Donnerstag, 31. Oktober 2013

Seine Bleibe ist die Hölle


Nein, kein Kabarett, sondern ein klassischer Pierre Vogel. Der Netz-Mullah predigt abendfüllend zum Thema "Sex, Sünde, Beate Uhse und nackte Menschen" und erklärt dabei sehr anschaulich, dass alles, was verboten ist, verboten ist, weil es verboten ist. Wer sage, sagt der putzige Internet-Prediger, "Zina ist erlaubt, der ist kein Moslem. Mit Islam hat dem seine Religion nichts zu tun. Wir sagen nicht, dass dem seine Schwester Zina machen soll. Der Unzüchtige und die Unzüchtige, sagt Allah, peitscht beide aus - und eine Anzahl der Gläubigen soll Zeuge sein!"

Hier droht Allah mit ewiger Strafe, keine Bewährung, keine Umwandlung der Strafe in Ghettogang. "Deine Sünde, dass Du eine Freundin hast, zählt zu den großen Sünden!" Islam ist eine Religion, sagt der Schütterbärtige, die man ernstnehmen muss. Sonst muss man sich eine andere suchen.

Wer da nicht schlagartig bekehrt ist, "dessen Herz muss schwarz sein" (Vogel).

Öko-Patrouillen gegen Stromsauger

Erst war es die Glühbirne, jetzt der Staubsauger: Die EU will energiehungrige Haushaltsgeräte aussortieren, um die Umwelt zu schonen. Die Industrie bleibt gelassen. Verbraucher aber bekommen wohl schon ab September 2014 Besuch von Umweltpatrouillen, die verbotene Elektrogeräte mit zu hohem Verbrauch beschlagnahmen und Bußgelder kassieren.

Es ist ein kleiner Schritt für die EU, aber ein großer Fortschritt für das bedrohte Weltklima: Die EU geht endlich gegen stromfressende Staubsauger, Kaffeemaschinen, Brotschneider und Waschmaschinen vor. Ab September kommenden Jahres dürfen nur noch solche Geräte betrieben werden, die weniger als 1600 Watt Leistung erbringen - und damit weniger Strom verbrauchen. 2017 wird auf 900 Watt gedrosselt. Eine entsprechende Verordnung ist bereits im Juli in Kraft getreten, sie sieht auch vor, dass Öko-Patrouillen in Haushalten kontrollieren, ob die neuen Grenzwerte eingehalten werden.

Zwar sieht die Industrie die ganze Sache anscheinend gelassen. Nach Angaben von EU-Diplomaten wurden große Staubsaugerhersteller vorab konsultiert,sie durften die neuen Grenzwerte selbst festlegen. Doch Aufregung herrscht im EU-Parlament. "Die Verbotswut der Kommission muss dringend gebremst werden", sagte der Chef der Unionsabgeordneten im EU-Parlament, Herbert Reul (CDU) angesichts der anstehenden Kontrollen, die nach dem Willen der EU-Komission „flächendeckend und allumfassend“ sein sollen. Parlamentarier verschiedener Parteien bestreiten zudem das Recht der Europa-Führung, ohne richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl Millionen europäischer Haushalte nach illegalen Staubsauggeräten durchsuchen und rechtswidrige Stromfresser beschlagnahmen lassen zu können. "In der Wirtschaftskrise gibt es weitaus Wichtigeres als die europaweite Regulierung von Haushaltsgeräten", empört sich ein Abgeordneter.

Andere Stimmen aber weisen auf die fundamentale Wichtigkeit der Klimarettung hin. „Seit Jahren zieht die EU-Kommission Geräte mit hohem Energieverbrauch aus dem Verkehr“, schreibt etwa die Süddeutsche Zeitung. Bekanntestes Beispiel sind Glühbirnen, die in der EU flächendeckend durch Energiesparlampen ersetzt wurden, zumindest soweit es Deutschland betreffe. Damit sei es der EU gelungen, trotz steigendem Stromverbrauch den Eindruck zu erwecken, als werde in der EU weniger Strom verbraucht und die Umwelt geschont. Das sein eine gute Sache, so das Blatt, denn nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur trage die Beschlagnahmung und öffentliche Zerstörung von Energiefressern und die millionenfache Anschaffung umweltgerechter Staubsaugern dazu bei, dass die EU bis 2020 die selbst gesetzten Klimaschutzziele erreiche.

Mittwoch, 30. Oktober 2013

Wiedergeboren ohne Mercedesstern

Der Führer fuhr Mercedes, Ehrensache. Aber will man das heute noch wissen? Beim renommierten Danachrichtenmagazin "Spiegel" ist die Entscheidung gefallen: Es tut bei der Darstellung des Bösen nichts zur Sache, aus welcher Schmiede die Karosse kam, die ihn zu den Schauplätzen seiner Tätigkeit als Führer und Reichskanzler kutschierte. Auf einer "kolorierten Fotopostkarte vom Reichsparteitag in Nürnberg 1933", ist der auf dem Originalfoto noch unübersehbare Mercedes-Stern (Foto oben links) denn auch zwar nicht ganz verschwunden, aber trotzdem kaum noch zu sehen: Hitler fährt Mercedes, aber einen ohne Stern (Foto oben rechts).

Wenigstens im Bildtext findet der Traditionshersteller, der bis in die Neuzeit immer wieder Probleme mit dem früheren Testimonial aus Braunau hat, ausdrücklich erwähnt. Auf dem Bild zu sehen sei "der obligatorische Mercedes 770 K", schreibt der "Spiegel" ganz am Rande, ohne aufzuklären, wer den Stern beseitigt hat: Des Führers Fotograf? Die Marketingabteilung des Autoriesen? Oder die Fotoredaktion des "Spiegel" wegen der Rücksichtnahme auf einen großen Anzeigenkunden?

Die große Kulturfolger-Serie bei PPQ: Wiedergeboren als...

Millionen mögliche Täter

Über Jahre verübte er Anschläge, wahllos suchte er seine Opfer aus - und obwohl hunderte argloser Autofahrer betroffen waren, schwiegen die Medien wie ein Stein. Das BKA fahndete, jedoch in aller Stille und über mehr als fünf Jahre ohne jeden Erfolg: Der geheimnisvolle Terrorschütze, der Lkw-Fahrer auf der Autobahn beschoss, blieb ein Phantom.

Erst im Sommer gelang es, den Täter zu fassen, plötzlich und unerwartet wallte eine kurze, aber steile Berichterstattungswelle durch die Qualitätszeitungen. Der "Autobahn-Schütze" ist danach ein schnauzbärtiger Fernfahrer namens Micha K., 57 Jahre alt und beheimatet in der Eifel-Gemeinde Kall. Seit Juli 2008 habe der ursprünglich aus der DDR stammende Berufskraftfahrer mehr als 700-mal auf Autotransporter geschossen und dabei eine Frau lebensgefährlich verletzt.

Soweit, so wahnsinnig. Im Lichte des NSA-Skandals aber erscheint noch wahnsinniger, mit welchen Fahndungsmethoden das BKA dem Täter auf die Spur kam: Die Fahnder postierten an den vom Schützen häufiger besuchten Autobahnabschnitten Kennzeichenlesegeräte, mit deren Hilfe über ein halbes Jahr verteilt 60 Millionen bis 80 Millionen Kfz-Kennzeichen vorüberfahrender Autos erfasst und 3,8 Millionen von ihnen gespeichert wurden. Parallel zu den 25.000 täglich fotografierten Kennzeichen wurden rund 600.000 Verbindungsdaten von Mobilfunkmasten entlang der jeweiligen Autobahnabschnitte erfasst. Funk- und Kennzeichendaten wurden in einem zweiten Schritt miteinander abgeglichen - und 50 Fahrzeughalter daraufhin als mögliche Täter ermittelt. Auch bei 312 Handynutzern erfolgte die Feststellung von Namen und Anschrift, weil sie aufgrund ihres Bewegungsprofils als Täter hätten infrage kommen können.

Am Ende führten die Daten die Fahnder zu Micha K.

Ein schöner Erfolg einer Schleierfahndung, bei der nahezu viereinhalb Millionen Deutsche ohne jeden konkreten Tatverdacht und ohne ihr Wissen einer Tiefenprüfung unterzogen wurden. Gegen diese anlasslose Überprüfung der Lebens- und Bewegungsgewohnheiten von fünf Prozent aller Deutschen war die Rasterfahndung nach der RAF ein Haschespiel im Kindergarten. Doch Ende gut, alles gut. Nach ersten Lobeshymnen die "Geschichte einer ungewöhnlichen Verbrecherjagd", die erfolgreich war, obwohl "alle konventionellen Suchmethoden erschöpft" gewesen sind, verstummt die Berichterstattung über die größte Ausspähaktion der bundesdeutschen Geschichte abrupt und nachhaltig.

Besser so, denn schon lange vor Beginn der Ausspähaktion hatte das Bundesverfassungsgericht die massenhafte Erfassung von Autokennzeichen für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt.

Dienstag, 29. Oktober 2013

Volksabstimmung im Genderboard

Das Erste kämpft noch verzweifelt darum, seine Fernsehgerichte wenigstens mit einer Quotenfrau beschicken zu können, auch das vom Volk finanzierte ZDF belässt es meist dabei, die großen Schicksalsfragen der Nation von der männlichen Hälfte der Gebührenzahler vor der Kamera diskutieren zu lassen.

Ganz anders hier bei PPQ, einem Genderboard, das die Gleichberechtigung nicht nur im Namen trägt, sondern sein Publikum auch inspiriert, die vorgeschriebene Frauenquote auch im eigenen Interesse tagtäglich zu leben. Eine von der NSA mit Hilfe modernster Analysewerkzeuge durchgeführte Gesamtschau der Suchbegriffe, die Leser im vergangenen Monat auf das kostenlose Leseangebot von PPQ im Internet führten, zeigt, wie hervorragend das unterdessen gelingt: Nach "Politplatschquatsch" und "PPQ", den beiden erwartbaren Standardsuchbegriffen, folgt eine ausschließlich weibliche oder doch zumindest weiblich konnotierte Phalanx an Suchworten.

Heidi Klum, Beate Zschäpe und Nadeshda Tolokonnikowa, aber auch Bettina Wulff und Inka Bause sind es, die den politisch interessierten Leser von heute faszinieren. Und PPQ, aus Geschmacksgründen als US-amerikanisches Webangebot für Auslandsdeutsche in Indonesien, Nepal und Bratislava gestartet, bietet offenbar genau das, was Leitmedien wie "Spiegel", "Stern" und Apothekenrundschau ausblenden. Ein Kurs, der richtig ist, weil er wahr ist, für den sich niemand entschuldigen braucht, weil er unentschuldbar bleibt.

Inkognito ergo sum

Schon wieder mal ein „eklatantes Versagen der Sicherheitsbehörden", diesmal auf allerhöchster Ebene. Hatte der Verfassungsschutz seinerzeit noch große Schwierigkeiten, drei nicht einmal mehr auf der Flucht befindliche selbsternannte Nazi-Desperados zu finden, zeigt er nun, dass es auch nach allen "Geheimdienstreformen" und mit Unterstützung einer  deutlich größeren und mit einem jährlichen Etat von einer halben Milliarde Euro ausgestatteten Behörde möglich ist, in seinem zentralen Aufgabengebiet völlig ohne Kontakt zur Realität zu agieren: Nicht nur, dass der hierzulande für die Spionageabwehr zuständigen Verfassungsschutz, BND und MAD nichts von der größten Überwachungsaktion der Menschheitsgeschichte bemerkt haben. Nein, die Dienste hatten offenbar auch über Jahre hinweg keine Ahnung, dass US-Kollegen nicht nur deutsche Normalbürger, sondern auch deutsche Spitzenpolitiker und Verfassungsorgane bespitzeln.

Der Bundesnachrichtendienst ist abgelenkt von umfangreichen Bauarbeiten auf der Berliner Zickenwiese, wo sich der von Hitlers Spitzenspion Gehlen begründete Geheimdienst  derzeit eine neue, prächtige und direkt mit den NSA-Speichern verbundene Zentrale errichten lässt. Dem Verfassungsschutz blieb im Jahr zwei nach der NSU keine Kraft und keine Zeit für die NSA. Tausende Kilometer alter Akten zum Rechtsterrorismus mussten auf verräterische Hinweise auf die inzwischen verstorbenen zwei tödlichen Drei durchsucht werden. Da war es auch im fünften Jahrzehnt dabei, dass niemand merken konnte, wie ausländische Dienste deutsche Normalbürger und deutsche Verfassungsorgane ausspionierten. Deutsche Geheimdienste vertrauen darauf, dass man sich unter Freunden einfach mal so vertraut – während die Kollegen von der NSA ihre Arbeit taten und Lenin nachgingen: Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser.

Das eigentlich Erstaunliche in der Affäre aber ist die mediale Widerspiegelung. Wo nach dem Verfassungsschutz-Versagen im Fall der NSU noch Chorgesang aufschwoll, der zu einem anschwellenden Akkord „Versagen" sang, schweigt die übliche Allianz der Mahner und Erinnerer aus mutigen Medienkämpfern und tapferen Politikern diesmal wie ein Grab. Keine Empörungswelle, nirgends.

Empörung über den BND gibt es, ja. Weil die neue Zentrale des Bundesnachrichtendienstes nun wohl wie erwartet noch teurer wird als geplant. Der Verfassungsschutz kommt noch besser weg: "Wenn uns die NSA keine Informationen mehr liefern sollte, wäre das eine Katastrophe für uns", sagte ein deutscher Geheimdienstler der "Welt". Der Rest ist Bedauern und Mitleid.

Montag, 28. Oktober 2013

Obama wusste doch von Merkel

US-Präsident Barack Obama hat einem Bericht zufolge seit Jahren von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gewusst. Obama sei im Jahr 2010 von NSA-Chef Keith Alexander persönlich über die Kanzlerin informiert worden, berichtete die „Bild am Sonntag“ (BamS) unter Berufung auf US-Geheimdienstkreise. Merkel war zu diesem Zeitpunkt bereits fünf Jahre im Amt. Europa aber ist weit, verriet der Informant, Innenpöolitik sei in den USA traditionell wichtiger als Außenpolitik. Der US-Präsident hatte Deutschland nach einem Antrittsbesuch noch als Kandidat deshalb auch konsequent über Jahre nicht mehr besucht. In einem Telefonat am Mittwoch hatte Barack Obama der deutschen Regierungschefin offenbar noch versichert, über Jahre hinweg nichts von ihrer Existenz gewusst zu haben.

Das scheint nun nicht korrekt gewesen zu sein. Obama war eingeweiht in die Existenz der CDU-Chefin und er wusste spätestens seit drei Jahren auch um ihre Funktion in der deutschen Politik. „Obama hat die Kanzlerin damals nicht gestoppt, sondern weiter laufen lassen“, zitiert die „BamS“ einen hochrangigen NSA-Mitarbeiter. Später habe das US-Präsidialamt bei der NSA ein umfassendes Dossier über Merkel bestellt. Obama habe der deutschen Regierungschefin wegen deren Vergangenheit nicht getraut und alles über sie und ihr angebliches Vorleben beim Jugendaustausch in Moskau wissen wollen, sagte der Informant der Zeitung im Vertrauen.

HFC: Geiselnehmer in der Kurve

In Dortmund bewerfen sie den eigenen Torwart. In Dresden muss das Spiel unterbrochen werden. In Rostock schließlich beginnt die 2. Halbzeit der Hausherren gegen den Halleschen FC später, weil ein Trupp seit Jahren Unverbesserlicher wieder einmal mehr Spaß daran hat, die Aufholdjagd der eigenen Mannschaft, die 0 zu 2 zurückliegt, durch das Anzünden von Feuerwerkskörpern und das Werfen von Knallkörpern auf Rostocker Zuschauer zu boykottieren. Später werden die Gäste aus Halle einen Imbiss stürmen und verwüsten, die Toilettenanlagen zerlegen und - so zumindest Berichte aus Rostock - Ordner und Imbissangestellte mit Messern bedrohen.

Der Verein aus Halle, finanziell nicht auf Rosen gebettet, wird dafür wieder einige tausend Euro bezahlen müssen. Es ist nicht das erste Mal, auch nicht das zweite. Dass selbsternannte "Ultras" aus dem Umfeld der Fangruppierung "Saalefront" mit ihrem vermeintlichen Recht, auf den Rängen Feuerwerkskörper abzubrennen, gegen den Rest der Fans opponiert, hat auch in Halle eine lange, schadensreiche Geschichte: Vor Jahren, die jüngsten der Täter von heute waren noch nicht eingeschult, wurde dem hartnäckig von einer zahlenmäßig kleinen, aber überaus auffälligen Gruppe von gewalttätigen Kriminellen mit vernichtender Liebe verfolgte Hallesche FC wegen ähnlicher Vorfälle bereits einmal ein "Geisterspiel" verordnet.

Einmal schien sich danach alles zum Guten zu wenden. In einem Pokalspiel gegen den FC Union Berlin muckte der diesseite Teil der Fankurve gegen einen der Wahnsinnigen, die angetreten sind, die positive Entwicklung des Vereins von der Saale nach Kräften zu stören, entschlossen auf: Der Mann, der einen Brandsatz nach dem Union-Torhüter geworfen hatte, bekam umgehend eine handfeste Ermahnung erteilt.

Seitdem aber ist der Aufstand der Anständigen wieder zu solidarischem Schweigen geworden. In beinahe jedem Spiel des HFC fordert das Grüppchen der krankhaft um Aufmerksamkeit buhlenden Möchtegern-Fans ein Ende aller Stadionverbote, eine Kündigung des HFC-Stadionverbotsbeauftragten und niedrige Eintrittspreise. Und untermalt werden die Forderungen regelmäßig mit großem Feuerwerk.

Der DFB verurteilt anschließend. Der Verein, der jeden Euro für Spielergehälter oder den nach der Flut notwendigen Neubau des Nachwuchszentrums brauchen könnte, zahlt. Der Staat, an dem es wäre, dem kriminellen Treiben auf den Rängen Einhalt zu gebieten, duldet die rechtsfreie Zone in der Kurve. Und die normalen Fans, die Fußball sehen und ihren Verein anfeuern wollen, wagen es nicht, die gewalttätigen Geiselnehmer in die Schranken zu weisen. Auf die Idee, die Feinde des eigenen Vereines allein in der Kurve stehen zu lassen, auf dass sie sich wenigstens nicht mehr in der Masse verstecken können, ist noch niemand gekommen.

So bleibt alles, wie es ist. Nach jeder gezahlten Strafe mahnt der bedauernswerte HFC-Präsident Schädlich, dass all die tausende von Euro, die der DFB an Strafen kassiert, bei der Finanzierung einer Mannschaft fehlen, die in der 3. Liga oben mitspielen kann. Und nach jeder Mahnung reagiert die erlebnishungrige Szene mit neuen dreisten Pyroaktionen, Prügelorgien und bigotten Protesten gegen die hilflosen Verteidigungsmaßnahmen des Vereins. Ende offen. Aber es wird kein gutes sein.

Krawalle buchen: Mietmob24 spielt für den Gegner

Sonntag, 27. Oktober 2013

Finde den Fehler!

Die EU-Mitgliedstaaten dürfen Strom- und Gasnetze in öffentlicher Hand durch Privatisierungs- und  Beteiligungsverbote vor dem Zugriff von Energiekonzernen schützen. Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem am Dienstag in Luxemburg veröffentlichten Urteil entschieden. Diese Einschränkungen des Kapitalverkehrs dienten einem „unverfälschten Wettbewerb zum Schutz der Verbraucher“, entschieden die Richter zugunsten der beklagten Niederlande. (Az C-105/12 u.a.)

Noch mal zum Nachlesen: Wettbewerb darf zu Gunsten des „unverfälschten Wettbewerbs zum Schutz der Verbraucherverhindert werden.

Gesänge fremder Völkerschaften: Singend suchen

Amerika ist in der Krise, Obama wird ausgelacht und verächtlich gemacht. So tief die Deutschen dem ersten farbigen Präsidenten noch vor Jahren zu Füßen lagen, so brüsk lehnen sie die Maßnahmen des Friedensnobelpreisträgers für eine sichere Welt heute ab. Nur weil die Führungsmacht der westlichen Welt sich angesichts zurückliegender Zögerlichkeiten der deutschen Partnern genötigt sah, das den deutschen über Jahrzehnte entgegengebrachte Vertrauen durch fernmeldetechnische Überwachung fortdauernd auf seine Tragfähigkeit zu prüfen, nörgelt eine breite Koalition aus Linken und Konservativen am ehemaligen Messias herum.

Die Prügel treffen Amerika, den Sehnsuchtskontinent der Deutschen seit Karl May. War Antiamerikanismus bis hierhin ein Sport von linken und rechten Extremisten, so liefert die NSA-Affäre nun den Anlass für jedermann, das selbsternannte freieste Land der Welt zum Hort des Bösen, der Unfreiheit und der fortwährenden Bespitzelung zu erklären. "We're off to see America, we're asking for directions yes", singt Grant Lee-Phillips, ein Amerikaner, "we're off to see America, we're tumbling in our chariot".

Herumwackeln im Streitwagen, das ist es, was die Führungsmacht tut, deren Geheimdienste inzwischen so geheim sind, dass der "Spiegel" täglich aus internen Papieren zitiert. Lee-Phillips hat indianische Wurzeln, er liefert mit seinem Stück "See America" somit einen multidimensionalen Beitrag zur PPQ-Reihe Gesänge fremder Völkerschaften, die sich seit Jahren vergebens um Völkerverständigung und allumfassende Liebe. Die geheimdienstliche Großwetterlage aber spricht gegen die Vermutung, die Deutschen könnten Amerika oder gar den Amerikaner verzeihen, dass die sich haben erwischen lassen bei dem, was deutsche Geheimdienste genauso unwidersprochen in anderen Ländern tun. das Ende ist nahe und naheliegend: "Wake me up oh wake me before Union Square, got a couple numbers to call" singt Lee-Phillips. So viele, so viele, so viele: "But I can't think of the names of the people at all".


Mehr Gesänge in der völkerkundlichen PPQ-Reihe:
Die Einsamen allein
fremder Völkerschaften:
Mahdi im Elektroladen
Blasen in Oasen
Pogo in Polen
Hiphop in Halle
Tennessee auf Tschechisch
Singende Singles
Zehn Euro ohne Titten

Nichts im Kopf: Was Obama wusste

Der Trend is your friend und der Trend geht seit Jahren auch in den Medien zu reduzierter Tiefe, verdünnten Inhalten und konsequentem Niveauabbau. Das Nichts ist das Ideal einer unentwegt auf brülllaut gleichgeschalteten Berichterstattung und das Nichts hat nun erstmals in Gänze eine der führenden Schlagzeilenschmieden der Republik erreicht: "Obama soll von Nichts gewusst haben" titelt die "Welt" in ihrer Online-Ausgabe - und erzählt mit dem großen N eine traurige, aber zugleich auch aufrüttelnde Geschichte vom allgemeinen Kulturabbau.

Denn das Nichts, um das es hier zu gehen scheint, ist, da groß geschrieben, eben kein Nichts im Sinne von gar nichts. Sondern ein Substantiv, für Jüngere, die unter der Knute der kulturellen Schrumpfung aufwachsen: Dingwort. Substantiv und Dingwort aber bezeichnen ihrer Natur gemäß etwas, nicht nichts. So dass der Schluss naheliegt, Obama müsse nach Wissen der "Welt" eben doch von etwas gewusst haben, wenn er angibt, von Nichts gewusst zu haben, statt zu behaupten, er habe von nichts gewusst.

Es führt ins Tiefenpsychologische, die subtile Art der Arbeit mit Andeutungen zu analysieren, die in den Schreibkammern der weltweit gelesenen "Welt" geleistet wird. Stunden nur stand die enthüllende Überschrift auf der Seite, dann schrillten offenbar in Berlin und Washington alle Alarmglocken. Direkt vor dem Gipfel, der der stillen, verbitterten europäischen Entrüstung über anhaltende amerikanische Vertrauensarbeit direkt an den führenden Funktionären der des alten Europa gewidmet ist, braucht kein Mensch belastende Indizien, die gegen den sympathischen Friedensnobelpreisträger sprechen. Gnadenlos wurde interveniert, von wem auch immer. Das Nichts schrumpfte zum nichts, es verschwand geradezu rückstandslos aus der Schlagzeile. Obama soll nun nurmehr von nichts gewusst haben.

Aber die Menschen draußen kennen natürlich die Wahrheit.

Samstag, 26. Oktober 2013

UN macht sich für Männer stark

Eine Reihe von Anzeigen ist von UN Men, einer Teilorganisation der Vereinten Nationen, die sich für weltweite Männerrechte einsetzt, bei der Werbeagentur Memac Ogilvy &  Mather aus dem genderbewegten Dubai in Auftrag gegeben worden. Die kreative Idee der Agentur war es, Googles Autovervollständigung zu verwenden, um die Verbreitung der Diskriminierung der Männern aufzuzeigen. Die Ergebnisse der Autovervollständigung waren sexistische Vorurteile oder die schlichte Verweigerung der Rechte der Männer. Die Ergebnisse zeigen, wie weit die Gleichstellung der Geschlechter noch entfernt ist: So zeigt eine Eingabe von "Men cannot" die automatische Ergänzung "be feminist" und "urinate", wie der engagierte "Freitag" berichtet.

Hierbei handele es sich um "eine durch Algorithmen bestätigte Wahrheit", wie auch bei "men should clean the house", eine ebenfalls auf sexistischen Stereotypen beruhende Autovervollständigung, die Männerrollen festschreibt, ohne den einzelnen Mann nach seiner Ansicht zu befragen. Die Kampagne zeigt nun Nahaufnahmen von Männergesichtern, über deren Mund Autocomplete-Resultate für Begriffe wie "Männer sollten ..." und "Männer müssen ..." angezeigt werden. Dazu gehören Glanzstücke wie "Männern kann man nicht vertrauen" und "Männern können nichts gleichzeitig". Der kurze Text auf jedem Plakat lautet: "Reale Google-Suche am 9/3/13."

Bei den Beispielen handelt es sich um eine englische Auswahl. Sucht man am 23. Oktober 2013 in der deutschen Google-Version, erhält man Antworten wie "Männer sind Schweine", "Männer können nicht einparken" oder "Männer dürfen nicht weinen", aber auch den Hinweis: "Männer haben kein Gehirn". Durch verstärkte Gendersauberkeit solle Google künftig, so die UN, dazu beitragen, die Geschlechtergleichheit zu fördern. Dazu soll der Suchmaschinenkonzern die Autocomplete-Funktion bei fragwürdigen Suchbegriffen wie "Männer" oder auch "Frauen" abschalten.

Liebe Deinen Nazi wie dich selbst


Rainer Erlinger sieht aus wie ein Skinhead mit Bart und beim Magazin der SZ darf sich der Doppel-Dr. immer wieder hübsche Leserfragen ausdenken, die er dann auch gleich persönlich beantwortet. Diesmal gelang dem promovierten Mediziner und Juristen, der hauptberuflich als Moralist arbeitet, ein besonderes Kunstwerk: „Meine beste Freundin ist mit einem Mann liiert, der sehr aktiv in einer rechtsextremen Partei ist", fabelt er, "sie toleriert seine politische Arbeit, distanziert sich aber von den radikalen Ansichten. Ist eine solche Differenzierung überhaupt möglich, oder muss man nicht jegliche Form von Billigung dieser rechtsradikalen Gesinnung ausdrücklich ablehnen?“, lässt er eine „Susanne E. aus Hannover“ fragen.

Unklar bleibt, ob es sich bei der ausgedachten Fragestellerin wirklich um die mit der NSU verbandelte Susanne Eminger handelt und die Frage vielleicht direkt im Auftrag der an ihrer eigenen Lebensführung zweifelnden Beate Zschäpe gestellt wird. Klar aber ist, wie Erlinger antwortet: Kurzer populärphilosophischer Rückgriff auf das alte Griechenland. „Zoon politikon“, Aristoteles, Philosophie, was zur Liebe so dazugehört. Dann ein wenig Wissenschaft samt Untersuchungen, nach denen "politische Einstellungen zum Teil sogar genetisch bedingt sind“. Sarrazinalarm. Trau schau, wen du liebst! Deine Kinder könnten Nazis werden! Leider könne „man sich oft nicht aussuchen, in wen man sich verliebt“, klagt Erlinger, ehe er die Toleranz verteidigt: „Politische Einstellungen sollten meines Erachtens das Miteinander nicht dominieren“, denn „sie sind zweitrangig gegenüber dem Menschen, dem Menschlichen“.

Liebe Deinen Nazi wie dich selbst? Halt, halt! Es gibt natürlich Grenzen der grenzenlosen Toleranz, Grenzen der Liebe, Grenzen dessen, was an moralisch anständiger Mensch beim Geliebten dulden darf und kann. „Eine politische oder religiöse Einstellung, die Menschen ihren Zielen unterordnet, Grundideen wie gleiche Rechte, Freiheit oder gleiche Würde des Menschen negiert, die bereit ist, Menschen zum Mittel zu machen, geht so sehr an den Kern des Menschlichen, dass sie sich von der Person mit dieser Einstellung nicht trennen lässt“, urteilt der Weise im SZ-Elfenbeinturm. Beim Rechtsextremismus sei dieses Kriterium verwirklicht, weshalb, qed, selbstverständlich kein anständiger Mensch einen Menschen lieben dürfe, der rechtem Gedankengut nachhänge.

Inwieweit Rainer Erlinger die inzwischen von uns eingesagte Frage beantworten wird, ob es sich auch beim Katholizismus, beim muslimischen Glauben und beim Hinduismus um eine politische oder religiöse Einstellung handelt, „die Menschen Grundideen wie gleiche Rechte, Freiheit oder gleiche Würde des Menschen negiert“, wodurch eine Beziehung zu katholischen Christen, Muslimen und Hindus für jeden wahrhaft moralisch handelnden Mitbürger ausgeschlossen ist, muss sich in den kommenden Wochen zeigen. Millionen Katholiken, Muslime und Hindus warten!

Freitag, 25. Oktober 2013

Verbot der Woche: Gebratene Zigeuner

Endlich wird reagiert, endlich werden in einem deutschen Ministerium die rechten Schlüsse aus der seit Monaten anhaltenden Diskussion um die notwendige Prüfung missverständlicher Begriffe im Alltagssprachgebrauch gezogen.

Auch in der Kantine des niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration wehrten sich die Verantwortlichen lange dagegen, der legitimen Forderung des „Forums für Sinti und Roma“ in Hannover nachzukommen und den diskriminierenden Namen "Zigeunerschnitzel" von der Speisekarte zu streichen. Doch nach der Entdeckung blonder Mädchen in zahlreichen Romafamilien in ganz Europa handelte der Kantinenbetreiber: Der rassistische Name für das panierte Fleisch-Gericht mit Paprikasoße wurde gestrichen und durch die unverfängliche Bezeichnung "Schnitzel mit dem verbotenen Namen" ersetzt. Ein Sieg der Menschlichkeit, ein Sieg der Vernunft. Demnächst soll es dem vielerorts noch angebotenen Kinderschnitzel an den Kragen gehen.

Zur bürgerschaftlich engagierten PPQ-Reihe "Verbot der Woche"

Härteste Bandagen für gute Freunde

Er ist nur noch übergangsweise im Amt, jetzt aber macht Bundesaußenminister Guido Westerwelle ernst. Nach Bekanntwerden des Verdachtes, dass US-Behörden auch das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört haben könnten, greift Westerwelle zur schäfsten Waffe, die Deutschland gegen Usurpatoren und Fremdherrscher einsetzen können: Er bestellt den US-Botschafter ins Auswärtige Amt ein. Durch in den Wänden installierte russische Mikrophone, die am Werderscher Markt 1 seit seligen Sowjetzeiten arbeiten, ist es bürgerschaftlich-engagierten Hackern der Anonymus-Gruppe Alexanderplatzt gelungen, den Inhalt des Gespräches zwischen Westerwelle und US-Botschafter John B. Emerson zu protokollieren. PPQ veröffentlicht die Wortlautübersetzung der Begegnung, die zum Teil in undiplomatischer Lautstärke geführt worden sein soll.

Zeit insgesamt: 17.30 bis 17.42 Uhr

Herr Westerwelle begrüßt Herrn Emerson und fragt, ob sein Erscheinen mit dem amerikanischen Präsidenten abgesprochen sei. Herr Emerson verneint. Er habe aber nach Washington gekabelt. Herr Westerwelle erwidert, dass das ein Problem darstellen würde. Wie denn der Urlaub gewesen sei und ob Herr Emerson sich in Berlin eingelebt habe? Herr Emerson bestätigt und macht Herrn Westerwelle ein Kompliment wegen seiner gelben Krawatte. Herr Westerwelle sagt, er wolle zur Sache kommen, es gehe ja um den ungeheuerlichen Verdacht, dass amerikanische Institutionen die Frau Bundeskanzlerin abgehört hätten.


Emerson: Das kann und will ich so nicht bestätigen, Herr Außenminister.

Westerwelle: Herr Botschafter, ich möchte Ihnen denn das Unverständnis und die Empörung der deutschen Seite über die berichteten Vorgänge der Abhörung unter engsten Partnern deutlich machen.

Emerson: Das verstehe ich, ich werde es meiner Regierung übermitteln.

Westerwelle: Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit.

Emerson: Das ist guter Brauch unter engen Partnern.

Westerwelle: Darf ich fragen, ob derzeit Aufnahmegeräte mitlaufen?

Emerson: Von unserer Seite aus nicht, nein, darüber habe ich keine Kenntnis.

Westerwelle: Es ist unserer Bevölkerung nicht vermittelbar, wenn ein enger Partner unsere Verfassungsorgane beobachtet.

Emerson: Das versteht meine Regierung. Dergleichen ist nicht geplant.

Westerwelle: Wir möchten unser Unverständnis darüber ernsthaft zum Ausdruck bringen.

Emerson: Das akzeptieren wir.

Westerwelle: Das freut mich. Es wäre ungeheuerlich, wenn wir feststellen müssten, dass es knallharter Maßnahmen unsererseits bedarf, die amerikanische Administration auf den Pfad demokratischer Tugend zurückzuführen.

Emerson: Das wäre in der Tat ungeheuerlich.

Westerwelle: Darf ich der Bundeskanzlerin mitteilen, dass wir uns ausgesprochen haben und die Probleme bereinigt sind?

Emerson: Ich bitte Sie, die Kanzlerin von mir zu grüßen.

Westerwelle: Haben Sie mein Telefon auch abgehört?

Emerson: Dazu ist mir nichts bekannt. Wir sind Partner, wir stehen auf derselben Seite.

Westerwelle: Uns verbindet eine lange gemeinsame Erfolgsgeschichte.

Emerson: Die wir fortschreiben sollten, ganz unabhängig von den Irritationen des Tagesgeschäftes.

Westerwelle: dazu müssen alle Zweifel am Bestand unserer unverbrüchlichen Freundschaft ausgeräumt werden.

Emerson: Das ist guter Brauch unter guten Partnern.

Westerwelle: Die Konsequenzen wären sonst schmerzhaft.

Emerson: Für beide Seiten.

Westerwelle: Eine deutsche Annäherung an Russland stände im Raum.

Emerson: Meine Regierung ist sich im Klaren darüber, wo Deutschlands Präferenzen liegen.

Westerwelle: Niemand von uns will, dass Deutschland seine Grenzen schließt und Europa amerikanische Waren boykottiert.

Emerson: Unsere Interessen decken sich auch in diesem Punkt.

Westerwelle: Ich muss Sie ernsthaft ermahnen, unser Recht zu respektieren, auch das Recht der Bundeskanzlerin auf eine geschützte Privatsphäre.

Emerson: Das ist meiner Regierung bekannt.

Westerwelle: Ich spreche ganz deutlich mit Ihnen, wie das unter Freunden und Partner üblich ist, die alles voneinander wissen.

Emerson: Das versteht meine Regierung.

Westerwelle: Nehmen Sie diese Botschaft mit nach Washington. Herrn Obama meine lieben Grüße.

Herr Westerwelle beleitet Herrn Emerson zur Tür, die beiden Männer schütteln sich hörbar die Hände. "Grüße an Ihre Familie", sagt Herr Emerson. Er lächelt milde. Grüße an Ihre Familie, sagt auch Herr Westerwelle.

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Lauschangriff im Hochsicherheitstrakt

Lange gingen Experten davon aus, dass sich die Abhörbemühungen der amerikanischen Geheimdienste in Deutschland ausschließlich gegen Hartz-4-Empfänger, Staatsfeinde und potentielle Terroristen richten. Erst der ungeheuerliche Spähverdacht um Angela Merkel schreckt die Öffentlichkeit nun auf: Wenn schon die Telefongespräche unserer Kanzlerin abgehört werden, was ist dann mit mir?, fragen sich viele besorgte Bürger.

Deutsche Hightech-Firmen wie die Telekom, zuletzt vorgesprescht mit der Idee eines vor Geheimdienstüberwachung sicheren abgeschirmten deutschen Internet namens D-Net, beruhigen. "Mit zuverlässigen ICT-Lösungen unterstützt T-Systems die Arbeit nationaler und internationaler Sicherheitsinstitutionen" versichert die Deutsche Telekom, die mit einem modifizierten Samsung Galaxy S3 unter dem Namen SiMKo 3 ein Smartphone entwickelt hat, das zum Kaufpreis von 1700 Euro alle Anforderungen für sichere mobile Kommunikation erfüllt: Das vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik empfohlene Gerät "schützt Smartphones vor Angriffen von außen und arbeitet durchgehend verschlüsselt", der Zugriff auf Daten erfolge über getunnelte Verbindungen und "im Fall des Verlusts lässt sich das gesicherte Smartphone nicht von Unbefugten nutzen".

Das überzeugt. Allein das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dessen geheime Arbeit auf keinen Fall überwacht werden darf, bestellte 60 Simko-Smartphones für 135.660 Euro. Keine Chance haben ausländische Überwacher auf beim Nokia 6260, das Bundeskanzlerin Merkel nutzt: Ihr Handy wurde von der deutschen Firma Secusmart, deren Geschäftsführer einst sogar Bundesaußenminister Westerwelle in fremde Länder begleitete, so modifiziert, dass es für 2500 Euro als abhörsicher verkauft werden kann. "Um die Hochsicherheitslösung in Betrieb zu nehmen", beschreibt die Düsseldorfer Firma, "wird einfach die Secusmart Security Card in den MicroSD-Slot des Endgeräts gesteckt. Ab diesem Moment finden Authentifizierung und Verschlüsselung innerhalb der Karte statt." Erst vor wenigen Tagen hatte der Abhörschutz nach mehrmonatigem erfolgreichem Testbetrieb die Zulassung des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik für die Geheimhaltungsstufe VS-NfD (Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch) erhalten.

Die deutschen Bundesbehörden seien damit mit der "weltweit modernsten sicheren Lösung" ausgestattet, ist Quelle sicher. Ein Triumph deutschen Forschergeistes, der sich auch kaufmännisch auszahlt. Nach Unternehmensangaben haben bis heute bereits 23 Bundesbehörden mehr als 1200 Secusuite-Smartphones für rund drei Millionen Euro gekauft. Das schafft ein wohliges Gefühl von Sicherheit: „Der Bund hatte ja definitiv die Vorreiterrolle übernommen, wenn es darum geht, sich gegen Lauschangriffe zu schützen", heißt es bei Secusmart. Wäre das sicherste Handy der Welt dennoch abgehört worden, handelte es sich mithin um einen "Schlag ins Gesicht der deutschen Sicherheitsbehörden" wie die "Welt" zürnt.

NSU: Vorladung für Hollywood

Nach den neuen Enthüllungen im NSU-Prozess über die eventuelle Beteiligung einer amerikanischen Schauspielerin an den Mordanschlägen der Terrorgruppe aus Thüringen bekommt das aufsehenerregende Verfahren neuen Zündstoff. Eine Zeugin hatte ausgesagt, die Schauspielerin Sara Gilbert (Foto oben), die in der US-Fernsehserie „Roseanne“ die Figur der Darlene Conner spielt, vor einem Mordanschlag des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ im Jahr 2005 in Nürnberg in der Nähe des Tatorts gesehen zu haben. Gilbert habe vor ihr in einem Supermarkt an der Kasse in der Schlange gestanden, sagte die Zeugin vor dem Oberlandesgericht München. Sie sei ihr aufgefallen, weil sie aus dem Fernsehen kenne. „Sie stand direkt vor mir.“

Zunächst hatte die Frau der Begegnung im Supermarkt keine Beachtung geschenkt. Erst als sie nach vielen Jahren ein Fahndungsbild sah, sei ihr eingefallen, dass sie Sara Gilbert genau am Tattag sechs Jahre zuvor im Edeka gesehen habe. Die lockigen Haare und das Gesicht habe sie nie vergessen können. Der Vorsitzende Richter legte der Zeugin Bilder der Schauspielerin vor; tatsächlich identifizierte die Frau Gilbert als die Darstellerin aus der Fernsehserie, die 2005 im Supermarkt eingekauft habe. Nicht mehr erinnerlich waren ihr die Waren, die die Amerikanerin im Korb hatte.

Bereits in der Anklageschrift ging die Bundesanwaltschaft aufgrund der Aussagen der Frau davon aus, dass Sara Gilbert am Tatort war. Weil sich die Zeugin aber in ihrer Vernehmung vor Gericht zwar noch an ihre Begegnung mit Gilbert vor inzwischen acht Jahren, nicht aber an die vielen Einzelheiten erinnern konnte, die sie noch vor einigen Jahren gewusst hatte, rechnen Beobachter damit, dass das Gericht die amerikanische Schauspielerin selbst vorladen wird. Gilbert solle ihren Aufenthaltsort am Tattag nennen und ein Alibi vorlegen. Bislang gibt es keine belastbaren Hinweise, dass der frühere Kinderstar bei den Anschlägen des Nationalsozialistischen Untergrunds in der Nähe der Tatorte gewesen sein könnte.

Ein Land schreibt einen Thriller:

NSU: Rufnummernmitnahme
NSU: Robert Redford gegen rechts
NSU: Strafe muss sein
NSU: Terror fürs Museum
NSU: Herz, Stern oder Halbmond
NSU: Schweigekomplott am Bosporus
NSU: Nazi per Nachname
NSU: Platznot auch im Alex-Prozess
NSU: Killerkatzen im Untergrund
NSU: Das weltoffene Deutschland im Visier
NSU: Liebes Terrortagebuch
NSU: NSU: Push the forearm fully forward
NSU: Heiße Spur nach Hollywood
NSU: Die Mutter von Hirn und Werkzeug
NSU: Musterstück der Selbstentlarvung
NSU: Rettung durch Rechtsrotz
NSU: Schreddern mit rechts
NSU: Softwarepanne halb so wild
NSU: Neues Opfer beim Verfassungsschutz
NSU: Im Namen der Nabe
NSU: Handy-Spur ins Rätselcamp
NSU: Brauner Pate auf freiem Fuß
NSU: Rufmord an den Opfern
NSU: Heiße Spur ins Juwelendiebmilieu
NSU: Eine Muh, eine Mäh, eine Zschäperättätä
NSU: Von der Zelle in die Zelle
NSU: Die Spur der Schweine
NSU: Gewaltbrücke zu den Sternsingern
NSU: Gebührenwahnsinn beim Meldeamt
NSU: Nun auch auf dem linken Auge blind
NSU: Die Welt ist klein
NSU: Verdacht auf Verjährung
NSU: Weniger hats schwer
NSU: Terrorwochen abgebrochen
NSU: Rechts, wo kein Herz schlägt
NSU: Was steckt dahitler?
NSU: Neue Spuren ins Nichts
NSU: Tanz den Trinitrotoluol
NSU: Der Fall Braun
NSU: Honeckers rechte Rache
NSU: Die Mundart-Mörder
NSU-Todeslisten: Sie hatten noch viel vor
NSU: Was wusste Google?
NSU: Kommando späte Reue
NSU: Die tödliche Bilanz des braunen Terrors
NSU: Mit Hasskappen gegen den Heimsieg
NSU: Mordspur nach Möhlau

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Mehrwert im neuen Bundestag

Einen Monat nach der Wahl trat der Bundestag zum ersten Mal in der 18. Legislaturperiode zusammen. Wegen der schrumpfenden Bevölkerung sitzen im neugewählten Parlament statt 622 Abgeordneter jetzt 631 Volksvertreter, die nach dem neuen Wahlrecht wegen größerer Übersichtlichkeit auch nicht mehr auf fünf, sondern nur noch auf vier Fraktionen aufgeteilt wurden. Jeweils zwei Parteien stellen den Vorschriften des neuen Wahlrechts folgend in den kommenden vier Jahren die Regierung, die beiden übrigen spielen die sogenannte Opposition.

Neben elf neuen Stühlen, die von der Bundestagsverwaltung per europaweiter Ausschreibung beschafft wurden, hat sich das Parlament zwei zusätzliche Vize-Präsidentenstellen gegönnt, um die anfallende Mehrarbeit zur Verwaltung und fachlichen Anleitung der zusätzlichen Parlamentarier zu bewältigen. Die dafür anfallenden Mehrkosten in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro sollen durch den Verkauf einer neuen Merchandisingkollektion mit Bundesadlersymbol erwirtschaftet werden.

Allerweltsbotschaften vom Untergang

Blogger haben erneut Fehler im letzten Klimareport der Uno entdeckt. Temperatursteigerungprognosen stimmen nicht, der Anstieg des Meeresspiegels wird nur in einer sehr hohen Bandbreite vorhergesagt, auch zunehmende Gewaltkonflikte durch die Erderwärmung stellen sich als Abschreibübung aus populären Thrillern heraus. Der Weltklimarat plant nach einem Bericht des "Spiegel" nun eine neue fehlerfreie Strategie - und will auf große Berichte ganz verzichten.

Zum 25. Geburtstag kamen kaum Gäste, es wurde nur klimaneutrales Wasser gereicht. Der Ehrentag des Klimarats der Vereinten Nationen (IPCC) wurde mit einer spärlich besuchten Pressekonferenz in der georgischen Stadt Batumi begangen, auf der die Ergebnisse der 37. IPCC-Hauptversammlung vorgestellt wurden. Es wirkte wie ein Abgesang auf jene Organisation, die 2007 immerhin mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde. Einen weiteren Klimareport wird es womöglich nicht mehr geben.

Denn nach vielen Pannen, ausgestiegenen Großkämpfern und Streit um den wissenschaftlichen Wert von durch Politiker abgesprochenen Klimaprognosen ist auch noch ein Entwurf des zweiten, eigentlich noch geheimen Teils des neuen Reports - er behandelt die Auswirkungen der erwarteten Klimaänderungen - im Internet gelandet. Schon der erste Teil des Berichts war in mehreren Vorabversionen auf diese Weise an die Öffentlichkeit gelangt. Er enthält wie immer tolle Bedrohungsszenarien, schreckliche Vorhersagen und Warnungen vor dem Unabänderlichen, allerdings keinerlei Wettervorhersagen.

Der Hammer: In allen Weltregionen wurden bereits Auswirkungen des Klimawandels auf die Umwelt festgestellt. So sollen deutsche Medien vor einigen Jahren zeitweise rund zehn Prozent ihrer Kapazitäten auf Klimaberichterstattung ausgerichtet gehabt haben. Auch die deutsche Bundeskanzlerin zeigte damals Klimafolgen: Sie reiste in die Arktis, während ihr politischer Gegenspieler Sigmar Gabriel einen Eisbären adoptierte, der allerdings schon wenig später an den Folgen verstarb.

Auch andere Ökosysteme sind auf Klimaschwankungen schlecht eingestellt. Tiere und Pflanzen ändern wie seit jeher ihre Lebensweise und Verbreitungsgebiete, kommt es zur geplanten Erwärmung, muss die Landwirtschaft mit Einbußen rechnen.

Offiziell will der IPCC den zweiten Teil seines Klimareports erst im März präsentieren, weil die Hoffnung besteht, dass der Winter nicht zum fünften Mal hintereinander bis in dem Mai reicht. Doch inzwischen mehren sich Zweifel daran, ob mit Allerweltsbotschaften vom Untergang noch das übliche Aufsehen zu erregen sein wird. Ob es einen weiteren Uno-Klimareport geben wird, sei derzeit auch völlig unklar, erklärte der IPCC in Batumi. Vieles deutet darauf hin, dass der fünfte IPCC-Bericht der letzte große sogenannte Sachstandsbericht der Uno übers Klima wird. Zu viel werde gemeckert, immer wieder träten Skeptiker und Leugner frech auf den Plan, um neue Vorhersagen an früheren zu messen.

Statt der großen Klimaberichte erwägt der IPCC dem Vernehmen nach, kleinere Reports zu einzelnen Umweltfragen für einzelne Interessenten herauszugeben. Führende IPCC-Forscher, darunter der Leiter der Uno-Klimaverhandlungen in Stockholm, Thomas Stocker, plädieren für begrenzte Berichte für eine begrenzte Öffentlichkeit. Sie könnten lauten: "Wie hoch steigt das Meer?" oder "Wie schnell schmilzt das Eis?" Denkbar wäre es, diese Fragen in ein, zwei Sätzen oder mit einer klaren Meterangabe zu beantworten. Dann könnten dem IPCC auch nicht mehr Fehler und Undurchsichtigkeit vorgeworfen werden.

Zudem würden Tausende Wissenschaftler, die dem IPCC derzeit weltweit zuarbeiten, dann nicht einfach arbeitslos und der vakant werdende Friedensnobelpreis fiele auch nicht an das Nobelpreiskomitee zurück.

Dienstag, 22. Oktober 2013

Peak Oil abgesagt

Nur fünfeinhalb Jahre hat es gedauert , und schon zieht der Weltenergierat unserem kleinen Primärenergieboard nach: Pünktlich zum 40. Jahrestag der Ölkrise verlegen die selbsternannten Experten den Zeitpunkt, ab dem die weltweiten Ölreserven schrumpfen werden, wie sie es nach dem Willen von Weltuntergangspropheten bereits seit 25 Jahren tun sollen, in eine ferne Zukunft.

Beim Weltenergiekongress hieß es stattdessen nun, dass die "heute bekannten Erdölreserven um rund 25 Prozent größer als 1993" seien und die Ölproduktion seitdem um 20 Prozent zugelegt habe. Ein Desaster für die Apologeten des Peak Oil, die 2004 den Höhepunkt der Förderung verkündet hatten, 2005 gleich dreimal meldeten, dass der Höhepunkt der Förderung nun überschritten sei, 2006 wiederum überzeugt waren, nun sei es aber soweit, 2007 und 2008 erneut dasselbe meldeten und gleichzeitig mit einem "Oil is running out"-Video auf Youtube versuchten, die bröckelnde Datenbasis mit popkulturellem Aplomb zu überspielen.

Nach dem sauren Regen, dem Ozonloch und der fortlaufenden Erwärmung der Atmosphäre ein erneuter Tiefschlag für die Angstindustrie, deren Erfolg darin wurzelte, dass der moderne Mensch sich danach sehnt, die eigene Anwesenheit auf der Erde mit der Bedeutung aufzuladen, in historisch bedeutsamen Zeiten gelebt zu haben.

Nun werden Öl und Gas also auch in den nächsten Jahrzehnten zur Verfügung stehen. Die Energieressourcen seien 40 Jahre nach den Weltuntergangsprognosen des Club of Rome heute weltweit größer als je zuvor, obwohl die Entwicklung der sogenannten erneuerbaren Energien "bedeutend langsamer vorangeschritten sei als noch vor 20 Jahren erwartet" worden war. Die Zukunft hat Zukunft.

Allerdings weigert sich die Qualitätspresse derzeit noch im gewohnten Chor, ihren Lesern das auch nur in einer einzigen Zeile mitzuteilen.

Ein Lob der Lähmung

Ist es ein Monat? Oder sind es schon zwei? Drei gar? Deutschland im Herbst, die Blätter fallen und die Politik fällt seit Monaten durch ihr Fehlen auf. Stille in Berlin, der Bundestag tagt seit sieben Wochen nicht mehr, die Kanzlerin belässt es beim Platzwarmhalten, die Opposition ist mit sich selbst zur Genüge beschäftigt.

Und es geht. Es geht gut sogar. Obwohl seit Wochen weder Mindeslöhne eingeführt noch Steuern gesenkt oder erhöht wurden, obwohl weder Rettungspakete neu gepackt noch Renten angeglichen, pflichtvegetarische Mahlzeiten eingeführt oder Mautgebühren für Autofahrer erlassen wurden, sagen Wirtschaftsforschungsinstitute einen kommenden großen "Aufschwung" voraus. Die mit großer Zuverlässigkeit irrenden Experten erreichen damit ein ganz neues Level halluzinierten Realismus´: Erstmals gelingt es ihnen, mit einer in Unkenntnis aller künftigen politischen Weichenstellungen getroffenen Prognose nachzuweisen, dass der Einfluss der Politik auf wirtschaftliche Großwetterlagen vernachlässigbar ist.

Die Blätter fallen, Großes kündigt sich an. "Across the land the air is still, the leaves are falling golden one by one like the paper money falls or the soldiers stealing homeward", singt der britische Poet Justin Sullivan, der ahnt: "There is only beginning and there is beginning of the end".

Ein Lob der Lähmung, ein Lob des würdevoll ausgelegenen Koma, der großkoalitionären Front der Vernunft, deren einziges Bestreben es ist, Bewegung zu simulieren, um über die Tatsache hinwegzutäuschen, dass das erreichte Maß an gesellschaftlicher Stagnation historisch selbst dem von den klassischen Stagnationsnationen des Ostblocks unter dem Banner des Sozialismus erzielten nicht mehr nachsteht. Alles dreht sich. Nichts bewegt sich. Die Wallung der Woche ist ein Bischof, die mediale Angst des Monats der Umstand, dass der Mann zu schnell zurücktreten könnte.

Was dann? Der Gelähmte rollt mit den Augen, es blitzt die Pupille. "So who wants to live forever when these moments will only come the once?", singt Sullivan, starrend in die letzte Glut des Feuers. Ein Song für Angela Merkel, für Claudia Roth, Jürgen Trittin, die Stones-Brothers, für all die Bedauernswerten, Abgetauchten, Zukunftslosen: "Everything is beautiful because everything is dying".

Montag, 21. Oktober 2013

Mehr Staat vom Brutto

Wenn es irgendwo doch noch Zweifel darüber gegeben haben sollte, wer die Bundestagswahl am 22. September wirklich gewonnen hat, dann sind sie jetzt wohl endgültig ausgeräumt. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums bestätigen die neuen Daten über die Steuereinnahmen des Bundes die Strategie von SPD, Linken und Grünen, die im Wahlkampf bekanntgegeben hatten, dass Bürgerinnen und Bürger Bund und Ländern künftig mehr Geld überlassen müssten, damit Parteien, Behörden und Ämter noch mehr Aufgaben noch umfassender erfüllen können. Bereits am Wahltag hatten die drei Linksparteien mit ihrer mutigen und ehrlichen Politik rein numerisch eine regierungsfähige Mehrheit erzielen können. Nur Vorbehalte wegen der außenpolitischen Wirkung einer Regierungsbeteiligung der ehemaligen DDR-Staatspartei Die Linke hatten Verhandlungen über die Bildung einer großen Koalition der Steuererhöher verhindert.

Die Steuererhöhungen aber kommen dennoch, unauffällig und durch die Hintertür der kalten progression. Allein im September nahm der Finanzminister 54,7 Milliarden Euro ein - verglichen mit dem Vorjahr 7,8 Prozent mehr. Nach neun Monaten summieren sich die Steuereinnahmen auf 416,4 Milliarden Euro eingenommen - 3,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum 2012. Zahlen, die die SPD-Argumentation untermauern, nach der die Steuerpolitik der vergangenen Jahrzehnte die öffentliche Hand hat „verdorren lassen“: 1991 noch nahm der Staat 338 Milliarden Steuern ein, heute belaufen sich die Einnahmen auf rund 600 Milliarden - eine Steigerung auf rund 178 Prozent. Das Durchschnittgehalt der Deutschen stieg im selben Zeitraum nur von 22.200 Euro auf 34.000 Euro - eine Steigerung auf rund 157 Prozent.

Der Staatsanteil am Bruttoinlandsprodukt ist seit mehr als 20 Jahren beständig gewachsen, die staatlichen Institutionen beißen sich einen immer größeren Anteil vom erwirtschafteten Einkommen der Bürger ab. Gleichzeitig hat der Staat seine seine Verschuldung konsequent ausgebaut, seine Investitionsquote beharrlich gesenkt und seinen Ruf als ehrlicher Makler der Interessen seiner Insassen ausgebaut.

Im Ergebnis ist der Staat pleite, er braucht dringend Geld, mehr Geld und immer noch mehr. Für die SPD ist das Thema Steuererhöhungen bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union denn auch noch lange nicht vom Tisch. Die Projekte einer großen Koalition müssten "belastbar finanziert" werden, sagte der SPD-Geldausgabeexperte Joachim Poß dem Sender n-tv. Poß, 2006 als "Pfeifenraucher des Jahres" ausgezeichnet, bleibt auch angesichts der Rekordeinnahmen des Bundes hart: "Das ist ja nicht zum Nulltarif zu haben", sagte er. Irgendeine Möglichkeit, weitere Mehreinnahmen zu verbraten, werde sich aller Erfahrung nach immer finden.

Grüne Freiheit: Supergrundrecht Gleichheit

Mit einem prächtigen Startwitz hat sich der neue Chefclown der Partei Bündnis90/Die Grünen über die Wochenzeitschrift "Die Zeit" an das deutsche Volk gewandt. Wie Anton Hofreiter, bisher als Verkehrsexperte aus der vierten Reihe der Bewegung agierend, in einem instruktiven Gastbeitrag für die Raucherzeitung aus Hamburg schreibt, handele es sich bei seiner Bevormundungs- und Verbotspartei in Wirklichkeit um eine "starke Kraft der Freiheit in Deutschland". Alle Behauptungen, die von den Grünen unter ihrem früheren Spitzenduo Trittin/Göring-Eckhard betriebene exzessive Regulierungspolitik, die selbst noch die privatesten Lebensentscheidungen der Menschen hatte staatlich vorgeben wollen, sei freiheitsfeindlich gewesen, beruhten auf purer Polemik. Es handele sich dabei um den "Versuch, einen verkürzten, einseitigen Freiheitsbegriff durchzusetzen", so Hofreiter, der zum Thema „Die infragenerische Gliederung der Gattung Bomarea Mirb. und die Revision der Untergattungen Sphaerine Baker und Wichuraea Baker (Alstroemeriaceae)“ promoviert hat.

Der neue starke Mann der geschwächten Grünen weist diesen "Freiheitsbegriff, der sich vor allem gegen den Staat richtet, gegen öffentliche Institutionen" entschieden zurück. Er sei "egoistisch", denn er sehe "vor allem die "eigene" Freiheit, ohne sich groß um die Freiheit der "Anderen" zu kümmern".

Offenbar eine kleine, aber läßliche Verwechslung des Filmtitels "Das Leben der Anderen" mit dem Luxemburg-Postulat von der "Freiheit der Andersdenkenden", die Hofreiter hier unterläuft, während er versucht, Sartres "Existenz ist Freiheit, Freiheit damit Aufgabe und und Würde des Menschen; diese ist aber begrenzt durch die Freiheit des Anderen" umzukehren, um die "Aufgabe von Politik aus grüner Sicht" (Hofreiter) zu legitimieren, als die er beschreibt "die Freiheit des einen mit der Freiheit des anderen zusammenzubringen": Und wo der Schnittpunkt liegt, bestimmt Anton Hofreiter.

Freiheit in Grün, bei der "der Staat allen Einzelnen die gleichen Möglichkeiten gibt", wie er ausführt. Gelingt es nicht, alle mit gleicher Intelligenz, gleichem Fleiß und gleicher Beharrlichkeit auszustatten, muss der Staat ausgleichen: Wer weniger tut, bekommt mehr dafür, wer mehr hat, darf mehr abgeben. Denn "um ein selbstbestimmtes Leben auch real führen zu können, brauchen die Menschen Mittel und Fähigkeiten, materielle und immaterielle Ressourcen wie Gesundheit, Bildung, Wissen, ein gewisses Maß an Sicherheit."

Hier steht Hofreiter auf der Brücke zur CSU und deren Supergrundrecht Sicherheit. "Die Grünen sind aber in einem noch umfassenderen Sinne eine Partei der Freiheit", argumentiert Anton Hofreiter, der direkt aus dem Studium in den Bundestags wechselte. "Den Cowboy, der durch die Prärie streifende Archetypus der Freiheit, kann es in einer modernen Gesellschaft nicht geben" (Grammatik im Original), ist er sicher, deshalb könne es Freiheit in einem Staat nur in dem Maße geben, in dem der Staat allen Einzelnen die gleichen Möglichkeiten gibt.

Niemand mehr, niemand weniger, eine gerechte Freiheit, die im Einzelfall an Grenzen stößt, wo sie das Maß erreicht, das der Nachbar für sich für ausreichend hält.

"Unsere Programmatik zielt auf die Ermöglichung der Freiheit des Einzelnen, genauer der Einzelnen, also im Idealfall der gleichen Freiheit aller Einzelnen", läßt Hofreiter keine Zweifel an seiner Absicht zu, auch künftig regulierend und disziplinierend überall dort einzugreifen, wo individuelle Freiheiten zum Privatvergnügen genutzt und missbraucht werden. "Denn selbstbestimmte Lebensführung der einzelnen Menschen kommt nicht von selbst", heißt es weiter, sie braucht grüne Anleitung, staatliche Bevormundung und eine Bereitstellung der "Ressourcen für Freiheit" durch Ämter und Behörden. Der neue Hoffnungsträger schließt seine Selbstvorstellung programmatisch: "Das grüne Verhältnis zum Staat bleibt also spannungsvoll. Das zur Freiheit ist eindeutig."

Sonntag, 20. Oktober 2013

Fremde Federn: Ehrenrettung des Liberalismus


Frank Steinmeier hatte es gesagt. "Keine Vorbereitung auf große Koalition". Peer Steinbrück hatte bekräftigt. Er werde der SPD "keine große Koalition antun", so versprach der Kanzlerkandidat. Der Parteivorsitzende schwor es schon lange: Große Koalition? Nein danke! Und nun also doch, wie immer und wie hier schon vor dem Urnengang vorhergesagt: Es kommt die Große Koalition der Kämpfer um mehr Gerechtigkeit, mehr Staat, mehr Europa, die Große Koalition der Verteiler, Europaretter und Gespensterjäger.

Susanne Kablitz beschreibt die Situation direkt vor der Machtübernahme der Nationalen Front im European äußerst treffend als "Krise im Pseudo-Kapitalismus": Die etablierte Krisenpolitik jage einem neoliberalen Sündenbock nach, vom Motto "so viel Markt wie möglich, so viel Staat wie nötig" sei nur noch das "viel Staat" geblieben, auf das sich inzwischen von FDP bis Linke alle einigen könnten. Marx geht Mainstream, Kapitalismuskritik ist im Mäntelchen der Anprangerung des "Neoliberalismus" Konsens geworden. Dabei gibt es das, wogegen die große Koalition aus christdemokratischen Sozialkommunisten zu kämpfen vorgibt, in Deutschland schon lange nicht mehr - etwa im Bereich der Banken. Hier ist die Vergesellschaftung nahe vor der Vollendung: Von fünf privaten Großbanken, die einst das vierte Bein neben den öffentlichen Sparkassen in Kommunalbesitz, den staatseigenen Landesbanken und den genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken bildeten, ist nach einer über ein Jahrzehnt andauernden Verschiebungs- und Verkaufsorgie, bei der auf staatlichen Druck zuletzt die halbstaatlich gewordene Commerzbank die marode Dresdner Bank von der Allianz-Versicherung übernehmen musste, um akute Bedrohungen von den bei der liegenden Altersrücklagen von Millionen Deutschen abzuwenden, genau noch eine übrig: Die Deutsche Bank. Und selbst die gehört zu mehr als der Hälfte deutschen Kleinanlegern, Steuerzahlern mithin und Wählern.

Dessenungeachtet gilt das Institut, das im weltweiten Maßstab ein armer Zwerg ist, als Aushängeschild des Raubtierkapitalismus, den es zu bekämpfen gilt. Den Menschen gefällt das, sie mögen es, betreut zu leben und bei der Hand genommen zu werden.


Wenn Kablitz also klagt, dass Deutschland "in immer mehr Vorschriften, Gesetzen und Abgaben" ertrinke, ist das der Wunsch einer Mehrheit der Bevölkerung. Die mag es, sich an 2152 Bundesgesetze und 3312 Verordnungen mit insgesamt 88 067 Einzelvorschriften zu halten, die findet es richtig gut, dass nur noch 33,9 Prozent der Bürger Deutschlands von einem selbst erwirtschafteten Markteinkommen leben, die anderen 66,1 Prozent aber von staatlichen Zuwendungen, die sich aus Abgaben des ersten Drittels speisen. "Trotz dieser Erkenntnisse wird der Ruf nach „sozialer Gerechtigkeit“ immer lauter", staunt die Autorin, "Steuererhöhungen sollen her und bluten sollen die Reichen“. Erklärlich, denn wo eine Mehrheit von ihr profitiert, ist Umverteilung ist das alleinseligmachende Mittel zur Macht. Das Ende des Liberalismus durch eine Verächtlichmachung als kaltem, berechnenden Neoliberalismus folgt so nur einem kalten, berechnenden Kalkül: Wirtschaftliche Vernunft ikst dort, wo die Mehrheit der gesellschaftlichen Wünsche wohnt, denn dort lockt die Macht, locken Posten und Positionen.


Samstag, 19. Oktober 2013

HFC: Sieg dank Andy-Materie

Die Bilder gleichen sich verblüffend. Sonnenschein und strahlender Himmel, ein volles Haus und mittendrin steht Akaki "Andy" Gogia und reckt die Faust. Wie beim letzten Heimspiel gegen den Chemnitzer FC hat der gebürtige Georgier gerade wieder sein Tor gemacht. Und es wird einmal mehr das entscheidende sein.

Es ist diesmal die 45. Minute im halleschen Erdgas-Sportpark und bis eben hatte eigentlich nur der Gast aus Darmstadt gespielt. Da zimmert der 21-Jährige den Ball nach einem Anspiel von Sören Bertram aus aussichtsloser Position in Spielfeldmitte aufs Tor. Ein Darmstädter fälscht ab. Und noch einer. Darmstadts Torwart Zimmermann steht auf dem falschen Bein. Und drin ist er.

Eine Führung wie aus dem Nichts, denn bis zu diesem Moment waren die Hallenser ihren Gegenspielern nur hinterhergelaufen. Darmstadt attackiert früh, behauptet den Ball, gewinnt die Zweikämpfe und hat Glück, als Heller Tony Schmidt an der Außenlinie von hinten fällt. An exakt derselben Stelle hatte Robert Schick gegen Chemnitz für dasselbe Foul Rot gesehen. Heute belässt es Schiedsrichter Kempter beim Gelb.

Halle lauert auf Konter, bringt aber keine zustande. Ganz vorn und sehr allein steht Timo Furuholm, der Mann, der mit Suomi-Power schon einige Spiele für die Gastgeber aus dem Feuer gerissen hat. Heute jammert und gestikuliert er auf verlorenem Posten darüber, dass kaum Anspiele zu ihm kommen. Und wenn sie kommen, muss er sie in den leeren Raum vor und neben sich ablegen, weil Darmstadt weit aufgerückt im HFC-Mittelfeld steht.

Anstelle von Suomi-Power muss es Andy-Materie richten. Zwei Abseitstore stehen bis zur Halbzeit für Darmstadt auf der Rechnung, dazu zwei, drei gute Einschußmöglichkeiten, die HFC-Kepper Pierre Kleinheider im Verein mit dem wiederum äußerst starken Innenverteidigerduo Marcel Franke und Kristian Kojola entschärft. Die Hallenser unter den 7012 Fans auf den Rängen hoffen eigentlich nur auf eine bessere zweite Halbzeit - ausgerechnet da schlägt die Minute des Andy Gogia, der seine ersten Karriereschritte beim halleschen Vorortklub FSV 67 absolvierte. Jubel. Aufatmen. Erleichterung.

Darmstadt, in der vergangenen Saison nur durch einen insolventen Konkurrenten vor dem Abstieg gerettet, inzwischen aber Tabellenzweiter, bleibt auch in der zweiten Halbzeit die bessere Elf, ohne wirklich große Torgefahr auszustrahlen. Ein Kopfball von Stroh-Engel und ein Fernschuß, den Kleinheider über die Latte lenkt - viel mehr kommt nicht. Auch auf der anderen Seite wird offensive Magerkost geboten: Furuholm köpft unbedrängt drüber, Sören Bertram, von Gogia herausragend freigespielt, schießt links am Tor vorbei.

Das lange Ende erinnert dann wie die Szene nach Gogias Tor an das Chemnitz-Spiel. Der HFC schleppt sich ins Ziel, unterstützt von einem beständig tobenden Publikum und einer Gästemannschaft, der doch die spielerischen Mittel fehlen, die sicher stehende HFC-Abwehr auszumanövrieren. Der Schlusspfiff ist reine Glückseligkeit, das 0:4 von Dortmund vergessen. Es ist der sechste Sieg im 13. Saisonspiel, er bringt Tabellenplatz 9 und eine nahezu ausgeglichene Bilanz nach zwei Dritteln der Hinserie. Bis zur Winterpause folgten - abgesehen von Erfurt - nur noch Spiele gegen Mannschaften, die in der Tabelle hinter der Köhler-Elf stehen.

Darmstadt-Drama in der Vorsaison: Vom 2:0 zum 2:2

Gegen Ende des Endes

Mitten in der größten Krise seit jenem Sommer, in dem es in der DDR keine Zigaretten zu kaufen gab, weil die Devisen für den Tabakimport nach Bayern transferiert werden mussten, sind die alten, lange nicht mehr aufgelegten Bücher die, in denen die erhellendsten Dinge über das steht, was vorgeht.

Albert Speer etwa, als Hitlers Architekt und Rüstungsminister in Nürnberg verurteilt und anschließend in Spandau inhaftiert, blickte seinerzeit nach 13 Jahren Haft auf ein paar Briefe von daheim und staunte. "Die Briefe von zu Haus zeigen, dass die Festtage abliefen wie zu meiner Kinderzeit auch", schreibt er in sein Tagebuch, "einige der Kinder sind zum Skifahren, Margareth wird die Silvesternacht mit Freunden verbringen." Daraus steige die "vertraute Atmosphäre von gestern hervor".

Wie könne das sein? Speer ist ratlos. "Als sich gegen Ende des Krieges, weit über die Niederlage hinaus, der Zusammenbruch abzeichnete, hatte ich immer das Gefühl, dass hier nicht nur dieses Regime und dieses Reich, sondern eine ganze Welt zusammenbräche." Alles schien zu Ende, schreibt er: "Wir waren völlig sicher, dass nicht nur die Funktionäre des Regimes abtreten würden, sondern auch die alten tragenden Schichten". Eine ganze Welt mit ihrer Bildung, ihrem Besitzanspruch, ihrer Moral würde einfach zu bestehen aufhören. "Wir gegenwärtigten eine Zeit unterschiedsloser Armut und innerer Bescheidenheit. Autos, Flugzeuge, technischer Komfort würde es nach dem Untergang nicht mehr geben."

Doch alles kommt anders. "Die Revolution, die wir erwarteten und die damals so sicher schien, hat offensichtlich nicht stattgefunden, das sagt mir jeder Brief von zu Haus, ob er von Studentenbällen oder dem Leben im Heidelberger Ruderclub berichtet. Am überraschendsten ist für mich, welchen Wohlstand es schon wieder gibt, die Kritik daran scheint das Hauptthema der Literatur der Gegenwart zu sein. Auch die Technik ist wiedergekehrt, triumphaler denn je, alle Warnungen vor ihren Gefahren sind verhallt. Manchmal machen die Zeitungen geradezu den Eindruck, als sei die ganze Bundesrepublik ein einziges Industrierevier, unablässig Requisiten des Wohlstands produzierend. Wie zählebig sind doch die Verhältnisse."

Klimawandel im Wandel

Es sollte nicht weniger sein als "die präziseste Kalkulation der Folgen des Klimawandels", die Forscher des Hamburger Max-Planck-Instituts (MPI) für Meteorologe vor fünf Jahren vorlegten. Im Auftrag der Bundesregierung erstellt, behauptete das Papier, "in nie erreichter Genauigkeit" (Spiegel) und auf einzelne Regionen aufgeschlüsselt voraussagen zu können, wie sich das Klima bis ins Jahr 2100 verändert.

Wie fragwürdig dieses Versprechen wirklich ist, wird mit Abstand allmählich deutlich. Denn zwar verwiesen die MPI-Forscher stolz auf einem "Großcomputer, der mehrere Räume des Max-Planck-Instituts in Hamburg füllt" und für jede Minute der kommenden 92 Jahre drei Szenarien errechnet habe, wie sich das Klima verändern könnte. Beachtet wurden dabei Einflussgrößen wie Niederschlag, Vegetation und Bodenbedeckung, denn diese, so schreiben die Forscher, beeinflussen natürlich die Klimaentwicklung. Richtig überzeugend klingt das Ganze, wenn die Forscher ausführen, es handele sich hier um ein "dreidimensionales hydrostatisches regionales Klimamodell", das ein "atmosphärisches Zirkulationsmodell" sei, welches "die relevanten physikalischen Prozesse dynamisch berechne" und dabei "insbesondere nicht-lineare Zusammenhänge" berücksichtige.

Das schönste Programm aber kann natürlich nur mit den Faktoren rechnen, die ihm eingegeben werden. Und da haben die Max-Planck-Forscher im Bezug auf die Klimaentwicklung in Mitteldeutschland einfach mal das Wichtigste vergessen: Ihr Modell berechnet das Klima nach Niederschlag, Vegetation und Bodenbedeckung, wie sie heute sind. Und unterschlägt dabei, dass in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt mit dem "Leipziger Neuseenland", dem Geiseltalsee, der Goitzsche und den gefluteten Lausitzer Braunkohlengruben in den letzten Jahren eine Wasserfläche von mehr als 200 Quadratkilometern neu entstanden ist. Der Zwenkauer See zählt mit seinen knapp 1.000 Hektar Wasserfläche zu den 50 größten Seen Deutschlands, der Markkleeberger See ist mit 252 Hektar noch einmal ein Viertel so groß. Allein rings um Leipzig erstrecken sich heute Seen mit einer Wasserfläche von zusammen 120 km², 24 davon sind größer als 1 km². Größter See der 175 km² großen Wasserlandschaft, die aus gefluteten Braunkohletagebauen besteht, ist mit einer Fläche von 18,4 km² der Geiseltalsee südlich von Halle, heute der größte künstliche See Deutschlands.

Aber Max Planck braucht kein Wasser, um in die Zukunft zu sehen. Nach dem Max-Planck-Modell werden "die Sommerniederschläge in Nordost-Deutschland besonders stark" zurückgehen - ungeachtet aller absehbaren Veränderungen des Mikroklimas durch die neue Seenlandschaft. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts erwarten die Präzis-Prognosen im Vergleich zu heute deshalb ein Minus von bis zu 30 Prozent bei den Sommerniederschlägen.

Am See selbst wird anders geplant: "Durch die riesigen Wasserflächen wird sich das lokale Klima nachhaltig ändern und dem ähneln, welches am Bodensee herrscht", sagen Forscher der Universität in Halle voraus. In den vergangenen Jahren bemerkten sie bereits eine signifikante Zunahme der Niederschläge sowohl im Sommer als auch im Winter.