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Femitheistin, ist eine 22-jährige Kriminalwissenschafts-Studentin und Mutter eines 3-jährigen Kindes. 2012 stellte sie das revolutionäre Konzept eines Internationalen Kastrationstag vor. Ziel soll eine Verringerung der männlichen Bevölkerung auf zehn Prozent des derzeitigen Bestandes sein.
VICE: Ich nehme an, „The Ratio“ ist eine Anspielung auf deine Überzeugung, dass die männliche Bevölkerung um 90 Prozent reduziert werden soll.
Die Femitheistin: Ich glaube, dass konventionelle Gleichheit—also ein Frauen-zu-Männern-Verhältnis von 50/50—ein schlechteres System darstellt. Im Grunde werden Männer in meinen Vorstellungen zu einer speziellen Klasse gemacht, die viel mehr wertgeschätzt wird. Da es viel weniger Männer gibt, können sie ihre Partnerinnen auch aus einer Vielzahl von Frauen auswählen. Das ist meine Intention. Männer wären viel mehr wert und ihre Lebensqualität würde sich extrem verbessern. Wenn man so will, dann wäre ihr Leben subventioniert und würde einem All-Inclusive-Urlaub ähneln, der von der Geburt bis zum Tod andauert.
Wenn man mal annimmt, dass die Leute damit einverstanden wären, wie könnte man die männliche Bevölkerung so weit reduzieren? Redest du hier von einer Aussortierung oder einer jahrelangen selektiven Züchtung?
Natürlich machen Männer einen beträchtlichen Teil der Opfer von Gewaltverbrechen aus und hauptsächlich sie nehmen an Kriegen teil, also wird es hier immer Sterbefälle geben—ganz sicher aber keine Aussortierung. Gezieltes Abschlachten oder gewalttätige Maßnahmen befürworte ich nicht.
Wie willst du dein Ziel dann erreichen?
Die Forschung im Bereich Designer-Babys muss fortgeführt werden: Geschlechtsmanipulation, pränatale Geschlechtserkennung, Abtreibungen, Nachkommen von zwei Frauen (Babys mit zwei Müttern) und viele weitere Mechanismen—all das wird eingesetzt, um diese Ambitionen zu erreichen. Die Maßnahmen werden zur kurzfristigen Verwirklichung der Ziele noch nicht verpflichtend eingeführt, in den Anfangsphasen werden sie nur stark gefördert. Wenn man Abtreibung nicht gerade ablehnt, dann gibt es nur wenige ethische Gründe, diese Vorschläge als ungeheuerlich anzusehen. Die ganzen Probleme bezüglich der Genetik und Bevölkerungserhaltung wurden schon durchgerechnet: genetische Flaschenhälse, Inzucht, Mutationen und so weiter. Alles wird sich zum Vorteil für meine Ideen entwickeln. Ich war sehr sorgfältig und vorsichtig. Ich habe meine Arbeit von Biologie- und Genetik-Experten—oder zumindest auf diesen Gebieten sehr bewanderten Leuten—überprüfen lassen. Sie bestätigten mir, dass alles so klappen wird.
Wir reden hier von der Theorie. Was ist mit der Praxis?
Es wird von Nöten sein, jeden Menschen—egal ob weiblich oder männlich—in den Schulen, zu Hause, durch Literatur und Kunst und durch die Medien eine neue Denkweise zu geben. Dieser Prozess wird Jahrzehnte, Generationen oder vielleicht sogar ein paar Jahrhunderte brauchen. Trotzdem sollte man diese Dinge durchziehen, um eine neue und weitaus überlegenere Welt zu schaffen. Meine Aufgabe ist es, ein Grundgerüst zu entwickeln, mit dem solche Ziele erfolgreich erreicht werden können.
Welche Männer werden dann zur Fortpflanzung ausgewählt? Basiert die Auswahl auf körperlichen oder auf mentalen Fähigkeiten?
Die passendsten Männer wären ganz einfach die, die sowohl körperlich als auch geistig fit sind. Genetische Modifizierung spielt hier auch eine Rolle.
Genmanipulation findet bereits statt, wenn Paare bei der Hochzeit getestet werden, um die Weitergabe von gefährlichem genetischen Material zu verhindern. Es gibt keine Zweifel daran, dass solche Konzepte weiter entwickelt werden, wenn wir die genauen Funktionen von Erbmaterial besser verstehen. Gesunde und fitte Männer werden immer ideal sein, aber keine „Brutalos“, was mehr mit den geistigen als mit den körperlichen Eigenschaften zu tun hat. Jeder kann Gewichte heben. Jedes Kriterium, das als wesentlicher Maßstab festgelegt wird, müsste genauestens definiert und im Laufe der Zeit oder mit dem Fortschritt der Wissenschaft überarbeitet werden, wenn sich die menschliche Spezies und ihre Bedürfnisse weiterentwickeln.
Würden Männer dann wie Zuchtpferde vom Rest isoliert werden?
Ich glaube, dass wir Männer aus der Gemeinschaft entfernen und ihnen ihre eigenen Bereiche in der Gesellschaft zuweisen müssen. Man kann es sich vorstellen wie vom Staat bezahlte Reservate, wo sie neu definiert werden können. So schaffen wir nicht nur für die Männer eine sicherere Umgebung, sondern auch für die Frauen. Da die besagten Reservate vom Staat subventioniert werden, können wir die Männer beschäftigen und ihnen Gesundheitspflege, Unterhaltung, eine Unterkunft, Schutz und alles andere bieten, was man sonst noch so im Leben braucht. So verschwindet auch die konventionelle Ungleichheit aus der Gesellschaft. Wenn die Zahl der Männer nur noch 10 Prozent der gesamten Bevölkerung ausmacht, dann steigt ihr soziologischer und biologischer Wert. Sie können ein glückliches und sicheres Leben führen und männlicher Überschuss wird der Vergangenheit angehören.
Aber haben Männer neben der Fortpflanzung nicht auch noch andere Qualitäten?
Wenn die Technologie bis dahin noch nicht an einem Punkt angekommen ist, an dem die Arbeit ohne Männer verrichtet werden kann, dann bekommen die wenigen Männer, die für die Erledigung besagter Arbeit von Nöten sind, eine Erlaubnis, außerhalb der Reservate zu arbeiten und die jeweilige Aufgabe zu erfüllen—sofern sie das wollen.
Wie Sklaven?
Nicht wie Sklaven, sondern einfach als Arbeiter, die eine Pflicht verrichten, so wie es die Arbeiter heutzutage auch machen—nur ohne finanzielle Vergütung, denn so etwas brauchen sie ja nicht. Das Ganze würde auch strengstens überwacht und reguliert werden.
Wie steht es um die Ziele des Einzelnen? Manche Männer wollen vielleicht mehr erreichen, als in einem luxuriösen Fortpflanzungsstall zu landen.
Einige sagen vielleicht, dass dies eine dystopische Welt wäre, weil es keine Freiheit im jetzigen, konventionellen Sinn gäbe. Das ist jedoch Unsinn. Es wäre eine utopische Welt, denn es gäbe fast keine Konflikte und die Leute würden zusammenarbeiten und gerecht behandelt werden, weil das System gut ausgearbeitet und lange aufgebaut ist. Wenn für fast jeden alles toll ist, dann wird das Argument nichtig. Überleben und soziologisch-biologisches Wohlbefinden sind die wichtigsten Elemente des Lebens. Unterschiedliche Prinzipien und Standards sind nur in einer Welt mit mehreren Nationen, Kulturen, Gesellschaften und Religionen aus Angst vor Unterdrückung nötig.
Wieso soll die jetzige Welt also besser sein? Nur weil einige Leute vielleicht die Möglichkeit haben, bestimmte Dinge zu tun?
Das ist irgendwie traurig.
Der Sinn des Lebens besteht einfach nur darin, unsere Spezies fortbestehen zu lassen. Wenn jemand dazu bereit ist, dir alles Nötige zum komfortablen Überleben zu geben—nur weil du existierst—, dann hast du bereits alles erreicht, was wirklich zählt.
Schließt das Ganze nicht das Konzept von Gemeinschaft und Familie aus?
Ja, heterosexuelle Gemeinschaften und das Modell der Kernfamilie schon.
Was schlägst du als Alternativen vor?
Kinder sollten von der Allgemeinheit und vom Staat aufgezogen werden. Das Modell der Kernfamilie ist ein Nährboden für Täuschungen, Unbedeutsamkeiten, Verrat, Heuchelei und Gewalt. Es muss abgeschafft werden. Fanatismus, Vorurteile und veraltete Überzeugungen werden von Generation zu Generation weitergegeben. Die konventionelle Familieneinheit beeinflusst unsere Jugend und beraubt sie ihres Potenzials. Meine Lösung dafür wäre die Einführung von Kinderbetreuerinnen, die jedem Kind einfach nur eine Unterkunft, Essen, Kleidung und Schutz geben—alles vom Staat zur Verfügung gestellt. In staatlichen Zuchtzentren werden perfekte Mädchen erschaffen und entwickelt. Sie werden in einer kommunalen Einrichtung unter der Aufsicht und der Kontrolle von weiblichen Gelehrten zusammen erzogen.
Aber das ist realistisch gesehen nicht das Beste für die Kinder.
Kinder müssen eine ordentliche Bildung erhalten—eine geschlechtsgetrennte Bildung, die sich auf die Entwicklung von wirklich wichtigen Fähigkeiten und Kapazitäten zur Konzepterarbeitung konzentriert. Ihnen wird die Realität von echter Gleichwertigkeit, Fertigung und Arbeit beigebracht und ein besseres Verständnis von Sexualität, Wissenschaft, Kultur und Volkszugehörigkeit vermittelt. Wenn Kinder zu Mündeln des Staates mit zugewiesenen Betreuerinnen werden, dann wird es nicht nur einfacher, die Fesseln des Fanatismus und anderen von den Eltern an die Kinder weitergegebenen, altertümlichen Vorstellungen zu lösen, die Kinder können auch dazu hergenommen werden, die älteren Generationen im Bezug auf die Verbreitung von voreingenommen und altmodischen Werten zu überwachen. Es geht darum, eine einheitliche Sichtweise zu schaffen.
Heißt das auch, dass alle Frauen automatisch eine lesbische Beziehung eingehen?
Beziehungen zwischen Frauen und Männern waren im Laufe der Geschichte immer unterschiedlich. Verbindungen zwischen Frauen und Männern weichen mit der Zeit und Volkspopulation voneinander ab. Heutzutage ist es noch nicht verbreitet oder normal, aber in der Zukunft werden immer mehr Frauen an anderen Frauen interessiert sein oder Interesse an Hingabe und neuen Erfahrungen zeigen.
Dann glaubst du also, dass die sexuelle Orientierung bestimmt werden kann?
Absolut. Ich glaube, dass die sexuelle Orientierung (wie fast alle Dinge) durch die Sozialisierung und die Genetik festgelegt wird—Genetik hat dabei einen größeren Einfluss. Jeder, der behauptet, dass die sexuelle Orientierung rein genetisch bedingt ist, ist entweder hinterlistig oder dumm. Irgendwann wird es uns möglich sein, Menschen zu entwickeln, die ihr eigenes Geschlecht bevorzugen. Ich habe den Eindruck, dass viel mehr Frauen als Männer offen für Homosexualität sind oder sich zumindest experimentierfreudiger zeigen—und woran liegt das?
Ich bin mir nicht sicher. Glaubst du, das ist genetisch bedingt?
Das ist es vielleicht zum Teil. Ein anderer Grund ist aber die tiefsitzende Angst von Männern, als homosexuell zu gelten, denn das ist nicht „männlich“. Mit der gemeinsamen Kraft von sozialer und genetischer Manipulation ist es für uns ganz einfach, die menschliche Sexualität nach unseren Wünschen neu zu gestalten und neu zu formen.