Donnerstag, 27. Juni 2013

Spitzelstaat: Sie wussten immer unsere Namen

Sie wussten immer unsere Namen, klagten die Bürgerrechtler der DDR nach dem Mauerfall über ihre Stasi-Beobachter. Die hatten gesammelt, was zu sammeln war, Namen, Adressen, Fingerabdrücke, Geruchsproben. Zwei Jahrzehnte später gibt sich niemand mehr mit Namen zufrieden. Der Fortschritt fordert andere Opfer: Jetzt müssen es Kontonummern, Blutgruppe und DNA-Codes sein, dazu Telefonverbindungsdaten, IP-Adressen und Handy-Standortinformationen, Steuerdaten, Einkommensnachweise, Kontaktpersonen, Facebookfreunde, Urlaubsfotos.

Der feuchte Traum des Bundesinnenministers ist Wirklichkeit geworden - Großbritannien und die USA haben ein Backup aller elektronischen Lebensäußerungen der Deutschen. Die NSA-Cloud hängt dunkel über einer Stasiwelt, in der vorsichtshalber alles gespeichert wird, was speicherbar ist. Auch deutsche Fahnder fotografieren auf der Suche nach dem Autobahn-Sniper zehntausende Kennzeichen, gleichen sie mit anderen ab, setzen sie in Beziehung zu zehntausenden von Handydaten, die global und ohne konkreten Tatverdacht gegen die Anschlussinhaber gespeichert wurden. Datenschutz? Es reicht, wenn Street View das macht.

Wohin das führt, ist noch nicht abzusehen. Wird Angela Merkel BKA-Chef Jörg Ziercke entlassen? Den britischen Botschafter einbestellen? Den Gesandten der USA ausweisen? Wann kommt heraus, dass deutsche Behörden nicht nur von Prism und Tempora wussten, sondern direkt davon profitiert haben? Was dann? Gewinnt Steinbrück die Bundestagswahl? Geht Merkel ins Exil? Wird es Island sein, Ecuador oder Rußland?

Die Reaktion deutscher Behörden auf den größten Bespitzelungsalptraum der Menschheitsgeschichte ist seltsam lau. Von "Neuland" hat Merkel gesprochen, als seien die zielgerichtet gesammelten Daten der Deutschen den Amerikaners zufällig und ungewollt auf die Speicherplatten geraten. Und im zweiten Schritt wollen wir das auch haben: In Sachsen-Anhalt plant die Landesregierung, ihrem Innenministerium weitere Befugnisse zur sogenannten Bestandsdatenabfrage zu gewähren. Künftig soll nicht nur die Polizei, sondern auch der Landes-Verfassungsschutz unbeschränkten Zugriff auf Namen, Adressen, Rufnummern und IP-Adressen haben, die bei Telefon- und Internetanbietern zum Zweck der Abrechnung gespeichert werden. Die Regelung soll das bisherige Bundesgesetz ersetzen, das durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts für verfassungswidrig erklärt worden war. Mit Hilfe der Neuregelung könnten die Behörden zumindest so lange auf die entsprechenden Daten zugreifen, bis das Landesverfassungsgericht auch die Neuregelung zur Herausgabe gespeicherter Daten als verfassungswidrig verwirft.

Der Spitzelstaat, aus dem die Ostdeutschen 1989 zu fliehen versuchten, hat sie wieder heimgeholt. Doch die DDR 2.0 ist nicht die harmlose, betuliche Arbeiterrepublik, in der alte Männer über Menschen herrschen, die sie nicht im Ansatz verstehen. Diesmal soll der Bürger vorab beschreibbar werden, ein regelbarer Verbraucher, dessen Protest ebenso kalkulierbar ist wie seine Vorlieben. Abweichungen fallen auf im Datenwust, Abweichungen machen verdächtig, gegen Abweichungen lässt sich Vorsorge treffen. Abweichler können gefunden, gefasst und bestraft werden.

Deshalb wohl klagt kein Bürgerrechtler: Und immer wussten sie unsere Namen, Kreditkartendaten, Kontostände, Lieblingspornoseiten, Chatroom-Aliasse, Telefongesprächspartner, Steuerdaten, Einkommensnachweise, Kontaktpersonen, Facebookfreunde, Urlaubsfotos.

11 Kommentare:

  1. Sehr gut! Und was bin ich überrascht, dass die Linksfaschisten, die 1987 so tapfer gegen die Volkszählung gekämpft haben, Gründe gefunden haben die Stasi und Gestapo um das x-fache zu übertreffen!

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  2. Das paßt eigentlich besser noch in die Kategorie "Sätze für die Ewigeit":

    "Der Spitzelstaat, aus dem die Ostdeutschen 1989 zu fliehen versuchten, hat sie wieder heimgeholt. Doch die DDR 2.0 ist nicht die harmlose, betuliche Arbeiterrepublik, in der alte Männer über Menschen herrschen, die sie nicht im Ansatz verstehen. Diesmal soll der Bürger vorab beschreibbar werden, ein regelbarer Verbraucher, dessen Protest ebenso kalkulierbar ist wie seine Vorlieben. Abweichungen fallen auf im Datenwust, Abweichungen machen verdächtig, gegen Abweichungen lässt sich Vorsorge treffen. Abweichler können gefunden, gefasst und bestraft werden."

    Danke für die Vorausschau! Auch ich sehe leider nichts anderes.

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  3. leider fühlt man sich schonwieder so zu hause...

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  4. Noch vor Wochen hatte ich bei x-ter Lektüre von "1984" "nur" etliche Wiedererkennungserlebnisse. Heute ist mir klar, daß wir mitten drin sind. 1984 ist also zum Leitfaden für unser derzeitiges Leben geworden. Noch kann man aber in freier Natur den gefahrlosen Gedankenaustausch pflegen. Wie lange noch?

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  5. Eigentlich gehöre ich nicht zu den Hardcore-Datenschützern.
    Aber als ich dieses Ding mitgekriegt habe, ist mir doch mulmig geworden.
    Oft kommt das als satirische Überhöhung, aber in diesem Fall passt das wie die Faust aufs Auge:
    Stasi 2.0!

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  6. Aber Leuuuute, ihr habt doch nichts zu verbergen, - was soll euch also geschehen? - Spaß beiseite.

    Ich hab so das blöde Gefühl, dass sich die Geschichte - leicht nunaciert- wiederholt.

    Das was denen passierte die sich ab den 20ern bis `'33 für frei hielten, und die sich kein Blatt vor den Mund nahmen, - das wird solchen wie uns, die glauben sie leben in einer freien Gesellschaft, und die sich naiv, dumm, in gewisserweise gutgläubig in "grundgesetzlich garantierter Meinungsfreiheit" befindlich wähnen höchstwarscheinlich auch passieren.

    Der Unterschied ist, - alle "Verfehlungen" werden quasi ewig gespeichert.

    Man mag von sogenannten Nazis halten was man will, - aber wir SIND schon in der bedrohlichen Vorstufe der Gulags, KL's und Schutzhaft... - man denke an den wegen Meinungsverbrechen für 13 Jahre eingebuchteten Horst Mahler. Man denke an Molath, der Filz aufdecken wollte - zwangspsychatriert...

    Der Unterschied zum 20. Jhd. ist, dass es keinen angemessenen Fluchtraum mehr gibt. Konnte man früher mit einem Grenzübertritt aus dem Grauen entfliehen, - muss man heute aus der EU raus. Aber wohin?


    Die USA oder Kanada kann man ebenso vergessen. Man denke an den Demjanuk, der trotz Auslieferungsverbots von Kanada nach Deutschland gebracht wurde, - der trotz Freispruch in der Holocausthochburg Israel in D mit über 90 Jahren nochmal vor Gericht gezerrt wurde...

    Wtf..., ich bin nur noch auf den Grund gespannt, oder auf die Ideologie die man uns neben dem relativ erfolglosen "Terror" (wie blöde ist eigentlich ein "Krieg gegen den Schrecken"), dem Klimawandel (was für ein Witz) usw. als Vorwand benutzen werden um uns -sagen wir so- wieder zurück zu anständigen "allseitig gebildeten sozialistischen Parsönlichkeiten der Mitte der Gesellschaft" zu gängeln...

    Denk ich an Deutschland in der Nacht... - Heine rotiert qualmend in seinem Grabe...

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  7. "aber wir SIND schon in der bedrohlichen Vorstufe der Gulags, KL's und Schutzhaft..."

    Übertreibungen helfen nicht. Man muß ja klar erkennen, daß wir nicht in den 20igern und nicht im sozialistischen Staat der 50iger sind.

    Dieses Regime bewegt sich im Spätkapitalismus und der Konsumgesellschaft und hat keinerlei Interesse, durch "Lager" die Produktivität (und die Verschuldungsmöglichkeit und die Finanzierung des Verwaltungsapparates) zu riskieren.

    Man regiert also nicht durch Gulags und "Keller der Lubjanka", sondern "strukturelle Gewalt": durch (mediale) Schauprozesse, "2 Minuten Haß" (1984), Freiheiten (auch sexueller Perversionen) für die Zuträger, Propagandarituale, Einschüchterung (Denunziation, kleine Artikel in der Zeitung, mal ´n kleiner Überfall durch Schläger), Gleichschaltung der (Medien-)Öffentlichkeit, ´n bißchen "Kritik und Selbstkritik" und ein paar Umerziehungsphantasien, die schon die Freunde der Roter Khmer so attraktiv fanden.

    Im Grunde spielt man Sowjetunion der 20iger in der comedy-Version.

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  8. @ derherold -

    Wie können Mutmassungen Übertreibungen sein? Ihre Argumente sind nicht schlecht, - allerdings muss man um den "Menschen der Zukunft" formen zu können weiter gehn. Und genauso wird es kommen. Ob es allerdings in Form von Lagern sein wird, mag fraglich sein.

    Die eigentliche Frage ist die nach einem ggf. nötigen Asylziel.

    Warscheinlich bleibt nur vorgespieltes Mitmachen und innere Emigration. - Wie in der DDR.

    @ Volker -

    Der "anschwellende Bocksgesang" ist nun auch nicht mehr das Neueste - aber immer aktuell, warscheinlich aktueller als in seiner Entstehungszeit - schön B. Strauss hier zitiert zu sehn.

    Und nun wieder den leichteren Dingen zu, - hinauf in den zynischen Sarkasmus... - um diesen Dreck weiter ertragen zu können :)

    Tip:

    Ach - gerade lief auf dem Ökosozialistischen Propagandasender Arte eine Doku die frech wagte das pöööse CO2 als Klimawandelverursacher in Frage zu stellen - mgl. isses noch in der "Mediathek" zu finden.

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  9. Da findet ihr die Namen der Bösen und Flachwichser die Dank Joachim Gauck größtenteil wenn auch nicht entpflichtet übernommen wurden. Wenn ihr einen Bekannten darunzter entdeckt... ich weiß von nichts, mein Naqke ist Asam Snowden Lauks .. Gaucks Whistletrommler...google mal nach : Stasi-lista und fange an. Den diensteinheitenschlüssel darf ich veröffentlichen hier: http://adamlauks.de/de_stasi-ht.pdf

    Ansonsten ich habe den Verräter an Menschlichkeit angezeigt - VERJÄHRT-eingestellt. Die geladene Schuld nimmt JUDAS in die Geschichte der BRD. http://adamlauks.wordpress.com/2013/02/16/strafanzeige-gegen-die-bstu-behorde-aus-der-uneingeschrankter-und-unkontrollierbarer-zeit-unter-dem-leiter-joachim-gauck/

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