Rechtsruck, geringe Wahlbeteiligung, unklare Mehrheiten, der "Spiegel" in Hochform: Die Nachberichterstattung zur Europawahl zeigt, wie verunsichert die deutsche Presse ist. "Politiker und Europa-Fans sollten daraus schnell lernen", heißt es im "Spiegel", der Roland Nelles klassisch mit Geifer und Tiervergleichen arbeiten lässt, um den "Rattenfängerparteien" und "Europa-Hassern" den Garaus zu machen. Das hier ist schließlich "unser Europa" (Bild), nicht derens!
Ein Viertel der Wähler in Frankreich, Dänemark und Italien, die Hälfte der Ungarn, jeder vierte Brite und sieben Prozent der Deutschen wurden von dunklen Kräften "verführt", sich gegen Europa zu entscheiden. "Tapfere EU-Fans" stehen auf verlorenem Posten, "rechte Populisten" (n-tv) frohlocken angesichts der Schwäche der wahren Demokraten, die noch zu schätzen wissen, was Europa uns allen gebracht hat.
Etwa eben dies: Die Häflte der Wähler macht nicht mehr mit. Und nahezu ein Viertel vom Rest in einem Drittel der Staaten wählt rechts, Separatisten in Belgien und Wahre Finnen in Finnland, in Griechenland sind radikale Linke stärkste Kraft, in Frankreich radikale Rechte. Selbst Deutschland, wo die brummende Wirtschaft jeden Widerstandswillen lähmt, haben die siegreichen Parteien des demokratischen Blocks der Europa-Fans am Tag danach nur ein Problem: Wie bekomme ich meinen Kandidaten für die Präsidentschaft durch? Und wenn ich ihn nicht durchbekomme, wie verhindere ich, dass es der Kandidat der Konkurrenz wird?
Es regiert das alte Hinterzimmer, vor der Tür spielt die Bordkapelle den alten Kriegsmarsch gegen alles andersdenkende. Fünf Lehren aus der Europawahlberichterstattung:
Lehre 1: Die EU-Freunde dürfen sich von Wahlergebnissen, die nicht ihren Wünschen entsprechen, irremachen lassen.
Die Wahl legt es offen: Europa ist anders als es deutsche Medien darstellen. Die Euro-Krise, der mangelnde Anschein an Demokratie und der von vielen Menschen besorgt beobachtete Verlust an Souveränität sorgen für akute Abstiegsängste bis hinein in die Mittelschichten von EU-Kernländern wie Frankreich oder Großbritannien. Rattenfänger-Magazine wie der "Spiegel" oder die "SZ" haben so ein leichtes Spiel mit ihren Gemeinsam-ist-alles-besser-Sprüchen. Die Antwort in der Berichterstattung muss lauten: Nicht kritisch herummeckern, nicht jammern, nicht weniger Europa. Sondern mehr von allem: Mehr Europa, mehr Illusionen, mehr Einfalt. Die europäische Integration muss vorangetrieben werden! Wenn sich die Europa-Freunde in den Medien nun vor den Gegnern der EU verkriechen, wäre ja niemand mehr da, der noch etwas schreiben könnte. Gegenwehr fängt damit an, dass sich die Beteiligten nun schnell auf einen - Achtung: guten - Kandidaten für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten verständigen. Bitte ärgert den Kontinent nicht schon wieder mit einer blassen Kompromissnase wie Noch-EU-Chef José Manuel Barroso. Besser wäre zum Beispiel Roland Nelles, der weiß, wie es geht.
Lehre 2: Frankreich muss aufhören, in rechts zu wählen.
Was ist bloß mit den Franzosen los? Sonst immer weich und fröhlich, präsentieren sie sich nun als Trupp rechter Spinner, Montagsdemonstranten und Staatsfeinde. Mon dieu, das ist doch die Domäne der Deutschen! Die Grande Nation wird immer mehr zum Grand Problème. Ein schwacher Präsident, eine verkrustete Wirtschaft in der Krise und nun auch noch der erneute Rechtsruck - diese brisante Mischung wird in den kommenden Monaten dafür sorgen, dass die Konflikte in Frankreich zunehmend nicht mehr Gegenstand der Berichterstattung sein können. Wie in einem solchen aufgeheizten politischen Klima die notwendigen Artikel geschrieben werden sollten, ist ja auch völlig unklar: In der zweitwichtigsten Volkswirtschaft der EU droht eine politische Blockade der Parteien und Institutionen - mit möglicherweise verheerenden Rückwirkungen auf die gesamte EU. Davon lässt man besser die Finger. Ultimative Forderung an die Franzosen: Der Schock vom 25. Mai muss dafür sorgen, dass sich die Mehrheit der Franzosen bei den nächsten Wahlen klar gegen rechts positioniert - wenn nicht, fliegt ihr aus der EU!
Lehre 3: Die EU-Berichterstattung muss ihre Tabus behalten.
Es wäre schön, wenn man von den Oberen bei "Spiegel", "Focus", "SZ" und "FR" mal die klare Aussage vernehmen würde, dass sie schön zugeschaut und geschwiegen haben, während Kommission, Rat und Europäisches Parlament sich in den vergangenen Jahrzehnten ein reichlich verquastes Institutionengeflecht gebastelt haben. Kein Mensch blickt da mehr durch, wer was macht. Die Masse an Kommissaren, von denen es so viele gibt, weil jedes Land einen braucht, um sich nicht von den anderen Ländern übervorteilt zu fühlen, ist ein Witz. Das schreckt ab, darüber zu schreiben. Der neue Kommissionschef bleibt an diese Vereinbarungen gebunden, als fordert man besser einfach nur, er "sollte seinen Laden auf Vordermann bringen".
Lehre 4: Großbritanniens EU-Feinde müssen verächtlich gemacht werden.
Ist doch klar: Auf der Insel werden sie bis ans Ende aller Tage mit Skepsis Richtung des glückseligen Europa blickendas traditionell rechts fährt. Die Herrschaften haben alle einen Hau! Umso wichtiger ist es, dass die tapferen EU-Fans dort zu den einzig denkenden Menschen auf der Insel erklärt werden. Sie müssen von der restlichen EU in die Lage versetzt werden, dem eigenen Publikum Erfolge bei den geforderten Reformen der EU-Institutionen vorzumachen. Eine EU ohne Großbritannien wäre vor allem für Deutschland schlecht, gerade in wirtschaftspolitischen Fragen ticken die Briten eher so wie die Deutschen. Oder wollen wir künftig allein mit Italienern und Griechen über die Kunst des ordentlichen Haushaltens diskutieren? Das sind doch disziplinlose Südvölker, ökonomische Untermenschen, unfähig, pünktlich aufzustehen und arbeiten zu gehen.
Lehre 5: Deutschland kann sich nicht auf fremden Erfolgen ausruhen.
Die Wirtschaft wächst, das Defizit weniger stark. Auch Frankreich kommt - mit genügend Zeit ausgestattet - sicher eines fernen Tages wieder. Toll. Aber Deutschland kann sich nicht auf fremden Erfolgen ausruhen. Nur weil es bei Griechen und Franzosen gut läuft, dürfen wir nicht vergessen, dass wir auf ein funktionierendes Europa angewiesen sind: Dort sitzend die Kunden, die uns mit unserem Geld unsere Waren abkaufen! Etwas mehr Großzügigkeit und Offenheit bei der Diskussion um Beistand für andere EU-Staaten würde den Deutschen gut anstehen. Leider sind viele Debatten über Europa hierzulande jedoch von übertriebenem Geiz und Kleingeistigkeit geprägt. Man muss auch jönne könne, sagt der Kölner!
Ein Viertel der Wähler in Frankreich, Dänemark und Italien, die Hälfte der Ungarn, jeder vierte Brite und sieben Prozent der Deutschen wurden von dunklen Kräften "verführt", sich gegen Europa zu entscheiden. "Tapfere EU-Fans" stehen auf verlorenem Posten, "rechte Populisten" (n-tv) frohlocken angesichts der Schwäche der wahren Demokraten, die noch zu schätzen wissen, was Europa uns allen gebracht hat.
Etwa eben dies: Die Häflte der Wähler macht nicht mehr mit. Und nahezu ein Viertel vom Rest in einem Drittel der Staaten wählt rechts, Separatisten in Belgien und Wahre Finnen in Finnland, in Griechenland sind radikale Linke stärkste Kraft, in Frankreich radikale Rechte. Selbst Deutschland, wo die brummende Wirtschaft jeden Widerstandswillen lähmt, haben die siegreichen Parteien des demokratischen Blocks der Europa-Fans am Tag danach nur ein Problem: Wie bekomme ich meinen Kandidaten für die Präsidentschaft durch? Und wenn ich ihn nicht durchbekomme, wie verhindere ich, dass es der Kandidat der Konkurrenz wird?
Es regiert das alte Hinterzimmer, vor der Tür spielt die Bordkapelle den alten Kriegsmarsch gegen alles andersdenkende. Fünf Lehren aus der Europawahlberichterstattung:
Lehre 1: Die EU-Freunde dürfen sich von Wahlergebnissen, die nicht ihren Wünschen entsprechen, irremachen lassen.
Die Wahl legt es offen: Europa ist anders als es deutsche Medien darstellen. Die Euro-Krise, der mangelnde Anschein an Demokratie und der von vielen Menschen besorgt beobachtete Verlust an Souveränität sorgen für akute Abstiegsängste bis hinein in die Mittelschichten von EU-Kernländern wie Frankreich oder Großbritannien. Rattenfänger-Magazine wie der "Spiegel" oder die "SZ" haben so ein leichtes Spiel mit ihren Gemeinsam-ist-alles-besser-Sprüchen. Die Antwort in der Berichterstattung muss lauten: Nicht kritisch herummeckern, nicht jammern, nicht weniger Europa. Sondern mehr von allem: Mehr Europa, mehr Illusionen, mehr Einfalt. Die europäische Integration muss vorangetrieben werden! Wenn sich die Europa-Freunde in den Medien nun vor den Gegnern der EU verkriechen, wäre ja niemand mehr da, der noch etwas schreiben könnte. Gegenwehr fängt damit an, dass sich die Beteiligten nun schnell auf einen - Achtung: guten - Kandidaten für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten verständigen. Bitte ärgert den Kontinent nicht schon wieder mit einer blassen Kompromissnase wie Noch-EU-Chef José Manuel Barroso. Besser wäre zum Beispiel Roland Nelles, der weiß, wie es geht.
Lehre 2: Frankreich muss aufhören, in rechts zu wählen.
Was ist bloß mit den Franzosen los? Sonst immer weich und fröhlich, präsentieren sie sich nun als Trupp rechter Spinner, Montagsdemonstranten und Staatsfeinde. Mon dieu, das ist doch die Domäne der Deutschen! Die Grande Nation wird immer mehr zum Grand Problème. Ein schwacher Präsident, eine verkrustete Wirtschaft in der Krise und nun auch noch der erneute Rechtsruck - diese brisante Mischung wird in den kommenden Monaten dafür sorgen, dass die Konflikte in Frankreich zunehmend nicht mehr Gegenstand der Berichterstattung sein können. Wie in einem solchen aufgeheizten politischen Klima die notwendigen Artikel geschrieben werden sollten, ist ja auch völlig unklar: In der zweitwichtigsten Volkswirtschaft der EU droht eine politische Blockade der Parteien und Institutionen - mit möglicherweise verheerenden Rückwirkungen auf die gesamte EU. Davon lässt man besser die Finger. Ultimative Forderung an die Franzosen: Der Schock vom 25. Mai muss dafür sorgen, dass sich die Mehrheit der Franzosen bei den nächsten Wahlen klar gegen rechts positioniert - wenn nicht, fliegt ihr aus der EU!
Lehre 3: Die EU-Berichterstattung muss ihre Tabus behalten.
Es wäre schön, wenn man von den Oberen bei "Spiegel", "Focus", "SZ" und "FR" mal die klare Aussage vernehmen würde, dass sie schön zugeschaut und geschwiegen haben, während Kommission, Rat und Europäisches Parlament sich in den vergangenen Jahrzehnten ein reichlich verquastes Institutionengeflecht gebastelt haben. Kein Mensch blickt da mehr durch, wer was macht. Die Masse an Kommissaren, von denen es so viele gibt, weil jedes Land einen braucht, um sich nicht von den anderen Ländern übervorteilt zu fühlen, ist ein Witz. Das schreckt ab, darüber zu schreiben. Der neue Kommissionschef bleibt an diese Vereinbarungen gebunden, als fordert man besser einfach nur, er "sollte seinen Laden auf Vordermann bringen".
Lehre 4: Großbritanniens EU-Feinde müssen verächtlich gemacht werden.
Ist doch klar: Auf der Insel werden sie bis ans Ende aller Tage mit Skepsis Richtung des glückseligen Europa blickendas traditionell rechts fährt. Die Herrschaften haben alle einen Hau! Umso wichtiger ist es, dass die tapferen EU-Fans dort zu den einzig denkenden Menschen auf der Insel erklärt werden. Sie müssen von der restlichen EU in die Lage versetzt werden, dem eigenen Publikum Erfolge bei den geforderten Reformen der EU-Institutionen vorzumachen. Eine EU ohne Großbritannien wäre vor allem für Deutschland schlecht, gerade in wirtschaftspolitischen Fragen ticken die Briten eher so wie die Deutschen. Oder wollen wir künftig allein mit Italienern und Griechen über die Kunst des ordentlichen Haushaltens diskutieren? Das sind doch disziplinlose Südvölker, ökonomische Untermenschen, unfähig, pünktlich aufzustehen und arbeiten zu gehen.
Lehre 5: Deutschland kann sich nicht auf fremden Erfolgen ausruhen.
Die Wirtschaft wächst, das Defizit weniger stark. Auch Frankreich kommt - mit genügend Zeit ausgestattet - sicher eines fernen Tages wieder. Toll. Aber Deutschland kann sich nicht auf fremden Erfolgen ausruhen. Nur weil es bei Griechen und Franzosen gut läuft, dürfen wir nicht vergessen, dass wir auf ein funktionierendes Europa angewiesen sind: Dort sitzend die Kunden, die uns mit unserem Geld unsere Waren abkaufen! Etwas mehr Großzügigkeit und Offenheit bei der Diskussion um Beistand für andere EU-Staaten würde den Deutschen gut anstehen. Leider sind viele Debatten über Europa hierzulande jedoch von übertriebenem Geiz und Kleingeistigkeit geprägt. Man muss auch jönne könne, sagt der Kölner!
Ja, diesen Dreck hab ich auch gelesen. Es rächt sich eben jedes mal (!) SPON überhaupt anzuklicken. Ursprünglich wollte ich auch was dazu verfassen, aber ich hab einfach keine Lust mehr auf die tägliche springersche Jauche überhaupt noch einzugehen.
AntwortenLöschenDa winden sie sich wie die Würmer, äffen gleichzeitig dreist Julius Streicher nach, diskriminieren (!) Minderheiten (!), bezeichnen Viertel Teile von Völkern als Ratten, - denen muss das Wasser im Arsche kochen.
Und gleichzeitig wollen sie tolerante Demokraten sein. Auf die Idee mal nachzudenken kommen die nicht mal. Es ist eben schön warm im Kokon.
Es graust ner Sau. So ennaff nau.
Ich bitte darauf zu achten, wie unsere gleichgeschaltete Presse den Auftrag bekommen hat, bei "unliebsamen Personen" den Begriff "Haß" zu verwenden.
AntwortenLöschenSeit 2009 wird versucht über "Haßkriminaliät" ein polit. Strafrecht zu formen, das stark § 106 StGB der DDR ähnelt.
In USAnien gibt es das bereits.
AntwortenLöschenIst nur die Frage wer dann "Haß" definiert. Und da liegt der Hase im Pfeffer.
Es ist die juristische Aushebelung des "Menschrechts" auf freie Meinungsäußerung, denn wer zB gegen die EU ist, muss sie hassen. Wer keine Moschee in der Nachbarschaft will, hasst den Islam oder die Musels, oder oder oder.
Gut und böse, Schwarz oder Weiß, Freund oder Feind, Liebe oder Hass.
Zwischentöne oder gar Gleichgültigkeit gibt es nicht mehr im bunten Schland.
Wie weiland der Oktoberklub so fein vorsang und uns damit auf die Zukunft vorbereitete.
„...der mangelnde Anschein an Demokratie...“
AntwortenLöschenDafür einen Tusch.
Tusch!
Schöner Klartext, endlich wissen wir, wo es lang geht. Heil Gauckler!
AntwortenLöschen... "unser Europa" (Bild), nicht derens!
Der Pedant meint, da wäre ein s zuviel. Er mag es behalten!
das mehre s war absicht, irgendwie klang der satz so noch ehrlichererer
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