Freitag, 31. Oktober 2014

Auferstehung der Einheitsgewerkschaft

Achtzig Jahre nach Einführung der deutschen Einheitsgewerkschaft durch das wegweisende Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit hat Bundesarbeitsminsiterin Andrea Nahles erste Schritte eingeleitet, um die nach Kriegsende eingerissene Zersplitterung der Organisationen der deutschen Arbeiter und Angestellten zu beenden. Mit einem Gesetz zur Tarifeinheit will die Sozialdemokratin,  die als Mutter des Konzepts der "guten Gesellschaft" bekannt wurde, eine Rückkehr zur gleichschalteten Einheitsorganisation aller Werktätigen. Quertreiber aus einzelnen Gewerkschaften, die immer wieder mit Streiks und Arbeitsniederlegungen für viel Ärgen sorgen, wären dann kaltgestellt.


Das wiederaufgelegte Gesetz zielt im ersten Schritt auf unbeliebte Gewerkschaften wie die der Lokführer und Piloten, denen es immer wieder gelingt, den Verkehr im Land weitgehend lahmzulegen. Nahles Konzept zur Tarifeinheit soll die heimische Wirtschaft im Leistungskampf der deutschen Betriebe mit der internationalen Konkurrenz stärken und Tarifkollisionen wie etwa bei der Bahn einschränken.

Gewerkschaften, die im Tarifkampf in denselben Bwetrieben antreten, müssen sich künftig untereinander abstimmen. Zeigen sich sich dazu nicht bereit, weil sie dreist auf der Behauptung von Partikularinteressen beharren, greift das Nahles-Gesetz: Es darf dann nur die Gewerkschaft über Tarifverträge verhandeln, die numerisch die Mehrheit im Betrieb hat.


Totalüberwachung durch die Mautkamera

Geringe Einnahmen, hohe Kosten: Leitmedien warnen, die abgespeckte Pkw-Maut werde kaum Geld einbringen. Dabei geht völlig unter, dass die neue "Infrastrukturabgabe" hauptsächlich einem ganz anderen Zweck dient: Der Komplettüberwachung aller Autofahrer unter dem Deckmäntelchen der Mautabrechnung.

Nach den Plänen aus dem Verkehrsministerium benötigen Fahrzeughalter nach Mauteinführung nicht wie in Österreich ein Pickl. Sattdessen sollen alle Nummernschilder fortlaufend elektronisch gescannt und mit einer Datenbank abgeglichen werden, in der alle Mautzahler erfasst sind. Wird ein Kennzeichen erkannt, für das noch keine Maut gezahlt ist, wird der Fahrzeughalter mit einer Geldbuße belegt.

Noch im vergangenen Jahr hatte es zumindest leise Kritik an einer Fahndungsmaßnahme der Polizei gegeben, bei der über ein halbes Jahr verteilt 60 Millionen bis 80 Millionen Kfz-Kennzeichen vorüberfahrender Autos erfasst und mit der Halterdatenbank abgeglichen worden waren. Für die künftige laufende Totalüberwachung des gesamten Verkehrs - vorerst nur auf Autobahnen - würden künftig Milliarden Fahrzeugbewegungen elektronisch überwacht. Benutzt werden soll dazu die Überwachungsinfrastruktur aus Kontrollbrücken, die für die Lkw-Maut aufgebaut worden war.

Die Funktionsweise dieser Kontrollbrücken ist einfach: Bislang schon wird jedes passierende Fahrzeug zweimal fotografiert. Aufgenommen wird die komplette Frontseite, ein zweites Bild erfasst das Nummernschild. Durch eine dreidimensionale Vermessung kann die Software Lastwagen und Pkw unterscheiden. Bislang werden Pkw an dieser Stelle aussortiert und nur die Daten von Lkw an die Toll-Collect-Zentrale übermittelt.

Das Mautsystem war von Anfang an flexibel ausgelegt. Ein einfaches Software-Updates ermöglicht ihm, auch Personenkraftwagen zu erkennen und abzurechnen. Ist eine Pkw-Erfassung erst rechtlich zulässig, wäre es möglich, die Geschwindigkeit von Fahrzeugen zwischen Autobahn-Anschlussstellen über die Mautbrücken zu messen und zu kontrollieren. Dabei würde eine Brücke die Kfz-Daten an die nachfolgende Mautbrücke senden. Kommt das Fahrzeug zu früh an, wird dem entsprechenden Autokennzeichen automatisch ein Bußgeld auferlegt.

Donnerstag, 30. Oktober 2014

Perfider Trick: Russenjets verletzen Nato-Luftraum nicht

Es gehört seit Einleitung der Ukraine-Krise zu den Methoden des neuen Zaren im Kreml, mit unsichtbaren Panzer und Flugbewegungen im internationalen Luftraum immer weiter zur Verschärfung der Lage beizutragen.

Jetzt hat Wladimir Putin übereinstimmenden Berichten der Nato-Pressestelle zufolge erneut an der Eskalationsschraube gedreht: Mit umfangreichen russischen Luftwaffenaktivitäten im internationalen Luftraum über Nord- und Ostsee provoziert der Diktator Abfangmanöver der Nato-Streitkräfte, an denen auch einige noch flugfähige deutsche Eurofighter beteiligt waren.

Den Luftwaffe-Fliegern gelang es, sieben russische Flugzeuge zu begleiten, die aus Russland über die Ostsee nach dem zu Russland gehörenden Kaliningrad geflogen seien, erklärte das Verteidigungsbündnis. Auch "im internationalen Luftraum über dem Baltikum" (Tagesschau) wurden laut NATO russische Kampfflugzeuge entdeckt. Auch sie wurden von deutschen Jets abgefangen, noch ehe sie ihre vermutlich geplanten Atombombenangriffe auf deutsche Millionenstädte fliegen konnten.

Wie sämtliche Quellen wortgleich berichten, beobachteten Nato-Streitkräfte "innerhalb von nur zwei Tagen russische Kampfflugzeuge über Ostsee, Nordsee und Schwarzem Meer". Insgesamt waren 26 der rund 5000 Flugzeuge Russlands an den Großangriffen auf Europa beteiligt. Alle Russen-Jets hielten sich stets im internationalen Luftraum auf, unter anderem über dem Atlantik, den das Nordatlantische Bündnis bereits seinem Namen nach als Inlandsgewässer beansprucht.

Ein Sprecher des westlichen Friedensbündnisses betonte, dass der NATO-Luftraum in keinem Fall verletzt worden sei. Experten sehen darin einen besonders perfiden Trick der Russen, denen es schon gelungen ist, einen Anteil an der europäischen Landfläche zu sichern, der größer ist als der jedes anderen europäischen Landes.

Salafismus: Alarm mit alten Hüten

Seit Innenminister Thomas de Maiziere vor vier Jahren im Hysteriechannel zum Blutbad im Reichstag aufrief, weiß jeder Medienroutinier, wie sich mit ausgedachtem Terror Auflage machen lässt. Fachleute wie der derzeit gerade amtierende Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen helfen nach Kräften, wenn sie gebeten werden: Gerade hat der Mann, dessen Amt wegen der Konzentration aller Kräfte auf die Überwachung der absterbenden Reste der NPD über Jahre weder von etwas vom NSU noch von der Bespitzelung der Deutschen durch US-Geheimdienste mitbekam, vor einem "starken Anwachsen der "radikalislamische Salafistenszene in Deutschland" gewarnt. 378 deutsche Zeitungen und Nachrichtenportale teilten die "Erkenntnisse des Bundesverfassungsschutzes" mit ihren Lesern und berichteten von "inzwischen 6300 Menschen" in islamistischen und salafistischen Gruppen, nachdem das RBB-Inforadio Maaßens vermeintlich brandneue Erkenntnisse über die Nachrichtenagentur dpa verbreitet hatte.

Am Ende des Jahres könnten es schon 7.000 Islamisten sein, die Deutschland bedrohen, hieß es da. Dabei seien es vor wenigen Jahren noch nur 2300 gewesen. Maaßen, ein Experte für verspätete Warnungen, hatte die Entwicklung als "besorgniserregend" bezeichnet - dabei leiden Salafismus und Islamismus in Wirklichkeit unter einem auffälligen Nachwuchsmangel: Bereits im Verfassungsschutzbericht des Jahres 2013, der im Juni 2014 vorgestellt wurde, zählte das Bundesamt "mehr als 6.000 Personen" zur salafistischen Szene. Im Jahr davor waren 4.500 Islamisten in Deutschland gezählt worden. Unabhängige Zählungen des Islamwissenschaftlers Benno Köpfer kamen im Jahr 2010 auf drei- bis fünftausend Salafisten, der Islamexperte Guido Steinberg dagegen kam 2011 auf "vier- bis fünftausend" Anhänger.

Die 6.300 angeblichen Islamisten im Land, mit denen es Hans-Georg Maaßen flächendeckend in die Schlagzeilen geschafft hat, sind ein alter Hut. Selbst die Differenz zwischen Unter- und Obergrenze - also "mehr als 6.000" und "6.300" zeigt ein Anwachsen um gerademal fünf Prozent binnen eines Jahres, gemessen an den unabhängigen Zählungen liegt auch der jährliche Anstieg seit 2010 etwa in diesem Bereich. Das kann stimmen, muss aber nicht. Denn schließlich hat der Verfassungsschutzbericht von 2010 die Zahl der Islamisten in Deutschland noch in ganz anderen Größenordnungen gesehen: 37.470 Islamisten zählten die Verfassungsschützer damals - sechsmal mehr als heute.

Konsequentes Vorgehen gegen Unterstützer von Gefährdern: Radiorocker wird suspendiert

Mittwoch, 29. Oktober 2014

EU-Kommission gegen Internet-Inhaltsabgabe

Die vom deutschen EU-Kommissar Günter Oettinger geplante Internet-Steuer stößt nicht nur in der Bevölkerung auf Widerstand. Auch die EU-Kommission bezeichnete die Pläne des Schwaben als inakzeptabel.

Ein Sprecher von EU-Digitalkommissarin Neelie Kroes sagte in Brüssel: "Es ist nicht hinnehmbar, Menschen mit Hilfe von Steuern vom Internet auszuschließen." Die Einführung sei der nächste Schritt in einer Serie von beunruhigenden Entscheidungen von deutschen Regierungsvertretern.

In einem globalen Medium wie dem Internet könne eine solche auf einen Kontinen beschränkte Abgabe zudem nicht funktionieren, sagte der Sprecher. Als weiteres Argument gegen die Steuer nannte er Europas schlechtes Abschneiden bei digitalen Indikatoren wie dem Zugang zum Internet und dem Breitbandausbau. "Die digitale Sparte der Wirtschaft ist momentan aber wahrscheinlich der Hauptantriebsfaktor, der Europa vor einer Rezession bewahrt." Auch deshalb sei die Einführung der Steuer eine schlechte Idee. Kroes werde die Proteste gegen sie weiterhin unterstützen.

Gegen die weltweit einmalige Abgabe, die künftig jeder zahlen soll, der geistiges Eigentum online nutzt, hatten am Sonntag in Budapest bereits zehntausende Menschen demonstriert. Die sollen die Sondersteuer bereits ab 2015 zahlen, nach Oettingers Plänen folgt der Rest der EU ab 2016.

Berechnet wird diese abhängig vom Datenverkehr: Pro angefangenem Gigabyte sollen in Ungarn 0,49 Euro entrichtet werden. Bis zur Einführung in ganz Europa solle noch definiert werden "was geistiges Eigentum überhaupt ist", sagte Oettinger dem "Handelsblatt". Anschließend würden "die Rechte der Erzeuger, also der Künstler, Wissenschaftler und Autoren" festgelegt. "Am Ende steht dann die Vergütung."

Die geplante Abgabe zielt Oettinger zufolge explizit auf US-Konzerne: "Wenn Google intellektuelle Werte aus der EU bezieht und damit arbeitet, dann kann die EU diese Werte schützen und von Google eine Abgabe dafür verlangen. Die Steuer wird dann von den Internet-Dienstleistern festgestellt, deklariert und abgeführt. Zahlen müssen am Ende die Internet-Nutzer."


Freunde der offenen Gesellschaft zu geplanten Internet-Inhaltsabgabe
Johnny Haeusler erklärt die Zukunft

Braune Zeiten im Zweiten

Aufgrund einiger Zuschauer-Hinweise zur Kleidungswahl unseres Moderators Jochen Breyer möchten wir kurz aufklären, dass sein olivgrünes Hemd auf dem Bildschirm tatsächlich braun wirkte, dies aber von Jochen Breyer natürlich keinesfalls beabsichtigt war. Wir entschuldigen uns für den entstandenen Eindruck.

Offizielle Entschuldigung des ZDF

Dienstag, 28. Oktober 2014

Klimakatastrophe nun unausweichlich

Alles umsonst, alles vergebens. Gerade erst hat sich die EU nach heftigem Streit darauf geeinigt, dass jeder Europäer 2030 40 Prozent weniger Energie verbrauchen will als noch 2007. Und doch droht der Erde eine Klimaerwärmung, gegen die es keine Mittel gibt.

Die Astronomen Robert Smith von der Universität Sussex und Klaus-Peter Schroeder von der Universität Guanajuato in Mexiko haben gerechnet und immer wieder gerechnet. Aber gegen die Realität ist kein Rechenschieber gewappnet. Ehe die Erde also in 7,59 Milliarden Jahren in die sterbende Sonne stürzt, wird es richtig warm auf dem alten Planeten. In nur einer Milliarde Jahren von heute aus gerechnet setze eine globale Erwärmung ein, gegen die die derzeit laufende wie ein eisiger Wind aus dem Westen wirken wird.

Binnen kürzester Zeit werde die Erde dann aufgrund der wärmer werdenden Sonne trotz weiterentwickelter Sonnenschutzcremes nicht mehr für das Leben geeignet sein. Die bewohnbare Zone, definiert als der Bereich, in dem es flüssiges Wasser auf Planeten gibt, wird sich zum Mars hin verschieben, die Erde kann dann für etwa sechs Milliarden Jahre nur noch als Standort für große Solarparks Verwendung finden.

Mit Hooligans gegen die Grundrechte

Man hätte auch keine Zeile darüber schreiben müssen. Im Jahr 2006, als das Sommermärchen Deutschland in aller Welt als Hochburg der Völkerfreundschaft bekanntmachen sollte, war das ganz gut gegangen: Von den zahlreichen Massenschlägereien mit gewalttätigen Hooligans, die überall in Deutschland stattfanden, erfuhr die Bevölkerung kein Sterbenswort. Zuvor hatten sich die Chefs der deutschen Leitmedien im Kanzleramt einnorden lassen: Der gute Ruf des Landes steht auf dem Spiel, bitte keine Nachrichten, die das positive Bild eines Fußballturniers der bunten Lebensfreude stören könnten.

Nur die BBC verstieß später gegen den Konsens der Standortsicherer und zeigte in der Doku "Ein anderes Sommermärchen" die Schattenseite eines Landes, in dem die Macht die Macht hat, diese Schattenseite für ganze vier Wochen auszublenden, wenn es in ihrem Interesse liegt. Liegt es acht Jahre später nicht mehr, wie die ausufernd entgeisterte Berichterstattung zur Demonstration der Fußball-Hooligans gegen die Salafisten in Köln zeigt. Was im Hamburger Schanzenviertel und in Berlin-Kreuzberg seit Jahrzehnten zum Krawallfolklore gehört, wird hier zu einer "Gewaltorgie" (dpa) und zu einer "plötzlichen Bedrohung" (Spiegel).

Bedrohung nicht für Salafisten oder zufällige Passanten, sondern, so groß ist das Rad, das die Anhänger einer zuletzt mit Aussterben beschäftigten Jugendkultur der 90er mit ihrem antiislamistischen Marsch drehen helfen. Knapp 50 verletzte Polizisten - weniger als die Hälfte der Beamten, die im vergangenen Jahr bei den Protesten an der Roten Flora verletzt worden waren - müssen nun herhalten, die Grundrechte weiter abzuhobeln: Das Versammlungsrecht soll, geht es nach NRW-Innenminister Ralf Jäger, künftig nicht mehr Leute gelten, deren Motive, politische Überzeugungen oder Lebensläufe zweifelhaft sind. Ein CSU-Mann fand sich sogar bereit, eine schärfere Überwachung sozialer Netzwerke zu fordern. Öffentliche Massenverabredungen zu Demonstrationen, Lichterketten oder Protestkundgebungen im Internet, etwa über Facebook und Twitter, sollten von "Verfassungsschutz und die Polizei intensiver ins Blickfeld" genommen werden. Die SPD ruft nach härteren Auflagen für Demos: So soll gewalttätigen Hooligans das demonstrieren künftig generell verboten werden..

Der freiheitliche Rechtsstaat hält sich selbst für zu schwach, den Aufstand der Unanständigen auszuhalten, der nur so große Aufmerksamkeit finden konnte, weil die ansonsten so engagierte Allianz der Gesichtzeiger und Nazijäger im Fall der Salafaschisten von einem ganz neuen Bedürfnis nach Stille, Zurückhaltung und Öffentlichkeitsferne befallen wurden. Der Hooligan, ein stumpfes Wesen in Jogginghose und Quarzhandschuhen, vor dessen Wiederkehr in Gestalt der „GnuHonnters“ der "Spiegel" schon vor einem Jahr warnte, führt die inmitten der unüberschaubar gewordenen Konfliktlinien in Verwirrung geratene Bürgerrechts-, Friedens- und Antinazi-Bewegung vor. Und verschafft Politik und Medien damit die ersehnte Chance, endlich mal von etwas anderem zu reden als von der eigenen Ratlosigkeit angesichts einer Welt voller Islamisten, Koran-Terroristen und religiöser Eiferer.

Nun an es endlich wieder um Bekanntes gehen, der rechte Popanz tanzt, als sei er nie weg gewesen. Klare Fronten mit metaphysischen Nazi, die unmissverständliche Slogans wie "Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen" oder "Wir brauchen keine Salafisten-Schweine" rufen.

Es ist ein Zuhause-Gefühl, ein Heimkommen in die warme Atmosphäre eines Landes, das angesichts realer Gefahren und Gefährdungen immer wieder die Wahl trifft, sich dann doch lieber mit symbolischen Gegnern zu beschäftigen.

Montag, 27. Oktober 2014

Wer hat es gesagt?

"Die zum Teil gewaltsamen Ausschreitungen zwischen kurdischen und islamistischen Gruppen in deutschen Städten und auf deutschen Straßen verweisen eher auf eigene, innerdeutsche Probleme als auf die Situation in Nordsyrien oder im Nordirak".

Kein #Aufschrei: Von Engpässen im Meinungskorridor

Was für ein abseitiges Thema - und auf welche Art erfolgreich! Ein verwirrter Islamist erstattet Anzeige gegen einen preisgekrönten Kabarettisten und löst damit eine Mediendebatte nicht darüber aus, ob sich bekennende Moslems nicht vielleicht lieber um die inneren Probleme ihrer Religion mit Modernität, Gewalt und dem Machtanspruch korangläubiger Kopfabschneider kümmern sollten. Sondern eine solche, ob Kabarettismus der westlichen Art zusammengehen kann mit dem moderaten Islamismus hiesiger Rechtgläubiger.

Eine Debatte, die auf eine gespensterhafte Art geführt wird. Der "Spiegel", einst ein Verteidiger der Meinungsfreiheit selbst in Grenzfällen, spart sich jeden Verweis auf den Konflikt . Die "Bild"-Zeitung erwähnt weder Anzeige noch Auseinandersetzung. Die "Welt", die Nuhr in Unterstützung des anzeigeerstattenden Islamisten aus Osnabrück von zwei "Islamwissenschaftlern" des falschen Umgangs mit dem Islam hatte zeihen lassen, bringt ein Interview mit dem Angegriffenen, verweigert ihren Lesern aber jede Möglichkeit, selbst über den Konflikt zwischen Meinungsfreiheit und anmaßender Respektshuberei zu diskutieren. Der "Stern" berichtet zwar über die Diskussion im Netz, wo mehr als zwei Millionen Menschen Dieter Nuhrs ursprünglichen Beitrag lasen. Hat seinen Kommentarbereich allerdings wohlweislich geschlossen.

Wie jede grundsätzliche Debatte in den vergangenen Jahren ist auch diese eine ohne Beteiligung der Bevölkerung, die allemfalls bei dem US-Portalen Twitter und Facebook Gelegenheit findet, ihre Meinung zu sagen. Dort, wo die professionellen Meinungsbildner wirken, ist Ruhe und es hallt auch kein Aufschrei durch die Redaktionen. Still ruht der See, während Dieter Nuhr vorgeführt wird als Beispiel für alle, die noch nicht wussten, was allen passieren kann - nicht, wenn man tut, sondern allein schon, wenn man sagt.

Nuhr kann sich wehren, intellektuell und dank seiner Prominenz auch mit den Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit. Der Meinungskorridor aber, der seit Jahr und Tag immer weiter zusammenschnurrt, wird auch mit diesem Präzendenzfall wieder ein wenig enger: Aus Angst vor "falschen" Meinungen lassen Newsportale und Zeitungshäuser keine Debatte zu, aus Angst vor Unterstützung aus der falschen Richtung stellt sich niemand neben den bedrohten Kabarettisten, aus Furcht vor Missverständnissen springen ihm weder Kollegen noch Politiker noch Medien noch Prominente bei.

"Beim Islam überlässt man den Protest den Rechten", sagt Dieter Nuhr, der bemerkt zu haben glaubt, dass wir in einer Zeit leben, in der man zum ersten Mal seit 1945 "wieder Angst um sein Leben haben darf, wenn man "das Falsche" sagt". Die Linke schweigt, die Liberalen sind still, die Konservativen akzeptieren, dass es Abstriche am westlichen Freiheitsbild zu machen gilt, wenn Deutschland modern und ausländerfreundlich sein will. Alle Lichterkettenhäkler und Menschenkettenmacher sitzen am heimischen Kamin, besser dort als sich mit der aufgeregtesten Weltreligion anlegen.

Man dürfe Islam und Islamismus nicht verwechseln, heißt es dann immer - ungeachtet der Tatsache, dass es der Islam ist, der im Iran Menschen per Gesetz steinigen lässt, nicht der Islamismus, dass es der Isalm ist, der Andersgläubigen in Tunesien das Betreten von Moscheen verbietet, ncith der Islamismus. Dass es auch der Islam ist, nicht der Islamismus, der Schwule im Jemen in den Untergrund zwingt, Frauen im Oman unter Schleier verbannt und Christen inzwischen aus nahezu dem gesamten Nahen Osten vertrieben hat.

Aber zum Weltfrieden, den der Westen mittlerweile über die Behauptung und Verteidigung der eigenen Werte stellt, gehört eben auch, steinzeitliche Gesellschaftsvorstellungen zu akzeptieren und gegen diejenigen vorzugehen, die wie Dieter Nuhr Kritik an der Praxis anmelden, aus Rücksicht auf die religiösen Gefühle von Anhängern eines obskuren mittelalterlichen Aberglaubens Abstriche an Grundrechten zuzulassen.

Ein Krieg der Kulturen, der mit ungleichen Waffen geführt wird: Der Islamist bemüht die Mittel des westlichen Rechtsstaates, den er ablehnt und abschaffen will, um dem Humoristen, der seine intolerante Ideologie deswegen kritisiert, zum Schweigen zu bringen.

Sonntag, 26. Oktober 2014

Zitate zur Zeit: Die Gedanken sind Brei

"Die Menschen nutzen die Freiheit der Rede als Ausgleich für die Freiheit des Denkens, die sie nur selten nutzen."

Søren Kierkegaard

Martin Schulz: Ein Mann am Ziel kleiner Träume

Er ist schon zu Lebzeiten eine Legende, dieser erste Spitzenkandidat aller Zeiten, der nicht im Hinterzimmer zur Macht kam, sondern schon an der Wahlurne scheiterte. Martin Schulz, gelernter Buchhändler und Volkstribun aus Leidenschaft, ist nur ein halbes Jahr nach seiner Niederlage bei der Europawahl endlich wieder dort, wo er herkam: Am Ziel kleiner Wünsche, auf einem sicheren Posten, verschwunden in der Unsichtbarkeit des anonymen Apparates, aus dem er kam, staubtrocken, mit verwüstetem Gesicht und ausgestattet mit dem Charisma eines Blocks Wandtafelkreide.

"Nur wenn sie Martin Schulz und die SPD wählen, kann ein Deutscher Präsident der EU-Kommission werden", hatte der einstige Bürgermeister von Würselen in der Endphase eines Tun-als-ob-Wahlkampfes noch die nationale Karte ausgespielt. Doch bei ihm stach nicht einmal die. Nach einem zaghaften Rückzugsgefecht, bei dem er versuchte, den störrischen Altkanzler Gerhard Schröder nachzuspielen, zog sich der Schulzomat zurück auf das Parlamentspräsidentenamt, das ihm schon vor seiner Kandidatur als Trostpreis für den wahrscheinlichen Fall einer Niederlage zugesprochen worden.

Dort ist der Mann, der "das Vertrauen in die EU wiederherstellen" wollte, genau richtig. Hier kann der "undemokratische Faschist", wie ihm der der britische Europaabgeordnete Godfrey Bloom ungestraft nannte, sein Talent zur Hinterzimmerkungelei einbringen, er kann Strippen ziehen und in mit sich selbst geführten Interviews vom „Politikwechsel“ babbeln.

Jean-Claude Juncker, der im Wahlkampf gerade noch seinen Gegenkandidaten spielen durfte, ist ist nun sein "Freund", ein Kampfgefährte, gestählt in den langen Jahren, die beide damit zubrachten, aus einem Europa der Eliten ein bürokratisches Monsters zu machen.

Wo solche Männer wirken, da wächst Vertrauen, da wachsen Zuversicht und Glück wie milliardenschwere Investitionspakete: Der Euro ist erfolgreich, Griechenland wird wieder erfolgreich und Europa niemals russisch!

Samstag, 25. Oktober 2014

HFC: Wiedergeburt mit Wasserfilter

Siebenmal probiert, siebenmal ist nichts passiert. Dann kommt der Tabellenführer, finanziert von einem Wasserfilterhersteller, und plötzlich steht der fast bis hinunter ans Tabellenende gerutschte Traditionsklub von der Saale auf und ledert den Favoriten beeindruckend souverän aus dem ehemaligen Kurt-Wabbel-Stadion.

Ein wunderbarer Auftritt, der sich so nicht ankündigt, als der unter schwerem Beschuss stehende HFC-Trainer Sven Köhler vor der Partei über den Rasen schleicht. Die Körperspache des dienstältesten Coachs der oberen drei deutschen Ligen ist den letzten Ergebnissen angemessen. Die Schultern hängen, der Schritt schlurft. Köhler scheint die ganze Welt als Last auf den Schultern zu tragen. Der Sachse, seit sieben Jahren im Dienst des Halleschen FC, spielt va banquet bei seinem vielleicht schon letzten Versuch, nach inzwischen elf Heimspielen ohne Sieg mal wieder drei Punkte zu holen. Köhler hat die Mannschaft durcheinandergewirbelt. Die Routiniers Ziebig, Krebs und Franke sitzen nur auf der Bank, dafür verteidigt Marco Engelhardt mit dem zu Saisonbeginn aussortieren Rau in der Mitte und die beiden eigentlich abwechselnd auf rechts gesetzten Baude und Brügmann besetzen die Außen. In der Mitte spielt Ivica Banovic, der schon fast als Sportinvale abgeheftete Neuzugang aus Cottbus, im Tor steht zum zweiten Mal Königshofer für den in diesem Spieljahr von Beginn an zappeligen Kleinheider. Im Sturm versucht sich Tony Schmidt, während Osawe, eigentlich einziger Ersatz für den noch rotgesperrten Furuholm, draußen bleibt.

Wie dünn die Haut bei allen geworden ist, zeigt Sven Köhler nach sechs Minuten. Der Mann, der sonst wie festgetackert an der Außenlinie steht, bekommt einen Zornausbruch, als Schiedsrichter Malte Dittrich direkt vor ihm einen Einwurf gegen den HFC gibt. Es ist der emotionale Höhepunkt der ersten Viertelstunde, denn die zuletzt zuhause geschlagenen Hessen scheinen vor den Gastgebern genausoviel Respekt zu haben wie die vor ihren Gästen. Wenig geht vor den Toren, viel Gewühl im Mittelfeld. Dem Tor nähert sich der HFC mit einem Kopfball, der drübergeht, Wiesbaden schießt zweimal aus der Entfernung, einem vorbei, einmal pariert Königshofer mit der Doppelfaust. Wären nicht die fünf, sechs, sieben Ecken, mit denen Wiesbaden Halle zeitweise hinten festnagelt, das Spiel wäre sterbenslangweilig.

Auffälligster Mann beim HFC ist neben Dauerläufer Schmidt und Trickkünstler Gogia der imposante Banovic: Der 34-Jährige dirigiert und rudert, er ordnet und brüllt, geht in die Zweikämpfe und feuert seine Mitspieler an. Und Banovic ist es dann auch, der den Heimspielfluch der letzten Monate verbannt. Nach einer Balleroberung in der eigenen Hälfte findet er den freien Gogia, der sprintet, taktiert kurz - und schließt dann auch 25 Metern mit einem gefühlvollen Heber in Tor ab.

1:0 nach 27 Minuten, und von Wiesbaden kommt nicht viel. Das Glück aber lächelt noch immer nicht über dem Erdgas-Sportpark: Als Sören Bertram, gerade erst nach längerer Verletzungszeit in die Mannschaft zurückgekehrt, auf rechts durch ist, gellt plötzlich ein Schrei durch das mit 5400 Zuschauern spärlich besetzte Stadion. Bertram hat sich bei Sturz offenbar den Arm gebrochen, er muss raus. Schick, der Mann mit dem Fleischklopfer, kommt.

Wiesbaden ist vom Rückstand noch geschockt, der HFC spielt jetzt zeitweise richtig groß auf, vor allem über den schnellen Gogia und Banovic, der immer wieder große Übersicht beweist und dem Spiel sein Tempo aufdrückt. Einmal nur gelingt es Wiesbadens Vunguidica, bis in den Strafraum durchzulaufen, wo ihn Brügmann in letzter Not stellt. Vunguidica fordert Strafstoß, Dietrich winkt ab.


Halbzeit, der eingewechselte Schick bleibt gleich draußen und übt mit Osawe Kopfbälle. Und Schick ist es dann auch, der das Spiel entscheidet: Mitten in einer Drangphase der Gäste gelingt Pfeffer eine Flanke von rechts, Engelhardt, bis dahin zeitweise eine Art Libero, köpft aufs Tor, ein Wiesbadener rettet per Kopf auf der Linie, der Ball segelt zu Schick, der springt hoch - und versenkt.

2:0, die höchste Heimführung seit März, da kann nichts mehr schiefgehen, zumal Wiesbaden sichtlich die Mittel fehlen, die aufopferungsvoll kämpfende HFC-Mannschaft in wirkliche Verlegenheit zu bringen. Stattdessen geht auf einmal nach vorn noch allerlei: Schmidt muss nur abspielen, dann kann Gogia verwandeln. Gogia wiederum müsste nur nach rechts oder links passen, um Pfeffer oder Schmidt zu bedienen. So aber sind es drei männliche Femen-Aktivisten, die für das größte Aufsehen sorgen, als sie splitternackt aufs Spielfeld springen.

Nach der Unterbrechung tut Wiesbaden nun endlich konsequent das, was der HFC möchte: Die Verteidigung rückt auf und macht Platz für Konter, ein richtiges Spitzenteam nähme die Wasserfilterfußballer jetzt saftig auseinander. Beim HFC aber langt es nur noch zu einem Tor, einem sehr schönen allerdings: Gogia wird diesmal von Jansen auf halblinks bedient, er schießt zielgenau ins lange Eck. Die euphorisierte Kurve der Treuesten der Treuen, dieser Tage selbstverständlich mit Saalefront-Banner, singt nun "der HFC ist wieder da".

Lachende Gesichter, gereckte Fäuste. Die Wasserfilter-Mannschaft verhilft zum Ende der Durststrecke. Auch das 3:1, von Jänicke nach einem langen Abschlag erzielt, nachdem die mit dem für Banovic eingewechselten Mouaya umformierte Abwehr eine Sekunde lang in ihren alten Tiefschlaftrott verfallen ist, ändert nichts mehr am Gefühl großer Erleichtung auf dem Rasen, den Rängen und der Bank. Köhler, die Schultern nun straffer und das Gesicht entspannt, marschiert von Spieler zu Spieler und bedankt sich, die Spieler marschieren in die Kurve und lassen sich feiern. In zwei Wochen kommt der Tabellenletzte Großaspach.

Diashow vom Spiel

Hassprediger: Nuhr zur Schur

Ein Hilferuf, der da aus Osnabrück kommt. "Bin von Islamisten als "Hassprediger" angezeigt worden, weil ich den Koran richtig zitiert habe", schreibt der Kabarettist Dieter Nuhr bei Facebook, "bitte um regelmäßige Besuche im Gefängnis!" Ein moderater Islamist hatte den Komiker zuvor wegen „Beschimpfung von Religionsgemeinschaften“ angezeigt, nachdem Nuhr sich in einem Satireprogramm mit dem Islam auseinandergesetzt hatte. Das solle man zwar dürfen, meint der Anzeigeerstatter, ein zauselbärtiger Kampfsportlehrer namens Erhat Toka, aber dann doch bitte nicht unter Bezugnahme auf den heiligen Koran!

Das Nuhr behauptet, „im Islam ist die Frau nämlich zwar frei, aber in erster Linie frei davon, alles entscheiden zu müssen“ und auch noch die Sure zitiert, in der der Prophet empfiehlt, alle Ungläubigen zu töten, "wo immer ihr sie findet", mache den Comedian zu einem "Hassprediger". „Blöde, dumme Hetze“ natürlich "gegen eine Minderheit wirft Toka Nuhr per Osnabrücker Zeitung vor. Er jedenfalls sei "verletzt" , verletzt nicht etwa vom Massenmord der Islamisten, nicht von den Bombenanschlägen der Taliban, nicht von den Morden der sunnitischen Untergrundkämpfer im Irak - nein, verletzt von einem Witzemacher, der zum Nahen Osten zutreffend feststellt: „Da wird massakriert, was das Zeug hält, im Namen Gottes“ und „Wenn man nicht wüsste, dass der Koran Gottes Wort ist, könnte man meinen, ein Mann hätte ihn geschrieben.“

Ist das noch unser Deutschland, das Land der Dichter und Denker, in dem man soetwas auf offener Bühne ungestraft aussprechen darf? Muss nicht die Staatsmacht gegen Leute vorgehen, die behaupten „der Islam ist ausschließlich dann tolerant, wenn er keine Macht hat. Und da müssen wir unbedingt für sorgen, dass das so bleibt!“?

Dieter Nuhr, der schon vor Jahren konstatiert hatte, dass der Weg zur Zivilisation lang sei und im Nahen Osten jetzt zumindest "hauptsächlich nicht mehr andere" umgebracht würden, Korangläubige von Korangläubigen, was ihn schließen ließ: "Das ist ja schon mal was. Da will man ja auch nicht stören. Man ist ja Humanist", steht nun vor einer langen, harten Strafverfolgung. Wo man eigentlich nur trocken auflachen möchte, bringen Leitmedien "Islamwissenschaftler" in Stellung, die dem Komödianten tatsächlich "Diffamierungen" vorwerfen. "Mangelndes Verständnis für die Religion" kreidet ihm einer an, ein anderer beschuldigt ihn "die in weiten Teilen der Gesellschaft verbreitete Islamophobie" zu fördern.

Straftatbestände sind das nicht, ein Verstoß gegen das Gebot, offenkundigen Blödsinn unwidersprochen zu lassen, sobald er aus bizarr verstiegenen religiösen Motiven heraus zur Wahrheit erklärt wird, ist es doch. Auf Faebook beschwert sich Nuhr über die Neue Osnabrücker Zeitung, die ausschließlich Meinung bei den Islamisten einhohle und sich verständnisvoll zeige. "Die Frage ist: Braucht ein Land, das solche Zeitungen hat, überhaupt noch Islamisten?"

Nuhr zur Unterhaltung, aber auch zu Werbezwecken: Dieter Nuhr tauscht den Reklameeffekt der Anzeige des türkischen Kampfsportlers gegen eine unklare Zukunftsperspektive. Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, lässt es bei seiner Wortmeldung nicht an Deutlichkeit fehlen: "Wenn Herr Nuhr meint, den Koran nach fundamentalistischer Lesart in der Funktion eines Satirikers auslegen zu müssen, dann muss er das selber verantworten".

Update: Selbstredend kommt die Nuhr-Berichterstattung in den Leitmedien komplett ohne Kommentare und Forenfunktion aus.
Nie den Falschen ein Podium!

Freitag, 24. Oktober 2014

Vom Meinungstenor zum Meinungsterror

Ein Ritual, das fünfmal täglich absolviert werden muss, von hunderten von Zeitungen, Fernsehsendern und Radiostationen: Schreibst Du was, schreibe ich es ab, am besten mit denselben Worten. Zuletzt führte der frühere polnische Außenminister Sikorski vor, wie der Mechanismus funktioniert: Er behauptete, Russlands neuer Zar Putin habe ihm vorgeschlagen, die Ukraine zwischen Polen und Russland aufzuteilen. Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe, zwei Tage längst ernährte sie Rudel von Berufsempörern und Kommentatoren. Dann ruderte Sikorski kleinlaut zurück, er habe gescherzt oder sich nicht gut erinnern können, sorry. Putin jedenfalls habe das nie gesagt.

Das Medienecho blieb verhalten, denn diese Botschaft passte nun weit weniger in die Agenda der Leitmedien und ihrer angeschlossenen Zitiertstationen als die ursprüngliche.Ein Phänomen, das seit den wegweisenden Forschungen des Medienwissenschaftlers Hans Achtelbuscher vom An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung in Halle an der Saale bekannt ist. Themen entwickeln sich aus Nachrichtenüberlagerung und Nachrichtenverdünnung, vor allem aber aus redundanter Verstärkung hat der Medien-Entroposoph bereits vor Jahren herausgefunden. Dabei gehe es nie um die Relevanz eines Themas, sondern immer nur um dessen
möglichst einheitliche Abhandlung. Achtelbuscher: "Kein Medium will sein Publikum damit irritieren, abweichende Standpunkte zu vertreten."

Von Eva Herman über Thilo Sarrazin führt eine gerade Linie zu Xavier Naidoo, denn in "Medien dominiert zunehmend ein missionarisches Berufsverständnis", wie Detlef Kleinert in einer hellsichtigen Analyse in der österreichischen "Presse" schreibt.. Medienschaffenden sähen "ihr Glaubensgebäude als das allein selig machende an und wollen all jene ruinieren, die nicht ihrem Glauben folgen", heißt es weiter. Und: "Nahezu täglich kann der aufmerksame Beobachter feststellen, wie da manipuliert wird, wie Fakten zurechtgebogen und Tatsachen ideologisch aufbereitet werden – nach dem Motto: Wenn die Wirklichkeit nicht meiner Einstellung entspricht, umso schlimmer für die Wirklichkeit."

Ob Ukraine oder Ebola, naher Osten oder rot-rot-grünes Thüringen - ist der Takt erst angeschlagen, marschiert die ganze Meute mit. Der "Nachrichten-Mainstream“ (ARD) erzeugt sich selbst, aus "Meinungstenor" (Noelle-Neumann) wird Meinungsterror, ein "missionarisches Berufsverständnis zu tun, das geprägt ist von einer volkspädagogischen Haltung, die ihr Glaubensgebäude als allein selig machend ansieht und all jene ruinieren will, die nicht ihrem Glauben folgen" (Die Presse) dominiert die öffentliche Meinung in einem Maße, das jede abweichende Darstellung wie ein Gedankenverbrechen aussehen lässt.

"Gleichschaltung" hat das Günter Grass genannt und sich damit außerhalb des Konsens derer gestellt, die unter "Verzicht auf eigene Gedanken" repetieren, was die „Generation G“ der von „Greenpeace, Gender und Gerechtigkeit“ beseelten Berichterstatter voneinander abschreibt, bis es zur einzigen möglichen Wahrheit geworden ist.

Detlef Kleinert: "Die „politische Korrektheit“ hat dazu geführt, dass viele Journalisten sich an die Sprachregelung der Alpha-Kollegen anlehnen und auf eigene Gedanken verzichten." Immer mehr vom Gleichen, auf immer mehr Kanälen, Einfalt, die sich als Vielfalt ausgibt.

Das Ergebnis ist an Auflagenzahlen ablesbar: Die vierte Gewalt wird zur Handpuppe von Interessengruppen, Spindoktoren und Public-Relations-Agenturen, das Publikum aber geht von der Fahne.

Die ganze Wahrheit über die Inflation

Journalisten sind kompliziert. Vor allem Preisveränderungen bei Lebensmitteln nehmen sie überhaupt nicht wahr. Das führt zu Zeitungsbeiträgen wie in der aktuellen "Welt", die mit großem Aufwand versuchen, die Existenz von Preiserhöhungen zu bestrieten, dabei jedoch an der Realität vorbeigehen.

"Keine Frage, alles wird immer teurer, vor allem Lebensmittel", heißt es eingangs im Text des Billigpredigers Michael Gassmann. Am Beispiel von Schnittkäse, Kopfsalat und Tomaten belegt der Autor dann, dass es wirklich zu Preissteigerungen kommt: Fakt, es gibt sie!

Hier jedoch nur als Folie zur Beschreibung, warum sie eigentlich dann doch nicht existieren. Nicht teurere Waren, sondern eine verquere Wahrnehmung des Verbrauchers ist schuld am Eindruck, alles werde immer teurer, so argumentiert die "Welt", die 1991 zum Preis von 1,50 Mark zu haben war, heute aber rund 4,40 kostet.

Eine Preissteigerung um knapp das Dreifache, der ebenso wie der Eindruck, Bier, Zigaretten, Brot und Kohlrabi seien schon mal billiger gewesen, ausschließlich einem von Wirtschaftspsychologen längst entdeckten Phänomen zuzuschreiben ist. Preissteigerungen werden intensiver wahrgenommen und bleiben länger im Gedächtnis haften als Preissenkungen.

Der Mensch aber irre, wenn er glaube, damit richtig zu liegen, argumentiert Gassmann, der der "Welt" als "Korrespondent Handel und Konsumgüter" dient. Falsch, alles falsch! Mag sein, dass Brot 1991 3,19 Mark kostete und die Preishalbierung durch die Euro-Umstellung schon 2011 aufgeholt hatte, als es 3,20 Euro kostete. Kann sein, dass Benzin 2001 mit 1,42 Mark zu Buche schlug und nocht mal 25 Jahre später an guten Tagen dieselben Zahlen an der Preistafel stehen - nur in einer doppelt so teuren Währung. Letztlich aber ist das alles nur Psychologie, Aberglaube, ein Festhängen an falschen Eindrücken. "An ihrem persönlichen Referenzpunkt messen die Kunden, was sie für normal, für billig oder teuer halten", heißt es im Beitrag "Die ganze Wahrheit über die Lebensmittelpreise".

Dabei bedarf es im Hintergrund rein rechnerisch schon länger einiger Kreativität, um die tatsächliche Inflation auf das Maß herunterzustutzen, das es der EZB erlaubt, Geld ohne Grenzen zu drucken. Statistisch gesehen entfallen nämlich ausgerechnet auf die Wohnkosten mit 32,6 Prozent, die Heizkosten mit 15 Prozent, die Mobilität mit 14,6 Prozent und auf Lebensmittel, Getränke und Tabakwaren (14,3 Prozent) rund 76 Prozent aller Ausgaben deutscher Haushalte.

Da zuletzt sowohl die Mietkosten als auch Heiz- und Energiekosten, Fahr- und Lebensmittelpreise stiegen und Benzinpreise zumindest nicht rasant fielen, bleiben zum rechnerischen Ausgleich dieser inflationären Einflüsse eigentlich nur magere 24 Prozent Warenkorbinhalt übrig: Elektrogeräte, Pauschalreisen, Gesundheitspflege und Kommunikation. Mit deren Hilfe gelingt es den Statistikern bisher aber zuverlässig, nahezu alle Inflation wegzuzaubern: Gerade erst war die Inflationsrate auf den niedrigsten Stand der letzten fünf Jahre gesunken.

Donnerstag, 23. Oktober 2014

Russenterror aus der Luft

Je unsichtbarer der Ukraine-Krieg wird, desto mühsamer scheint es zu werden, aktuelle Nachrichten heranzuschaffen, die den Russenhass am Leben halten. Nach dem Angriff kremltreuer Unterwasser-Motorräder auf Schweden ist nun wieder der Russenterror aus der Luft Thema: Wie im April, aus perfide Feindflieger aus dem Osten es gewagt hatten, die Niederlande über der Nordsee anzugreifen, ohne auch nur in die Nähe der Zwölf-Meilen-Zone Hollands zu kommen, hat der entmenschte neue Zar auch diesmal wieder seine Luftwaffe in Marsch gesetzt, um den Westen doch noch in einen Endkampf um das gemeinsame europäische Haus zu treiben.

Diesmal war es ein russisches Aufklärungsflugzeug, das für "etwa eine Minute in den Luftraum Estlands" (tagesschau) eindrang, der sich direkt neben dem russischen Luftraum gefindet. Da keine Erlaubnis vorlag, stiegen portugiesische Kampfjets auf, um das Flugzeug abzufangen. Sie wurden unterstützt von belgischen und schwedischen F-16-Flugzeugen, wie ein Nato-Sprecher im belgischen Mons mitteilte.

Trotz des kurzen Aufenthaltes der Russen im Nato-Luftraum gelang es den flugs aus Portugal herbeigeeilten Piloten, den Feindflieger vom Typ Iljuschin Il-20 zu finden, zu stellen, Sichtkontakt mit der Besatzung der Maschine aufzunehmen und sie - offenbar immer noch innerhalb der Minute, in der sie sich im estnischen Luftraum befand - aus dem Nato-Luftraum hinauszugeleiten.

Springers irre Ebola-Theorien

Für die Ebola-Epidemie in Westafrika gab es nach Überzeugung von Wissenschaftlern nur einen einzigen Ursprungsort: Im Dschungeldorf Meliandou in Guinea sei das Virus von Flughunden auf ein Kind übertragen worden. Die grassierenden Verschwörungstheorien um den bislang schlimmsten Ebola-Ausbruch der Geschichte kommen allerdings zu einem anderen Schluss als die Forscher. Für sie kommt der Virus aus vielen Orten der Welt.

In Tweets, Onlineforen und ominösen Zeitungsartikeln verbreiten sich die Theorien über das Internet noch viel schneller als das Virus unter den Menschen in Westafrika.

"Ich weiß nicht … Aber ich denke, diese Ebola-Epidemie ist eine Form der Bevölkerungskontrolle", twitterte der amerikanische Hip-Hop-Star Chris Brown an seine weltweite Gefolgschaft.

Das war Wasser auf die Mühlen jener, die – ähnlich wie schon beim Aidserreger HIV – nicht an eine natürliche Entstehung des Virus glauben wollen, sondern finstere Mächte am Wirken sehen. Eine der abenteuerlichsten Spekulationen wurde bereits im August von der Premium-Zeitung "Die Welt" verbreitet – in jenem Land, dessen Talkshows inzwischen am schlimmsten von der Epidemie betroffen sind. Ebola sei eine Art Biowaffe, erklärte das Blatt, entwickelt zu Sowjetzeiten von russischen Wissenschaftlern im Zuge des Programms "Biopreparat", bei dem 60.000 Mitarbeiter streng geheim an "potenziell weltverändernden Biowaffen geforscht" hätten.

Entwickelt im Auftrag des Sowjet-Militärs, sei das Virus ab Mitte der 80er-Jahre waffenfähig gemacht worden. "Das bedeutete, das Virus stabil, transportfähig, unempfindlich gegen Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen zu machen und nach Freisetzung möglichst lange im Zielraum wirksam zu halten", schreibt das Springer-Blatt inspiriert vom Ebola-Doku-Thriller "Hot Zone", von Richard Preston sowie Horrorautor Stephen King.

"Dies ist genau die Art von Veröffentlichung, die unserem Kampf gegen Ebola mehr schadet als nützt", erbost sich Lamii Kpargoi vom Liberia Media Center, das sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt - im Gegensatz zu vielen anderen, die das Netz mit düsteren Geschichten füttern. Pharmakonzerne hätten Ebola verbreitet, um kräftig an Gegenmitteln verdienen zu können, ist eines der am häufigsten zu lesenden Gerüchte.

Bis vor kurzem waberten Ebola-Verschwörungstheorien im Internet eher durch dessen Randbereiche. Doch beflügelt durch die Furcht nach den Ebola-Ansteckungsfällen in Texas, dringen hanebüchene Gerüchte auch in den Mainstream vor: Laut dem Springer-Blatt "Bild" hilft so zum Beispiel kräftiges Kiffen gegen Ebola.

Mittwoch, 22. Oktober 2014

Erste deutsche Waffenlieferung bei IS eingetroffen

Großer Erfolg für die deutschen Hilfslieferungen an den Islamischen Staat (IS): Ein Hands-on-Video der Propagandabteilung der irren Islamisten zeigt, wie Kämpfer einer Mordbande die ersten deutschen Handgranaten aus einer Transportverpackung schält. Die bei der Bundeswehr aussortierten Handgranaten des Typs DM41 können damit vermutlich bereits im Endkampf um Kobane eingesetzt werden.

Das sorgt für große Freude bei den IS-Aktivisten, die nach anfänglichen Lieferschwierigkeiten der deutschen Troßtruppen bereits daran gezweifelt hatten, ob die von der Bundesregierung versprochenen Waffen für den Kampf um die Erweiterung des Kalifats wirklich eintreffen.

Mit den nun sorgfältig in Kisten verpackten Splitterhandgranaten - einem Nachbau der US-amerikanischen M26A2, die sich im Kampf gegen die "Vietcong-Terroristen" (Der Spiegel) im Vietnamkrieg bewährt hatte - liefert die Nürnberger Firma Diehl in europäischer Gemeinschaftsarbeit mit der Fábrica Militar de Braço de Prata aus Portugal nun aber tatsächlich 10.000 Stück in den Nahen Osten.

Möbel und Socken: EZB startet Privatbesitzankauf

Die Europäische Zentralbank (EZB) erwägt Insidern zufolge im Kampf gegen die Konjunkturflaute eine weitere Lockerung der Geldpolitik. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, bereiten die Notenbanker hinter den Kulissen den Aufkauf von privaten Vermögensbestandteilen, Haushaltswaren, gebrauchten Kleidungsstücken und Kosmetikverpackungen vor.

"Der Druck in diese Richtung ist hoch", sagte ein mit den Debatten in der EZB-Spitze vertrauter Insider der Nachrichtenagentur. Möglicherweise werde sich der EZB-Rat in seiner Sitzung Anfang Dezember offiziell damit beschäftigen. Eine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt sei denkbar, aber nicht sicher, hieß es. In der Bevölkerung kamen die Überlegungen zu sogenannten "Privatbesitztagen" gut an. es sei höchste Zeit, dass die Zentralbank nicht nur Schrottpapiere von Staaten und Unternehmen aufkaufe, sondern ihre lockerer Geldpolitik konsequent auch Privatbürgern zugutekommen lasse. Der Aktienindex Dax gewann kräftig, ebenso der EuroStoxx 50.

Mit dem Kauf von nicht mehr benötigten Möbeln, gebrauchten Spielzeug, alten Socken, nicht mehr fahrbereiten Pkw und leeren Lebensmittelverpackungen könnte allerdings frühestens im ersten Quartal kommenden Jahres begonnen werden. Unklar ist, ob die Bank die im EZB-Sprech "private equity" genannten Vermögensbestandteile direkt von den Bürgern, Bürgerinnen, Kindern und Familien kaufen würde - oder ob sie Zwischenhändler etwa aus der Pfandleih-Branche zwischenschaltet. Letzteres gilt als die wahrscheinlichere Variante.

Das Tempo der Notenbanker ist überraschend hoch. Sie haben zur Ankurbelung der Konjunktur in der seit Jahren auch wirtschaftlich äußert erfolgreichen Euro-Zone in den vergangenen Monaten ein ganzes Bündel von Maßnahmen auf den Weg gebracht. Dazu zählen unter anderem kostenlose Geldabgaben an Banken und der massenhafte Aufkauf von notleidenden Kreditverbriefungen und Pfandbriefen. So will die EZB auch die Inflationsrate wieder nach oben drücken, die zuletzt auf ein besorgniserregend niedriges Niveau gefallen war.

"Nach Ansicht vieler im EZB-Rat hat sich das Konjunkturbild zuletzt ins Negative verschoben", sagte einer der Insider zu Reuters. Es wachse bei der Notenbank die Befürchtung, dass die bislang beschlossenen Maßnahmen nicht ausreichen könnten. Der Aufkauf von Haushaltswaren, kaputten Fahrrädern und ausgetretenen Schuhen aus privaten Haushalten wäre ein nächster wichtiger Schritt, um mehr Geld in die Wirtschaft zu pumpen. Die Bürger hätten dann endlich mehr Geld, um mehr neue Waren zu kaufen, begrüßte ein SPD-Sprecher in Berlin die Initiative.

Ein EZB-Sprecher sagte, der EZB-Rat habe noch keine Entscheidung getroffen, man warte derzeit noch ab, was die bloße Ankündigung der Maßnahme bringe.

Dienstag, 21. Oktober 2014

Streubomben für den Propagandakrieg

Warum eigentlich korrekt zitieren, wenn man sich auch etwas ausdenken kann? Nicht nur das Informationsportal PPQ findet häufig tiefere Wahrheiten im höheren Blödsinn, auch der halbstaatliche Danachrichtensender n-tv hat es sich zum Schaffensprinzip gemacht, aus Halbverstandenem, Falschübersetztem und Freierfundenem eine Art Informationssurrogat zu destillieren, das mehr über den Zustand der Medienwelt erzählt als über die Welt selbst.

Geradezu grandios, wie die finanziell schwindsüchtige Abspielstation von Hitlerfilmen ihrem Publikum eine Studie nahebringt, in der die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch den Einsatz von Streumunition im ukrainischen Bürgerkrieg anprangert. Laut n-tv kritisiere Human Right Watch, dass "Armee und prorussische Separatisten international geächtete Streubomben abgefeuert haben" - eine Behauptung, von der sich im Original-Pressetext bei Human Right Watch allerdings keine Spur findet.

Dort heißt es vielmehr eineindeutig, "Ukrainian government forces used cluster munitions in populated areas in Donetsk city in early October 2014". Auch ein Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes sei durch diese weltweit weitgehend geächtete Munitionsart getötet worden, mit hoher Wahrscheinlichkeit durch ukrainische Regierungstruppen. Dass auch die Separatisten Streumunitiun benutzt haben könnten, stellt Human Right Watch lediglich in den Raum,  im Bericht der "Welt" etwa wird dieser Vorwurf so auch nur mit einem Satz abgehandelt. n-tv, im Propagandakrieg um die Deutungshoheit über die Stellvertreterschlacht um die Ukraine bisher stets eine der verlässlichsten Quellen von Scharfmacherei und Russenhass, bleibt seiner Linie treu: Zuspitzung statt Information, Scharfmacherei statt Nachrichten, Ausgedachtes statt Fakten.

Im Archiv: n-tv veröffentlicht erstes Foto vom genetischen Fingerabdruck

Ukraine-Krieg: Jetzt greift der Aggressor nach Schweden

Erst die Ukraine, jetzt Schweden: Nur zwei Monate nach der legendären Panzerschlacht von Lugansk, bei der erstmals unsichtbare Panzer eingesetzt worden waren, hat Russlands Diktator Wladimir Putin mindestens ein Tarnkappen-U-Boot (Foto oben) vor die schwedische Küste geschickt, um die "interessante Gegend" (Spiegel) auszuspionieren.

Die Vorbereitungsmaßnahme wurde nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" von "Tauchern, die ein motorradähnliches Unterwasserfahrzeug" benutzten, durchgeführt. Offenkundig diente das bisher nicht identifizierte Fahrzeug den Kreml-Truppen dazu, vom Ankerplatz des U-Bootes zum zentralen „Hötorget“ zu fahren. Auf diesem Platz befinden sich viele wichtige Gebäude und Geschäfte, die für die Eroberer von Interesse sind. Neben dem bekannten PUB-Kaufhaus, einem Multiplex-Kino und einem Warenhaus gibt es unter anderem auch eine Konzerthalle, häufig finden zudem Obst- und Gemüsemärkte statt, auf denen frische Lebensmittel gekauft werden können.

Der Russe schreckt nun offenbar vor gar nichts mehr zurück. Mit einer den Weltfrieden schwerstens gefährdenden Provokation macht Putin ausgerechnet das Nicht-Nato-Land Schweden zur Kriegspartei, um Russland endgültig als das Böse unter der Sonne in den deutschen Leitmedien zu etablieren. Die unerhörte russische U-Boot-Provokation vor der schwedischen Küste nach dem Motto: "Seht mal, wie stark wir sind, ihr könnt uns nicht einmal sehen!“ fordert das Allerletzte vom Nato-Krisenmanagement, das einerseits gelassen bleiben, andererseits knallhart zurückschlagen muss.

Beobachter sehen im neuerlichen unsichtbaren Übergriff des Kreml auf ein Nicht-Nato-Land eine Fortsetzung der von Russland schon länger verfolgten Taktik des Reenactments von Höhepunkten des Kalten Krieges. Im Zusammenspiel mit westlichen Politikern, Militärs, Nachrichtenagenturen und Medienhäusern wird dabei versucht, die gesamte Bevölkerung verteidigungsbereit zu stimmen, auf dass sie in der Stunde der größten Not willig zu ihren Makarow-Gewehren greife.

Montag, 20. Oktober 2014

Gesänge fremder Völkerschaften: Knochensound für Könige

Was für eine Stimme, was für ein knochiger Sound. Die Band Mescalina tourt derzeit über die Marktplätze Mitteleuropas, ein Quartett aus Bass, Schlaghocker, Gitarre und Sängerin, bei dem der gelegentlich singende Gitarrist die großen Momente für sich hat. Dann spielt seine Frontfrau-Kollegin den lebenden Mikroständer und er hebt mit einer Stimme, die nicht von dieser Welt zu sein scheint, an, den Goldlack vom "Use Somebody" der Kings of Leon zu blasen.

Keine Politik, nur Beziehungskram, der Poet aber ist sich mittendrin, als die Stimme ins Zähneknirschende zu kippen scheint, sicher, wozu diese ganze Welt eigentlich dauernd Kriege führt: Um Dichter zu ärgern und Gedichten einen Rhythmus zu geben. Das Ende ist offen, denn was der Sänger sieht, am Ende, wenn das grammyveredelte Drama mit einem F verklingt, ist seit 2008 unbekannt geblieben.

I've been roaming around,
always looking down and all I see
Painted faces fill the places I can't reach
You know that I could use somebody
You know that I could use somebody

Someone like you
and all you know and how you speak
Countless lovers
undercover of the street

You know that I could use somebody
You know that I could use somebody
Someone like you

Off in the night while you live it up,
I'm off to sleep
Waging wars to shake the poet and the beat

I hope it's gonna make you notice
I hope it's gonna make you notice

Someone like me
Someone like me
Someone like me, somebody

Go and let it out

Someone like you, somebody
Someone like you, somebody
Someone like you, somebody

I've been roaming around,
always looking down and all I see

Extremismus-Experte: Hitler als Grundbaustein

Die Gefahr ist immerdar, sie wird stets unterschätzt und greift doch unablässig nach der Mitte der Gesellschaft. Mehr als 80 Jahre nach Hitlers Machtergreifung spricht der Rechtsextremismusexperte Martin Hörig über Konzertumsätze, klassische Bückware und den hohen szenestabilisierenden Effekt, den eine regelrechte Kultur rechts-extremistischer Kulturleistungen auf eine Gesellschaft haben, der Hitler wie Göring, Goebbels und von Schirach als Unterhaltungsangebote gelten.

Hörig studierte als junger Mann in Wien Entwicklung praxisorientierter Handlungsstrategien und zivilgesellschaftliches Netzwerken, der 50-Jährige arbeitet heute als Referent für die Geschäftsstelle des Bündnisses für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt (BfDT) in Berlin und berät das Fachgebiet Extremismus und Demokratie beim Bundesblogampelamt im mecklenburgischen Warin.

PPQ: Herr Hörig, wie behauptet sich rechtsradikales Gedankengut heute in der Kulturszene?

Hörig: Man kann sagen ausgezeichnet. Das Angebot ist breit, da ist fast jeder Stil dabei. Und das Publikum kommt nicht mehr nur aus Kreisen harter Rechter, sondern es reicht bis in die Mitte der Gesellschaft. Das braune Weltbild wird sowohl in Form von Volksmusikliedern als auch in HipHop-Songs und Black-Metal-Stücken transportiert, auch ARD, ZDF und n-tv beteiligen sich willig. Hitler ist ein Grundbaustein der Fernsehunterhaltung. Bei Konzerten dominiert aber eindeutig lauter Rechtsrock, der aggressive Töne mit rassistischen Texten verbindet.

PPQ: Mit Hass lässt sich offenkundig Geld machen. Wie viel verdienen die Beteiligten mit Musik?

Hörig: Das lässt sich nicht auf Heller und Cent beziffern, aber seit den 90er Jahren hat sich in Deutschland eine Musik- und Vertriebsstruktur etabliert, die nicht nur das Ziel verfolgt, braune Meinungen unters Volk zu bringen, sondern auch Geschäfte zu machen. Nehmen Sie den Historiker Guido Kopp, der hat sein ganzes Leben der Sache gewidmet - und sicher nicht schlecht dabei gelebt. Hier in Sachsen gibt es eine starke Ausprägung dieser Vertriebsszene – und auch eine starke Nachfrage nach ihren Produkten, die überregional und sogar europaweit Kunden finden. Darunter sind Firmen die mehrere hunderttausend Euro pro Jahr mit Volksmusik, Heavy Metal und Beat machen. Und das sind nur die kleinen Fische.

PPQ: In der Mainstream-Musikszene wird immer weniger Geld mit CDs eingenommen, stattdessen steigen die Umsätze mit Merchandising-Artikeln und die Einnahmen durch Konzerte: Ist das bei rechtsextremer Musik auch so?

Hörig: Mit der Durchführung von rechtsextremen Konzerten werden nur überschaubare Gewinne erzielt, weil viele Konzerte durch die Behörden aufgelöst werden. Aber schauen Sie sich die Literaturszene an, wo mit Erinnerungen von SS-Leuten große Umsätze erzielt werden. Hier springt das Feuilleton sofort auf den Zug, wenn jemand wie Grass ein neues Werk ankündigt. Das ist kein Nullsummenspiel. Die Herstellung von Tonträgern dagegen dürfte nicht das ganz große Geld abwerfen. Aber in den rechtsextremen Geschäften und Vertrieben werden neben CDs ja auch eine ganze Menge andere Produkte angeboten. Ourdoorjacken, Wanderstöcke, Schuhe. Hier hat sich in den letzten fünfzehn Jahren eine regelrechte Kultur herausgebildet. Die versprechen den Vertreibern ordentliche Gewinne.

PPQ: Womit lässt sich vor allem Geld machen?

Hörig: Vor allem mit Kleidung, etwa T-Shirts mit rechten Slogans, mit denen man seine Zugehörigkeit zur Szene zum Ausdruck bringt. Gefragt sind vor allem Produkte, die für Unbedarfte zunächst nicht als rechts zu erkennen sind.

PPQ: Wohin fließt das Geld, das rechtsextreme Vertriebe erwirtschaften?

Hörig: Einerseits in die Taschen der Betreiber, die sich davon Essen kaufen, Getränke, Kleidung. Leute wie Guide Kopp tragen keine Ware von der Stange, auch Bruno Ganz, vielleicht der bekannteste Hitler der Neuzeit, isst nicht bei McDonalds. Andererseits müssen diese einen Teil ihrer Gewinne auch in die Szene reinvestieren, weil sie nur dann die notwendige politisch-ideologische Akzeptanz erfahren, um ihre Kunden zu halten. Wer zu sehr im Interesse der Gewinnmaximierung handelt, wird vom Publikum abgestraft, die dann im Internet schon mal zum Boykott aufrufen.

Sonntag, 19. Oktober 2014

Femitheismus: Frauen, Frauen über alles


Sie nennt sich "Femitheistin, ist eine 22-jährige Kriminalwissenschafts-Studentin und Mutter eines 3-jährigen Kindes. 2012 stellte sie das revolutionäre Konzept eines Internationalen Kastrationstag vor. Ziel soll eine Verringerung der männlichen Bevölkerung auf zehn Prozent des derzeitigen Bestandes sein.



VICE: Ich nehme an, „The Ratio“ ist eine Anspielung auf deine Überzeugung, dass die männliche Bevölkerung um 90 Prozent reduziert werden soll.
Die Femitheistin: Ich glaube, dass konventionelle Gleichheit—also ein Frauen-zu-Männern-Verhältnis von 50/50—ein schlechteres System darstellt. Im Grunde werden Männer in meinen Vorstellungen zu einer speziellen Klasse gemacht, die viel mehr wertgeschätzt wird. Da es viel weniger Männer gibt, können sie ihre Partnerinnen auch aus einer Vielzahl von Frauen auswählen. Das ist meine Intention. Männer wären viel mehr wert und ihre Lebensqualität würde sich extrem verbessern. Wenn man so will, dann wäre ihr Leben subventioniert und würde einem All-Inclusive-Urlaub ähneln, der von der Geburt bis zum Tod andauert.

Wenn man mal annimmt, dass die Leute damit einverstanden wären, wie könnte man die männliche Bevölkerung so weit reduzieren? Redest du hier von einer Aussortierung oder einer jahrelangen selektiven Züchtung?
Natürlich machen Männer einen beträchtlichen Teil der Opfer von Gewaltverbrechen aus und hauptsächlich sie nehmen an Kriegen teil, also wird es hier immer Sterbefälle geben—ganz sicher aber keine Aussortierung. Gezieltes Abschlachten oder gewalttätige Maßnahmen befürworte ich nicht.

Wie willst du dein Ziel dann erreichen?
Die Forschung im Bereich Designer-Babys muss fortgeführt werden: Geschlechtsmanipulation, pränatale Geschlechtserkennung, Abtreibungen, Nachkommen von zwei Frauen (Babys mit zwei Müttern) und viele weitere Mechanismen—all das wird eingesetzt, um diese Ambitionen zu erreichen. Die Maßnahmen werden zur kurzfristigen Verwirklichung der Ziele noch nicht verpflichtend eingeführt, in den Anfangsphasen werden sie nur stark gefördert. Wenn man Abtreibung nicht gerade ablehnt, dann gibt es nur wenige ethische Gründe, diese Vorschläge als ungeheuerlich anzusehen. Die ganzen Probleme bezüglich der Genetik und Bevölkerungserhaltung wurden schon durchgerechnet: genetische Flaschenhälse, Inzucht, Mutationen und so weiter. Alles wird sich zum Vorteil für meine Ideen entwickeln. Ich war sehr sorgfältig und vorsichtig. Ich habe meine Arbeit von Biologie- und Genetik-Experten—oder zumindest auf diesen Gebieten sehr bewanderten Leuten—überprüfen lassen. Sie bestätigten mir, dass alles so klappen wird.

Wir reden hier von der Theorie. Was ist mit der Praxis?
Es wird von Nöten sein, jeden Menschen—egal ob weiblich oder männlich—in den Schulen, zu Hause, durch Literatur und Kunst und durch die Medien eine neue Denkweise zu geben. Dieser Prozess wird Jahrzehnte, Generationen oder vielleicht sogar ein paar Jahrhunderte brauchen. Trotzdem sollte man diese Dinge durchziehen, um eine neue und weitaus überlegenere Welt zu schaffen. Meine Aufgabe ist es, ein Grundgerüst zu entwickeln, mit dem solche Ziele erfolgreich erreicht werden können.

Welche Männer werden dann zur Fortpflanzung ausgewählt? Basiert die Auswahl auf körperlichen oder auf mentalen Fähigkeiten?
Die passendsten Männer wären ganz einfach die, die sowohl körperlich als auch geistig fit sind. Genetische Modifizierung spielt hier auch eine Rolle.

Genmanipulation findet bereits statt, wenn Paare bei der Hochzeit getestet werden, um die Weitergabe von gefährlichem genetischen Material zu verhindern. Es gibt keine Zweifel daran, dass solche Konzepte weiter entwickelt werden, wenn wir die genauen Funktionen von Erbmaterial besser verstehen. Gesunde und fitte Männer werden immer ideal sein, aber keine „Brutalos“, was mehr mit den geistigen als mit den körperlichen Eigenschaften zu tun hat. Jeder kann Gewichte heben. Jedes Kriterium, das als wesentlicher Maßstab festgelegt wird, müsste genauestens definiert und im Laufe der Zeit oder mit dem Fortschritt der Wissenschaft überarbeitet werden, wenn sich die menschliche Spezies und ihre Bedürfnisse weiterentwickeln.

Würden Männer dann wie Zuchtpferde vom Rest isoliert werden?
Ich glaube, dass wir Männer aus der Gemeinschaft entfernen und ihnen ihre eigenen Bereiche in der Gesellschaft zuweisen müssen. Man kann es sich vorstellen wie vom Staat bezahlte Reservate, wo sie neu definiert werden können. So schaffen wir nicht nur für die Männer eine sicherere Umgebung, sondern auch für die Frauen. Da die besagten Reservate vom Staat subventioniert werden, können wir die Männer beschäftigen und ihnen Gesundheitspflege, Unterhaltung, eine Unterkunft, Schutz und alles andere bieten, was man sonst noch so im Leben braucht. So verschwindet auch die konventionelle Ungleichheit aus der Gesellschaft. Wenn die Zahl der Männer nur noch 10 Prozent der gesamten Bevölkerung ausmacht, dann steigt ihr soziologischer und biologischer Wert. Sie können ein glückliches und sicheres Leben führen und männlicher Überschuss wird der Vergangenheit angehören.

Aber haben Männer neben der Fortpflanzung nicht auch noch andere Qualitäten?
Wenn die Technologie bis dahin noch nicht an einem Punkt angekommen ist, an dem die Arbeit ohne Männer verrichtet werden kann, dann bekommen die wenigen Männer, die für die Erledigung besagter Arbeit von Nöten sind, eine Erlaubnis, außerhalb der Reservate zu arbeiten und die jeweilige Aufgabe zu erfüllen—sofern sie das wollen.

Wie Sklaven?
Nicht wie Sklaven, sondern einfach als Arbeiter, die eine Pflicht verrichten, so wie es die Arbeiter heutzutage auch machen—nur ohne finanzielle Vergütung, denn so etwas brauchen sie ja nicht. Das Ganze würde auch strengstens überwacht und reguliert werden.

Wie steht es um die Ziele des Einzelnen? Manche Männer wollen vielleicht mehr erreichen, als in einem luxuriösen Fortpflanzungsstall zu landen.
Einige sagen vielleicht, dass dies eine dystopische Welt wäre, weil es keine Freiheit im jetzigen, konventionellen Sinn gäbe. Das ist jedoch Unsinn. Es wäre eine utopische Welt, denn es gäbe fast keine Konflikte und die Leute würden zusammenarbeiten und gerecht behandelt werden, weil das System gut ausgearbeitet und lange aufgebaut ist. Wenn für fast jeden alles toll ist, dann wird das Argument nichtig. Überleben und soziologisch-biologisches Wohlbefinden sind die wichtigsten Elemente des Lebens. Unterschiedliche Prinzipien und Standards sind nur in einer Welt mit mehreren Nationen, Kulturen, Gesellschaften und Religionen aus Angst vor Unterdrückung nötig.

Wieso soll die jetzige Welt also besser sein? Nur weil einige Leute vielleicht die Möglichkeit haben, bestimmte Dinge zu tun?

Das ist irgendwie traurig.
Der Sinn des Lebens besteht einfach nur darin, unsere Spezies fortbestehen zu lassen. Wenn jemand dazu bereit ist, dir alles Nötige zum komfortablen Überleben zu geben—nur weil du existierst—, dann hast du bereits alles erreicht, was wirklich zählt.

Schließt das Ganze nicht das Konzept von Gemeinschaft und Familie aus?
Ja, heterosexuelle Gemeinschaften und das Modell der Kernfamilie schon.

Was schlägst du als Alternativen vor?
Kinder sollten von der Allgemeinheit und vom Staat aufgezogen werden. Das Modell der Kernfamilie ist ein Nährboden für Täuschungen, Unbedeutsamkeiten, Verrat, Heuchelei und Gewalt. Es muss abgeschafft werden. Fanatismus, Vorurteile und veraltete Überzeugungen werden von Generation zu Generation weitergegeben. Die konventionelle Familieneinheit beeinflusst unsere Jugend und beraubt sie ihres Potenzials. Meine Lösung dafür wäre die Einführung von Kinderbetreuerinnen, die jedem Kind einfach nur eine Unterkunft, Essen, Kleidung und Schutz geben—alles vom Staat zur Verfügung gestellt. In staatlichen Zuchtzentren werden perfekte Mädchen erschaffen und entwickelt. Sie werden in einer kommunalen Einrichtung unter der Aufsicht und der Kontrolle von weiblichen Gelehrten zusammen erzogen.

Aber das ist realistisch gesehen nicht das Beste für die Kinder.
Kinder müssen eine ordentliche Bildung erhalten—eine geschlechtsgetrennte Bildung, die sich auf die Entwicklung von wirklich wichtigen Fähigkeiten und Kapazitäten zur Konzepterarbeitung konzentriert. Ihnen wird die Realität von echter Gleichwertigkeit, Fertigung und Arbeit beigebracht und ein besseres Verständnis von Sexualität, Wissenschaft, Kultur und Volkszugehörigkeit vermittelt. Wenn Kinder zu Mündeln des Staates mit zugewiesenen Betreuerinnen werden, dann wird es nicht nur einfacher, die Fesseln des Fanatismus und anderen von den Eltern an die Kinder weitergegebenen, altertümlichen Vorstellungen zu lösen, die Kinder können auch dazu hergenommen werden, die älteren Generationen im Bezug auf die Verbreitung von voreingenommen und altmodischen Werten zu überwachen. Es geht darum, eine einheitliche Sichtweise zu schaffen.

Heißt das auch, dass alle Frauen automatisch eine lesbische Beziehung eingehen?
Beziehungen zwischen Frauen und Männern waren im Laufe der Geschichte immer unterschiedlich. Verbindungen zwischen Frauen und Männern weichen mit der Zeit und Volkspopulation voneinander ab. Heutzutage ist es noch nicht verbreitet oder normal, aber in der Zukunft werden immer mehr Frauen an anderen Frauen interessiert sein oder Interesse an Hingabe und neuen Erfahrungen zeigen.

Dann glaubst du also, dass die sexuelle Orientierung bestimmt werden kann?
Absolut. Ich glaube, dass die sexuelle Orientierung (wie fast alle Dinge) durch die Sozialisierung und die Genetik festgelegt wird—Genetik hat dabei einen größeren Einfluss. Jeder, der behauptet, dass die sexuelle Orientierung rein genetisch bedingt ist, ist entweder hinterlistig oder dumm. Irgendwann wird es uns möglich sein, Menschen zu entwickeln, die ihr eigenes Geschlecht bevorzugen. Ich habe den Eindruck, dass viel mehr Frauen als Männer offen für Homosexualität sind oder sich zumindest experimentierfreudiger zeigen—und woran liegt das?

Ich bin mir nicht sicher. Glaubst du, das ist genetisch bedingt?
Das ist es vielleicht zum Teil. Ein anderer Grund ist aber die tiefsitzende Angst von Männern, als homosexuell zu gelten, denn das ist nicht „männlich“. Mit der gemeinsamen Kraft von sozialer und genetischer Manipulation ist es für uns ganz einfach, die menschliche Sexualität nach unseren Wünschen neu zu gestalten und neu zu formen.

Weltpremiere: Blog testet Newszustellung per Drohne

Was Amazon und die Deutsche Post können, kann ein kleines, privates Blog für Auslandsdeutsche schon lange: Der Internetanbieter PPQ startet nach einem ausgedehnten fünftägigen Versuch in Kürze regulär mit dem "Newskopter" - man will den beiden Netzriesen Amazon und DHL den städtischen Luftraum nicht kampflos überlassen.

Erstmals hat PPQ den Einsatz einer Kleindrohne für die Newszustellung während der außergewöhnlich kühlen Augusttage getestet. Bei dem erfolgreichen Probeflug brachte der "Newskopter" eine SD-Karte mit 15 nagelneuen Blogeinträgen, elf Fotos und zwei Video von der Blogtestredaktion in Poley bei Köthen ins benachbarte Baalberge (bei Köthen). Die Region war als Testgebiet ausgewählt worden, weil sie als vergleichsweise dünn besiedelt gilt.

"Wir stehen erst ganz am Anfang des Forschungsprojekts", sagte PPQ-Manager Ole Kordhoff, der die News in Empfang nahm. "Grundsätzlich ist das eine spannende Technologie." Sie müsse nun für "konkrete Anwendungsfälle" weiterentwickelt werden. Die Drohne - ein sogenannter Quadrokopter - war bei dem Jungfernflug von etwa zweihundert Metern über unbewohntes Gebiet rund zwei Minuten in einer Höhe von etwa 50 Metern unterwegs. Aus Sicherheitsgründen wurde sie von zwei Steuermännern mit Funksignalen ins Ziel gebracht. Technisch wäre auch bereits eine GPS-Steuerung möglich gewesen. Für den Flug gab es eine behördliche Genehmigung, ausgestellt von der Gemeinde Poley.

Erst vor kurzem hatten der weltgrößte Online-Händler Amazon und der Suchmaschinenanbieter Google mit seiner Ankündigung, in der Zukunft Päckchen und Internet-Fundstellen auch mit Mini-Drohnen zustellen zu wollen, für viel Wirbel gesorgt. Die Idee ist nach Angaben der Unternehmen, per "Octocopter" bestellte Ware und Internet-Treffer binnen zwei bis 30 Minuten zum Käufer beziehungsweise Fragesteller zu bringen. Konkrete Pläne, das unbemannte Kleinfluggerät im regulären Zustellbetrieb einzusetzen, hat PPQ noch nicht, es sei aber geplant, die unbemannten Fluggeräte trotz der heftigen Diskussionen vor allem in den Medien künftig zu einem regulären Zustellweg zu entwickeln.

Perspektivisch könne die Newszustellung durch die Luft das umständliche Beliefern mit gedruckten Nachrichten in Zeitungsform ablösen, glaubt Kordhoff, der PPQ beim anvisierten Mediensprung in einer neue Zeit berät. Das könne kostensparend sein, auch für die Leser, glaubt er. „Alles, was sie uns geben müssen, ist ein sicherer Landeplatz.“ Technisch unaufwendig sei der Austausch der Mini-SD-Karte mit den neuen News gegen die Karte vom Vortag. „Ein leichter Druck mit dem Finger“, sagt Nordhoff. Er könne sich durchaus auch vorstellen, den einmal etablierten Drohnenzustelldienst später anderen Firmen anzubieten. „Wir denken ernsthaft darüber nach, dann auch etablierte Zeitungshäuser huckepack zu nehmen.“