mit einem Foul stoppen kann. Die Gelbe Karte hatte er für eine ähnliche Aktion ein paar Minuten früher schon gesehen, Trainer Sven Köhler hatte dennoch darauf verzichtet, den auf der Bank sitzenden Marcel Baude zu bringen, um seinen rotgefährdeten Außenverteidiger zu schützen. Nun muss Rau raus, der HFC spielt zu Zehnt weiter und Baude kommt für den offensiven Sascha Pfeffer.

Es sind lange 28 Minuten, in denen sich die Hallenser nun gegen die anrennenden Osnabrücker verteidigen. Die schnüren den HFC jetzt ein, Konter der Gastgeben kommen nicht über Ansätze hinaus, weil Gogia stolpert, Banovic den Weg außen entlang sucht und der eingewechselte Osawe immer weiter auf das leere VfL-Tor zuläuft, statt von der Mittellinie einfach hineinzuschießen.

Aber obwohl auch Timo Furuhom noch eine Chance vergibt, als er artistisch mit einem Fallrückzieher an Daniel Heuer-Fernandesz scheitert, reicht es. Zum Abpfiff gehen die Arme hoch, die Mannschaft tanzt, die Tribünen singen. Die Hinrunde, die mit diesem Spiel rein rechnerisch beendet ist, klingt versöhnlich aus. Die  25 Punkte, die die Köhler-Elf geholt hat, sind das beste Ergebnis des HFC vor einer Winterpause überhaupt - ein Punkt mehr als im Vorjahr, sieben mehr sogar als beim Debüt in der Saison 12/13.

Zitate zur Zeit: Die Schattennull

Die schwarze Null wirft einen langen Schatten.

Katja Kipping am 9. April 2014 im Bundestag

Atomattacke auf Friedensmacht

Die ukrainische Armee wirft Russland nun endlich vor, mehrere taktische Atombomben auf Parkanlagen im Land abgeworfen zu haben zu sein. Moskau dementiert wie immer, auch Beweise gibt es wie stets nicht. Nun prüft die Nato und erste Stimmen in der Politik verlangen eine umgehende Verschärfung der Sanktionen gegen Russland.

Auch die Regierung in Kiew hat in gewohnter Weise auf die eigenen Angaben reagiert.Im "Spiegel" berichteten Regierungsvertreter über "neue russische Truppenbewegungen im Osten des Landes". Damit ist erstmals bewiesen, dass sich russischen Truppen in der Ukraine befinden. Dort bereiten sie eine Winteroffensive vor, die nur mit Dieselmotoren abgewehrt werden kann, wie Außenminister Außenminister Pawlo Klimkin der "Bild"-Zeitung sagte.

Um den Wehrwillen der Ukrainer zu stärken, wurde inzwischen die Arbeit aller öffentlichen Einrichtungen in der Ostukraine beendet. Schulen und Krankenhäuser sind geschlossen, bis zu einer geplanten Rückeroberung der umstrittenen Gebiete hat Präsident Petro Poroschenko die Einstellung sämtlicher staatlicher Leistungen in den von Rebellen kontrollierten Gebieten im Osten des Landes verfügt. Damit soll die Einheit des Landes gewahrt werden.

Poroschenko beauftragte die Regierung in Kiew dazu, alle "Aktivitäten staatlicher Unternehmen, Institutionen und Organisationen" in den von Russland eroberten Gebieten zu beenden. Separatistische Ärzte, Krankenschwestern, Verwaltungsbeamte und Lehrer, die sich nicht an die Anweisung hielten, würden im Rahmen der Anti-Terror-Operation bestraft.

Mit den Atomangriffen auf ukrainisches Territorium haben die sich seit Monaten häufenden Medienberichte zu Gräueltaten in der Ostukraine am Tag nach dem Erscheinen des neuen "Spiegel" mit einer umfangreichen Dia-Show zum Thema "Kalter Krieger Putin" einen neuen Höhepunkt erreicht. Die bislang fehlenden Foto- und Videobeweise sprechen dafür, dass der russische Angriff diesmal noch viel verheerenden war als bislang befürchtet. Vertreter der UN und der OSZE hatten immer befürchtet, dass den virtuellen Truppenbewegungen großangelegte virtuelle Kampfhandlungen folgen könnten. Mit den Meldungen über die imaginären Atomangriffe scheint es nun soweit zu sein.

Freitag, 28. November 2014

Wenn die Betten brennen

Selten geworden sind die Momente, in denen der interessierte Mediennutzer nach der Lektüre eines Beitrages in den Leitmedien nicht das Gefühl hat, dümmer zu gehen, als er gekommen ist. Statt Analyse bieten Spiegel, Faz und Welt seit Jahren mehr und mehr aufgeregte Propaganda, aus der Aufgabe des Journalisten, zu schreiben, was ist, scheint die tägliche Mühsal geworden zu sein, aus dem was ist, zu machen, was man gern hätte.

Die Branche hat ein Problem, und dieses Problem heißt weder Mindestlohn noch Internet. Es heißt Willfährigkeit, Furcht und Wirklichkeitsverweigerung. Malte Daniljuk hat bei heise.de,  in den vergangenen Monaten ohnehin zu einer verlässlichen Quelle für Texte ohne Geifer und Kampfauftrag gewachsen, einen umfassenden und instruktiven Beitrag zur Lage der Mediennation verfasst.

Sein "Rückblick auf ein besonderes Jahr für den Kriegs- und Krisenjournalismus" zeigt am Beispiel der Berichterstattung über die Ukraine-Krise, wie Wunschdenken, Obrigkeitshörigkeit, der Wille, immer auf der richtigen Seite zu stehen, und der Corpsgeist einer agenturgläubigen, jeder Selbstkritik abholden und von der Aussicht auf Kritik von oben eingeschüchterten Branche zur faktischen Abschaffung von Pluralität in der Berichterstattung geführt hat.

In einer anderen Welt wäre das Lehrstoff an allen Journalistenschulen.

Große Gemüse-Koalition für Fleischgrenze

Zuviel Fleisch, immer noch und vor allem auf den Mittagstischen unserer Jüngsten, die sich selbst nicht wehren können. Ein Jahr nach dem gescheiterten Versuch, mit einem gesetzlich vorgeschriebenen Veggie-Day die erwachsenen Deutschen zu einer umweltgemäßen und moralisch sauberen Lebensweise zu erziehen, testet eine neue große Gemüse-Koalition nun einen neuen Ansatz. Statt unbelehrbare Eltern in Kantinen umzuerziehen, planen die grüne  Umweltpolitikerin Bärbel Höhn und CSU-Bundesernährungsminister Christian Schmidt eine gesetzliche Fleischdiät für Kinder und Jugendliche.

Mit einer gesetzlichen Regelung, die den Fleischanteil in Schulkantinen auf zwei Würste, Schnitzel oder Gulaschsuppen pro Woche begrenzt, sollen Schüler von Kindesbeinen an daran gewöhnt werden, ihren Fleischbedarf extern zu decken. „Es müssen Standards für gesetzlich festgeschrieben werden, an die sich alle Caterer zu halten haben“, hat der selbst unter einem sogenannten Fleischbauch leidende Franke Schmidt festgelegt. Unterstützung kam weltanschauungsübergreifend von Bärbel Höhn, die seit vielen Jahren mit fehlernährungsbedingten Gewichtsproblemen zu kämpfen hat.

"Deutsche Schüler essen zu viel Fleisch und zu wenig Gemüse", ist sie sicher. Oft werde nur nach Appetit gegessen, der Körper wisse aber manchmal gar nicht, was er wirklich brauche. Hier sei deshalb der Gesetzgeber gefragt.

Die gemeinsam von Grünen und Christsozialen vorangetriebene Zwischenlösung der Fleischfrage, die an frühere Erfolge des Eintopfsonntags anknüpft, gilt als Schritt hin zum Ziel einer vollveganen Kantinenerziehung.

Unterstützung finden die Pläne überraschenderweise auch beim kränkelnden Fastfood-Riesen Burger King und beim Bundesverband der Dönerwirte. Ein willkommener Nebeneffekt der neuen gesetzlichen Fleischgrenze könne es sein, hieß es dort, dass durch die neue Regelung wieder mehr jugendliche Besucher sich nachmittags in Döner-Buden und Fastfood-Restaurant Fleisch auf eigene Faust zufüttern.

Donnerstag, 27. November 2014

Putins Pokerface beim Öl... ist nur eine Archivaufnahme

Er guckt, wie man es sich vorstellt: Finster, aber mit einem unverkennbaren Schmunzeln im Mundwinkel. Wladimir Putin will unnahbar wirken, unangreifbar und überlegen, er "gibt sich nach außen stärker, als er ist" (Die Welt). Und er hat deshalb ein Gesicht aufgesetzt, das deutlich zeigt verrät, dass es nichts von den Zielen verraten wird, die er beim Opec-Gipfel erreichen will, um die durch den fallenden Ölpreis drohende Pleite seines Imperiums zu verhindern. Doch "Putins Pokerface beim Öl ist nur Fassade", hat die "Welt" herausgefunden: Obwohl der russische Herrscher so unangestrengt schaue, den Kopf locker auf eine Hand gestützt, sei "der Verfall des Ölpreises Russlands größte Sorge".

Doch Wunder, oh Wunder: Der vom Ölpreis betrübte und schwer in Sorge versetzte Putin muss geheime Quellen haben, die es ihm erlauben, in die Zukunft zu schauen. Denn das Gesicht, das die "Welt" als Pokerface wegen des Ölpreisverfalls herumreicht, hatte der Russe bereits Ende August aufgesetzt. Seinerzeit saß Putin beim Jugendforum am Seliger-See bei Ostashkov in der russischen Tver-Region rund 350 Kilometer von Moskau entfernt, locker in Pullover und ohne Schlips, er beantwortete Fragen von Jugendlichen, er wurde gefilmt und vom RIA-Novosti-Fotografen Mikhail Klimentiev dabei fotografiert.

Der Ölpreis bewegte die Jugendlichen damals kein bisschen. Auch Putin konnte ihn eigentlich noch nicht beklagen, denn Öl kostete Ende August auskömmliche 105 Dollar - den seit Beginn der Ukraine-Krise in Gang gekommenen Verfall der Landeswährung Rubel einberechnet, in der der Kreml die meisten Staatsausgaben betreitet, mehr als ausreichend, um den Russen ohne Sorge in die Zukunft blicken zu lassen.

Damals war Putin Gesicht einfach ein Gesicht, er versuchte aufmerksam zu wirken, zugleich locker zu sein und einen guten Eindruck zu machen. Erst drei Monate später wurde aus dem Putin-Gesicht von Ostashkov das Pokerface des besorgten Ölprinzen.

Schnell geändert: Nun ist das "Pokerface" zur "Gelassenheit" geworden - und das Bild haben sie auch ausgetauscht

Voodoo schiebt die Wirtschaft an

Die neue EU-Kommission hat ein milliardenschweres Investitionspaket aufgelegt. Kommissionspräsident Juncker stellte seine Pläne jetzt im EU-Parlament in Straßburg vor: Es ist ein geniales Konzept, das aus nicht vorhandenen Mitteln in einem ersten Anlauf zahllose Zeitungsschlagzeilen und Online-Headlines macht. Im zweiten Zufassen soll dann ein kluger Trick aus der Schatzkiste des langjährigen Luxemburger Regierungschefs Europa doch noch zum weltweiten Wohlstandskontinent Nummer 1 machen.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat dazu ein milliardenschweres Investitionsprogramm aufgelegt, das „ohne Mittelumschichtungen“ auskommt, wie er betonte. Der Plan hat das Ziel, europaweit Investitionen von mindestens 315 Milliarden Euro für irgendwas irgendwann in den kommenden Jahren zu provozieren. Um die wenigen vorhandenen Mittel angesichts leerer Staatskassen effektiv einzusetzen, sollen vor allem private Anleger zu Investitionen bewegt werden.

Herzstück des Plans ist deshalb Junckers neuer "Fonds für strategische Investitionen", der einen sogenannten Kaskadeneffekt auslösen soll, der den Plänen zufolge wiederum für einen Schub in Europas Wirtschaft sorgt. Diese werde dadurch angekurbelt, Arbeitsplätze würden schaffen, die Steuereinnahmen stiegen und die Mittel aus dem Strategiefonds seien im Handumdrehen refinanziert.

Juncker erklärte den staunenden Parlamentariern die Funktionsweise anhand eines Beispiels, in dem die Europäische Investitionsbank (EIB), die Hausbank der EU, eine Schlüsselrolle spielte. Die wegen der beträchtlichen Steuervorteile in Luxemburg residierende Förderbank leitete in diesem Sandkastenspiel, das Juncker auf einem großen Polylux-Bildschirm vorführte, Mittel aus einem neuen Garantiefonds in Höhe von 21 Milliarden Euro, die Juncker aus Haushaltsresten, Einsparungen in der Parlamentskantine und neugedruckten Elf-Euro-Scheinen gebildet hat, in einen Ort in einem bestimmten Krisenland. Als Beispiel nannte der Luxemburger ein hypothetisches kleines Dorf bei Triest in Italien, derzeit hochverschuldet, mit vielen Arbeitslosen.

Dort gelange das Geld – in Junckers Beispiel 1000 Euro - zuerst in die Hände des Hoteliers, bei dem die Geldboten der EU übernachteten. Der Hotelier ging dann den EU-Plänen zufolge mit dem Geld zu seinem Fleischlieferanten, seiner Brauerei, seinen drei Angestellten und dem Öllieferanten. Jedem überreichte er 250 Euro, um ausstehende Schulden abzutragen. Die Empfänger, so Juncker, würden das Geld dann ihrerseits nutzen, Schulden zu bezahlen, sie würden aber auch investieren – in ein neues Hotel, einen Ölhandel oder eine Fleischerei.

Auch hier verweile die Gesamtsumme aber nur gerade lange genug, bis sie exponentielles Wachstum erzeugt habe. Sei das gelungen, ströme aus dem ganzen Land privates Kapital nach - mit bis zu 60 Milliarden Euro rechnet Juncker. Mit diesen zusätzlichen Darlehen in Verkehrs-, Telekommunikations- oder Forschungsprojekte könnten dann in den kommenden drei Jahren Investitionen von insgesamt 315 Milliarden Euro angeschoben werden, etwa durch neue iPhones für Behördenangestellte, Apps zur Überprüfung des Befalls mit Hausstaubmilben und Bier.

Bisher war bei entsprechenden Plänen der EU nur von rund 300 Milliarden Euro die Rede gewesen. Es bleibt aber dabei, dass auf jeden Fall 1,3 Millionen neue Jobs geschaffen werden. Die seien nötig, um die Anfangsinvestitionen schnell aus zusätzlichen Steuereinnahmen zu refinanzieren. Das rezessionsgeschüttelte Italien, das turnusmäßig die EU-Amtsgeschäfte führt, begrüßte den Juncker-Plan euphorisch als Kurswechsel der europäischen Wirtschaftspolitik. Jetzt werde wieder in die Hände gespuckt, hieß es auch in Frankreich und Spanien, die große Hoffnungen in das Vorhaben setzen.

Mittwoch, 26. November 2014

Alter, müder Mann nennt Europa alt und müde

Papst Franziskus hat Europa die Leviten gelesen: Bei einem Besuch im Europäischen Parlament nannte der 77-jährige Pontifex Europa unter anderem "alt" und "müde", der Kontinent habe seine Anziehungskraft verloren, klagte er. Danach allerdings prangerte das Oberhaupt der katholischen Kirche den Umgang mit den Hunderttausenden von Flüchtlingen an, für die Europa mehr denn je ein Sehnsuchtsziel ist. "Es ist nicht hinnehmbar, dass das Mittelmeer zu einem großen Friedhof wird", sagte Franziskus, der dafür plädierte, Gespräche mit dem Islamischen Staat aufzunehmen, um Fluchtursachen in der Heimat der Flüchtlinge zu bekämpfen. Zugleich mahnte er: "Die Bedrohung der Terroristen ist aber genauso schlimm wie der Staatsterrorismus, der vorgibt, gegen Terroristen vorzugehen. Das Resultat ist immer Gewalt."

Die kleine Vatikanstadt, gelegen inmitten Roms, gilt als beispielhaft für die theoretische Bereitschaft, den Mühseligen und Beladenen aus aller Welt die Tore zu öffnen, hat aber bei der praktischen Aufnahme auch noch Reserven. Auf rund einem halben Quadratkilometer leben hier derzeit etwa 850 Menschen, darunter ist allerdings kein einziger Flüchtling oder Asylbewerber. Gemessen an der Bevölkerungsdichte von London jedoch könnte das kleine Gottesreich noch etwa tausend Flüchtlinge zusätzlich aufnehmen. Verglichen mit New York City wäre sogar noch Platz für mehr als 3000 Menschen, die vor politischer Verfolgung, Hunger, Armut oder Krieg geflüchtet sind.

Eine Erklärung dazu, weshalb der Vatikan trotzdem bis heute keinen einzigen Asylsuchenden aufgenommen hat, vermied Papst Franziskus. Stattdessen mahnte der Argentinier, der über seine Vatikan-Bank IOR auch Herr über eine Offshore-Filiale auf den Cayman Islands ist, einen Abschied von der Fixierung des Kontinent auf die Wirtschaft an. Nach einer überfälligen Abkehr vom Konsumismus und vom "unhaltbaren Überfluss", könne sich Europa dann wieder ganz der "Heiligkeit der menschlichen Person" widmen und die abgerissene Verbindung der Vernunft zum althergebrachten katholischen Glauben neu beleben. 

LePenseur: Die Scheinheiligenscheine

Ziercke: Mein Freund, der Präsident

Es war ein Abschied in allen Ehren, ein Abschied für einen Mann, dem die in seinen Jahren an der Spitze des Bundeskriminalamtes konsequent verharmlost und heruntergespielt hatte, war nun der kritische Presse zum Ausscheiden aus dem Dienst wahre Elogen widmete. Jörg Ziercke, der Mann, der den Rechtsterror der NSU "Marathon-Mann unter den BKA-Chefs", die "Zeit" nannte ihn den "Unverstandenen" und die "Neue Osnabrücker Zeitung" malte seine Karriere "Vom Streifenwagen zum Präsidenten" nach. "Nach fast elf Jahren überlässt Jörg Ziercke das Präsidentenamt im Bundeskriminalamt" einem Nachfolger, dichtete der "Spiegel", der hierzulande immer Tempo und Tonart vorgibt - vom "Dönermord" bis zum "Chefermittler".

Dabei ist das ehemalige Nachrichtenmagazin aus Hamburg auf Fakten längst schon nicht mehr angewiesen. Im Fall Ziercke aber verzichtet das Magazin, das vom scheidenden BKA-Chef stets brühwarm über dessen hauptsächlich zu Ablenkungszwecken ausgedachte Terrorwarnungen informiert wurde, auch den letzen Anschein an seriöser Berichterstattung beiseite.

Ziercke, einst von Otto Schily zum Präsidenten des Bundeskriminalamts gemacht, sah plötzlich aus wie ein Aufklärer, "Deutschlands erster Detektiv", mit "untadeligem Ruf" (Spiegel). Kein Wort vom Versagen der Behörde des ehemaligen Leiters der Polizeiabteilung in Schleswig-Holstein im Fall Ermyas M., in dem sein Amt einen ausgedachten Täter öffentlich in Guantanamo-Kleidung präsentiert. Keine Zeile über die großangelegte Spionageaktion des BKA gegen das Magazin "Focus", kein Erinnern an die fünf Jahre lang ergebnislos laufende Fahndung nach einem rätselhaften Autobahnschützen.

Schweigen auch zu Zierckes aus zeitlichem Abstand heraus noch hanebüchener wirkender Schwindelei im Fall des Passauer Polizeipräsidenten Alois Mannichl. Kein Hinweis auf Zierkes Anteil an der jahrelangen mählichen Verfolgung von "Dönermorden". Und anschließend an seinem Bemühen, die Aufklärung der Staatsaffäre rund um die deutschen Geheimdienste zu verhindern. Und natürlich vergessen die Berichterstatter zur Abschiedsparty kollektiv auch, dass ausländische Geheimdienste unter den Augen der Bundeskriminalisten über Jahre hinweg illegale Ausspüraktionen auf deutschen Boden durchführen konnten, ohne dass es den Spezialisten in Pullach auch nur aufgefallen wäre.

Doch die Hymnen zum Abschied legen nahe, dass es wohl nicht Pleiten, Pech und Pannen waren, die Jörg Zierckes über ein Jahrzehnt andauernde Desasterkarriere prägten. Sondern Kalkül und Staatsinteresse. Angeblich, so der "Spiegel", habe das Thema islamistischer Terror den wackeren Chefdetektiv stets umgetrieben. Wahrscheinlich deshalb bekam das BKA unter seiner Leitung so lange nicht mit, dass Hunderte Deutsche Islamisten für dem Islamischen Staat kämpfen, bis die ersten von ihnen per Youtube-Video von ihren Selbstmordeinsätzen berichteten.

Nur den Fall Edathy, der "Deutschlands Hauptkommissar" (Financial Times Deutschland) schon vor einem Jahr das Amt hätte kosten müssen, hätte ihn nicht damals die Notwendigkeit gerettet, die Sache möglichst tief zu hängen, kommt zur Sprache. Die Vorgänge hätten ihn "dünnhäutig" gemacht, entschuldigt der "Spiegel" den Mann, unter dessen Ägide die Ermittlungen gegen den Knabenliebhaber so lange liegenblieben, bis der seinen Vertuschungsjob an der Spitze des NSU-Untersuchungsausschusses beendet hatte. Dazu passt, dass das BKA es sehr viel eiliger hatte, Ermittlungen gegen den Betreiber des NSU-Aufklärungsblos Fatalist aufzunehmen, als der begann, die kompletten Ermittlungsakten im Fall des angeblich auf eigene Faust handelnden Terror-Trios öffentlich zu machen.

Dienstag, 25. November 2014

Auf der Payroll des Bösen

Ist Deutschland noch Herr seiner selbst? Kann das deutsche Volk noch über sich bestimmen? Helfen seine Parteien ihm bei politischen Willensbildung? Oder sind sie längst fremdbestimmt, von dunklen Mächten unterwandert und im Dienst ausländischer Herrscher bestrebt, das deutsche Volk auf verhängnisvolle Pfade zurück in die finstersten Zeiten der Geschichte zu führen?

Zufällig am selben Tag haben mit "Bild" und "Spiegel" die beiden führenden Recherchemagazine der Republik Beweise dafür vorgelegt, dass zumindest ein Teil des politischen Spektrums fest in der Hand fremdrassiger, von rückständigen Ideen und ausgeräumt geglaubten Nationalismen bestimmter Machtgruppen ist. Vor allem neurechte Partein und faschistische Formationen am rechten Rande des formal zulässigen demokratischen Spektrums, so der "Spiegel", "haben das Interesse des Kreml geweckt". Frankreichs Nationalisten bekommen einen Millionenkredit aus Russland, Putin-Vertraute besuchen deutsche Verschwörungstheoretiker: Der irre Zar Wladimir Putin versucht offenbar mit allen Mitteln, Europa mittendurch zu reißen und damit 75 Jahre Menschheitsgeschichte zunichte zu machen.

Für "Das rechte Netz des Kreml" (Spiegel) finden sich dabei zahlreiche Belege. So hat sich die AfD immer wieder gegen gemeinschaftsbildende Bande wie den Euro, die EU-Kommission und eine europäische Kollektivschuld bei Staatspapieren ausgesprochen. Dahinter kann bei der derzeitigen Gemengelage auf der Erde nur ein Einziger stecken: "Kreml-Chef Wladimir Putin (62)" (Bild), der "Einfluss auf die Politik zentraler EU-Staaten (Deutschland, Frankreich und Südeuropa) nehmen" wolle.

25 Jahre nachdem Deutschland das Joch der Russen abgeschüttelt hat, plant der Kreml eine "Übernahme-Strategie" (Bild). Dazu könnte der Kreml, so das Blatt, "Gold über die AfD kaufen lassen oder die Partei günstig an Gold kommen lassen". Die Taktik eines Kleindealers: "Mit den Deals solle die AfD gestützt und abhängig gemacht werden, heißt es in einer Auswertung der Putin-Pläne", die der Zeitung aus ungenannter Quelle zugesteckt wurde.

Deutschland am Abgrund, die europäische Führungsmacht am Gängelband der fünften Kolonne des russischen Despoten. Schon sind die Folgen sichtbar: Vertierte Russlandversteher dürfen zur besten Sendezeit ihre kruden Thesen im Fernsehen vertreten, scharfe Kreml-Kritiker wie der Liedermacher Wolf Biermann, der nachweisen kann, dass Putin im Unterschied zu Hitler nicht einmal anständige Autobahnen bauen kann, werden kalte abgewürgt. Stattdessen dürfen Apologetinnen eines falschverstandenen Völkerrechts lauthals Vorwürfe Richtung Westen richten.

Gut, dass die Russen noch nicht alle aufrechten Vertreter von Frieden und Freiheit in der Tasche haben, gut, dass einzelne Qualitätsmedien in engagierten Abschreibübungen noch aufdecken können, "wie Putin sich die AfD hörig machen will".

Mitleid für die Opfer der russischen Propaganda

Wie Russland uns zu Tode rüstet

Ungewöhnlicher Anlass, ungewöhnliche Form: In einer Online-Lektion beim Nachrichtenportal n-tv hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor einem nach Tausenden zählenden Online-Publikum eine Vorlesung darüber gehalten, wie sich in modernen Kulturen mit völlig korrekten Zahlen völlig falsche Tatsachen belegen lassen. Stoltenberg nutzte bei seiner Unterweisung die strittige Frage nach der Verteidigungsfähigkeit der Nato-Mitgliedsstaaten gegen einen eventuellen russischen Vormarsch nach Westen, um zu zeigen, wie leicht sich aus mehreren Wahrheiten eine perfekte Lüge montieren lässt.

Dazu griff der im vergangenen Jahr als Ministerpräsident in Norwegen gescheiterte Sozialdemokrat zu einemTrick : Mit der Behauptung, die Nato sei in den vergangenen Jahren „militärisch schwächer geworden“, während Russland klotze und immer stärker werde, stellte Stoltenberg eine so erschütternde These in den Raum, dass den Zuhörern gar nicht auffiel, wie der Nato-Generalsekretär es anschließend schaffte, ohne jeden Beleg für deren Richtigkeit eine Beweiskette aufzubauen, nach der Russland seit Jahren massiv aufrüstet, die Nato aber kaum noch Geld für ihre Verteidigung ausgibt.

Stoltenberg verglich dabei völlig sinnfrei Zahlen miteinander. So sei die Zahl der Panzer in den Nato-Staaten seit 1990 von mehr als 33.000 auf weniger als 7000 reduziert worden, in den militärischen Hauptquartiere des Bündnisses in Europa und den US arbeiteten heute nur noch 9.000 Militärs - statt 22.000 zuvor. Viele Zuhörer warteten an dieser Stelle auf eine Erwähnung der Zahl der Telefonzellen in Europa, die von mehreren Millionen auf zuletzt noch knapp 52.000 gefallen ist. Diesen Hinweis aber ersparte sich der Norweger.

Er beließ es bei einer Warnung davor, die Verteidigungsausgaben im Westen, die derzeit etwa beim Zehnfachen dessen liegen, was Russland aufbringt, "weiter zu reduzieren". Seit 1999 sind diese Ausgaben zwar keineswegs reduziert worden, vielmehr haben die USA ihre Militärkosten um zwei Drittel erhöht, Briten und Franzosen zwischen drei und 20 Prozent mehr aus, auch Kanada, Spanien und Australien kommen auf Steigerungen von mehr als einem Drittel. „Aber wir leben nicht in friedlichen Zeiten", sagte der Norweger, als sei jeder in London, Washington und Paris mehr ausgegebene Dollar für Waffen und Munition ein Schlag ins Gesicht des Militärisch-Industriellen Komplexes.

Russland habe "seine Verteidigungsausgaben in den vergangenen fünf Jahren um 50 Prozent erhöht und plant weitere Aufstockungen", warnte er weiter – als gebe Wladimir Putin für seine Armee nicht immer noch weniger Geld aus als Frankreich, Großbritannien oder Deutschland und Australien zusammengenommen.

Gelänge es Russland allerdings, die Steigerungsrate seiner Militärausgaben weiterhin bei 10 Prozent im Jahr zu halten und unterließen die Nato-Gefahren ab sofort jede Steigerung ihrer Militärausgaben, lägen die Nato und Russland bereits im Jahr 2050 gleichauf mit ihren Rüstungsetats.

Montag, 24. November 2014

Verbot der Woche: Hitlers Kicker

Es war ein Auswärtsspiel in Freundesland und mit 5:2 schaffte die DFB-Auswahl vor der großen Länderspielpause, die schließlich bis 1950 dauern sollte, noch einmal einen überzeugenden Sieg. Ein Sieg allerdings mit bösen Nachwirkungen: Nach deutlicher Kritik im Internet hat sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) anlässlich des 72. Jubiläums seines 100. Länderspieltriumphes im Jahr 1942 öffentlich bei allen Opfern entschuldigt.

Es sei ein Fehler gewesen, über den Twitter-Account @DFB_Team einen "Nazi-Skandal" ausgelöst zu haben. Mit der Ankündigung "heute vor 72 Jahren gewann das @DFB_Team in der Slowakei mit 5:2“ hatten Neonazis, Rechtsradikale und Rechtsextremisten im Fußballverband ein Foto verschickt, das deutsche Spieler um Reichsrekordnationalspieler Paul Janes im DFB-Dress mit aufgesticktem Hakenkreuz zeigt.

Dem Vorwurf, damit mangelndes Geschichtsbewusstsein offenbart zu haben, kam der DFB umgehend nach. Nachdem der ursprüngliche Tweet gelöscht worden war, schickte der Verband eine neue Jubelmeldung ohne verbotene Hakenkreuze aus. DFB-Angestellte sollen bereits am heutigen Montag beginnen, alle im Archiv des Verbandes gelagerten historischen Fotos, Bilder und Dokumente entsprechend zu überkleben, um eine Wiederholung des peinlichen Vorfalls vorbeugend zu verhindern.

Mehr aus der dokumentarischen Serie Verbot der Woche

MH17: Starforensiker auf Schmauchspurensuche

Die "Zeit" jagt unverdrossen nach dem Raketenwerfer, der "Spiegel" weiß zumindest, wie es bestimmt nicht war. Aber wie ist es gewesen? Auch fünf Monate nach dem Absturz des malaysischen Fluges MH17 über der Ostukraine gibt es keinerlei verlässliche Angaben über die Absturzursache oder gar tragfähige Hinweise auf die Täter. Das ist umso erstaunlicher, als es einfache, klare und unwiderlegbare Hinweise auf die Verursacher gibt, wie Abigail Sciuto im PPQ-Exklusiv-Interview verrät.

Sciuto arbeitet seit 2003 als Forensic Specialist beim Naval Criminal Investigative Service, der internen Strafverfolgungsbehörde des United States Department of the Navy. Sciuto ist Expertin für Computertechnik, Bildbearbeitung, Forensik und Ballistik, sie gilt weltweit als Koryphäe bei der Spurensicherung und hat große Erfahrung auch mit der Einordnung von Geschossspuren, die von Kriegswaffen stammen. PPQ sprach mit der Expertin über die Möglichkeiten, anhand der aufgefundenen Trümmer am Absturzort Daten zu gewinnen, die die offenen Frage der Verantwortung für den Absturz lösen helfen können.

Frau Sciuto, fünf Monate nach dem Absturz von Flug MH17 tappt die Welt noch immer im Dunklen, was die konkrete Absturzursache betrifft. Wie ist Ihre Sicht als Forensik-Expertin darauf?

Sciuto: Es ist rätselhaft. Wir würden eine solche Vorgehensweise in der Kriminalistik, mit der ich zu tun habe, einfach nicht akzeptieren. Es gibt in diesem Fall natürlich objektive Schwierigkeiten bei der Beweissicherung, aber die gibt es häufiger. Wir hatten schon Einsätze auf U-Booten, im Irak und anderswo, oft unter erschwerten Bedingungen. Dennoch ist es uns immer gelungen, die entscheidenden Beweise oder aber Indizien schnell und umfassend zu sichern, sie zu analysieren und daraus Rückschlüsse auf die Tatwaffe, den Tathergang und damit auch häufig auf den mutmaßlichen Täter zu ziehen.

Nun wird beim Fall der MH17 darauf hingewiesen, dass eben diese Möglichkeiten, Beweise zu sichern, nicht bestünden, da die sogenannten Separatisten den Zugang zum Tatort erschwert haben?

Sciuto: Das ist nebensächlich. Man ist am Tatort gewesen und es hätte damit die Chance bestanden, die entscheidenden Beweise zu sichern, die eindeutig belegen können, welche der drei Tathypothesen, die derzeit im Umlauf sind, zutreffend ist.

Sie sprechen von drei Tathypothesen. Welche sind das?

Sciuto: Da wäre einmal der Abschuss vom Boden aus, durchgeführt mit einem Buk-Raketensystem. Dann der Abschuss durch einen Jäger, entweder durch Beschuss aus einer Bordkanone oder aber durch einen Angriff mit einer Luft-zu-Luft-Missile, je nachdem, wen Sie fragen, auch kombiniert.

Sie versichern nun, Sie könnten binnen einer Stunde gerichtsfest belegen, welche Waffe ursächlich verantwortlich für den Abschuss war?

Sciuto: Ja, das könnte ich! Wir müssen dazu nur auf einen sehr einfachen Test zurückgreifen, der zum Graubrot der Forensik gehört. Das ist die Schmauchspurenanalytik, bei der Rückstände des Mündungsfeuers einer Tatwaffe gesucht und analysiert werden.

Doch aber normalerweise an Hand und Kleidung eines mutmaßlichen Täters? Den haben Sie doch hier nicht?

Scutio: Aber wir haben Hinweise auf die drei womöglich verwendeten Waffen: Bordkanone, Luft-zu-Luft-Missile und Boden-Luft-Missile. Alle drei Waffen haben eine so verschiedene Wirkspezifik, dass wir aus den Schmauchspuren eindeutig auf die Art der verwendeten Waffe schließen können. Und damit womöglich auch auf die Person des Schützen.

Erklären Sie uns das genauer.

Sciuto: Sehen Sie, ein Buk-Raketensystem arbeitet so, dass das Geschoss in unmittelbarer Nähe zum Ziel explodiert und auf das Ziel einwirkt, indem ein Vielzahl von Schrapnell verstreut werden. Eine Bordkanone einer Mig oder SU dagegen wirkt auf das Ziel aus großer Entfernung ein. Die dritte Möglichkeit, eine von einem Jäger abgeschossene Rakete, arbeitet wiederum anders: Sie detoniert im Ziel.

Welche unterschiedlichen Spurenlagen ergeben sich daraus?

Sciuto: Nun, das einfachste Ausschlusskriterium trifft die vom Jäger abgefeuerte Rakete. Die hat ein Trefferbild, das sich mit dem an der Boeing vorgefundenen der vielen kleinen Einschläge nicht vereinbaren lässt. Das können wir, nach reiner Bildforensik, ausschließen.

Experten sind sich aber uneins, ob diese vielen kleinen Einschläge nun von einer Bordkanone oder von den Schrapnells einer Buk-Rakete stammen.

Sciuto: Sehen Sie, und hier hilft uns die Schmauchspurenanalyse. Bordkanonen werden aus einer größeren Entfernung abgefeuert, üblich sind 2000, in Ausnahmefällen aus 500 Meter. Jedenfalls weit genug vom Ziel entfernt, dass wir an den nicht durchschlagenen Partien keinerlei Verbrennungsprodukte des Anzündsatzes und der Treibladung der Munitionspatronen finden werden. Die Mig etwa feuert mit einer Grjasew-Schipunow GSch-301 im Normalfall Wuchtgeschosse, die im Ziel allein aufgrund ihrer kinetischen Energie wirken.

Sie haben also einen sauberen Durchschuss ohne Schmauchspuren?

Sciuto: Genau das. Eine Buk-Rakete dagegen wirkt völlig anders. Wir müssen uns das vorstellen wie eine explodierende Wolke in unmittelbarer Zielnähe. Neben den Schrapnellgeschossen, die das Ziel treffen, fängt dieses dadurch auch Bestandteile des Explosivstoffes auf, der den Sprengkopf zündet. Darunter sind neben metallischen Rückständen auch organische Substanzen des Anzündsatzes, des Treibladungspulvers sowie verdampftes Material der äußeren Hülse.Bedenken Sie, hier explodiert ein 70-kg-HE-Gefechtskopf mit einem effektiven Zerstörungsradius von 17 Metern, der von einem Radar-Näherungszünder ausgelöst wird.

Das hinterlässt Schmauchspuren?

Sciuto: Das hinterlässt Schmauchspuren, natürlich. Nachweisbar sind sie durch die Aufnahme mit Klebebändern, die dann analytischen Rasterelektronenmikroskop üer Tape-Lift-Verfahren oder auf chemografischem Wege mit dem Polyvinylalkohol-Abzugsverfahren, dem Weinsäure-Rhodizonat-Verfahren oder dem Griess-Testuntersucht werden. Das ist forensische Vorschule.

Findet man also Schmauchspuren, spricht das für ein Buk-Sysstem, fehlen Sie, wären eine Luft-Luft-Rakete oder ein Maschinengewehr für den Abschuss verantwortlich?

Sciuto: Kurz gesagt ist das der Punkt. Ein einfacher Test, innerhalb einer Stunde von jedem Forensiker durchzuführen. Ich weiß nicht, was die mit der Untersuchung betrauten Kollegen   bisher unternommen haben. Diese simple Untersuchung, die die Hälfte aller kursierenden Gerüchte und Theorien schlagartig bestätigen oder aber für immer verstummen lassen würde, haben sie nicht vorgenommen. Ich frage mich ernsthaft, warum.

Sonntag, 23. November 2014

Zitate zur Zeit: Klage über Meinungsmainstream

"Wenn ich morgens manchmal durch den Pressespiegel meines Hauses blättere, habe ich das Gefühl: Der Meinungskorridor war schon mal breiter. Es gibt eine erstaunliche Homogenität in deutschen Redaktionen, wenn sie Informationen gewichten und einordnen. Der Konformitätsdruck in den Köpfen der Journalisten scheint mir ziemlich hoch."

Walter Steinmeier beklagt die Wirklichkeit

EU-Parlament legt sich mit NSA an

Nicht mehr alles regulieren, sondern nur noch das wirklich Wichtige, nicht mehr ins Alltagsleben der Menschen eingreifen, sondern nur noch doch bevormunden, wo die Mitgliedsstaaten selbst nicht die Macht haben - das waren die Versprechen der großen EU-Parteien vor der letzten Wahl. Und das setzen die neugewählten Parlamentarier jetzt konsequent um.

Nach übereinstimmenden Medienberichten denkt das EU-Parlament derzeit über einen Antrag nach, weltumspannende Geheimdienste wie die amerikanische National Security Agency (NSA) aufzuspalten. Demnach sollen bei entsprechenden Diensten, die in Europa ohne gültige Rechtsgrundlage tätig sind, alle Suchfunktionen von anderen Bereichen wie der Nachrichtensammlung, der Übermittlung und der Analyse getrennt werden. In dem Entwurf wird die EU-Kommission zur Prüfung einer solchen Entflechtung aufgerufen, um dem Missbrauch der Marktmacht der sogenannten Four Eyes einen Riegel vorzuschieben.

Der Antrag des Parlaments wäre zwar nicht bindend, er hätte aber wohl eine breite Öffentlichkeitswirkung und würde die EU-Kommission unter Druck setzen. Die NSA wird im Antragsentwurf nicht namentlich genannt, europäische Politiker hatten sich zuletzt aber zunehmend besorgt gezeigt über die Ausweitung der Überwachungsbestrebungen von NSA, dem britischen GCHQ und Konzernen wie Vodafone, die illegal tätigen Auslandsgeheimdiensten beim Ausspähen des Datenverkehrs im Internet geholfen haben sollen.

Derzeit prüft die EU-Kommission noch, ob die NSA ihre Marktstellung missbraucht. Die neue Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager hatte unlängst vor den EP-Abgeordneten erklärt, sie brauche mehr Zeit, um das weitere Vorgehen gegen die US-Dienste zu prüfen, deren geheime Tätigkeit in Europe erst durch die Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden bekanntgeworden war.

Der ehemalige Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia hatte sich Anfang 2014 mit der NSA dahingehend geeinigt, dass nicht mehr über die flächendeckende Überwachung der Europäer durch den Geheimdienst gesprochen wird. Die Bundesregierung hatte dem zugestimmt und auch die Ermittlungsbehörden konnten damit alle Ermittlungen einstellen.

Unternehmen Honigtopf: Wie die NSA Google und Facebook auf die Füße half

Samstag, 22. November 2014

Verbot der Woche: Tütenquote hochgesetzt

Die Zeiten sind hart und trotz Haushaltsstreit in Brüssel musste die EU reagieren: Weil nicht nur Islamistischer Staat, russische Truppen und Ebola den Friedensnobelpreiskontinent bedrohen, sondern auch eine "Plastiktütenflut" (Die Welt), haben Vertreter des Europaparlaments und der EU-Regierungen sich auf eine neue Quotierung für die Benutzung der beliebten Einkaufshelfer geeinigt.

Demnach soll jeder Europäer im Jahr 2019 durchschnittlich 90 Einwegtüten jährlich verbrauchen - ein ehrgeiziges Ziel, denn die Deutschen schaffen derzeit nur 70 Tüten im Jahr. Binnen vier Jahren müsste jeder Deutsche seinen Tütenverbrauch um rund 30 Prozent erhöhen. Dabei hat die Bundesregierung aber laut EU-Kompromiss die Wahl zwischen einer konkreten Zielvorgaben und verpflichtenden Gebühren. Auch eine Kombination der beiden Lösungen soll möglich sein, wie ein EU-Diplomat erläuterte.

Bis 2025 muss der Verbrauch dann allerdings auf 40 Tüten pro Bürger und Jahr sinken. Um dieses Ziel erreichbar zu machen und die Weltmeere zu entlasten, rechnet die EU dünnen und besonders dicke Tüten nicht mit. Vorteil Deutschland: Erreicht Europas Führungsnation das ehrgeizige Ziel, den Verbrauch vor der Senkungsperiode noch einmal drastisch zu erhöhen, steigt der mögliche deutsche Beitrag an der späteren Verminderung entsprechend.

So viel Nazi-Ideologie steckt im الإسلام

Dschihadisten, Salafisten, Islamisten, Sunniten, Schiiten, Fundamentalisten, Extremisten, Terroristen und Taliban, Gotteskrieger und Al Nusra-Rebellen - seit den Tagen, als niemand in Palästina tanzte, als in New York die Türme fielen, musste der Medienkonsument im Westen jede Menge Fachbegriffe lernen, um noch sauber unterscheiden zu können, was früher einfach "Moslem" hieß, ehe es zum "Muslim" umgewidmet wurde.

Ziel des Unternehmens ist die Trennung von Islam und Islamismus, von Glauben und Handeln, von friedlicher Mehrheit der Korangläubigen und einer ganz kleinen Clique ehrgeiziger, gewissenloser und zugleich unvernünftiger, verbrecherisch-dummer Extremisten, die die von Mohammed verkündete Lehre missbrauchen, um Zwietracht und Tod unter den Völkern zu sähen. Eine große Aufgabe, an der große Geister gescheitert sind. Die "Welt" versucht es trotzdem noch einmal mit einem Aufsatz über "Morallosigkeit im Namen einer höheren Moral", der einen "direkten Traditionstransfer vom Gedankengut der deutschen Nationalsozialisten hin zu Strömungen des islamischen Fundamentalismus" aufdeckt.

Doch was mutig scheint, gleicht in aller epischen Länge dem Versuch, eben jenen Nationalsozialismus als missbrauchte Lehre darzustellen. Beste Absichten hat er gehabt! Aber ganz falsch umgesetzt ist er worden, von jener kleinen, gwissenlosen Clique um Hitler! Was in diesem Zusammenhang absurd klingt, folgt im Zusammenhang mit dem Islam der allgegenwärtigen Appeasement-Logik. Auch "Welt"-Autor Clemens Wergin geht in seiner Analyse konsequent von Wunschvorstellungen aus: Wie der Nazismus sei der Islamismus, aus dem al-Qaida, al-Nusra, IS und andere islamische Terrorgruppen ihren Ideenvorrat beziehen, eine zutiefst antiwestliche Ideologie. "Ihr Hauptfeind ist der Liberalismus, also die Kombination aus Individualismus, Demokratie, Freiheit und freier Marktwirtschaft, die maßgeblichen Grundpfeiler westlicher Gesellschaften." Und wie den Nazis gülten auch den Islamisten Amerikaner und Juden als die Verkörperung dieser verhassten Werte, die deshalb bekämpft werden müssen, schreibt er.

Ein Possenspiel. Denn es ist ja nicht der Islamismus, der in Saudi-Arabien Köpfe rollen lässt, es ist nicht der Islamismus, der alle Juden aus dem Jemen vertrieben hat. Es nicht der Islamismus, der Mädchen in Afghanistan Bildung verweigert und es ist nicht der Islamismus, der Andersgläubigen in Tunesien das Betreten von Moscheen verbietet. Nein, es ist der Islam, derselbe Islam, der Lady Gaga nicht in Indonesien singen lässt, der Christen und Kopten in Ägypten verfolgt, der Atheisten leiden lässt und kuwaitische Blogger wegen einiger Tweets ins Gefängnis bringt. Der Hauptfeind des Islam ist der Liberalismus, also die Kombination aus Individualismus, Demokratie, Freiheit und freier Marktwirtschaft, die maßgeblichen Grundpfeiler westlicher Gesellschaften, denn der  Islam selbst ist eine "zutiefst antiwestliche Ideologie" (Wergin).

Auch experimentell ist das nachweisbar. PPQ ist es gelungen, Wergins instruktiven Text in einem aufwendigen Sektionsverfahren ins Arabische zu übersetzen. Dort schreibt sich Islam الإسلام, Islamismus hingegen الإسلام

Indem der gesamte Text anschließend aus dem Arabischen wieder zurückübersetzt wurde, ergibt sich ein neuer, tieferer Sinn, wie jeder Leser nachfolgend ersehen kann.
  
Wie Jeffrey Herf in seinem Buch "Nazi Propaganda for the Arab World" nachgewiesen hat, gibt es einen direkten Traditionstransfer der deutschen Nazi-Ideologie hin zum islamischen Fundamentalismus. Sowohl die schiitisch-islamische Hisbollah als auch die sunnitisch-islamische Hamas beziehen sich in ihren Gründungsdokumenten auf die aus dem russischen Kaiserreich stammende antisemitische Geschichtsfälschung "Die Protokolle der Weisen von Zion", die auch bei den deutschen Nazis hoch im Kurs stand.

In seiner Entstehungsgeschichte kann der Islam durchaus als islamische Ausprägung des "indigenen" europäischen Faschismus gesehen werden. In den 1920er-Jahren marschierten etwa die "Grünhemden" durch Kairo und imitierten damit den Marsch auf Rom von Mussolinis Schwarzhemden.

Man sollte zwar nicht den Fehler machen, Muslimbrüder, Islam und IS in eins zu setzen. Seit den ägyptischen Anfängen haben sich die Muslimbrüder in sehr unterschiedliche Richtungen bewegt und zum Teil der Gewalt abgeschworen und sich auch auf den politischen Prozess eingelassen.

Aber das antiwestliche Denken gehört weiter zum Kern dieser Bewegung. Und mit dem extremistischen Weg, den die IS-Fraktion eingeschlagen hat, spannt sich der Bogen wieder zurück zu den schlimmsten europäischen Traditionen, aus denen die Islam-Bewegung einst ihre Inspiration geschöpft hatte.

Zweitens: Die Gewalt und ihre Rechtfertigung. Ein Merkmal des islamischen Terrorismus ist es, dass er sich von jeglichen moralischen oder zivilisatorischen Fesseln befreit sieht. Das war bei den Terroristen von al-Qaida schon so, die das Töten von Zivilisten als Kern ihrer Mission ansahen und nichts von der im Gewohnheits- und Völkerrecht üblichen Unterscheidung in (unschuldige) Zivilisten und feindliche Kämpfer hielten. IS hat diese höhnische Aufkündigung zivilisatorischer Grundstandards nun noch auf eine neue Ebene gehoben.

Alle Mitglieder westlicher Gesellschaften sind demnach irgendwie schuldig und gehören bekämpft. Eine Ideologie des "totalen Krieges", die an Hitlers Ausrottungskrieg gegen Juden und osteuropäische Völker erinnert, auch wenn die Terror-Islam-Gläubigen zum Glück nicht über die Mittel verfügen, um ihre Vernichtungsfantasien in großem Maßstab in die Tat umzusetzen.

Dort, wo sie dazu in der Lage sind, verfallen sie aber in einen Blut- und Machtrausch, der an die massenhaften Gewaltexzesse von Nazi-Einheiten in Osteuropa erinnern, die auch jenseits der fabrikartig organisierten Vernichtungslager begangen wurden. Es handelt sich bei den Tätern oft um Modernisierungsverlierer ihrer Gesellschaften, die eine narzistische Kränkung in hemmungslosen Gewaltausbrüchen ausagieren.
 Zwar hat es das in der Menscheitsgeschichte immer wieder gegeben, dass wütende junge Männer sich auf den Schlachtfeldern des Krieges zu grausamsten Gewaltexzessen haben hinreißen lassen. Meistens wurden solche Exzesse jedoch von politischen Führern nicht als die Regel, sondern als unglückliche und unrühmliche Ausnahmen dargestellt.
Das ist bei den hochideologisierten Bewegungen von Nazismus und Islam anders. Sie predigen Morallosigkeit im Namen höherer Ziele und einer höheren Moral und brüsten sich ihrer Taten. So wie Heinrich Himmler es in seiner "Posener Rede" vor SS-Gauleitern aus ganz Osteuropa tat, als er sie für ihre "Anständigkeit" lobte.
Zwar beziehen sich Nazi-Ideologie und Islam auf gänzlich unterschiedliche Quellen zu ihrer Rechtfertigung, die einen rekurrieren auf die Rassenlehre, die anderen auf Koran und Prophetenüberlieferungen (Hadithen). Aber wer sich einmal das IS-Propagandamagazin "Dabiq" angesehen hat, etwa die Rechtfertigung der Rechtgläubigen, gefangen genommene Jesiden in die Sexsklaverei zu verkaufen, der sieht, dass hier ebenfalls das Geschäft der "Umwertung aller Werte" betrieben wird. Die Auflösung jeglicher überlieferter Zivilisationsnormen zugunsten einer islamischen Version der totalen Machtausübung über Leib und Leben der Unterworfenen. Das Kopfabschneiden ist zum Symbol und zur Triumphgeste dieses Machtanspruches geworden.
 Drittens: Rassenlehre und islamischer Essentialismus. Was mit am verstörendsten ist an der Mordlust der IS-Kämpfer, ist nicht allein die Hinrichtungsart, die sie zu ihrem Markenzeichen gemacht haben, sondern auch die Auswahl ihrer westlichen Opfer. Peter Kassig, Alan Henning und David Haines waren selbstlose Helfer, die versuchten, das Leid der mehrheitlich muslimischen syrischen Bevölkerung zu lindern.

Und die Journalisten James Foley oder David Satloff setzten ihr Leben dafür ein, der Welt über die grausamen Verbrechen des Assad-Regimes zu berichten. Aber für den Islamischen Staat, der sich konsequenterweise nicht "Islamistischer Staat" nennt, war nicht wichtig, was sie taten, sondern was sie sind: verhasste Westler, die sich selbst durch ihre Anteilnahme für die syrischen Leiden und – im Falle von Kassig und Foley – auch durch die Konversion zum Islam nicht von dieser "Ursünde" befreien konnten.

Das erinnert an den rassischen Antisemitismus, wie er seit 1870 in Deutschland entstanden und von den Nazis dann zu seinem konsequenten Ende geführt worden war. Anders als der "traditionelle" Antisemit glaubte der Nazi nicht mehr, dass der Jude sich durch Konversion zum Christentum von seiner "Schuld" befreien konnte. Selbst wenn die Eltern oder die Großeltern schon konvertiert und assimiliert waren, gab es in den Augen der Nazis nichts, was sie hätte vor dem Todesurteil bewahren können.
Hier berühren sich also nazistische Rassenlehre und das, was man als "islamischen Essentialismus" bezeichnen kann. Nichts, nicht einmal der Übertritt zum Islam, kann einen Westler offenbar von seiner Einstufung als westlicher Erbfeind befreien. Hoffnung auf Rettung gibt es nur, wenn der Islamische Staat sich durch Lösegeldzahlungen einen größeren Nutzen für seinen eschatologischen Krieg verspricht als durch die abschreckende Wirkung von Enthauptungsvideos.
 Nazis wie Islam-Terroristen brechen also mit der sowohl im Abendland wie auch im Morgenland tradierten Moralphilosophie, wonach individuelle Taten und nicht die vom Individuum nicht zu beeinflussende eigene Herkunft das Maß sind, wonach eine Person moralisch zu beurteilen sei.

Diese Unterscheidungen mögen spitzfindig sein, schließlich macht es für die Opfer keinen großen Unterschied, warum sie getötet werden. Die ideologische Natur des Islam hat aber durchaus politische Implikationen. Seit einigen Tagen kursieren etwa in Washington Vorschläge, ob man in der verfahrenen Lage in Syrien nicht zunächst eine Reihe von lokalen Waffenstillständen anstreben soll, um dann nach einer Abkühlungsphase politische Lösungen zu finden.

Washington-Post-Kolumnist David Ignatius hatte diese Debatte angestoßen, die auf einen Bericht des hinter den Kulissen wirkenden "Centre for Humanitarian Dialog" in Genf zurückgeht. Es erscheint schwer genug, solch eine Beruhigung der Lage zwischen dem Assad-Regime und den so genannten "moderaten Rebellen" herbeizuführen. Mit den Ideologen von IS und al-Nusra, die keinerlei kleinsten gemeinsamen Nenner mit ihren Feinden anerkennen, dürfte solch ein Plan von vorneherein zum Scheitern verurteilt sein.

Freitag, 21. November 2014

Nach 36 Ukraine-Einmärschen: Russen greifen nach Deutschland

Grausam, eiskalt und ohne Skrupel, so kennt der Medienkonsument den Russen, der seine Niederlage im Kalten krieg bis heute nicht verwunden hat. Nach inzwischen 36 Einmärschen in die Ukraine allein in diesem Jahr und mehr als 100 Versuchen, durch internationalen Luftraum zu fliegen, greift der neue Zar Wladimir Putin trotz einer geheimgehaltenen Krebserkrankung jetzt auch wieder nach Deutschland.

Statt unsichtbarer Panzer nutzt der irre Kreml-Egomane dazu eine "eisige Russen-Kralle" (Bild), die Deutschland in kalt und warm trennen soll. Eine neue Spaltung! Faktisch nur 25 Jahre nach der Wiedervereinigung! Einmal mehr fällt der deutsche Osten in das eisige Einflussgebiet der gewissenlosen Ex-Sowjets, während der Westen sich weiter am Nato-Kachelofen kuscheln darf!

Die Russen verfügen nach Expertenangaben seit Jahrzehnten über das Know How, Wetter und Klima zu beeinflussen. Im Institut für atmosphärische Technologie in Moskau sind in den vergangenen Jahren spezielle Strategien erdacht worden sein, um das Klima als Waffe verwenden zu können. Dabei, so ein Plan des Moskauer Komitees für Wissenschaft und Forschung, werden Wolken nicht geimpft, sondern angehoben. Das ist simpler und umweltfreundlicher. Mit Hilfe des "Tschischewskij-Leuchters" wird ein Ionenstrahl gen Himmel geschickt, der Wärme freisetzt und so die Wolken in höhere Schichten der Atmosphäre drückt.

Die so erzeugten Hochdruckgebiete könnten dann verschoben werden, so dass sie nach Aufnahme von Kälte auf Befehl von Putin automatisch Richtung Südwesten zurückrutschen. Die Bundeswehr hat derzeit noch keinerlei Verteidigungsmittel gegen die so ausgelösten Kälte-Krallen und Schneewalzen.

Klo-Trend: Nacktwischen für die Natur

Hollywood-Promis wie Amanda Miller oder die Sterrer-Zwillinge verzichten beim Toilettengang angeblich komplett auf Papier und andere Reinigungsprodukte. Natur pur, nur Wasser und die rechte Hand: „No Paper“ nennt man diesen Trend, der sich mittlerweile zu einer richtigen Bewegung entwickelt hat. Die Anhänger von No Paper berufen sich auf alte indische Traditionen und versprechen sich eine gesunde Natur und einen Verzicht auf Chemie. "Crap without a pap" ist ihr Wahlspruch - auf Deutsch "Kacken ohne Papier".

Ein freier PPQ-Mitarbeiter hat diese Pflegemethode 17 Tage lang getestet und sich den Hintern fast drei Wochen lang ohne Papier abgewischt. Begleitet wurde das Experiment von einer Hautärztin, die die empfindliche Popo-Haut stets im Blick hatte. Das war auch gut so, denn was der Reporter über sich ergehen lassen musste, ist nicht ohne: Von Ekzemen über Gestank bis hin zu Hinternhaarausfall war alles dabei.

Früher waren sie Außenseiter oder Inder. Heute gehören die Mitglieder der Bewegung No Paper zu den Trendsettern: Vor allem im gesundheitsbewussten Bezirk Prenzlauer Berg erstarkt die Bewegung der Naturabwischer, die irgendwann aufgehört haben, sich ihre Hinterteile wie gewohnt mit Papier abzuwischen. Es handelt sich dabei um Frauen und Männer, die der sogenannten "No paper"-Bewegung angehören, die sich besonders in den USA immer größerer Beliebtheit erfreut.

Die Methode besteht im Wesentlichen darin, den Popo nach erledigtem Geschäft nicht mehr mit Papier ("Paper") zu reinigen. Sstattdessen kommt, wie in Indien seit Jahrhunderten üblich, die linke Hand zum Einsatz. Radikale Papier-Abstinenzler zählen sich zur Untergruppierung "NW/SO", was so viel heißt, dass sie auch keinerlei Wasser an ihr Hinterteil lassen. Man vertraut vielmehr darauf, dass sich die körpereigene Talg-Produktion - Sebum ist die lateinische Bezeichnung für das natürliche Hautfett - mit der Zeit von selbst reguliert.

Hans Heise, der als einer der Vorkämpfer der ökologischen Reinigungmethode in Deutschland gilt, berichtet von Aktivisten, die "NW/SO" seit Jahren mit Erfolg betreiben. "Diese Leute sind zum Teil richtig gesund und sie riechen nicht im Geringsten", sagt Heise. Häufiger seien allerdings No-Paper-Kämpfer, die aus gesundheitlichen Gründen nicht die Maximalvariante wählen. "Wir beobachten ja immer wieder Leute, die über spannende, juckende Haut am Hintern klagen, mit extrem porösen, trockenen Partien, die durch das feuchte Abspülen mit der Hand immer wieder neu entzünden", so Heise.

Die neue Öko-Welle steht im deutlichen Gegensatz zum immer umfassenderen Repertoire der Toilettenpapierhersteller. Die bieten verschiedene Lagen, feuchte und trockene, parfümierte und naturbelassene Papiere an. Doch die Phalanx der Verweigerer wächst: Bis zum sieben Tonnen Papier, haben Kritiker ausgerechnet, verbraucht ein einzelner Mensch im Leben allein für die Säuberung seines Hinterns. Und diese Klopapiermarkt, der sieben Prozent des deutschen Kosmetikmarkts ausmacht, wächst ständig – seit 2007 jährlich um mehr als zehn Prozent, weil immer mehr Menschen immer mehr und dickeres Papier verwenden.

In der natürlichen Hinternreinigung kommen dagegen nur Naturprodukte wie Wasser und Wischhand zum Einsatz – sie gelten als besonders hautverträglich und sind biologisch abbaubar. Die Methode verwenden Menschen in Indien seit Jahrtausenden. Zeitgenössische Anhängerin der Methode ist angeblich auch die Schauspielerin Katherine Leta-Jones.

Donnerstag, 20. November 2014

Zitate zur Zeit: Heute ist selten

Selten ist eine Lage, die es uns erlaubt hätte, wirksam gegen das Elend in der Welt vorzugehen, so verspielt worden, wie wir es heute feststellen müssen.

Willy Wimmer bei Cashkurs

Rockrebellen auf Rettungskurs


Alle Jahre wieder kommt der Heilige Bob und rettet die Welt. Millionenschwere Sternsinger ziehen dann aus, um der Welt rcht viel Gutes zu tun. Rocker im Weihnachtsmannkostüm, Goldkehlen im Chorgesang. Bono, Sir Bob, die Toten Hosen und der Rest der alten Pop-Zausel. Fast dieselbe Besetzung übrigens wie vor 30 Jahren. Fast dieselben Hilfeempfänger wie vor 30 Jahren. Singen für einen guten Zweck hat  offenbar durchschlagenden Erfolg.

Dabei: Wenn die Beteiligten alle ihre Steuern ordentlich dort zahlen würden, wo sie ihr Geld verdienen, käme wahrscheinlich die zehnfache Summe zusammen als die lausigen acht Millionen Pfund, die bei dem letzten groß in Szene gesetzten Hilfsprogramm überwiesen worden waren.

Denn an Geld mangelt ja nicht, dort, wo die großen Stars sitzen un dihre Visionen von einer gerechteren Welt in Noten drücken. So waren Paul David Hewson alias Bono im Jahr 2006 die ohnehin niedrigen Steuern seiner geliebten irischen Heimat noch zu hoch, so dass er seine unternehmerischen Aktivitäten, die alles in allem 600 Millionen Euro wert sein sollen, ins Steuerparadies Niederlande verlegte. Dort sind sogenannte Lizensierungsmodelle beliebt, die nicht nur für U2, sondern auch für die von U2-Sänger Bono aufgrund ihrer skrupellosen Gewinnmaximierung so furchtlos angeprangerten Konzerne wie Starbucks oder Exxon von Interesse sind.

Jeder Popstar ist ein Konzern, ein mittelständischer zumindest. Auch er handelt ökonomisch:  Gary Barlow von Take That wird auf der weiß-roten Bühne britischer Trash-Dash-Unterhaltung von der Queen geadelt, schmachtet ihr zum diamantenen Jubiläum ein Liedchen - und trickst sie hintenherum aus, indem er seiner Steuerpflicht aus einem insgesamt 26 Millionen Pfund großen Investitionsplan mit dem schönen Namen Icebreaker Management nicht nachkommt. Auch sein älterer Kollege George Michael soll Teil der prominent besetzten Truppe eines 1,2 Milliarden Pfund großen "Tax-Umgehungs-Plans" gewesen sein und via Mercury Tax Group rund sechs Millionen Pfund an der heimatlichen Steuer vorbeigeschmuggelt haben.

Allein sind die früheren Teenie-Stars damit nicht, auch das Steuerzahlen ist es nicht allein, das die Retter von der Rockgestalt zu traurigen Heuchlern macht. Gordon Matthew Thomas Sumner alias Sting, ein ausgewiesener Regenwald-Retter, schafft es glatt, für seine Auftritte in aller Welt Flugzeuge vom größten Boeing-Typ zu mieten, um sein Equipment herumtransportieren zu lassen - und damit den ökologischen Fußabdruck eines gesamten Kampfgeschwaders der Air Force zu hinterlassen.

Als sei das alles nicht wahr, schwabbeln die deutschen Troubadoure nun unter ihren Schlapphüten neue, alte Schmachtfetzen hervor. Lindenberg, immer gut bewaffnet, wie inzwischen bekannt ist, Gröledingsbums, der ein neues Werk zu promoten hat, die Ex-Punks von den Toten Hosen, die neuerdings eine "echte Steuer gegen Armut" fordern.

Steuern kann man nicht genug haben, so lange andere sie zahlen müssen. Mitglieder der Frege-Familie sollen sich ja mit der Abwicklung der Lehman-Pleite eine goldene Nase verdient haben.

*Ein Gastbeitrag von Fazke

Mittwoch, 19. November 2014

Endlich: Nato rüstet massiv auf

Russland wirft der Nato nach neuen Presseberichten eine massive Aufrüstung an der Grenze zur russischen Enklave Kaliningrad, aber auch an der direkten Grenze Polens zu Russland vor. Ein russischer Regierungsvertreter: "Wir sprechen von Truppen, wir sprechen über Ausrüstung und wir sprechen über Artillerie und sehr moderne Flugabwehrsysteme".

Es handele sich um einen ernstzunehmenden Aufmarsch, sagte der Offizielle am Rande eines Treffens mit Verteidigungspolitikern. Die Nato hatte zuletzt verstärkte Manöver an der russischen Grenze angekündigt, Polen stellte klar, dass es einen Großteil seiner Truppen Richtung Ostgrenze verlegen werde. In mehr als 100 Fällen hatten zudem Nato-Flieger russische Militärmaschinen im internationalen Luftraum abgefangen.

Mit Blick auf eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts forderte Russland die Nato zu einem Truppenrückzug auf. Der Kreml warf dem westlichen Bündnis erneut vor, mit Streitkräften auch direkt an der russischen Grenze zu operieren. "Wir sehen, dass die Nato die Lage weiter destabilisiert."

Zu Lösungsmöglichkeiten für den Konflikt sagten Regierungsvertreter: "Die Krise ist durch Handlungen der Nato verursacht worden. Europa hat nun die Wahl - es kann zu einer friedlichen Lösung auf dem Verhandlungsweg beitragen oder es kann weiter den Weg der Konfrontation gehen." Russland werde sich weiter für eine friedliche Lösung des Konflikts einsetzen.

Bundesaußenminister Walter Steinmeier, der im Februar die Regierung Janukowitsch abgesetzt hatte, hat bei einem Besuch in Kiew erneut eine Vermittlung in der blutigen Krise versucht, die alle Beteiligten in nur knapp sechs Monaten seitdem organisieren konnten. Dabei warnte er nicht mehr nur vor einem „Rückfall in den Kalten Krieg“ wie im April, sondern nun schon vor einer "militärischen Großkonfrontation".

Die OSZE und Poroschenkos Phantasien

Für Petro Poroschenko gibt es keinen Zweifel. "In meinem Land sind tausende russische Soldaten, hunderte Panzer, schwere Artillerie. Es ist eine der größten Armeen der Welt, die uns und ganz Europa bedroht", berichtet der ukrainische Präsident der Bild-Zeitung. Das sind keine Phantome eines Hutmachers, das sind echte Feinde: "Unabhängige Organisationen wie die OSCE haben die Präsenz von russischen Truppen in der Ukraine bestätigt", sagt Poroschenko. Auch der Nato-Oberbefehlshaber Philip Breedlove hatte zuvor versichert, dass die Nato in der Ostukraine dasselbe sehe wie die OSZE. Nämlich russische Truppen auf dem Boden der Ukraine.

Allerdings bleibt unklar, wo und wem gegenüber die OSZE solche Beobachtungen mitgeteilt haben soll. In den offziellen Berichten der OSZE-Ukraine-Mission SMM ist nirgendwo die Rede davon, dass russische Truppen in der Ukraine gesichtet wurden. Zwar hatten deutsche Zeitungen zu Dutzenden zitiert, dass Breedlove sich auf die OSZE berief, die angeblich russische Soldaten mit einem Fahrzeugkonvoi voller Waffen in der Ostukraine gesehen habe. Doch bei Lichte besehen hat die OSZE dergleichen nie berichtet, ganz im Gegenteil: "The SMM did not see any individuals or persons in uniform travelling on these trucks."

Die einzigen russischen Konvois, die die OSZE-Beobachter ausmachen konnten, waren die eines “Humanitarian help from the Russian Federation"-Fahrzeugzuges, die von Mitarbeitern des Ministry of Emergency Situations der Russischen Föderation begleitet wurden.

Petro Poroschenko, der angibt, dass sein Land "auf das Szenario für diesen totalen Krieg vorbereitet" sei, beruft sich dennoch auf die OSZE. Deutsche Zeitungen berufen sich auf Poroschenko, weil es ihnen offenbar untersagt ist, selbst nachzuschauen, was die OSZE-Beobachter wirklich gesehen und was sie berichtet haben. Nächste Woche wird sich Philip Breedlove dann auf deutsche Zeitungen berufen. Und danach wird Poroschenko Breedlove als Zeugen für seine Phantasien benennen. Die OSZE wird weiter berichten, was sie sieht. Und die Propagandisten werden weiter behaupten, es seien russische Truppen. Und so werden Phantasien Wirklichkeit.

Dienstag, 18. November 2014

ARD-Toleranzwoche: Gerechtigkeit für Biermann

„Denn die Dummköpfe nennen ihn dumm, und die Schmutzigen nennen ihn schmutzig. Er ist gegen den Schmutz und gegen die Dummheit...“, so hat die ARD gestern ihre lange angekündigte Toleranzwoche mit Erfolg eröffnet. Zum Start ging es gleich um das schwierige Thema Biermannhass, eine in Deutschland seit 1976 tief verwurzelte Gefühlregung, die durch einen Auftritt des ehemaligen Sängers und Dichters im Bundestag neuen Auftrieb erhalten hatte.

"In seinem Vortrag erkennt man leicht die bösartigen Wahrheitsverdrehungen", hatte der große ostdeutsche Volksschauspieler und Fernseh-Kapitän Horst Drinda schon bei der ersten Welle aufpeitschender Biermann-Empörung vor fast 40 Jahren gewettert, "mit großer Überheblichkeit liefert er Ratschläge, was unsere Bürger in ihrem Staat tun müssen, damit er und seine Freunde ihn akzeptieren könnten." Das wollen sich unsere Menschen auch heute noch nicht gefallen lassen. Sie wehren sich auf die Vorwürfe des Regimekritikers mit dem Vorwurf, Biermann sei von der Nato gesteuert, sein "kranker Auftritt" erinnere an "ganz dunkle Kapitel der deutschen Geschichte" und "wenn Lammert einen Reaktionär einlädt, darf er sich nicht wundern, wenn der reaktionären Unsinn verbreitet".

Die ARD hat nun versucht, die Fugen zu kitten und die Wunden zu schließen. Die Toleranzwoche soll die Türen öffnen, die in den anderen 51 Wochen des Jahres verschlossen bleiben, sie soll Verständnis für die Lebensweise von Kritikern wie Biermann wecken und Mitgefühl für das schwere Schicksal derer erzeugen, die immer in der Minderheit bleiben, so oft auch die Systeme wechseln. Zum Start bot der Sender denn auch ein großangelegtes Interview mit dem russischen Zaren Putin, der sich für seine Untaten in der Ukraine verantworten musste. Im Anschluss daran zeigte der beliebte Günter Jauch, dass sich um seine Person herum zu jedem Thema diskutieren lässt, ehe schließlich alle Biermann-Feinde auf ihre Kosten kamen: Die ARD wiederholte sein legendäres Konzert vom 13. November 1976 auch an diesem Abend nicht.

Mit einem Aktionstag, an dem in Radio, TV, Schulen, Unis, Jugendzentren, Cafés, Gemeindesälen, Theatern und vielen anderen Orten geslammt werden soll, wird die Toleranzwoche abgeschlossen.