Vier Jahre vor Peer Steinbrück hatte bereits dessen alter Kampfgefährte Sigmar Gabriel seinen großen Triumph gefeiert. Endlich Kanzler! Mit 27,2 Prozent für die SPD waren die Zugewinne zwar überschaubar geblieben. Doch dank der anno 2013 runderneuerten Grünen, die seit der schonungslosen Analysedebatte in Folge der verlorenen Richtungswahl 2013 vom grünen hessischen Hoffnungsträger Marcus Bocklet geführt werden, und einer Linken, die ihre Stimmenanteile trotz ihres neuen Realo-Kurses ebenfalls hatte halten können, reichte es zu der Regierung der linken Mehrheit, die der Goslarer Strippenzieher in den letzten vier Jahren der Regierung Merkel strategisch vorbereitet hatte. Die gesellschaftlichen Mehrheiten seien da, selbst im Parlament habe die Linke eine regierungsfähige Mehrheit. "Wir müssen das jetzt auf die Gleise setzen", mahnte Gabriel.
Gabriel, aufgewachsen im Haushalt eines strengen Nazis, der in seinem ganzen Leben kein Wort mit ihm sprach, kompensiere mit seiner überbordenden Machtsehnsucht Defizite aus seiner schwierigen Jugend, analysierte der "Spiegel" in einer Titelgeschichte während der Wahlkampfberichterstattung im Sommer 2017. Der Text, überschrieben mit "King Gabi", zeigte Gabriel, der die SPD nach der desaströsen Wahl 2013 auf einem Parteikonvent im fensterlosen Hans-Jochen-Vogel-Saal in der Berliner Parteizentrale komplett übernommen hatte, als machtbewussten Familienmenschen. Dahinter stecke aber noch mehr: Gabriel leide darunter, im Leben nie gewonnen zu haben. Sowohl seinen Posten als Ministerpräsident als auch sein späteres Ministeramt, so das Magazin, habe er verloren, allein die von ihm selbst als blamabel empfundene Stelle als "Beauftragter für Popkultur und Popdiskurs der SPD", die ihm der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder verpasst hatte, um ihn lächerlich zu machen, konnte er dauerhaft behaupten - nach internen Parteiunterlagen amtiert Gabriel bis heute als sogenannter Popbeauftragter, da er nie zurücktrat und die SPD auch keinen Nachfolger bestimmte.
Den Mann, den sie als "Siggi Pop" verspotteten, hat das Amt nicht mehr interessiert, als er Mitte 2012 erkannte, wo die Machtperspektive der Sozialdemokratie liegt. „Die Wähler sind nicht bereit, eine Politik zu stützen, die den Standort Deutschland weiter stärken könnte", warnte Gabriel seine Partei. Nur eine Koalition mit Linken und Grünen werde der SPD die Möglichkeit eröffnen, ihren Vorsitzenden erneut zum Kanzler zu wählen, predigte Gabriel in den anfangs unwilligen Parteigremien. Sein Plan war klar: Große Koalition aus staatspolitischer Verantwortung, als Klassenziel aber galt der Aufbau einer nationalen linken Front, die bei einer erneuten linken Mehrheit zur nächsten Bundestagswahl ein Regieren von Rot, Rot und Grün unter einem Kanzler Gabriel ermöglicht.
Gegen den Widerstand vor allem von Frank Steinmeier setzte sich Gabriel durch: Die Grünen, bei denen nach dem Abtritt der Generation Trittin ein völlig neuer Führungszirkel unverhofft vor dem Aufrücken in Ministerämter stand, waren schnell auf Linie gebracht. Hier beschloss der Wörlitzer Parteitag bereits im Herbst 2016, dass sich die einstige Öko-Partei wieder stärker auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren werde. Statt Veggie-Day und Steuerreform forderte das Wahlprogramm 2017 ein Ende der Erderwärmung, ein Förderprogramm für Solarhausdämmung und das Ende des Autobahn- und Autobaus in Deutschland als Zukunftsinvestition.
Die Linken taten sich schwerer. Vor allem Sahra Wagenknecht (Foto oben), neben Gregor Gysi das schönste Gesicht des Kommunismus, verweigerte die Gefolgschaft beim Marsch in eine Zukunft als "SPD light". Das Ziel müsse der Sozialismus bleiben, plus Ökostrom-Elektrifizierung des ganzen Landes, hielt sie Gabriel in einer Reihe von Hinterzimmerdiskussionen bei Lachs und Kaviar im Berliner Inn-Lokal "Bochardt" vor. Gregor Gysi, nach wie vor der beliebteste Politiker der Republik, führte schließlich auf dem kleinen Parteitag in Regensburg eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbei: Nach dem Beschluss, auf eine gemeinsame Regierung mit der SPD hinzuarbeiten und dafür auch auf linke Kerninhalte wie den Aufbau des Sozialismus zu verzichten, wetterte Sahra Wagenknecht vom Podium über die vermeintliche "Agenda 2017". Gysi-Anhänger konterten mit anzüglichen Fotos, für die die Politikerin in ihren jüngeren Jahren (oben) für ein amerikanisches Oben-ohne-Magazin posiert hatte. Ihre Abstimmungsniederlage erlebte Wagenknecht nicht mehr im Saal mit, gemeinsam mit ihren Anhängern war sie schon zuvor Richtung Saarbrücken abgerauscht.
Von hier aus betrieb sie nun gemeinsam mit ihrem Mann Oskar Lafontaine das Schisma. Zuerst erfolgte die Gründung der "Left Front" (LA), einer europäischen Sammelbewegung, an deren Spitze seit 2015 Wagenknecht und der inzwischen 73-jährige Lafontaine stehen. Die paneuropäische Partei, die sich selbst als "wahre Linke" bezeichnet, wurde anfangs von politischen Gegnern und den Leitmedien als "la fontaine" denunziert, passte Gabriel, Gysi und Bocklet aber genau ins Konzept. Während neue Mitglieder bei der LA in der Regel auf die Ostberliner Marx-Engels-Gesamtausgabe aus dem Jahr 1983 schwören müssen, um aufgenommen zu werden, konzentrierte sich das linke Realo-Trio auf pragmatische Abgrenzungspolitik: Eine Vermögenssteuer solle nur die Aldi-Brüder treffen, das Ehegattensplitting nur für geschiedene Paare abgeschafft werden und in der Europapolitik werde man neue Wege gehen und die angestrebte Vergemeinschaftung der Schulden nicht über die gefürchteten Eurobonds, sondern über Schuldpapiere mit einem noch zu findenden neuen Namen finanzieren.
Fortsetzung folgt.
Europa 2012: Peer Steinbrück will es wieder wissen
Gabriel, aufgewachsen im Haushalt eines strengen Nazis, der in seinem ganzen Leben kein Wort mit ihm sprach, kompensiere mit seiner überbordenden Machtsehnsucht Defizite aus seiner schwierigen Jugend, analysierte der "Spiegel" in einer Titelgeschichte während der Wahlkampfberichterstattung im Sommer 2017. Der Text, überschrieben mit "King Gabi", zeigte Gabriel, der die SPD nach der desaströsen Wahl 2013 auf einem Parteikonvent im fensterlosen Hans-Jochen-Vogel-Saal in der Berliner Parteizentrale komplett übernommen hatte, als machtbewussten Familienmenschen. Dahinter stecke aber noch mehr: Gabriel leide darunter, im Leben nie gewonnen zu haben. Sowohl seinen Posten als Ministerpräsident als auch sein späteres Ministeramt, so das Magazin, habe er verloren, allein die von ihm selbst als blamabel empfundene Stelle als "Beauftragter für Popkultur und Popdiskurs der SPD", die ihm der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder verpasst hatte, um ihn lächerlich zu machen, konnte er dauerhaft behaupten - nach internen Parteiunterlagen amtiert Gabriel bis heute als sogenannter Popbeauftragter, da er nie zurücktrat und die SPD auch keinen Nachfolger bestimmte.
Den Mann, den sie als "Siggi Pop" verspotteten, hat das Amt nicht mehr interessiert, als er Mitte 2012 erkannte, wo die Machtperspektive der Sozialdemokratie liegt. „Die Wähler sind nicht bereit, eine Politik zu stützen, die den Standort Deutschland weiter stärken könnte", warnte Gabriel seine Partei. Nur eine Koalition mit Linken und Grünen werde der SPD die Möglichkeit eröffnen, ihren Vorsitzenden erneut zum Kanzler zu wählen, predigte Gabriel in den anfangs unwilligen Parteigremien. Sein Plan war klar: Große Koalition aus staatspolitischer Verantwortung, als Klassenziel aber galt der Aufbau einer nationalen linken Front, die bei einer erneuten linken Mehrheit zur nächsten Bundestagswahl ein Regieren von Rot, Rot und Grün unter einem Kanzler Gabriel ermöglicht.
Gegen den Widerstand vor allem von Frank Steinmeier setzte sich Gabriel durch: Die Grünen, bei denen nach dem Abtritt der Generation Trittin ein völlig neuer Führungszirkel unverhofft vor dem Aufrücken in Ministerämter stand, waren schnell auf Linie gebracht. Hier beschloss der Wörlitzer Parteitag bereits im Herbst 2016, dass sich die einstige Öko-Partei wieder stärker auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren werde. Statt Veggie-Day und Steuerreform forderte das Wahlprogramm 2017 ein Ende der Erderwärmung, ein Förderprogramm für Solarhausdämmung und das Ende des Autobahn- und Autobaus in Deutschland als Zukunftsinvestition.
Die Linken taten sich schwerer. Vor allem Sahra Wagenknecht (Foto oben), neben Gregor Gysi das schönste Gesicht des Kommunismus, verweigerte die Gefolgschaft beim Marsch in eine Zukunft als "SPD light". Das Ziel müsse der Sozialismus bleiben, plus Ökostrom-Elektrifizierung des ganzen Landes, hielt sie Gabriel in einer Reihe von Hinterzimmerdiskussionen bei Lachs und Kaviar im Berliner Inn-Lokal "Bochardt" vor. Gregor Gysi, nach wie vor der beliebteste Politiker der Republik, führte schließlich auf dem kleinen Parteitag in Regensburg eine Entscheidung zu seinen Gunsten herbei: Nach dem Beschluss, auf eine gemeinsame Regierung mit der SPD hinzuarbeiten und dafür auch auf linke Kerninhalte wie den Aufbau des Sozialismus zu verzichten, wetterte Sahra Wagenknecht vom Podium über die vermeintliche "Agenda 2017". Gysi-Anhänger konterten mit anzüglichen Fotos, für die die Politikerin in ihren jüngeren Jahren (oben) für ein amerikanisches Oben-ohne-Magazin posiert hatte. Ihre Abstimmungsniederlage erlebte Wagenknecht nicht mehr im Saal mit, gemeinsam mit ihren Anhängern war sie schon zuvor Richtung Saarbrücken abgerauscht.
Von hier aus betrieb sie nun gemeinsam mit ihrem Mann Oskar Lafontaine das Schisma. Zuerst erfolgte die Gründung der "Left Front" (LA), einer europäischen Sammelbewegung, an deren Spitze seit 2015 Wagenknecht und der inzwischen 73-jährige Lafontaine stehen. Die paneuropäische Partei, die sich selbst als "wahre Linke" bezeichnet, wurde anfangs von politischen Gegnern und den Leitmedien als "la fontaine" denunziert, passte Gabriel, Gysi und Bocklet aber genau ins Konzept. Während neue Mitglieder bei der LA in der Regel auf die Ostberliner Marx-Engels-Gesamtausgabe aus dem Jahr 1983 schwören müssen, um aufgenommen zu werden, konzentrierte sich das linke Realo-Trio auf pragmatische Abgrenzungspolitik: Eine Vermögenssteuer solle nur die Aldi-Brüder treffen, das Ehegattensplitting nur für geschiedene Paare abgeschafft werden und in der Europapolitik werde man neue Wege gehen und die angestrebte Vergemeinschaftung der Schulden nicht über die gefürchteten Eurobonds, sondern über Schuldpapiere mit einem noch zu findenden neuen Namen finanzieren.
Fortsetzung folgt.
Europa 2012: Peer Steinbrück will es wieder wissen
plus Elektrifizierung des ganzen Landes
AntwortenLöschenStrom für alle ist ja genug da. Müßte das nicht hundert Jahre später in etwa
plus DSL-Flättretisierung des ganzen Landes
heißen?
gvemeint ist sicherlich die versorgung mit ökostrom
AntwortenLöschenÖkologischer Atomstrom? Mit den friedlichen Sowjetatomen? Für die DSL-Flatrate?
AntwortenLöschenJa, das wäre dann Kommunismus.
kapitel 5
AntwortenLöschen4
AntwortenLöschenOffenbart sich hier eine Spielart des Endplatzierungssyndroms?
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