„Barbaren“, „Mörderbanden“ und „Terroristen“ - wenn von den Bemühungen der Islamisten im Nahen Osten zur Errichtung eines eigenen Staates mit Mitteln militärischer Gewalt die Rede ist, ist nur die große verbale Münze zugelassen. Dabei schwingt stets die Vorstellung mit, beim Vorgehen der Islamisten in dem von ihnen beanspruchten „Kalifat“ handele es sich um eine Art irrationale Strategie, die absichtslos auf Völkermord, brutale Gewalt gegen Zivilisten und Andersglaubende setzt. Der in deutschen Medien beschriebene Islamist ist erstens ein keiner Logik zugänglicher Gewalttäter, zweitens ein menschlicher Gefühle nicht mehr fähiger Verblendeter und drittens ein zugereister Gotteskrieger, der Mord und Totschlag sozusagen im Handgepäck in eine friedliche Region schleppt.
Im dritten Punkt finden sich Motive des Erklärmusters wieder, das auch im ukrainischen Bürgerkrieg Verwendung fand. Kräfte von außer müssen es sein, die die Verheerung bringen, weil innere Konfliktlinien unweigerlich die Frage nach der Legitimität der Interessen der beteiligten Gruppen aufwerfen würden. Interner Krieg aus internen Gründen bleibt innere Angelegenheit – erst Einmischung von außen öffnet völkerrechtlich die Tür zu einem Eingreifen.
Dabei ist das Agieren der Führer des selbsternannten Kalifats das einer ganz gewöhnlichen Befreiungsbewegung – vergleichbar dem Vorgehen der Rebellen Fidel Castros auf Kuba oder Maos langem Marsch zur Macht in China. Ausufernde Gewalt, Standrecht, Morde an Zivilisten, die andere Vorstellungen vom Leben haben als die für ein eigenes Ideal von Befreiung streitenden „Aufständischen“ waren in Lenins Russland von derselben gewalttätigen Verfolgung betroffen wie Abolitionisten in den Südstaaten der USA, Che Guevara, eine Ikone aller Gutgläubigen der Welt, richtete in Havanna mit ebenso leichter Hand Systemfeinde hin wie das die IS-Krieger heute tun.
Nach dem Jahrhundert der ideologischen Kriege ist ein neues Jahrhundert der Glaubenskriege angebrochen, das allerdings nicht so genannt werden soll. Statt die Möglichkeit einer grundsätzlichen anderen Weltsicht anzuerkennen, wie sie die IS-Truppen behaupten, schwirrt die Vorstellung herum, die bewaffneten Kämpfer seien eine Art aus dem Nichts aufgetauchter Virus, der sich mit ein paar Bombereinsätzen wegdesinfizieren ließe.
Dabei sind im Irak und in Syrien zwar viele Menschen geflohen – viele aber sind auch geblieben. Und so wie im Gaza-Streifen nach dem Anschlägen vom 11. September gefeiert wurde, so freuen sich auch heute mit Sicherheit Teile der muslimischen Weltgemeinde über die Erfolge des Islamischen Staates. Der ist mit seiner Mischung aus vom Westen adaptierter Waffentechnologie und steinzeitlicher Islam-Interpretation der erste Versuch nach dem Desaster der Taliban in Afghanistan, ein Staatsgebilde völlig anderer Art zu errichten: Ohne Demokratie, ohne Menschenrechte, ohne Gleichheit, mit einer Freiheit nur vor Gott und Verpflichtungen nicht der Natur oder den Mitmenschen gegenüber, sondern ausschließlich geistlichen Instanzen gegenüber.
Es ist her, den aus ihrer Sicht gottgewollten Kampf um genügend Landmasse für das eigene Kalifat mit äußerster Gewalt und unter völliger Vernachlässigung der absoluten Aussichtslosigkeit des Bemühens zu führen. Der gesamte Aufstand, ein halbes Jahr nach Beginn immerhin mit einer gewissen Infrastruktur von der Lebensmittelversorgung bis zur Panzerreparatur ausgestattet, ist ein Selbstmordanschlag auf die nach westlichen Vorstellungen zivilisierte Welt.
Gott will es und der Westen will es nicht, doch der Westen ist nicht die Welt und rein theoretisch besteht eben die Möglichkeit, dass außerhalb der Vorstellungswelt des normalen, abendländisch sozialisierten Menschen eine andere existieren könnte. Die eben keine Paradiesvorstellung mit Supermarkt, Tagesschau, Festgeldkonto und Beamtenjob hat, sondern das Hier und Heute für einen Wartesaal für das Leben in einem anderen Existenzzustand hält.
So religiös motivierte Gewalt entzieht sich Erklärungsversuchen mit den Mitteln der abendländischen Hausapotheke. Sie entzieht sich auch dem Gespräch, der Verhandlung, der Annäherung durch Duldung, die in der Systemauseinandersetzung zwischen Kapitalismus und Sozialismus von beiden Seiten in der Erwartung praktiziert wurde, die Annahmen des Anderen würden sich als falsch herausstellen.
Der Krieg gegen die "sehr dunkle Seite der Religiosität", wie es der Jenaer Religionswissenschaftler Michael Blume im Gespräch mit n-tv nennt, ist ein totaler Krieg. Religionen beruhen auf Glauben, Ein Gläubiger aber lässt sich durch besseres Wissen so wenig überzeugen wie ein Verschwörungstheoretiker von der Tagesschau. Der totale Krieg aber, unter Inkaufnahme einer größtmöglichen Zahl an Opfern, ist für die eine Seite bedrohlich, weil er ihren Wohlstand, ihre Werte und ihre Zukunftsgewissheit angreift. Für die andere aber ist ein Springquell an Energie, eine beständige Glaubensvergewisserung und ein Versprechen darauf, am Ende zu obsiegen.
Im dritten Punkt finden sich Motive des Erklärmusters wieder, das auch im ukrainischen Bürgerkrieg Verwendung fand. Kräfte von außer müssen es sein, die die Verheerung bringen, weil innere Konfliktlinien unweigerlich die Frage nach der Legitimität der Interessen der beteiligten Gruppen aufwerfen würden. Interner Krieg aus internen Gründen bleibt innere Angelegenheit – erst Einmischung von außen öffnet völkerrechtlich die Tür zu einem Eingreifen.
Dabei ist das Agieren der Führer des selbsternannten Kalifats das einer ganz gewöhnlichen Befreiungsbewegung – vergleichbar dem Vorgehen der Rebellen Fidel Castros auf Kuba oder Maos langem Marsch zur Macht in China. Ausufernde Gewalt, Standrecht, Morde an Zivilisten, die andere Vorstellungen vom Leben haben als die für ein eigenes Ideal von Befreiung streitenden „Aufständischen“ waren in Lenins Russland von derselben gewalttätigen Verfolgung betroffen wie Abolitionisten in den Südstaaten der USA, Che Guevara, eine Ikone aller Gutgläubigen der Welt, richtete in Havanna mit ebenso leichter Hand Systemfeinde hin wie das die IS-Krieger heute tun.
Nach dem Jahrhundert der ideologischen Kriege ist ein neues Jahrhundert der Glaubenskriege angebrochen, das allerdings nicht so genannt werden soll. Statt die Möglichkeit einer grundsätzlichen anderen Weltsicht anzuerkennen, wie sie die IS-Truppen behaupten, schwirrt die Vorstellung herum, die bewaffneten Kämpfer seien eine Art aus dem Nichts aufgetauchter Virus, der sich mit ein paar Bombereinsätzen wegdesinfizieren ließe.
Dabei sind im Irak und in Syrien zwar viele Menschen geflohen – viele aber sind auch geblieben. Und so wie im Gaza-Streifen nach dem Anschlägen vom 11. September gefeiert wurde, so freuen sich auch heute mit Sicherheit Teile der muslimischen Weltgemeinde über die Erfolge des Islamischen Staates. Der ist mit seiner Mischung aus vom Westen adaptierter Waffentechnologie und steinzeitlicher Islam-Interpretation der erste Versuch nach dem Desaster der Taliban in Afghanistan, ein Staatsgebilde völlig anderer Art zu errichten: Ohne Demokratie, ohne Menschenrechte, ohne Gleichheit, mit einer Freiheit nur vor Gott und Verpflichtungen nicht der Natur oder den Mitmenschen gegenüber, sondern ausschließlich geistlichen Instanzen gegenüber.
Es ist her, den aus ihrer Sicht gottgewollten Kampf um genügend Landmasse für das eigene Kalifat mit äußerster Gewalt und unter völliger Vernachlässigung der absoluten Aussichtslosigkeit des Bemühens zu führen. Der gesamte Aufstand, ein halbes Jahr nach Beginn immerhin mit einer gewissen Infrastruktur von der Lebensmittelversorgung bis zur Panzerreparatur ausgestattet, ist ein Selbstmordanschlag auf die nach westlichen Vorstellungen zivilisierte Welt.
Gott will es und der Westen will es nicht, doch der Westen ist nicht die Welt und rein theoretisch besteht eben die Möglichkeit, dass außerhalb der Vorstellungswelt des normalen, abendländisch sozialisierten Menschen eine andere existieren könnte. Die eben keine Paradiesvorstellung mit Supermarkt, Tagesschau, Festgeldkonto und Beamtenjob hat, sondern das Hier und Heute für einen Wartesaal für das Leben in einem anderen Existenzzustand hält.
So religiös motivierte Gewalt entzieht sich Erklärungsversuchen mit den Mitteln der abendländischen Hausapotheke. Sie entzieht sich auch dem Gespräch, der Verhandlung, der Annäherung durch Duldung, die in der Systemauseinandersetzung zwischen Kapitalismus und Sozialismus von beiden Seiten in der Erwartung praktiziert wurde, die Annahmen des Anderen würden sich als falsch herausstellen.
Der Krieg gegen die "sehr dunkle Seite der Religiosität", wie es der Jenaer Religionswissenschaftler Michael Blume im Gespräch mit n-tv nennt, ist ein totaler Krieg. Religionen beruhen auf Glauben, Ein Gläubiger aber lässt sich durch besseres Wissen so wenig überzeugen wie ein Verschwörungstheoretiker von der Tagesschau. Der totale Krieg aber, unter Inkaufnahme einer größtmöglichen Zahl an Opfern, ist für die eine Seite bedrohlich, weil er ihren Wohlstand, ihre Werte und ihre Zukunftsgewissheit angreift. Für die andere aber ist ein Springquell an Energie, eine beständige Glaubensvergewisserung und ein Versprechen darauf, am Ende zu obsiegen.
Großartig!
AntwortenLöschenDas Komma vor dem Satz darf auch ein Punkt sein.
AntwortenLöschenEin Gläubiger aber lässt sich durch besseres Wissen so wenig überzeugen wie ein Verschwörungstheoretiker von der Tagesschau.
Auch aufgeklärte, wißbegierige, weltoffene, der Neugier zugeneigte Menschen oder einfach nur Gewohnheitstiere lassen sich von der Tagesschau nicht überzeugen. Verschörungstheoretiker sciher auch, denn von Chemtrails hat man bei den NAchrichtenpressern noch nie was vernommen.
Sie pressen die Pressuren beim Gang der Weltenläufte in 15 Minuten.
Burks erklärt uns noch die PKK.
Der ganze Aktionismus kann nur großartig scheitern. Weniger ist nicht drin. Und niemand behaupte, Merkel und Steinmeier hätten es nicht gewußt.
Es gibt anders geartete Wertesysteme ausserhalb der westlichen Welt und ihrer Vorstellung vom Leben, Werte, die der Westen womöglich ernst nehmen könnte/sollte/müsste bzw. seine vielgerühmte Toleranz dran ausprobieren sollte? Starker Tobak.
AntwortenLöschen@ Gerry - Ja. Wir sind hier auf einer Seite von Verschwörungspraktologen.
AntwortenLöschenZum Glück machen Quotzen, Menschendarsteller, Zeitgeistreiter, NEON-azis, Salatfister und andere faktophoben Elemente um PPQ einen großen antidemokratischen Bogen.
Die Nwo Elite ist schlau, durch das Bombadieren der ISIS treiben sie diese Leute nur so vor sich her, eben gegen die Kurden und Türkei zu wobei die Kurden von EU/USA unterstützt werden mit Waffen und auf der anderen Seite die Türkei/Arabien die ja gegen die Kurden/PKK sind, die ISIS unterstütz. Also win-win für alle Seiten. Vollbracht ist es, wenn die Islamisten auch in Europa/USA beginnen die Köpfe der hiesigen Leute abzuschlagen, denn dann kann die EU/USA eine totale Militär Regim und Nachtsperren etc auffahren. Ende Demokratie
AntwortenLöschenWie war das doch nochmals in Orwell 1984? Dort herrschte ständig Krieg. Also von Religion wurde dort doch nicht geredet. Und die Isis ist doch keine Religion
Wo ist Margot Käßmann, wenn man sie braucht?
AntwortenLöschenEin großartiger, tiefgründiger Kommentar zum Zeitgeschehen.
AntwortenLöschenWie man es von PPQ gewohnt ist.
Darf ich mir erlauben, in diesem Zusammenhang auf die Buchrezension George Orwells von "Mein Kampf" hinzuweisen.
Ja, die gibt es...
Da kann man nur sagen:
Great minds think alike.
:-)
"Der totale Krieg aber, unter Inkaufnahme einer größtmöglichen Zahl an Opfern ..."
AntwortenLöschenIn dieser Konstellation gibt nur ein Mittel, uns zu schützen: More killing, please!
Wenn wir das nicht rechtzeitig erkennen, werden die uns töten.
Klingt brutal. Und ist es auch.
Das ist verständig bedacht, übersieht nur ein allen Religionen ("Ideologien") gemeinsamens Moment: Das Rechtfertigen von Gewalt-Macht-Lust, also den Grundimpuls der Dominanz, der sich bis zum Totalen Krieg versteigt.
AntwortenLöschenEr ist so ausrottbar wie die Spezies. Insofern ist die Atomombe eine seltsame Hoffnung.
Ich stimme zu, frage mich jedoch, wie "ein Kalifat" sich "selbst ernennen" kann.
AntwortenLöschenStaaten werden nicht ernannt, nicht vom Weltordnungshüter und auch nicht von unseren Medien. Sie werden gegründet, vom Souverän, also dem Volk, den Führern, Königen, Siegern oder wem auch immer - und natürlich stets "selbst".
De facto ist ISIS somit ein Staat. Staatsgebiet, Staatsvolk und, sehr anschaulich, Staatsgewalt, sind vorhanden. Das rechtfertigt nat. keine Verbrechen.
Sollte ISIS nicht besiegt werden, wird man sich irgendwann mit der "normativen Kraft des Faktischen" abfinden und Öl einkaufen.
Apropos "wegdesinfizieren" (geniale Wortschöpfung in diesem Zusammenhang):
AntwortenLöschenLetztlich kann da wohl nur die Bombe helfen.