Sonntag, 31. August 2014

Zitate zur Zeit: Wellmanns Wünsche

Wir haben kein Interesse, dass Russland wirtschaftlich in die Knie geht, aber das wird passieren.

Karl-Georg Wellmann*, CDU

(*Am 28. August 2013 forderte Wellmann im ARD-Morgenmagazin aufgrund der Giftgasangriffe von Ghuta einen Militärschlag gegen Syrien auch ohne Mandat der Vereinten Nationen.)

Mehr Zitate zur Zeit

Forscher finden Gründe für wechselhaftes Wetter

Ungewöhnliches Resonanz-Phänomen: Forscher haben herausgefunden, warum es manchmal warm und manchmal kalt ist - und das immer häufiger. Nicht nur die Erwärmung der Luft ist schuld, sondern auch gewaltige Wellen in der Atmosphäre. Diese Rossby-Wellen schaukeln sich durch den Klimawandel immer weiter auf und führen so zu anhaltenden Hitzestaus mit nachfolgenden kühlen Phasen, wie die Forscher im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" berichten.

In den letzten zehn Jahren häufen sich die wechselhaften Perioden im Sommer, in denen es manchmal sehr warm, manchmal nur warm, manchmal aber auch kalt und regnerisch ist. Ein Teil davon ist durch die globale Erwärmung zu erklären, aber die extreme Stärke und Dauer einiger dieser Ereignisse waren damit bisher nicht so leicht zu erklären. „Uns hat erstaunt, in welchem Maß wechselhaftes Wetter zugenommen hat“, sagt Erstautor Jim Sammeran vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Durch die Kohlendioxid-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger erwärmen wir natürlich die Atmosphäre, dennoch schien uns die Zunahme wechselhaften Wetters, wie wir es gerade wieder haben, in Regionen wie Europa oder den USA unverhältnismäßig“.
Die Klimaforscher vermuteten daher noch einen anderen Mechanismus am Werk: Veränderungen in den Zirkulationsmustern der Luftströme in der Atmosphäre.

Ein großer Teil der globalen Luftbewegung in den mittleren Breiten nimmt gewöhnlich die Form von Wellen an, die um den Globus wandern – sogenannte Rossby-Wellen, die allerdings nichts mit der nordatlantischen Osszilation zu tun haben, die gerade noch als wärmebedingte Ursache für kalte Winter entdeckt worden war. Schwingen die Wellen nach Norden, saugen sie warme Luft aus den Tropen nach Europa, Russland oder die USA; schwingen sie nach Süden geschieht das gleiche mit kalter Luft aus der Arktis. Dadurch wirkt das Wetter wechselhaft.

Für ihre Studie prüften die Forscher mit Hilfe von Satellitendaten und einem globalen Windmodell, wie sich diese Rossby-Wellen in den Sommern der letzten gut 30 Jahre entwickelt haben. Dabei zeigte sich, dass einige dieser Wellen bei Wärme oder Kälte nahezu feststeckten und sich stark aufschaukelten. „Dahinter steht ein subtiler Resonanzmechanismus, der Wellen in den mittleren Breiten festhält und sie deutlich verstärkt“, sagt Koautor Stefan Rahmstorf vom PIK.

Die Auswertungen ergaben, dass sich in der Atmosphäre unter bestimmten Resonanzbedingungen ungewöhnlich langsam wandernde Wellen von großer Stärke bilden, die dann zu wechselndem Wetter am Boden führen. Es regnet, die Sonne scheint, oder es bläst unangemessener Wind. Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass solche Resonanzereignisse häufiger geworden sind: Seit dem Jahr 2000 sind Wind, Regen und Sonne fast doppelt so oft aufgetreten wie zuvor. „Bislang gab es keine klaren Belege für tatsächliche Veränderungen der planetarischen Wellen. Aber da wir nun wussten, was wir finden wollten, konnten wir jetzt starke Belege für eine Zunahme dieser Resonanzereignisse finden.“

Der Grund für die Zunahme könnte mit Prozessen in der Arktis zusammenhängen, wie Theorie, Vorstellung und ausgewählte Beobachtungsdaten gleichermaßen nahelegen. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Arktis etwa doppelt so schnell erwärmt wie der Rest des Planeten. Einer der Gründe dafür ist das Schrumpfen der hellen Meereisflächen – so wird weniger Sonnenlicht zurück ins All reflektiert, denn der offene Ozean ist dunkler und erwärmt sich stärker.

„Das Schmelzen von Eis und Schnee lässt sich auf unseren Lebensstil und den Ausstoß beispielloser Mengen von Treibhausgasen durch fossile Brennstoffe zurückführen“, sagt Hans Joachim Schellnhuber, Mitautor der Studie und Direktor des PIK. Mit den steigenden Temperaturen in der Arktis sinkt die Temperaturdifferenz zu anderen Regionen. Doch eben diese Temperaturdifferenz ist der Haupttreiber für die Luftströmungen in der Atmosphäre, die unser Wetter bestimmen. „Das Thema der planetarischen Wellen illustriert, wie empfindlich die Komponenten des Erdsystems miteinander verbunden sind“, so Schellnhuber: „Und es zeigt auf, wie unverhältnismäßig das System auf unsere Störungen reagieren könnte.“

Samstag, 30. August 2014

HFC: Sommerfußball ohne Sommer

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein Papagei noch keinen Heimsieg. Optimistisch hatte einer der bunten Vögel beim Heimspiel des Halleschen FC gegen die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund ganz oben im Oberrang unter dem Dach ausgeharrt, unbeeindruckt vom Dauertrommeln der BVB-Fans und ungerührt auch nach den Ermahnungen einer Polizeisprecherin, den Fluchtweg freizumachen. Nach 90 Minuten aber flattert der Vogel ebenso ohne Punkte davon wie die 6300 Zuschauer ohne Zähler nach Hause trotten.

Es war im Gegensatz zum letzten Spiel der beiden Mannschaften gegeneinander ein Remis der schwächeren Art. Von Anfang an drücke Dortmund, unterstützt von einer dauertrommelnden schwarz-gelben Fankurve, die das Spiel akustisch beherrscht. Der HFC kontert das Kurzpass-Spiel der Gäste mit Kampfkraft und langen Bällen auf die beiden Spitzen Furuholm und Gogia, entfaltet aber selbst nur Gefahr bei einem Freistoß von Andy Gogia, den BVB-Torwart Alomerovic nicht festhalten kann. Timo Furuholm startet erst Richtung Ball, als er das bemerkt. Dadurch kommt der Finne zu spät und es bleibt beim 0:0.

Pech, aber mehr als Pech hat der HFC Glück an diesem Tag. Solga trifft mit einem Freistoß nur die Latte, nach einem missglückten Neuer-Ausflug von Kleinheider an die Strafraumgrenze fehlt nicht viel und Knystock hätte die verdiente Führung für die Bundesliga-Reserve erzielt.

Erst nach jenseits der 30. Minute schafft es die Elf von Sven Köhler, eine gewisse Ausgeglichenheit auf dem feld herzustellen. Sascha Pfeffer, Andy Gogia und Furuholm kombinieren jetzt zumindest ansatzweise, wenn auch erfolglos. Angesichts der bisher desaströsen Heimbilanz der Rot-Weißen aber wächst auf den Rängen die Hoffnung, dass es vielleicht doch nicht zur gefürchteten vierten Heimniederlage der laufenden Saison kommen muss.

Eine Hoffnung, die in der zweiten Hälfte allerdings schnell wieder Ernüchterung weicht. Wie zuletzt gegen Stuttgart ist keinerlei Spielanlage zu erkennen, Kombinationen finden nicht statt und auch im eins gegen eins ziehen Pfeffer, Schmidt und Schick, der hinten verteidigen darf, obwohl Daniel Ziebig wieder gesund ist, gegen die beweglicheren und ballsichereren Dortmunder den Kürzeren.

Deren Abschlussschwäche allein hält den HFC im Spiel - und der ist nach einer halben Stunde erneut bereit, den Punkt zu riskieren, um die beiden anderen noch dazuzuholen. Pfeffer flankt, aber Furuhom und Schmidt rutschen um Zentimeter am Ball vorbei. Köhler wechselt nach Osawe und Brügmann, die für Schmidt und Jansen kommen, auch noch Nachwuchsmann Stanley Ratifo für Pfeffer ein, der bis dahin einer der besseren Hallenser gewesen ist. Und der 19-Jährige, der in Halle geboren und bei Lok Leipzig ausgebildet wurde, macht mit seiner ersten Ballberührung tatsächlich beinahe sein erstes Tor.

Das aber ist so ein Beinahe-Tag. Ratifo, zuletzt in Greifswald spielend, verpasst um einen halben Meter. Brügmann, im Mittelfeld überzeugender als Jansen, schießt, aber Furuholm ist wieder zu langsam. Osawe tanzt im Strafraum, den Ball am Fuß wie bis dahin nur die BVB-Spieler. Aber niemand tut ihm den Gefallen, ihn zu foulen.

BVB-Trainer David Wagner will den Punkt nun nur noch sichern. Er wechselt, um Zeit von der Uhr zu nehmen. Weil sonst nichts weiter passiert ist, macht der gute Schiedsrichter Christof Günsch pünktlich Schluss. Keiner reißt die Arme hoch, es sinkt aber auch niemand enttäuscht auf die Knie. Auch wenn das wieder kein Erfolg war, die Tendenz der Heimspiele stimmt: Nach 0:3 ein 0:2, danach ein 1:2 und nun ein 0:0. Der nächste Heimauftritt findet gegen Stuttgart II statt. Im Februar gab es da einen 3:2-Heimsieg. Von den darauffolgenden sechs Heimspielen verlor der HFC keines.

Islam soll sich Christen stärker öffnen

In den Streit um einen Christen im westfälischen Werl hat sich die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) eingeschaltet. In einem Brief an den Geschäftsführer der Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DİTİB) nennt ADS-Leiterin Christine Lüders die Haltung des Dachverbandes intolerant und diskriminierend. Am Wochenende war bekanntgeworden, dass die DİTİB den Austritt des Mannes fordert, weil er kein Muslim ist, wie es die Satzung des Vereins verlangt.

In dem Brief weist Lüders den BHDS auf den Vereinszweck der DİTİB als anerkanntes Mitglied in der Gruppe von Anstalten und Einrichtungen mit religiöser und sozialer Zielsetzung in der Bundesrepublik Deutschland hin. Zu den Satzungszwecken der Organisation zählen die religiöse Betreuung, Aufklärung und Unterweisung der in Deutschland lebenden türkischen Muslime, Einrichtung und Unterhalt von Gebets- und Unterrichtsstätten und die Ausbildung von Laienpredigern, außerdem die Veranstaltung von sozialen und kulturellen Aktivitäten und Sprachkursen sowie die Durchführung von Berufsbildungsmaßnahmen, nämlich den „Ausgleich sozialer und konfessioneller Spannungen im Geiste echter Brüderlichkeit“. „Wer könnte besser diesen Vereinszweck dienen als ein Christ?“, fragt Lüders. Der Islam müsse sich auch Andersgläubigen öffnen, wolle er wirklich weiterhin zu Deutschland gehören.

Der Bundesgeschäftsführer des DİTİB wollte sich auf Nachfrage von PPQ nicht mehr äußern. In Berichten hatte es geheißen, er gehe davon aus, dass eine großzügige Lösung gefunden werde. Christliche Parteien sehen in muslimischen Mitgliedern in ihren Reihen kein Problem. „Es spielt gar keine Rolle, welcher Religion oder Ausrichtung jemand angehört“, heißt es bei der ehemaligen Christenpartei, die sich auch für Sozialisten und Globalisierungskritiker geöffnet hat.

Ode an Putin: Wo das Böse sitzt

Ode an Putin gilt als diesjähriger Favorit
Der Max-Zimmerring-Preis für politische Dichtung - hier in der Mitte abgebildet - wird jedes Jahr an herausragende Schöpfer von politischen Großpoemen vergeben.
Günter Grass hat ihn vor zwei Jahren für sein israelkritisches Großpoem "Was noch gesagt werden müsste - wenn man dürfte" bekommen, für dieses Jahr galt Bob Dylan (Knockin` on heaven door) wie immer als Favorit, doch eine Einsendung eines unbekannten Künstlers, der sich kurz "Anonym" nennt, wirft nun alle Planungen für die Vergabe des diesjährigen Max-Zimmering-Ordens für politische Dichtung über den Haufen.

Aktuell, politisch, in einem Versmaß, das den Globus umspannt - so präsentiert sich die "Ode an Putin", die hier beim PPQ-Poetenseminar sofort als Favorit für die Verleihung eingestuft wurde. Im Stil von Walt Whitmans "Howl" prescht der Kampfgesang nach Osten, er zeigt den Zweiflern und Ungläubigen, denen, die nicht hassen wollen oder können, wo das Böse sitzt.

Die Preisverleihung findet auch in diesem Jahr im Haus der Inklusion in Mülheim an der Ruhr statt, als Trauerredner ist der frühere Preisträger Günter Grass geladen, bei einem Gala-Abend soll später am Abend der scheidende "Spiegel"-Chef Wolfgang Büchner offene Kritik an Putin üben.


Wenn es regnet oder schneit, dann ist Putin wohl nicht weit!
Wenn die Katze Junge kriegt: rate mal, an wem das liegt?
Die Frau ein Häschen klein gebar: rate mal, wer das wohl war?
Wenn uns're Tochter lauthals weint, hat sie Putin wohl gemeint.

Steh'n kleine Kinder nass im Regen, wird die Datsche überschwemmt,
Putin steht dann selbst daneben und lacht völlig ungehemmt.
Holt dich ein Gewitter ein, kann das die Hand des Kreml sein.
Schnee und Kälte, Sturmgebraus, sieht nach Putins Rache aus.

Wenn dann der Sturm das Haus abdeckt: das hat Putin ausgeheckt!
Das Licht geht aus, der Zaun fällt um, der Automotor still und stumm.
Bei dir im Haus wird eingebrochen, man zieht dir 'nen gesunden Zahn,
der Kinoabend war 'ne Pleite, du trittst versehentlich in Dreck

- ein Demokrat sieht hier ganz klar: Eindeutig all das Putin war!
Tanzt besoffen auf dem Hof, das kann nur der Putin sein!
Gibt´s eine Feier mit viel Krach, du kannst nicht schlafen und liegst wach,
dann sage ich dir: 100 Pro- der Putin war das, sowieso!

Kommt Ebola aus Afrika, dann ist klar, dass das Putin war.
Vor diesem großen Bösewicht gibt es keine Rettung nicht.
Er beschmiert fast jede Wand, reißt Büsche aus mit seiner Hand.
Was noch alles von dem BÖSEN soll man hören oder lesen?!

Freitag, 29. August 2014

Ukraine-Krieg: Die Schande von Berlin

Die Köpfe gesenkt, die Arme unter dem Tisch versteckt – so wird rund ein Dutzend Männer durch die deutsche Medienlandschaft geschleift. Das Kommando geben schwer entrüstete Chefredakteure, die überzeugt sind, dass gefangene russische Soldaten es verdient haben, öffentlich vorgeführt zu werden.

Die „Bild“-Zeitung zeigt Großaufnahmen der Männer auf ihrer Internetseite, ebenso halten es alle anderen angeschlossenen Sendeanstalten. Kommentatoren beschimpfen sie als Beweis dafür, dass Russland direkt in der Ukraine interveniert. Invasoren seien sie, Kanonenfutter und zu dumm, eine Landesgrenze zu erkennen. Die Soldaten waren bei der inzwischen ins Stocken geratenen siegreichen Armeeoffensive gegen die Aufständischen im Osten der Ukraine gefangen genommenen worden.

Das Schauspiel der Schande fand ausgerechnet zu dem Zeitpunkt statt, zu dem der ukrainische und der russische Präsident einander die Hand gaben und über einen Friedensschluss verhandelten. Eine schwere Demütigung, die auch gegen die Genfer Konvention von 1949 verstößt.

Danach ist die öffentliche Zurschaustellung von Kriegsgefangenen weithin geächtet und im Konsens aller Unterzeichner der Genfer Konvention ausdrücklich verboten. Dennoch nutzten auch „N24“, „Welt“ und „Zeit“ den Tag für eine „menschenverachtende Provokation“ (Focus): Obwohl das international geächtet ist, zeigten sie stolz Videos und Fotos der gefangengenommenen Männer.

Deutsche Kämpfer für das Kalifat

Im Nordirak und in Syrien sind nach Nato-Angaben „deutlich mehr“ als die sechs deutschen Soldaten aktiv, die offiziell von der Bundesregierung nach Nordafrika geschickt wurden. Die meisten deutschen Soldaten kämpften mit den islamistischen Separatisten und unterstützten sie, sagte ein ranghoher Nato-Militärvertreter im belgischen Mons. Zudem habe die Lieferung von Waffen und Ausrüstung aus den USA und der EU in Menge und Qualität zugenommen.

Der syrische Präsident Assad hat den USA einen militärischen Einmarsch in sein Land vorgeworfen. Er habe nach dem Eindringen eines US-Killerkommandos, das Geiseln der IS befreien sollte, „einen Familienbesuch abgesagt, da eine Intervention westlicher Streitkräfte in Syrien stattfand“, teilte Assad mit. „Der Platz des Präsidenten ist heute in Damaskus.“ Die Lage in den den vom islamistischen islamischen Staat beanspruchten Gebieten habe sich „extrem verschärft“, betonte er.

Die USA hatten zuvor mitgeteilt, dass sie planen, nach Beobachtungsflügen über syrischem Gebiet auch Bombenangriffe gegen das von Islamisten bedrohte Land zu fliegen. Zuletzt hatten Islamisten mit deutscher britischer, französischer und belgischer Hilfe und zumeist amerikanischen Waffen die Kontrolle über „die Stadt Raqqa sowie eine Reihe weiterer Ortschaften“ übernommen.

Deutschland hat wiederholt die Anschuldigung zurückgewiesen, es schicke Soldaten und Waffen über die Grenze und unterstütze die Islamisten. Allerdings sind die Hinweise auf eine Beteiligung von Deutschen kaum zu übersehen - deutsche Sturmgewehre etwa gehören zur Grundausstattung. Amerikanische Waffen sichern den Rebellen derzeit eine Überlegenheit über die Kämpfer der für den Westen eingesetzten Truppen der Terrororganisation PKK: Abu Zubayr al-Almani, ein Kämpfer des Kalifats aus Deutschland, berichtete, dass er nach Syrien gekommen sei, um bedrohten Brüdern und Schwestern zu helfen. Wie alle Kämpfer habe er keine Angst vor dem Tod, sondern freue sich darauf.

Der Anführer der Islamisten bestätigte, dass Soldaten aus der EU und den USA auf Seiten der Aufständischen kämpfen. Die Soldaten hätten sich zu diesem Zweck zum Teil von ihren Unternehmen beurlauben lassen, viele seien aber auch dauerhaft gekommen, zitiert die Internetplattform Youtube den Regierungschef des selbstausgerufenen „Kalifat“. Nach Darstellung des deutschen Geheimdienstes kämpfen rund 400 Freiwillige für die Separatisten.

Assad forderte Sondersitzungen des UN-Sicherheitsrats und des EU-Rates. „Die Welt muss sich zur heftigen Verschärfung der Lage äußern“, sagte er. US-Regierungssprecher wiesen die Vorwürfe zurück. Syrien sei selbst schuld an der Situation.

Die Anmerkung: Freche Phantomrussen unterwegs im eigenen Land
Eulenfurz: Grausamer Brite enthauptet Amerikaner
Heise.de zu wer wen?

Donnerstag, 28. August 2014

Ukraine-Krieg: Nato holt sich Königsberg zurück

Im Kampf um die Ukraine hat die kanadische Nato-Vertretung jetzt erstmals Nägel mit Köpfen gemacht und die derzeitigen Expansionspläne des westlichen Militärbündnisses mit einer Karte beim Kurznachrichtendienst Twitter vorgestellt. Angeblich um russischen Soldaten, die sich in den vergangenen drei Tagen mehrfach auf ukrainisches Hoheitsgebiet “verirrt” hatten, bei der Orientierung zu helfen, twitterten die Kanadier eine simple Karte. Geografie könne "hart sein" hieß es dazu. Man wolle deshalb mit einem kleinen "Reiseführer für russische Soldaten, die sich ständig verlaufen und aus Versehen in der Ukraine landen, für Aufklärung und Abhilfe sorgen. Eine nette Geste, die weltweit vor allem bei Medienhäusern gut ankam.

Wie hart Geografie wirklich ist, zeigt aber erst die genaue Betrachtung der kanadischen Nato-Karte: Dort, wo zwischen Litauen und Polen die russische Exklave Kaliningrad liegt, derzeit noch ein Stück russisches Staatsgebiet, haben die kanadischen Expansionsexperten bereits für eine Neuaufteilung gesorgt. Wie die Nato-Länder Polen, Litauen, Lettland und Estland ist das frühere Königsberg in Weiß gehalten, nicht in dem Rot, mit dem das Staatsgebiet Russlands markiert ist.

Kaliningrad ist von Kanada aus gesehen zwar nicht "not Russia", aber aus Nato-Sicht betrachtet ein Stück EU-Inland, das nicht zu Russland gehört. Geografie kann nicht nur hart sein, sie kann auch viel über die Sicht auf die Welt verraten. Eine "kreative Idee", finden die Huffington Post, die National Post aus Kanada freut sich über eine Nachhilfelektion für Putins Soldaten und Business Insider freut sich über einen "epischen Scherz".

Freude auch bei den letzten Vertriebenen in Deutschland, jetzt, wo Königsberg bald wieder unser ist.


Inzwischen hat der "Spiegel" der Landnahme der Nato seinen Segen gegeben - auch laut dem Nachrichtenmagazin gehört Königsberg wieder uns

Ukraine-Krieg: Die Lügen der Anderen

In Kriegszeiten ist es üblich, die Erfolge der eigenen Truppen mit jubelnden Posaunen zu verkünden, während Rückschläge und Niederlagen allenfalls verbrämt und leise mitgeteilt werden. Im Dritten Reich hörten Menschen deshalb massenhaft Feindsender, ein Zustand, der darauf deutete, dass die Berichterstattung im eigenen Land weder frei noch objektiv war. Natürlich war sie das auch bei der BBC und bei sowjetischen Sendern nicht. Doch alle Meldungen zusammengerührt, ergab sich ein Bild, das einen Eindruck von der wahren Lage vermittelte.

Nichts ist heute anders, wie das Beispiel Ukraine zeigt. Dort waren die mit Deutschland verbündeten und von der EU finanzierten Truppen der amtierenden Regierung Anfang
August dabei, jeden Moment "die von Rebellen besetzte Stadt Donezk zu befreien".

Im Stundenrhythmus meldeten die deutschen Leitmedien Erfolge der ukrainischen Armee vor Donezk (Spiegel Online), die Regierungstruppen standen eine Woche lang "kurz vor Einnahme von Donezk" (dpa), der "Sturm auf die Stadt" wurde "vorbereitet", die "Rebellenhochburg" lag "unter Dauerbeschuss" (Wall Street Journal) und die Armee zog den "Ring um Donezk enger" (dpa). Es stand schlimm um die "Rebellen" (Spiegel), die so in die Enge getrieben waren, dass sie sogar um einen Waffenstillstand baten, damit die Zivilbevölkerung versorgt werden könne.

Im Angesicht des sicheren Sieges, der für den Nationalfeiertag am 24. August geplant war, lehnte der ukrainische Präsident Petro Poroshenko die Bitte um einen Waffenstillstand ab. Vorwärts sollten seine Truppen traben, um dem Gespenst des Separatismus möglichst schnell den Garaus zu machen.

Dass es damit nichts werden würde, ahnte man beizeiten. Und als dann auf einmal nichts mehr zu hören war von Eroberung, vom Ringen um Donezk und dem Vormarsch auf Lugansk, sondern nur noch eine große, laute Stille von den Kriegsberichterstattern kam, gewürzt mit Meldungen nicht von eroberten Städten, sondern von eroberten Schützenpanzerwagen, da war klar: Im Krieg stirbt nicht die Wahrheit zuerst, sondern die Pressefreiheit, die Freiheit wahrhaftiger Berichterstattung, die Möglichkeit, zu sagen, was ist, statt zu schreiben, was irgendwer gern hätte.

Dass ukrainische Regierungstruppen von den eben noch fast geschlagenen Separatisten eingekesselt sind, erfahren Leser deutscher Zeitungen so auf dieselbe Art, wie ihre Großeltern 1943 vom Fall von Stalingrad erfuhren. Sie läsen zwischen den Zeilen, hieß es damals in einem Gestapo-Bericht an Goebbels: "Dass Stalingrad abgeschnitten ist, haben sie aus der Presse dadurch erfahren, dass die deutschen Truppen dort ,von allen Seiten angegriffen' werden".

Wie Goebbels damals, der genau wusste, dass eine zu große Kluft zwischen Wirklichkeit und Propaganda der eigenen Glaubwürdigkeit irreparable Schäden zufügt, gilt es auch heute, die Berichterstattung vorsichtig nachzuziehen. "Wir müssen uns nun allmählich mit dem Gedanken vertraut machen, das deutsche Volk über die Situation in Stalingrad zu unterrichten", diktierte Goebbels einst für seine Erinnerungen. Ein Satz, der - ohne Stalingrad - erst kürzlich in den Sendeanstalten und Chefredaktionen gefallen sein könnte. Denn heute kommt es zu ähnlich sprunghaften Perspektivwechseln: Am 11. August hatte das Wort "eingekesselt" in deutschen Zeitungen noch Hochkonjunktur, weil es die Situation um Donezk ("kurz vor dem Fall") beschreiben durfte.

Dann verschwand es. Um am 27. August zurückzukehren - als Beschreibung der Einkessler, die nun plötzlich selbst eingekesselt sind. Wies kommt? Was da passiert ist? Wie der nahe Fall der einen zur Niederlage der anderen werden konnte? Keine Silbe, kein Satz. Letzter Ausweg ist wie immer ein wenig neues Russen-Bashing, ein mahnender Anruf von Angela Merkel, viel Nebel im Konjunktiv.

Petro Poroshenko, der einen Waffenstillstand eben noch abgelehnt hatte, ist aber nun dafür, über einen Waffenstillstand zu reden.

Posaunen sind das nicht mehr.

Mittwoch, 27. August 2014

Fremde Federn: Rußland kämpft mit Amerika bis zum letzten Ukrainer

Die "Junge Welt" hat ein bemerkenswertes Interview mit dem ukrainischen Generaloberst Wladimir Ruban aus der "Ukrainskaja Prawda" übersetzt. Ruban ist der Chefunterhändler der ukrainischen Regierung für Verhandlungen mit den Separatisten zum Gefangenenaustausch. PPQ dokumentiert die Dokumentation.

Was sind das für Menschen, mit denen Sie verhandeln? Was für einen Charakter haben sie? Wofür tun sie das? Wahrscheinlich haben Sie sich ein Bild von ihnen machen können.
Und zu welchem Zweck macht die ukrainische Armee Gefangene? Was sind das für Menschen in der ukrainischen Armee und in den Freiwilligenbataillonen?

Das heißt, für Sie sind die einen wie die anderen?
Für Sie nicht? Sind für Sie sechs Millionen Bewohner der Region um Donezk und Lugansk plötzlich zu Feinden geworden?

Nein, friedliche Anwohner sind keine Feinde.
Und die 15000, die bewaffnet sind – sind das für Sie Feinde?

Alles in allem schon. Das sind schließlich Leute, die Leben und Gesundheit friedlicher Bürger bedrohen.
Jede Armee bedroht Leben und Gesundheit friedlicher Bürger. Dafür gibt es sie. Offiziere, die die Militärakademie abgeschlossen haben, sind professionelle Mörder, oder ist Ihnen das neu? Haben Sie das nicht gewußt? Das sind keine Leute, die auf Paraden Flaggen tragen, das sind Leute, die im Schützengraben andere Menschen umbringen. Das ist der Inhalt ihrer Ausbildung, so wie ich von meiner Ausbildung Jagdflieger bin. So ein schönes Wort, klingt so harmlos. Nehmen Sie das Wort »Flieger« weg, und es bleibt Jagd. Was ist mein Job? Zu jagen und zu töten.

Für mich sind diese Menschen dort keine Feinde. Ihnen fällt das leicht, sie aus Ihrer Position als Feinde zu betrachten. Aber ich kenne diese Leute seit langem. Unter ihnen sind Offiziere, Afghanistan-Veteranen, mit denen wir gemeinsam gegen (den geputschten Präsidenten Wiktor; jW) Janukowitsch protestiert haben. Dort gibt es Leute, mit denen wir auf dem Maidan gestanden haben. Auf dem Euromaidan. Aber wir haben ihn nicht so genannt.

Was meinen Sie mit »dort«?
Auf der anderen Seite. Die mit den Georgsbändchen, in den Volksrepubliken Donezk und Lugansk.

Diese Leute haben also mit Ihnen auf dem Maidan gestanden?
Ja, und jetzt kämpfen sie gegen die ukrainische Armee. Es gibt jetzt zwei Seiten.

Aber warum tun sie das?
Und warum hat der »Rechte Sektor« »das« auf dem Maidan getan? Oder warum haben die Leute auf dem Maidan gestanden?

Wenn sie auf demselben Maidan waren, warum stellen sie sich jetzt gegen dieselben Menschen, mit denen sie Seite an Seite gestanden haben?
Weil die Leute, die auf dem Maidan waren, sich mit der Absetzung Janukowitschs zufriedengegeben haben. Weiter ist bisher keine einzige Forderung von damals erfüllt worden. Und die Leute im Donbass haben entschieden, bis zum Schluß zu kämpfen. Ihnen hat es nicht gereicht, daß Janukowitsch weg war, sie wollen reale Veränderungen im Land. Die meisten Punkte, die sie fordern, sind dieselben, die auch auf dem Maidan vorgetragen wurden.

Das sieht aber ganz anders aus.
Dafür muß man sich bei den Journalisten bedanken und bei all den anderen, die sie als Terroristen verschrien haben. Auch diejenigen, die sich den Begriff »Antiterroroperation« haben einfallen lassen, statt »Krieg« zu sagen.

Aber Rußland erkennt das nicht als Krieg an …
Was hat Rußland damit zu tun?

Sind Sie etwa der Meinung, Rußland sei an diesem Konflikt nicht beteiligt?
Haben Sie dort russische Truppen gesehen?

Ich habe Soldaten aus Rußland gesehen.
Haben Sie die Beteiligung russischer Truppen gesehen?

Offiziell nicht.
Sie werden sie auch inoffiziell nicht sehen, weil es dort keine gibt. Und sogar, wenn Sie irgendeinen Russen oder irgendeinen Soldaten gesehen haben, ist das noch keine Beteiligung Rußlands.

Wie soll man das denn sonst nennen?
Wie Sie wollen. Wissen Sie, daß auf beiden Seiten Söldner kämpfen?

Ja.
Auf beiden Seiten. Auf der ukrainischen und auf der Lugansker und Donezker Seite. Sagen Sie jetzt auch, daß Polen oder Schweden auf unserer Seite kämpfen? – Es gibt so einen traurigen Witz: »Rußland kämpft mit Amerika bis zum letzten Ukrainer.« Das kommt der Wahrheit sehr nahe. Aber das ist Geopolitik, und da werden die Entscheidungen ganz woanders getroffen. Spezialisten für nationale Sicherheit können lange darüber diskutieren.

Wir arbeiten direkt an der Front und bedienen uns unserer Erfahrung und unseres Wissens. Wir sind gewöhnt, die Dinge beim Namen zu nennen. Wenn dort russische Waffen geliefert werden, ist es das eine. Putin kann da vieles verbieten, das ist eine andere Frage. Wenn da russische Offiziere sind, ist es eine dritte. Das ist keine offizielle Beteiligung Rußlands als Kriegspartei.

Wie soll man das denn nennen?
Waren Sie dort?

Ich beschäftige mich das letzte halbe Jahr mit nichts anderem.
Und, sind alle Offiziere dort Russen? Am Ende noch Tschetschenen?

Nicht alle, aber der harte Kern. Die Anführer der Bewegung.
Gott sei mit Ihnen. Russen mit ukrainischen Pässen?

Mit vollkommen russischen Pässen.
Das sind sogenannte »Berater«.

Ausbilder.
Wir sind schon zu Sowjetzeiten als »Bergleute zum Erfahrungsaustausch« in andere Länder gefahren und waren Militärberater. Genauso sind bei uns heute Spezialisten aus verschiedenen Ländern als Ausbilder tätig. Nicht deswegen, weil ihr Land sie schickt, sondern weil unsere Seite darum gebeten hat. Nehmen Sie an, wir wollen zusammen ein nettes kleines Ding drehen, aber wir wissen nicht, wie das geht. Was machen wir? Wir laden uns irgendeinen Banditen als »Spezialisten« ein, damit er uns berät, wie man in die Bank und wieder herauskommt.

Aber die Leute, die »sagen, wie es geht«, kommen alle aus Rußland. Wie soll man denn von einer inneren Auseinandersetzung reden, wenn sie von außen gesteuert wird?
Nennen Sie es, wie Sie wollen.

Nein, ich versuche mir darüber klarzuwerden.
Dann werden Sie sich mal klar. Ich habe Ihnen meine Meinung gesagt. Alle Fragen werden innerhalb der Ukraine entschieden. Jede Seite hätte schon mehrmals den Krieg gewinnen können.

Aber?
Wenn man hätte gewinnen wollen und nicht den Krieg in die Länge ziehen. Man hätte ja wohl innerhalb von drei Monaten das Feuer einstellen und sich einigen können. Das kann man immer, in jeder Situation.

Und warum passiert das dann nicht?
Es gibt Leute, die sind an einem Ende des Krieges nicht interessiert. Ich bin das nicht, ich kann mich mit der anderen Seite einigen.

Und werden Sie das tun?
Ja. – Wir haben ja offiziell keinen Krieg. In Kiew fürchtet man den Kriegszustand, und niemand weiß, was das bedeutet. Die Zivilisten an der Macht fürchten sich vor den Militärs, denn wenn das Kriegsrecht ausgerufen wird, dann verlieren die Zivilisten an der Macht diese womöglich an das Militär. Das Ergebnis ist, daß die gesamte Infrastruktur vor die Hunde geht und die Menschen leiden.

Sind Sie der Meinung, man müßte das Kriegsrecht einführen?
Wenn Krieg herrscht, muß man das Kriegsrecht einführen. Den Dilettanten unter den Journalisten muß man verbieten, über den Krieg zu schreiben, weil sie keine Ahnung haben, was er bedeutet. Über den Krieg schreiben dürften nur Spezialisten. Es muß deshalb eine strikte Zensur geben, damit kein Schaden entsteht. Ich bin ein Gegner der Zensur, aber ich sage das auf der Grundlage dessen, was ich weiß.

Die Steuern müssen ordentlich eingezogen werden, nicht so von Fall zu Fall, wie das (Ministerpräsident Arseni; jW) Jazenjuk beim Parlament zusammenbettelt: ein neues Gesetz, eine neue Steuer.

Im Krieg ist alles sehr einfach. Es herrscht Krieg, es müssen Probleme gelöst werden, es gibt ein Ziel: den Sieg. Bei uns weiß man nicht, was das Ziel ist.

Kiew versucht einfach, den Krieg zu ignorieren und zu leben wie im Frieden.
Die Kiewer sind darum bemüht. Aber auch die Regierung?

Vom Kriegszustand hat doch niemand Vorteile. In der Westukraine hat man den Eindruck, daß es keinen Krieg gäbe.
Und was passiert mit Ihrer Wohnung, wenn in der Küche der Kriegszustand herrscht? Ist dann im Schlafzimmer alles in Ordnung? Das ist schließlich Ihre Wohnung, die müssen Sie als Ganzes betrachten. Deshalb muß der Kriegszustand sowohl im Schlafzimmer als auch in der Küche ausgerufen werden.

Ob es der Westukraine gefällt oder nicht: sie hat Teil am Krieg, sie schickt ihre Kinder dorthin. Ich sehe sie, wenn ich sie aus der Gefangenschaft heraushole, sie können kein einziges Wort Russisch. Die sind so etwas von betroffen vom Krieg. – Das ist keine Antiterroroperation. Das ist ein Krieg.

Was für ein Krieg?
Ein neuer, unverständlicher, hybrider Krieg. Beinahe ein Bürgerkrieg.

»Beinahe« … Warum gibt es die »Berater«?
Berater gibt es immer. Ich habe von einem »Beinahe-Bürgerkrieg« gesprochen, weil beide Seiten ideologisch kaum zu unterscheiden sind. Beide kämpfenden Seiten wollen ordentlich leben. Sie wollen vernünftige Straßen und daß ihre Familien gut ernährt sind. Für sie macht es keinen großen Unterschied, ob die Ukraine in Richtung Rußland oder EU gleitet oder ob sie allein bleibt. Alle wollen besser leben, und alle, beide Seiten, sind durch diese Führungsfiguren ins Elend gestürzt worden.

Aber der Krieg beschleunigt das doch nur.
Der Krieg ist immer eine Quelle des Fortschritts und der Klärung – in den Seelen und hinsichtlich der Zukunft. Die Ukraine ist ein reiches Land, sie wird niemals ins Elend stürzen. Ich denke, der Krieg nimmt irgendwann ein Ende, und die Leute werden wohlhabender.

Gemeinsam mit dem Donbass?
Gemeinsam.

Es wird also kein »Transnistrien 2« geben?
Nein. Die Infrastruktur ist zerstört, ein solches Transnistrien 2 könnte sich nicht halten. (1990 hatte sich die überwiegend russische und ukrainische Bevölkerung in dem hauptsächlich östlich des Dnjestr/Dnister gelegenen Industriegebiet von Moldawien abgespalten und die Republik Transnistrien [Eigenbezeichnung: Pridnestrowische Moldauische Republik] ausgerufen; jW)

Die Ukrainer sind ein fleißiges Volk und können gescheit arbeiten. Unsere Ingenieure sind erstklassig, und in Donezk steht eine der besten Technischen Hochschulen des Landes.

Gerade ist der Bau von einer Granate getroffen worden …
Das ist eine interessante Frage, woher die Granate gekommen ist. Es gibt eine »dritte Seite« – wir nennen sie jetzt so –, die diese Granaten verschießt und die Schuld der einen oder anderen Seite zuschreibt.

Wer ist diese »dritte Seite«?
Ich weiß es noch nicht, ich habe keine entsprechenden Informationen. Wir nennen das, als Arbeitstitel, »dritte Seite«. Besler von den Aufständischen nennt sie so, und die Leute in Donezk sagen es auch. Nach diesen Leuten wird gefahndet, um herauszubekommen, wer diese Saboteure geschickt hat.

Sie sagen, daß die Leute auf beiden Seiten gleich sind. Und dann haben Sie die Situation einer Mutter, der mitgeteilt wird, daß ihr Sohn erschossen werden soll. Die Kämpfer haben den Henker und einen Geistlichen zu ihm gebracht, und sie ist bereit, auf den Knien dorthin zu rutschen, um die Aufständischen anzuflehen, daß sie ihren Sohn statt ihn zu erschießen, wenigstens Schützengräben ausheben schicken. Ist das in Ordnung?
Ja, das ist in Ordnung, wenn die Verwandten sich um ihre Angehörigen kümmern, die in Gefangenschaft sind. Dafür gibt es die Familie. Die Mutter hätte nicht gedankenlos abstimmen dürfen, und beim nächsten Mal wird sie mit dem Herzen abstimmen und dabei berücksichtigen, was sie erlebt hat. Und ihr Sohn wird auch die richtige Wahl zu treffen wissen.

Das heißt, wir sind auf einem Weg der Selbstreinigung?
Ja. Wir haben aufgehört, zu unseren Eltern zu fahren und häufig an sie zu denken.

Und die Aufständischen – werden die »mit dem Herzen abstimmen«? Können sie lernen, in solchen Kategorien zu denken?
Die Aufständischen sind genau solche Ukrainer wie Sie und ich. Sie sind nicht aus anderem Teig gebacken, sie haben dieselben Blutgruppen, ihr Blut ist genauso rot wie unseres. Sie haben dieselben Schulen besucht wie wir und gemeinsam mit uns die Schulbank gedrückt.

Aber ihre Lage ist etwas anders. Sie sind in der Minderheit.
Was heißt hier Minderheit? Wie viele Menschen soll man denn umbringen, damit der Donbass als ukrainisch durchgeht? Hundert- oder zweihunderttausend?

Am besten keinen einzigen.
Eben. Deshalb muß man verhandeln und sich einigen. Man muß lernen zuzuhören. Ein guter Unterhändler redet wenig und hört viel zu.

Glauben Sie, daß die Leute aus dem Donbass, die sich in der Vergangenheit politisch und im Leben immer alles haben bieten lassen, etwas lernen werden?
Selbstverständlich. Sie haben schon einiges gelernt. Nach dem Maidan ist die Ukraine nicht mehr dieselbe, und nach diesem Krieg erst recht nicht. Wir sind jetzt alle andere Menschen geworden.

Luftschläge für das Völkerrecht

Nicht nur die Russen, die Syrer, die Iraner, der IS und der von russischen Wissenschaftlern gezüchtete Ebola-Erreger bereiten den USA Kopfschmerzen. Jetzt haben auch noch die Chinesen begonnen, die einzig verbliebene Schutzmacht der freien Welt frech zu reizen: Nach einem Scheinangriff eines chinesischen Jagdflugzeuges auf einen US-Jet, der sich auf einer Routinemission zur Erhaltung des Friedens in der Region befand, werfen die USA China eine Provokation im Luftraum über dem Südchinesischen Meer vor. Auf nur wenige Meter habe sich das chinesische Militärflugzeug widerrechtlich einer US-Aufklärungsmaschine über dem chinesischen Meer genähert.

Die USA werten dies als Provokation und haben Protest eingelegt. Der Kampfjet sei in einer Entfernung von nur etwa sieben bis zehn Meter an dem Seeaufklärer vom Typ Poseidon P8 der US-Navy vorbeigeflogen. Der Vorfall hatte sich bereits am Dienstag über internationalem Gewässer in der Nähe der chinesischen Insel Hainan gut 11565 Kilometer westlich der nächstgelegenen amerikanischen Stadt San Francisco ereignet, sagte ein Pentagonsprecher. Die Region gilt als amerikanisches Einflussgebiet.

Friedenspräsident Barack Obama scheint entschlossen, sich solche Bloßstellungen durch Chinesen, Russen oder krebsgeschwürige radikale Muslime nicht länger bieten zu lassen. In einem ersten Schritt, der mit den aktuellen Notwendigkeiten der Missachtung des Völkerrechts in Einklang steht, hat Obama jetzt Überwachungsflüge über Syrien genehmigt. Der Schritt soll den Weg für Luftschläge gegen die Terrormiliz IS in dem Land ebnen, die als Voraussetzung für eine Befriedung der Region gelten.

Das Angebot des menschenverachtenden syrischen Assad-Regimes, den Islamischen Staat mit vereinten Kräften zu bekämpfen, lehnt der US-Präsident ebenso kategorisch ab wie die von Syriens Außenminister geforderte vorherige Genehmigung amerikanischer Luftangriffe über syrischem Staatsgebiet. Das Assad-Regime sei verantwortlich für das Chaos im eigenen Land, hieß es in Washington. Damit habe Syrien jedes Recht verwirkt, mit den USA zusammenzuarbeiten oder der Koalition der Willigen aus Friedensmächten Hilfe im notwendigen Kampf gegen die entmenschten Barbaren der IS geben zu dürfen.

Dienstag, 26. August 2014

Schon wieder: Der Teufel schickt Panzer

Mit Fotos von russischen Panzern, die sich in Russland befinden, haben deutsche Medien massenhaft ein erneutes Eindringen russischer Truppen in die Ukraine illustriert. Nur eine Woche nach dem überzeugenden Sieg der ukrainischen Artillerie gegen russische Panzerkolonne, die versucht hatte, sich nachts unerkannt durch die Wälder in Richtung Kiew vorzuarbeiten, haben "Spiegel", "Zeit", "Welt" und "Bild" damit einen erneuten Sieg gegen den irren Diktator im Kreml gelandet.

Der hatte offenbar erneut seine gesamte Militärmaschine in Richtung Ukraine in Marsch gesetzt. Die ukrainische Regierung berichtet von einer ganzen „neuen Front im Krieg“ im Osten des Landes, die von russischen Kräfte mit zehn Panzern und zwei gepanzerten Mannschaftswagen besetzt worden sei. Die russischen Truppen hätten sich diesmal vorab „als Rebellen verkleidet“ und dann „im Südosten die Grenze zur Ukraine überschritten“, erklärte ein Sprecher der ukrainischen Streitkräfte in Kiew. Beim letzten Mal hatte Putin noch unsichtbare Panzer geschickt, die nach ihrer völligen Vernichtung durch regierungstreue Truppen spurlos verschwunden waren.

Die jetzt eingesickerten Truppenteile wollen nach Informationen aus Kiew „eine zweite Front gegen die Regierungstruppen eröffnen“. Die Kolonne der verkleideten Invasoren bestehe aus rund 50 Fahrzeugen, sagte ein Milizkommandeur. Sie hätten die Grenze nahe der Stadt Nowoasowsk überquert, die meisten seien auf dem Weg in den Ort Mariupol, um dort die bislang seit Monaten siegreichen ukrainischen Regierungstruppen einzukreisen. Die Truppen aus Kiew stehen im Rahmen ihrer Antiterroroperation bereits seit Wochen kurz vor der Eroberung von Donezk und Lugansk. Nach Angaben des Vineyard Saker wurden deshalb jetzt in Mariupol alle Abteilungen der Miliz, des SBU und der Staatsanwaltschaft evakuiert.

Der Plan der russischen Invasoren, den Endsieg der ukrainischen Streitkräfte zu verhindern, scheiterte: Tapfere Grenzschützer (Foto unten) hielten die Kolonne kurz vor der Stadt auf.

Irak: Deutsche Söldner in der Kritik

"Wir kämpfen gegen ausländische Söldner", klagt der frühere irakische Staatschef Nuri al-Maliki. Auch Baschar al-Addad, der syrische Staats- und Regierungschef, hat Kanzlerin Angela Merkel jetzt aufgerufen, zur Deeskalation des Konfliktes im Nord-Irak beizutragen. Sie müsse dafür sorgen, dem Strom von Rüstungsgütern, Militärberatern und bewaffnetem Personal über die Grenze in den Nord-Irak, nach Syrien und Libyen ein Ende zu setzen, sagte er nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert in einem Telefonat mit Merkel.

Ursache der Verstimmung in Nordafrika ist die Zahl der Islamisten, die aus Deutschland in das Bürgerkriegsland Syrien ausgereist sind. "Wir wissen mittlerweile von über 400 Ausreisen", sagte der Präsident desBundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen. Ein islamistischer Prediger, der selbst Terrornachwuchs wirbst, berichtete der ARD von bis zu 1200 Söldnern allein aus Deutschland. Dazu kämen hunderte Islamisten mit britischen, französischen, belgischen und holländischen Pässen. Ausgerüstet seien die Truppen der IS zumeist mit modernsten Waffen, die die Vereinigten Staaten geliefert haben. Die Verfassungsschützer zählen die Ausreisen nach Syrien seit dem Ausbruch der Kämpfe im Frühjahr 2011. Den Großteil der Reisebewegungen beobachten sie seit 2013. Die Zahlen der Ausreisen steigen seitdem kontinuierlich.

Der "anhaltende Strom von Waffen und Kämpfern"habe eine komplett neue Sicherheitslage in Europa geschaffen, warnt Nato-Chef Anders Fogh Rasmussen. "Wir sehen eine starke westliche Beteiligung an der Destabilisierung der Situation in Nordafrika, dazu gehört auch die Unterstützung der bewaffneten Islamisten".

Sowohl Angela Merkel als auch der britische Regierungschef Cameron und US-Präsident Barack Obama weisen allerdings alle Anschuldigungen zurück, ihre Regierungen hätte Kämpfer in den Nord-Irak entsandt. "Ich kann nicht ausschließen, dass dort deutsche Freiwillige kämpfen", betonte Angela Merkel. Aber die "territoriale Integrität und das Wohlergehen der Staaten im Norden Afrikas" seien "wesentliches Ziel deutscher Politik.

Der Schlüssel zu einer Lösung sei der Abzug westlicher Söldner aus seinem Land, so Baschar al-Assad, der versichert, Syrien verteidige sein Territorium gegen ausländische Söldner. Als wichtigen Schritt forderte er von Merkel eine unabhängige Kontrolle der türkischen Grenze durch die Organisation für Security und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Das Nato-Land Türkei habe in den vergangenen Monaten gezeigt, dass es weder willens noch in der Lage sei, den Zustrom deutscher Islamisten in den islamischen Staat zu unterbinden. Ebenso habe Deutschland die Mitgliedschaft in der IS bislang ebensowenig unter Strafe wie es die IS zur Terrororganisation erklärt habe.


"Es ist wichtig, den Fluss von Waffen und Söldnern aus Europa und den USA zu stoppen", sagte Assad. Zugleich erinnerte er daran, dass er die zeitweise Annektierung des Irak durch die USA weiterhin für unrechtmäßig halte. "Das ist nicht vergessen", so Assad. "Der Strom der aus Deutschland nach Syrien ausreisenden Kämpfer zeige, dass der Westen weiter an seiner expansiven Politik festhalte. Assad forderte von Merkel einen Beitrag zur Deeskalation. Die nordafrikanischen Außenminister warnten Berlin und Washington bei einem Treffen in Kairo vehement vor einer Verschärfung des Konfrontationskurses. „Jegliche einseitigen militärischen Handlungen unter jeglichem - auch humanitärem - Vorwand, wird als unverhohlene Verletzung internationalen Rechts gewertet“, heißt es in der Abschlusserklärung, die die Minister verabschiedeten.

Montag, 25. August 2014

Der irre Ritt nach Osten

Soll niemand sagen, es habe ihm niemand gesagt. 2006 schon drehte Peter Scholl-Latour für das ZDF einen Film zum Thema Russland und sein Verhältnis zum Ausland, der eigentlich eher ein Film über die weitreichenden Pläne des Westens zur Einhegung der ehemaligen Weltmacht war. Den "irren Ritt nach Osten", nannte es der jüngst verstorbene Journalist und Schlachtenbummler, der "Russland im Zangengriff" zwischen Nato, China und Islam sah.

Acht Jahre später wird Scholl-Latour jeden Tag blutig bestätigt, seine apokalyptische Vision eines "dilettantischen Leichtsinns", der die atlantische Allianz und "in deren gehorsamen Gefolge die europäische Union" antreibe, über die Ukraine auch Weißrussland und den Kaukasus von der Seite Russlands zu reißen, ist sichtbar in jeder "Tagesschau". Konsequent machten sich die Drahtzieher mit ihrem expansiven Drang nach Osten Putin zu Feind. Sagt der Scholl-Latour von 2006.

Ein beeindruckendes Dokument.

Ice Bucket Challenge: Das Umweltverbrechen aus dem Eiseimer


Die Ausbreitungsraten sind schlimmer als bei Ebola, die Folgen bisher weitgehend unerforscht, selbst die Uno, die Nato und die Bundesregierung schweigen zur Seuche der sogenannten "Ice Bucket Challenge", die es nach einer Woche in den sozialen Netzwerken mittlerweile sogar in Nachrichten- und Sportsendungen geschafft hat. Zweck der Übung, die daraus besteht, sich einen Eimer eiskalten Wassers über den Schädel zu schütten, ist angeblich das sammeln von Spenden für Menschen, die an der Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) erkrankt sind - mit Beteiligungsraten von mittlerweile mehr als 3,5 Millionen Eiseimer-Schüttern kommen aber bereits nach einer Woche auf jeden Erkrankten etwa 87 öffentlichkeitsversessene Helfer. Deren gutgemeintes Tun der von der ressourcenverzehrenden menschlichen Zivilisation mit jeden Tag und jedem weiteren Video noch mehr unheilbaren Schaden zufügt.

Die Zahlen sind erschütternd, die Carola Escosita vom Bund der kritischen Internetnutzer (BkI) in den letzten Tagen in Zusammenarbeit mit Physikern des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und Mitarbeitern der Frischwasserkampagne der Umweltorganisation Greenpeace zusammengetragen hat. Danach verbraucht die Kühlung eines einzigen Eimers Wasser auf die bei der sogenannten Challenge vorgeschriebene Eistemperatur etwa 1,43 Millionen Joules - eine Energiemenge, mit der etwa 1,4 Millionen Tafeln Schokolade um einen Meter angehoben werden könnten.

Escosita stellt klar: Um 20 Grad warmes Wasser gefrieren zu lassen, ihm gerade im Sommer durch zugeführte Energie Wärme entzogen werden". Trotz der eisfreundlichen Temperaturen in diesem Sommer mache den Löwenanteil dabei der Phasenübergang von Wasser zu Eis aus.

In der weltweiten Häufung werde die gutgemeinte Promotion-Aktion für die schwere Krankheit somit zu einem "Umweltverbrechen ersten Grades", warnt sie: Etwa fünf Billionen Joule habe die Menschheit in der vergangenen Woche zusätzlich zu ihrem ohnehin schon immensen Energieverbrauch benötigt, um es den Teilnehmern der Eiswasser-Herausforderung zu ermöglichen, das aufwendig heruntergekühlte Wasser "in einem Akt der Verachtung für unsere Umwelt einfach auszuschütten".

Ein Spaß, der die Menschheit nach den Berechnungen der Experten teuer zu stehen kommt. "Die verbrauchte Energiemenge von weit über 1,3 Millionen Kilowattstunden entspricht dem Jahresverbrauch von fast 500 energiesparenden Familien", warnt Carola Escosita. Hinzu komme noch die elektrische Energie, die habe erzeugt werden müssen, um es Zuschauern der Internetvideos zu ermöglichen, ihre bislang etwa 55 Millionen Kommentare bei Facebook und Youtube zu schreiben. Der ökologische Fußabdruck der "Ice Bucket Challenge" entspreche damit bereits heute dem Energieverbrauch einer Kleinstadt. "Wir stehen hier vor einer ökologischen Sünde, die sich auch nicht mit dem guten Zweck entschuldigen lässt", ist sich die 35-jährige Aktivistin sicher.

Sonntag, 24. August 2014

Nach Protesten: Invasionslaster ziehen ab

Nach internationalen Protesten in den USA, Deutschland, Polen und weiteren Nato-Staaten musste der irre Kreml-Diktator Wladimir Putin einlenken: Entgegen ursprünglicher Planungen, nach denen mit den 227 oder 262 oder 280 oder aber rund 290 Lkws Waffen in die Ukraine geschmuggelt oder gar eine Invasion durchgeführt werden sollte, haben nach Angaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sämtliche Lastwagen nach der Entladung die Ukraine verlassen. Der Konvoi sei wieder in Russland, sagte der Leiter der OSZE-Beobachtermission am russischen Grenzposten Donezk, Paul Picard.

In Kiew hieß es, der Rückzug sei mit Sicherheit nur ein besonders geschickter Schachzug Putins, um seine wahren Absichten zu bemänteln. US-Präsident Barack Obama sprach von "Unverständnis" über die Entscheidung Russlands, die Invasions-Laster zurückzurufen. Die EU teilte mit, dass Russland "eine Eskalation der ohnehin schon angespannten Situation billigend in Kauf", nehme, weil eine geplante nächste Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats nun ohne konkrete Gesprächsthemen bleibe. Den Antrag zur Dringlichkeitssitzung hatte der baltische Staat Litauen gestellt, dessen Regierung Moskaus Haltung mit besonderem Argwohn verfolgt. Für die Nato protestierte Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen energisch gegen das "eigenmächtige Passieren der ukrainischen Grenze durch den russischen Hilfskonvoi". Die Fahrt über die Grenze Richtung Russland ohne Zustimmung Kiews sei ein "eklatanter Bruch von Russlands internationalen Zusagen" und verletze erneut die ukrainische Souveränität.

Angela Merkel, die zu Besuch in Kiew weilte, verschärfte wegen des Rückzuges der Lkw ihre Kritik an Putins unverhohlenem Expansionskurs. Nach Angaben des Weißen Hauses warnte sie Moskau gemeinsam mit Präsident Obama vor einer "gefährlichen Eskalation" durch den unangekündigten Rückzug. Der britische UN-Botschafter und amtierende Ratsvorsitzende, Lyall Grant, sagte nach der hinter verschlossenen Türen abgehaltenen Dringlichkeitssitzung in New York, es gebe eine "weit verbreitete Sorge" über das, "was viele als illegale und einseitige Aktion der Russischen Föderation bezeichnen". Diese erneute "Verletzung der Souveränität der Ukraine und seiner territorialen Integrität" könne zu neuen Sanktionen führen.

Samstag, 23. August 2014

HFC: Und hier nun für Euch: Die Saaletaler!

Humpapa, humpapa, hier kommen sie, die Saaletaler! Nach fünf Spieltagen der Saison 2014/2015 steht der Hallesche FC dort, wo er Ende August schon in der vergangenen Spielzeit stand: Tief im Tal der Tabelle. Aus Platz 17 vor Jahresfrist, als der Verein mit einer halben Mannschaft ohne Stürmer in die Liga startete und es in den ersten fünf Partien nur auf einen Sieg mit 3 zu 7 Toren brachte, ist zwar Platz 15 geworden. Aber weder die aktuelle Bilanz von einem gewonnenen Spiel, einer Punkteteilung und drei Niederlagen noch das Auftreten der Mannschaft von Trainer Sven Köhler unterscheidet sich grundsätzlich vom Agieren der Rumpfelf des Saisonstarts 2013/2014 oder dem des am Ende der letzten Saison aufgefüllten Teams, das erst die Chance auf Platz und dann auch noch den Pokalsieg achtlos wegwarf.

Auch im Spiel gegen die Stuttgarter Kickers sollte wiedereinmal ein Bock umgestoßen werden. Nach inzwischen sechs sieglosen Spielen im eigenen Stadion wollte die Mannschaft um Kapitän Tim Kruse beweisen, dass sie in Wirklichkeit ja doch die Elf vom Auswärtssieg in Bielefeld ist und nicht die von den Heimpleiten gegen Chemnitz und Köln. Die Fans sind zur Feier das Tages erstmals dabei. Nach den dunklen Wochen des Stimmungsboykotts durch eine informelle Ultra-Gruppe, die sich den Verein in den vergangenen Jahren unterworfen hatte, brüllt und klatscht es erstmals wieder von der ersten Minute an.

Unten die lassen keinen Zweifel, was sie heute wollen. Tim Kruse macht das von Anfang mit Körpersprache klar. Der Mittelfeldmann rudert mit den Armen, peitscht ein, brüllt und dirigiert. Mit Erfolg: Nach sechs Minuten gelingt den Hallensern, die den kleinen, wendigen Kickers bis dahin häufiger nachgelaufen sind als umgekehrt, recht überraschend das 1:0. Nach einer Balleroberung im Mittelfeld zieht Sören Betram dynamisch an, seinen Pass nach innen lässt Andy Gogia clever passieren, am langen Pfosten stürmt Sascha Pfeffer an, dreht kurz nach innen und schießt ins kurze Eck.

Welche Glückseligkeit! Aber nicht lange. Zwei Minuten reichen den Gästen, um nach einer Ballstafette über sieben Stationen den Ausgleich zu machen. Pfeffer deckt innen den leeren Raum, Gerrit Müller steht völlig frei und lässt Pierre Kleinheider keine Abwehrchance.

Sofort ist beim HFC der Riemen runter. Robert Schick ist nach vorn drangvoll, verheddert sich aber jedes Mal in den eigenen Beinen. Max Jansen wird immer wieder gefoult, wenn er fast durch ist, und bekommt nicht mal Freistoß dafür. Tim Kruse dirigiert, aber seine Pässe kommen nicht an. Timo Furuholm sieht keinen Stich, weil er dadurch vorn völlig ohne Ball spielen muss.

Das sieht nicht gut aus, weil die Stuttgarter nun Lunte riechen. Mit schnellen, eleganten Kombinationen über die Außen kommen sie Mal um Mal aufs hallesche Tor. Dort müssen Marcel Franke, Marcel Baude und Patrick Mouaya sehen, dass hier nicht schon vor der Pause alles vorbei ist. Trainer Sven Köhler, zunehmend aufgeregt an der Seitenlinie entlangtigernd, sieht Baude retten, Kleinheider gerade noch so einen Freistoß fischen und Gerrit Müller einmal nur knapp verpassen. Auf der Gegenseite gibt es einen Baude-Kopfball, der einen halben Meter vorbeigeht. Und einen Gogia-Freistoß, der wie all die Ecken endet, zu denen der Georgier und sein Mittelfeld-Kollege Bertram stets Hand in Hand antreten, auf dass ihre Elf vor dem Tor nur ja nicht Gefahr laufe, ein numerisches Übergewicht zu erreichen.

Kommt nichts raus dabei. Harmlos fliegen die Bälle von rechts wie links herein. Und auch die Hoffnung, eine kernige Rede in der Pause könne das Blatt wenden wie im Hollywood-Film, trügt. Statt heiß, kommen die Rot-Weißen wie zu kalt geduscht kommen aus der Kabine. Den ersten Angriff der Blauen wehrt Kleinheider ohne Not mit einem gewagten Schlag auf die linke Seite ab. Dort schläft Schick noch vor sich hin, Getunnel, Gefummel, fast kommt er doch noch ins Laufen. Aber dann ist es doch der Blaue, der ihm wegläuft. Zick, Zack, Rückspiel im Strafraum. Schick hat das Bein weit ausgestellt. Und der Stuttgarter fällt.

Schiedsrichter Christan Dietz macht hier keinen Fehler, auf Strafstoß zu entscheiden. Aber das ist auch so ungefähr das einzige, was der Realschullehrer aus Bayern heute richtig entscheidet. Schon in der ersten Halbzeit hatte er mit fünf gelben Karten - davon vier für Halle - gezeigt, dass er lieber eine Verwarnung mehr gibt als eine zuwenig. Dietz hält es da mit dem französischen Kriminalisten Eugène François Vidocq: "Lieber hundert Unschuldige richten, als einen Schuldigen entkommen lassen. Weil er aber gleichzeitig die Konsequenzen seiner Linie fürchtet, gerät ihm das Spiel in der 2. Hälfte völlig außer Kontrolle. Karten gibt es jetzt nur noch für Spieler, die noch keine haben. Gern pfeift Dietz da auch Fouls, die keine waren. Während er die, die welche sind, abwinkt.

Es kommen so Emotionen ins Spiel. Statt "Chemie Halel", ruft es "Hoyzer" von den Rängen, statt auf die eigene Mannschaft wütend zu sein, die spielerisch gesehen keinen Fuß auf den Boden bekommt, richtet sich der Zorn der nur 5300 Zuschauer gegen den Mann in Schwarz.

Der erweist sich jeder Kritik als würdig. Er sieht in der Folge Dinge, die nicht geschehen, schaut aber bei Dingen, die deutlich sichtbar sind, angestrengt weg. Kruse, Furuholm und Franke schimpfen, zetern, sie jammern und verdrehen die Augen. Auf einmal ist das kein Spiel des HFC gegen Stuttgart mehr, sondern eins, in dem es darum geht, ob der nur durch reine Kampfkraft dominierende Heimverein trotz dieses Referees noch den Ausgleich schafft.

Nein. Zwar sind die Chancen da, etwa als Furuholm aus zwei Metern verpasst oder als Schick mit einem Fernschuss nur einen Stuttgarter trifft. Zwar hätte Dietz nach seiner Foul-Definition zweimal auf den Punkt zeigen müssen, nachdem Furuholm gelegt wurde. Aber nie wird klar, welche Spielanlage hier eigentlich durch welche Mittel zum Tragen kommen soll: Schicks Dribbelversuche durch fünf Gegenspieler? Bertrams Sololäufe, denen innen niemand folgt? Gar Kleinheiders, Kruses oder Frankes lange Bälle, die zuweilen direkt ins Stuttgarter Toraus fliegen?

So bescheiden die Standards, so bescheiden der Rest. Vom läuferischen Aufwand, vom Einsatz, vom Willen her ist dem HFC an diesem Tag nichts vorzuwerfen. Doch obgleich der HFC verglichen mit dem ersten Spiel gegen die Kickers in der Saison 2012/2013 bis auf Timo Furuholm alle Spieler gegen neue, bessere ausgetauscht hat, steht am Ende die erste Heimniederlage gegen die Blauen.

Manager Ralph Kühne sieht die Verantwortung dafür nach dem Abpfiff offenbar eindeutig bei Dietz, er geht den 30-Jährigen lautstark an - ebenso wie seine Spieler, die sich gar nicht mehr einbekommen. Fuchsteufelswild springt Furuholm umher, Franke schreit, Pfeffer grollt. Das Positivste vom Tage bleibt so noch die Tendenz der Heimspiele, die mit 0:3, 0:2 und 1:2 deutlich nach oben weißt. Und der Umstand, dass auf den Rängen wieder Frieden herrscht: Von den Rängen kommt aufmunternder Applaus.

Wer hat es gesagt?

"Man kann die Realität ignorieren, aber man kann nicht die Konsequenzen der ignorierten Realität ignorieren."

Harsche Kritik an US-Völkerrechtsbruch

Nach dem ersten amerikanischen Hilfseinsatz in Syrien geht nach einem Bericht der Agentur dpa ein Proteststurm um die Welt. IS-Emir Abu Bakr al-Baghdadi kritisierte die eigenmächtige Organisation des nächtlichen Anti-Terror-Einsatzes in der Nähe der syrischen Stadt Rakka als Bruch des Völkerrechts. Er rief Deutschland und andere Nato-Staaten dazu auf, die Lage wieder "in Einklang mit dem Recht" zu bringen. Isis-Sprecher Abu Mohammed al-Adnani sprach von einer "direkten Invasion" der Nato im islamischen Staat, der sich vor einigen Monaten für unabhängig erklärt hatte, aber weltweit noch nicht anerkannt wird. Der New York Times sagte eine Nato-Sprecherin, dass amerikanische Luftwaffe und Spezialeinsatzkräfte in Syrien zum Einsatz gekommen seien. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen warf den USA vor, eklatant gegen seine internationalen Verpflichtungen zu verstoßen und die Krise zu verschärfen.

Auch ein Sprecher des syrischen Außenministeriums warf den USA vor, im Widerspruch zum Völkerrecht in sein Land eingefallen zu sein. Dschihad Makdessi sagte, die US-Truppen seien bewaffnet und ohne Genehmigung oder Kontrolle durch den syrischen Zoll und ohne Begleitung des Roten Kreuzes einmarschiert. Um kurz nach Mitternacht bombardierten Kampfflugzeuge die ehemalige Militärbasis Akarschi, zur gleichen Zeit landeten US-Spezialkräfte mit Fallschirmen auf dem Gelände einer Ölraffinerie südöstlich von Rakka. Syrien wertet die Grenzüberquerung der Einsatztruppen als "direkte Invasion" und warf den USA einen "Verstoß gegen das internationale Recht" vor.Nato-Oberbefehlshaber Philip Breedlove zeigte sich entsetzt: "Die schamlose Missachtung internationaler Normen und Praktiken ist ein Grund für schwere Besorgnis".

Die offenkundige Mißachtung der syrischen Souveränität wurde auch von der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton harsch verurteilt. Die amerikanische Entscheidung, ohne Begleitung des Roten Kreuzes, ohne Abstimmung mit der OSZE, ohne Mandat des Sicherheitsrates, ohne Uno-Resolution und ohne Zustimmung der syrischen Regierung in Syrien einzufallen zu sein. Die USA habe mit ihren vom UN-Sicherheitsrat nicht genehmigten Militäreinsätzen eine "eindeutige Grenzverletzung" begangen und müsse die Entscheidung zurücknehmen, sagte ihr Sprecher. Geschehe dies nicht, müsse die USA mit Strafmaßnahmen rechnen.

Auch die EU-Kommission hat den eigenmächtigen Flug des US-Kontingents über die Grenze nach Syrien kritisiert. "Dies ist eine klare Verletzung der syrischen Grenze", hieß es in Brüssel. Der Einsatz sei früheren Vereinbarungen zuwidergelaufen. Man habe schließlich mit Absicht seit Monaten nicht mehr über das Land geredet. "Wir drängen die USA, diese Entscheidung zurückzunehmen." US-Präsident Barack Obama Putin verteidigte in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sein Vorgehen. Hilfe sei von der Regierung in Damaskus verweigert worden, beklagte Obama nach Angaben von N24 in einem Telefonat mit Merkel. Washinton habe daher entschieden, die Seal-Truppe über die Grenze zu schicken. Angesichts der humanitären Notlage der Menschen in der umkämpften Region wäre "jede weitere Verzögerungen inakzeptabel" gewesen, hieß es in der Mitteilung weiter. Das Telefonat ging nach Angaben des von N24 von Merkel aus.

Die "Welt" sieht in dem Einsatz ohne Erlaubnis einen Vorgang, der Damaskus zu Recht erbittere. In einer abschließnden Analyse urteilt das Blatt, die USA habe Völkerrecht gebrochen, auch wenn dies harmlos aussehe. Doch es gehe Obama nur um den Sieg im Propaganda-Kampf, er wolle damit vor allem seine Niederlage im Kampf gegen das islamische Kalifat verschleiern. Der "Spiegel" hingegen spricht von einem "taktischen Punktsieg" Obamas.

Freitag, 22. August 2014

Russland hilft Deutschland helfen

Wie von PPQ bereits am 16. August vorhergesagt, sind die ersten deutsch-russischen Hilfsflüge für die Opfer der Terrorgruppe IS im Nord-Irak inzwischen angelaufen. Wie die Bundeswehr offiziell mitteilt, haben "knapp 70 Tonnen Fracht" den Flughafen Halle/Leipzig mit einer von der russischen Gesellschaft Volga-Dnepr gecharterten Antonow AN-124 verlassen. Neben 60 Tonnen Lebensmittel aus Bundeswehrbeständen bringt die Maschine der Tochterfirma des größten russischen Rüstungskonzerns United Aircraft Corporation achteinhalb Tonnen Sanitätsmaterial aus Österreich zu den bedrohten Menschen in der Region. Ein weiterer Flug mit Hilfsgütern werde voraussichtlich Mitte der kommenden Woche stattfinden.

Deutschland hält damit weiter an den wegen der Ukraine-Krise gegen Russland verhängten Sanktionen fest, gestattet aber Ausnahmen, wo es selbst nicht in der Lage ist, ohne russische Hilfe auszukommen. Neben der Einfuhr von Gas und Öl soll auch der schräge Pakt mit dem staatlichen russischen Rüstungsgiganten vom europäischen Wirtschaftsboykott unberührt bleiben.

 Die deutsche Luftwaffe verfügt selbst nur über Transall-Transportflugzeuge aus den 60er Jahren, die deutlich kleiner als die russischen Antonov-Maschinen sind, mit denen die Nato schon seit Jahren ihre Truppen in Afghanistan versorgt. Um Irritationen gar nicht erst aufkommen zu lassen, verzichtet die Bundeswehr in ihrer Pressemitteilung allerdings auf jeden Hinweis darauf, dass die gecharterten Großraumflieger russischer Herkunft sind und einer mehrheitlich russischen Gesellschaft gehören, die ihrerseits zu einem staatlichen russischen Rüstungsunternehmen gehört, in dessen Vorstand Putins Vize-Verteidigungsminister Yuri Borisov sitzt.

NSU: Mit großem Pomp am Ziel vorbei

Durch die „Aktuelle Kamera" brausen Lobeshymnen. So ein „schonungsloser Blick in den braunen Sumpf“, so eine Tiefenrecherche bis in „die DDR-Zeit“! Und sogar „Bundespolitiker loben den Abschlussbericht“ des NSU-Untersuchungsausschusses in Thüringen „in den höchsten Tönen“, schwärmt Patrick Gensing, ein Mann mit langjähriger Expertise im Aufdecken rechtsradikaler, rechtsextremer und rechtsextremistischer Machenschaften.

Aber so wie Gensing immer dort gewesen ist, wo nie etwas los war, so dass er bis zum Auffliegen der vermeintlichen Drei-Mann-Untergrundarmee auch keine Zeile über den NSU verlieren konnte, so zielgerichtet geht der 1800-seitige Untersuchungsbericht mit dem schönen Titel "Mögliches Fehlverhalten der Thüringer Sicherheits- und Justizbehörden" jeder Aufklärung aus dem Weg. Nach zweieinhalb Jahren, so verrät die Lektüre, wissen die Parlamentarier nicht nur nicht mehr, sondern sogar noch weniger als vorher: Angeblich ist es nun nicht mehr das in den tagen nach dem Auffliegen des NSU vielbemühte „Versagen“ der Geheimdienste mehr, das die angeblich jahrelang unentdeckte Terrortätigkeit von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe ermöglichte. Nein, es waren wohl doch nur ein paar „gravierende Fehler bei der Verfolgung der Terrorzelle“.

Rituell wird am Anfang bei den Opfern um Vergebung gebeten, eine Geste, die umso schäbiger wirkt, als die meisten Opfer sie nicht mehr zur Kenntnis nehmen können. Dem Warum aber geht der Ausschuss dennoch nicht nach. Statt die zahllosen Ungereimtheiten aufzuklären, die rund um Leben und Tod der drei braunen Desperados in Bergen liegen, analysieren die Mitglieder ersteinmal ausführlich altbekanntes: Der Rechtsextremismus in der DDR, an deren Ende Böhnhardt zwölf, Zschäpe 14 und Mundlos 16 Jahre alt war, kriecht wieder aus der Mottenkiste, der „verordnete offizielle Antifaschismus“, der sich so grundlegend vom heute verordneten unterscheidet, dass "ein aus DDR-Zeiten übertragenes rassistisches Grundverständnis" etwa in Thüringen nur noch bei 42 Prozent der Bevölkerung breitmachen kann.

Eine Märchenstunde, die das Publikum ermüden soll, damit niemand auf die Idee kommt, die wirklichen Absurditäten dieses Skandals zu hinterfragen: Wovon lebten die untergetauchten Terroristen? Warum waren sie noch untergetaucht, obwohl sie längst nicht mehr gesucht wurden? Wieso stimmen die Mietdaten von Wohnmobilen zum Teil nicht mit den Tattagen überein? warum hatten Mundlos und Böhnhardt keinen Ruß in der Lunge? Wie stecke Zschäpe Bekennervideos in Nürnberger Briefkästen, ohne dort gewesen zu sein? Warum überhaupt ein Bekennervideo – wenn das Konzept daraus bestand, sich nicht zu bekennen? Und warum eines ohne direkte Hinweise auf die Täter, wenn der Plan war, es erst zu veröffentlichen, wenn diese nicht mehr am Leben sind? warum die Polizistin Kiesewetter erschießen? Warum danach niemanden mehr? Weshalb fast alles mit einer Waffe – wo doch die Waffenkammer voll war?

Das Ignorieren der entscheidenden Punkte der Rätselstory um den NSU zieht sich wie ein roter Faden durch den Rechenschaftsbericht des Untersuchungsausschusses. Hier wird der Pflicht Genüge getan, so zu tun als tue man etwas. Harsche Kritik geht an die Sicherheitsbehörden, der Leiter des Verfassungsschutzes wird noch einmal hingerichtet, auch das Thüringer Landeskriminalamt bekommt ein paar Vorwürfe ab.

Dabei bleibt unklar, weswegen. Nach Aktenlage glaubte die Staatsanwaltschaft Gera stets, dass die Beweislage im Verfahren wegen der Bombenwerkstatt „eher dürftig und eine mögliche spätere Verurteilung der drei beteiligten Personen fraglich“ ist. „Stichhaltige Beweise oder direkte Zeugen gibt es nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Gera bis heute nicht, nur eine Anzahl von Indizien.“ Dennoch wurden über zwei Jahre 33 verschiedene Telefonüberwachungsmaßnahmen durchgeführt, um der mutmaßlichen Täter habhaft zu werden – verglichen mit anderen Fällen schwereren Kalibers geradezu eine Großfahndung, noch dazu mit großer Ausdauer. "Dem Trio wurden zum damaligen Zeitpunkt keine schwerwiegenden Straftaten vorgeworfen", heißt es in einem Polizeiprotokoll, "ihre besondere Gefährlichkeit war 1998 nicht zu erkennen".

Die Mitglieder des Ausschusses aber urteilen so, als hätten Geheimdienste und Polizei schon früh wissen müssen, dass die Braune Armee Fraktion nicht nur Bomben baut, sondern sie auch zündet und Leute erschießt. Andererseits führt diese Sichtweise nicht dazu, dass mehr als oberflächlich untersucht wird, ob eine solche Einschätzung realistisch ist: Schon am 18.03.1998 hatte der Vater von Uwe Mundlos der Polizei den Hinweis gegeben, dass Beate Zschäpe Informantin des Verfassungsschutzes ist. Auch die ermittelnden Polizeibeamten waren sich sicher, dass irgendwer seine schützende Hand über das untergetauchte Trio hielt.

Untereinander erzählten sich die Beamten, verwundert darüber, dass ihre ganze Zielfahndungsmaschine im jahrelang Leerlauf ratterte, dass es ein Rätsel sei: "Immer wenn man an eine Adresse komme, wo man die drei Gesuchten vermutet hätte und sicherlich hätte festnehmen wollen und können, seien die gerade weg gewesen." Auch ein Staatsanwalt zog in einer der letzten Berichterstattungen zum "Kofferbombenverfahren“ seine Schlüsse. Man gehe davon aus, dass die drei Beschuldigten Mitarbeiter des Verfassungsschutzes seien. "Daher werde nicht erwartet, dass irgendwelche Fahndungsmaßnahmen zum Erfolg führen würden."


Die These, dass zwischen den drei Gesuchten und dem Verfassungsschutz eine Verbindung bestehe, verfestigte sich so, dass die ermittelnden Beamten letztlich davon ausgingen, dass in dem Fall "möglicherweise höhere Interessen eine Rolle spielen", so dass sie "ein Stück zurückgetreten
seien".

Ob die Annahme zutraf, wollte und konnte der Untersuchungsausschuss weder untersuchen noch feststellen. "Das Bundesamt verweigerte die erbetene Amtshilfe weitgehend", schreiben die Abgeordneten an solchen neuralgischen Punkten einfach: Die gewählten Volksvertreter müssen vor der Macht der Exekutive kapitulieren, die ihre Geheimnisse nicht einmal dann teilt, wenn ihr von Versagen bis Mitwirkung an Morden alles vorgeworfen wird, was ein Geheimdienst unbedingt vermeiden muss.

Es ist egal. Die Meute ist weitergezogen, die Wahrheit bleibt verborgen. Der Bericht des Thüringer Untersuchungsausschusses umfasst beinahe tausend Seiten zur missglückten Festnahme von Uwe Böhnhardt anno 1998, einer Nebensächlichkeit von imponierender Irrelevanz. Aber so ist das bei kleinen Theaterstücken zu Beruhigung der Volksseele. Sie dürfen niemandem wehtun, damit sie von allen gelobt werden können.

Das geschah hier noch ehe irgendwer auch nur Zeit hatte, das Inhaltsverzeichnis des Abschlussberichtes zu überfliegen. Ein Chor aus Aufklärungsclaqueren stimmt wolkige Oden an. Christian Ströbele lobte die mutige Abrechnung mit den Ermittlern. Und Eva Högl, SPD-Obfrau im NSU-Ausschuss des Bundestags, der von einem direkt nach Ende der letzten Sitzung flüchtigen SPD-Politiker geleitet wurde, betont angesichts eines völlig fehlenden Aufklärungsergebnisses selbstbewusst, „die Aufarbeitung in Thüringen sei exzellent und sehr gründlich gewesen“.

Stimmt auch wieder, denn der Ausschuss hat immerhin öffentlich gemacht, dass Beate Zschäpe bei ihrem ursprünglichen Vermieter in Jena vor 16 Jahren Mietschulden in Höhe von 1.893,10 Euro hinterließ.

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