Dienstag, 31. Dezember 2013

2013: Das Jahr Borst

Mit dem Bandwurmsatz "ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin verdient in Deutschland zu wenig - gemessen an der Leistung, die sie oder er erbringen muss und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mit weit weniger Verantwortung und viel größerem Gehalt", hatte SPD-Führer Peer Steinbrück das Jahr eingeleitet, mit dem Satz "zwei Leute, die immer gleicher Meinung sind, finden Sie bei uns nicht" beschließt es Sigmar Gabriel, sein Nachfolger als Hoffnungsträger der deutschen Sozialdemokratie. Dazwischen liegen Monate voller Qualen, voller Tief- und Höhepunkte, voller Leere und Leichtigkeit, weil die Politik in diesem Jahr bereits Anfang Juli in die Sommerpause ging - und erst kurz nach Nikolaus wieder von sich hören ließ.

Bei PPQ ist es dennoch eine politische Partei, die die Jahresklickhitparade anführt. Die Grünen, älteren Lesern noch bekannt als potentielle Regierungspartei, schafften es Anfang September, quasi auf dem Höhepunkt eines nichtstattfindenden Wahlkampfes, mit der Coverversion eines historischen "Stahlhelm"-Plakates namens "Und du?" bis in die Herzen und Hirne der Leserschaft: Mehr als zehntausend Fans begeisterten sich für den endgültigen Beweis dafür, dass Marx Recht hat und Geschichte sich stets auch als Farce wiederholt.

Hinter den Linken platziert sich wie immer die Rechte. Beate Zschäpes geheimes Terrortagebuch, das tiefe Einblicke ins Seelenleben der braunen Braut erlaubt, fand fast zehntausend Leserinnen und Leser, die gekommen waren, sich für einen Moment zu gruseln.

Zumindest öffentlichkeitstechnisch beweist auf Platz 3, dass Verbrechen sich unbedingt lohnt. Seit PPQ exklusiv leakte, wie der Bayern-König es schaffte, mit geborgten Millionen und dauernden Millionen-Verlusten an der Börse so viel Gewinn zu machen, dass er seine Schulden komplett zurückzahlen und nebenbei noch Millionen Steuerschulden anhäufen konnte, ist der Text über Hoeneß' Zauberdepot ein Geheimtipps für Anleger, die bei der laufenden Jahrtausendralley an den Weltbörsen zu spät gekommen sind.

Kaum verwunderlich, hat Hoeneß doch besser als Goldman Sachs abgeschnitten - das können aber auch die Sängerinnen der weitgehende musiklos berühmt gewordenen russischen Punkband Pussy Riot von sich sagen. Nach nur zwei Karrierejahren übertreffen die früheren Pornodarstellerinnen Nadeschda Tolokonnikowa, Jekaterina Samuzewitsch und Marija Aljochina die geheime Weltregierung von der Ostküste nicht nur bei der Suchmaschine Google, wo sie Goldmann Sachs, das es auf 65 Millionen Fundstellen bringt, mit 316 Millionen Treffern deutlich schlagen. Nein, die weltweite Bedeutung des künstlerischen Protestschaffens der drei selbsternannten Musikerinnen zeigt sich auch in der PPQ-Jahreshitparade. Hier rangiert eine feuchte Schreibtischreportage von den Dreharbeiten zum Pussy-Riot-hardcore-Porno "Fuck Putin" auf Platz 3.

Es kommt eben nie darauf an, worum es geht, sondern immer nur darauf, wem es nützt. Stimmt der Täter, kommt es auf die Tat nicht mehr an, aber auch andersherum wird ein Schuh draus, wie der im niedersächsischen Kirchweyhe nach einem Discobesuch totgeschlagene 25-jährige Daniel S. erfahren musste. Weil seine Mörder keine Rechten waren, wurde Daniel S. zum Opfer 2. Klasse, von den Medien kaum beachtet und von der Politik totgeschwiegen. Eine Art Doppelmord, der es allerdings bei PPQ auf Platz 4 der meistgelesenen Texte brachte. Vermutlich wegen des selbst hartgesottenste Leser erschütternden Fazits: "So sehr rassistische Übergriffe und menschenverachtende Brutalität medial begehrt ist, so lange sich die richtigen Täter die richtigen Opfer suchen, so still und schweigsam wird die Meute, wenn die falschen Täter die falschen Opfer töten."

Dagegen hilft nur große Politik mit großen Scheinen, wie sie die EZB mit Erlaubnis der europäischen Friedensregierungen seit Jahren betreibt, um den wankenden, schwankenden Euro irgendwie über die Zeit zu retten. Getarnt durch einen lauthals beschworenen Kampf gegen "Reiche", "Manager" und "Spekulanten" hat sich das durchsozialdemokratisierte Europa im Sommer das Recht genommen, erstmals direkt in die Eigentumsrechte europäischer Bürger einzugreifen und eine Vermögensabgabe von allen zu erheben, die mehr als 100.000 Euro auf dem Konto haben und in Zypern leben. Die Leitmedien spendeten Applaus, weil Leitmedien zu allen Zeiten für scharfes Durchregieren und entschiedene Maßnahmen Applaus spenden. Die PPQ-Leser honorierten die Gegenposition, die im Text "17 Prozent auf alles" beschrieb, wie der Weltfriedenskontinent seine eigenen Grundlagen aushöhlt und so allmählich zu einer Karikatur dessen wird, was er zu sein vorgibt.

Die katholische Kirche ist auf diesem Weg schon weiter und mit ihrem neuen Chef Franziskus hat sie auch endlich wieder einen "Oberhirten" (dpa) gefunden, der in der Lage scheint, den seit Jahrhunderten eingeschlagenen Kurs der weltgrößten Sekte als neue Richtung zu verkaufen. Reichtum heißt jetzt Armut, Pomp wird zu Bescheidenheit und im Dienst des Machterhaltes soll sogar Mitgefühl erlaubt werden. Kein Wunder bei solche sensationellen Neuigkeiten aus Rom: Die bei PPQ nach einer forensischen Fotoanalyse in den elektronischen Bundesblogampelamtslabors im mecklenburgischen Menz weltexklusiv veröffentlichte Nachricht, dass es sich bei Franziskus unzweifelhaft um einen gebürtigen Vulkanier handelt, landete auf Platz 7 der Lesercharts.

Der seit Wochen vielgeklickte Beitrag zum Denker Borst blieb bei der Auswertung unberücksichtigt, da es sich bei den Lesern zumeist um automatische Kommentatoren handelt, die auf unschlagbare Angebote für sexuelle Stimulanzien, todsichere Anlagemöglichkeiten und supergünstiges Zahnbleaching in Paraguay hinweisen wollen.

Die weiteren Plätze:

Sahra Wagenknecht nackt
Männer im Nacktprotest
Zu Besuch beim Chefsexisten
Global wird national
Merkel: Fahnung nach der Fahne
HFC: So pfeift der Fan
Das Vaterland wird überrannt
Giga-Geldgeschütz als Krisenkanone
Heidi Klum nackt
Wie die NSA Facebook erfand: Unternehmen Honigtopf
Zypern: Willkommen im Rechtsstaat
Eurokrise: Rettungspaket für Detroit
HFC: Geiselnehmer in der Kurve

3 Kommentare:

  1. "… von den Medien kaum beachtet"

    Da muss man differenzieren.
    Beachtung hat der Fall schon gefunden. Denn immerhin hat dieser Fall aufgezeigt, dass wir den Krampf gegen Rechts verschärfen müssen. Nachdem die Türkisten Daniel Siefert totgeprügelt haben, ist ein zerschmettertes Hakenkreuz ja das mindeste, was wir für ihn tun können.
    Und der verehrte Genosse Bundespräsident?
    Der hat die Verbrechen seiner Glaubensbrüder mit dem gleichen Engagement verurteilt, mit dem sein Amtsvorgänger und Vorbild in den besagten tausend Jahren die Verbrechen der SS verurteilt hat.



    Allen einen guten Rutsch ins neue Jahr.

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  2. Ich höre immer nur Platz 3, Platz 4, etc.

    WO BLEIBT MENOWIN FRÖHLICH ???

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  3. menowin? war war das noch? guten rutsch zurück

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