Mittwoch, 8. Januar 2014

Protestkultur im Fadenkreuz

Sie sind nackt, sie sind laut, sie schlafen in Parks, besetzen Plätze, drängen sich in Fernsehshows, brüskieren Gläubige und versuchen fortwährend, in die Medien zu gelangen. Berufsprotestlerinnen wie die Femen-Frauen, die Pussy-Riot-Sängerinnen oder auch die NSU-Vorsitzende Beate Zschäpe wollen nicht gerettet werden und sind mit sich selbst im Reinen. Ihr Ziel ist immer eine Monokultur aus Scheinwerfern und Kameras, über die sie ihre Botschaften verbreiten können. Im Interview mit PPQ spricht die Protestforscherin Sandra Fausch über das Persönlichkeitsbild von Frauen, die aus politischen Motiven protestieren.

Ob Josephine Witt, Beate Zschäpe oder Nadeshda Tolokonnikowa - die bekanntesten Medienprotestlerinnen der Neuzeit machen einen alles andere als unsicheren Eindruck. Sie treten im Gerichtssaal gepflegt auf, halten an ihren Überzeugungen fest und zeigen von Reue keine Spur.

Stellt sich die Frage: Warum eigentlich? Wie können Frauen, die Morde unterstützt, Gläubige beleidigt und Medien missbraucht haben, so zufrieden aussehen? Und: Was sind das für Menschen?

Über diese und ähnliche Fragen haben wir mit Sandra Fausch gesprochen. Sie ist Politikwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt Protest-Forschung. Zusammen mit Winni Peters hat sie das Buch „Prost Protest“ herausgebracht. Zurzeit promoviert sie an der Universität Saalefeld in Thüringen.

Welchen Eindruck haben Sie von Beate Zschäpe, Nadeshda Tolokonnikowa und Josephine Witt?

Sie wirken sehr glücklich. Sie sind nicht traurig.

Sie werden also dann auch weiterhin keine Reue zeigen?

Ich glaube, sie werden niemals bereuen.

Wie kann jemand mit solchen Taten glücklich sein?

Sie hatten als Kinder einen sehr schlechten Start. Waren von ihren Eltern nicht akzeptiert. Dann kommen sie in diese Protest-Kreise. Sie haben den Vorteil, dort unter den wenigen Frauen zu sein. Sie haben einen speziellen Sonderstatus. Sie können jeden Mann haben.

Erklärt das ihre Gefühle?

Frauen, die Protest machen, sehen sich als Helden, sie wollen etwas retten. Ulrike Meinhof wollte alle armen Menschen retten, indem sie Menschen ermordete. Beate Zschäpe wollte im Grunde genommen Deutschland retten. Nadeshda Tolokonnikowa will Russland erlösen, Frau Witt sieht sich als Wahrheitsverkünderin. Es ist irrational für uns, aber sie selbst sehen sich als gute Menschen. Der Protestler denkt immer, er ist altruistisch und rettet die Welt. Es muss eine große Sache sein, für die er bereit ist, sich aufzugeben. Medienpräsenz mit Protestbotschaften verspricht Unsterblichkeit. Protestierer glauben ganz oft, die Gesamtgesellschaft wäre ganz dumm und nur sie wären klug.

Beate Zschäpe sieht im Gefängnis eigentlich gepflegter aus als draußen. Wie kommt das denn?

Ich nehme an, die Sachen werden ihr von den Anwälten gebracht. Ich glaube auch, dass sie im Gefängnis ihre Fan-Gruppe hat. Wir können davon ausgehen, dass sie Fanbriefe bekommt. Es gibt viele, die das toll finden, was sie gemacht hat. Sie will eine Heldin sein.

Sollte ihr das gestattet sein?

Ich verstehe auch nicht, warum ist nicht der Generalbundesanwalt der Ankläger ist und warum der Prozess in München stattfindet? Wir haben ein Spezialgefängnis für Terroristen in Stuttgart-Stammheim. Wir könnten dafür sorgen, dass sie isoliert wird. Sie richtig wegsperren, Dunkelzelle, keine Kameras. Das würde helfen. Putin hat das begriffen, er hat die Pussy-Riot-Punkerinnen knallhart isoliert.

Der Begriff Protest scheint ja auch ein Kampfbegriff zu sein. Man versucht damit unliebsame Personen und Kreise zu diskreditieren. Wie definieren sie denn den Begriff?

Protest ist zunächst einmal eine Monokultur. Die Protest-Kultur möchte alle anderen Kulturen um sich herum auslöschen. Es ist egal, welche Ideologie dahintersteht. Protestler möchten nicht, dass Menschen anders sind als sie und anders leben. Protest richtet sich immer gegen etwas, wer dafür ist, gerät so automatisch in die Defensive. Wer für etwas kämpft, hat auch diese Struktur, aber diese Leute können mit anderen zusammenleben. Sie möchten überzeugen. Sie werden vielleicht anrufen, eine Petition machen, lästig werden, aber sie können sie ignorieren. Der Protestler wird sie hingegen irgendwann erwischen, indem er irgendwo auftaucht, wo Sie nicht mit ihm rechnen. dann wird er seine Botschaft übermitteln.

Wie wird man zum Berufsprotestler? Gibt es da einen typischen Weg? Es gibt psychologische Erklärungen, soziale und politische, ökonomische Erklärungen, Stichwort „relative Deprivation“...

Von psychologischen Zugängen halte ich sehr viel; von Stufenmodellen hingegen nicht. Die sind viel zu allgemein und erklären nicht tiefgründig. Die Menschen sind Individuen. Berufsprotestler sind oft Narzissten. Sie haben Ablehnung erlebt und suchen nun Liebe und Aufmerksamkeit.

Inwiefern…?

Sehen Sie sich die armen Länder der Welt an. Dort müsste es eigentlich nach dieser Erklärung sehr viele Protestler geben, weil es viel mehr Gründe für Protest gibt. Gibt es aber nicht. Ich glaube, das hat mehr mit Beschäftigung als mit Armut zu tun. Menschen, die nichts zu tun haben, weil alles erledigt ist, weil kein Wasser herangeschleppt, kein Holz gespaltet und kein Tier gejagt werden muss, die also frustriert zu Hause sitzen, diese sind es, die zum Protest neigen. Auch Jugendliche neigen aus diesen Gründen zu Protestverhalten. In der Gruppe der Menschen im Alter zwischen 14 und 25 gibt es überdurchschnittlich viele Protestler, weil irgendwann alle Videospiele durchgespielt, alle Filme angeguckt und alle Kneipen besucht sind.

Kann man den Berufsprotestler rational begegnen?

Berufsprotestler sind in der Regel gefährlich. Diese Leute wollen nicht gerettet werden. Was wir tun sollen als Gesamtgesellschaft, ist, auf uns achten. Vielleicht können wir mit ihnen reden. Wir dürfen aber nicht erwarten, dass die Leute sich ändern. Vielleicht werden sie sogar noch härter. Berufsprotestler wollen anders sein. Oft haben sie keine eigene Familie. Oder sie wenden sich ab und suchen sich eine neue Struktur, etwa die NSU, Femen oder Pussy Riot. Sehen Sie sich die: Die sind wie eine Familie. Sie genießen es, von den anderen gehasst zu werden.

Und wie sehen sie die Chancen auf Überwindung des Protests?

Dies Phänomen kann man nicht vollständig besiegen. Wir können zwar versuchen, diese Strukturen kurzfristig zu beseitigen. Aber das heißt nicht, dass die Übriggebliebenen aufhören, Protestler zu sein. Das hat etwas zu tun mit der Persönlichkeitsstruktur, mit der Gesamtgesellschaft. Wir können Protest nur kontrollieren, wir können ihn nicht komplett zerstören. Menschen wollen besser sein als andere. Menschen, die im Leben versagen, neigen dazu, ihr Versagen als beispielhaft zu preisen. Es geht auch um das unser Selbstwertgefühl. Protest ist so auch gut für das Selbstwertgefühl. Der Protestler mag sich selbst in der Regel ganz gerne.

Gibt es denn einen normalen Pegel an Protest, der natürlicherweise in jeder Gesellschaft in der gleichen Stärke vorkommt?

Da kommt es auf die Definition an. Ich würde schätzen, dieses Problem betrifft 20 Prozent der deutschen Bevölkerung. Jede Gesellschaft hat ihre Probleme mit Minderheiten. In Tschechien sind es Sinti und Roma. In Österreich geht der meiste Hass gegen Schwarze und Muslime. Bei uns in Deutschland sind es die Manager, Politiker, Steuerhinterzieher und Spekulanten. Die Manager sind die meistgehasste Gruppe in Deutschland. Danach kommen die Politiker. Jedes Land hat ihre eigene Minderheit, die speziell verhasst ist, allerdings richtet sich der öffentliche Protest der Berufsmäßigen meist nicht gegen sie.

Bei den Berufsprotestlern trifft man auch sehr oft auf Verschwörungstheorien...

Ja, das stimmt. Es gibt Protestler, die glauben, es gäbe eine Weltverschwörung zur Umsetzung von Freihandsabkommen, zur Einführung von Gentechnik und zur Privatisierung der Wasserversorgung. Die Leute, die diese Verschwörung betreiben, regieren nach ihrer Überzeugung die ganze Welt. Dabei dürfte es in einer Verschwörung nicht mehr als fünf Leute geben und die müssten alle kennen.

Warum?

Weil danach Verschwörungen nicht mehr verbindlich sind. Mit jedem zusätzlichen Miteingeweihten nimmt die Verbindlichkeit ab, es nicht mehr zu weiterzusagen.

Es gab ja mal auch diese Kampagne des Bundesinnenministeriums mit dem Titel „Vermisst“, die nach Protesten wieder eingestampft wurde. Wie haben Sie das beurteilt?

Es gibt Protest, Widerstand, Berufsprotest und auch anderes. Man darf das eine nicht gegen das andere ausspielen. Aber unsere Protest-Politik finde ich problematisch, weil sie auch unerwünschte Nebenwirkungen hat. Wir haben mit unseren Fernseh-Programmen erreicht, dass diese Leute dauern in den Wohnzimmern der Normalbürger auftauchen, die sich gar nicht für randständige Fragen wie die Lage der Frauenrechte, die Thüringer Naziszene oder die Angst vor dem Frauenbild der Kirche interessieren. Es geht nur um das Spektakulum . Man muss also fragen: Begünstigt diese Politik die Protestfolklore? Wir haben ja heute auch keine Angst vor den Protestlern, weil sie zum Alltag gehören. Aber in unserer ruhm- und aufmerksamkeitssüchtigen Gesellschaft kann das Schule machen.

7 Kommentare:

  1. Finde es schon relativ grenzdebil, solche lauten, schrillen, feministisch-verblödeten, narzisstischen, geltungssüchtigen Zicken, wie die Femen, mit dem eher biederen Hausmütterchen Zschäpe in einen Topf zu werden.
    Wo sich erstere doch permanent mit penetranten „Aktionen“ ins Rampenlicht drängen, hat doch die zur „NSU-Hexe“ hochstilisierte Zschäpe ein völlig leises, verstecktes Dasein geführt.
    Und wo die Z. sich in irgendeiner Weise einer „Protestkultur“ verschrieben haben soll, ist mir kompletto schleierhaft.
    Ich denke eher, dass es den Bundeshirnwaschling_Innen einfach nicht schmeckt, derlei ätzende Protestler_Innen nur im linken Spektrum angesiedelt zu sehen, daher muss eine Z. zum „rechten Pendant“ konstruiert werden.
    (Diese ganze NSU-Hype ist doch nix weiter als der Käse, an dem sich unser mental kastriertes, gehirngewaschenes, pawlow-konditioniertes Narrenvolk festgebissen hat, da ihm die Knieschotter-Wirkung der Schtories und Legenden aus den erschröcklichen 1000 Jahren allmählich wegen Abnutzung schwindet.)

    Ano-Nymus

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  2. Sehr schöner Artikel, danke!

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  3. ich finde die argumentation der wissenschaftlerin schon überzeugend. von meinhof führt ein weg zu zschäpe, das ist doch offensichtlich. protest hatja unterschiedliche formen, bis hin zum widerstand mit der wumme bei der RAF

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  4. Bedauere, Einspruch, Euer Ehren, ich finde das eher "Schuss-in-den-Of(f)fen-sichtlich".
    Genauso gut könnte man einen Weg von Mutter Theresa zur Z. konstruieren, über diverse verschlunge Bemutterungs/Fürsorger_IN/.../-Assoziationen, nur passte das wohl schlecht ins "modische Konfekt", da die Attitüde der M.T. ja nur positivst konnotiert ist, während bei der Z. alles maximal "Bäh" zu ein hat.

    Ano-Nymus

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  5. Also mir sind die Darbietungen der Hühnchen und erst recht die Erläuterungen der Frau Prof. Dr. quot. zu östrogenig weichgespült und labberig.
    Deshalb mein Rat an die Damen: Früher, als es noch echte Protestler gab, wurde das Weltgewissen erschüttert. Zum Beispiel mit kernigen Selbstverbrennungen!

    qed

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  6. die frau ist wissenschaftlerin, die erforscht das. man muss es sich nicht zueigen machen, aber drüber nachdenken kann man. ich finde den weg von meinhof zu zschäpe nicht so weit, dass man ihn nicht mitgehen kann, witt und die pussies habend a noch - womöglich - ein stück zu gehen, aber vom ansatz her finde ich die logik stimmig, psychologisch. alles sehr nachvollziehbar, gut gemacht, frau fausch

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  7. Das Bild von der "Sieg-Heil-igen" hatten wir doch schon in einem früheren ppq-Beitrag. Ist 'ne schöne Manifestation der so beliebten, schon zur Folklore avancierten "Fusion" von Faschismus und Männlichkeit. Anders darf Männliches gar nicht mehr wahrgenommen werden, höchstnes noch durch die Brille beissendes Spotts, der Häme und Verachtung.
    Und sollte sich mal ein Angehöriger des insinuierten Geschlechts in der Öffentlichkeit mit ergiertem Arm postieren, dann aber Aufschrei marsch.
    Indes für diese Protestler_Innen hat diese Dr. Quot ein fast an Einfühlsamkeit reichendes Verständnis. Hätte sie mal Jemand nach Männerrechtsprotestler gegen die immer infamer werdende feministischen Bevorzugungen gefragt, hätte sie bestimmt das bekannte Nazo-Vokabular gegen solche "Abartlinge" ausgepackt, oder deren Existenz geleugnet oder marginalisiert. In unserem Brain-Wash-istan gibt es nämlich derart politisch inkorrekte Proteste, dass sie totgewchwiegen werden müssen.

    Ano-Nymus

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