Dienstag, 19. März 2013

Zypern: Der 150-Milliarden-Moment

Aufwendiger hat noch nie ein Kommissariat mit dem Schinken nach der Wurst geworfen. Es war Samstagmorgen, am 16. März, als die ersten Nachrichten über eine erneute endgültige Rettung der Euro-Zone durch eine Sonderbesteuerung der Sparguthaben zypriotischer Krankenschwestern, Lehrer, Imbisskellner und Grundschüler die Runde machten. Die deutschen Medien reagierten zum Teil begeistert auf den anstehenden Gerechtigkeitsschub, die Finanzmärkte aber ließen sofort erkennen, dass die Finanzminister der Eurogruppe ihnen einen vernichtenden Schlag zugefügt hatten: Binnen 24 Stunden sank der Kurs der Gemneinschaftswährung im außerbörslichen handel von 1,31 Dollar auf noch knapp 1,29 Dollar - für den Laien: Der deutsche USA-Urlauber bekam am Donnerstag vor dem Zypern-Cut 131 Dollar für seinen 100-Euro-Schein. Am Montagmorgen dann nur noch knapp 129.

Der Urlauber wird es verschmerzen. Müssen. Zwei Dollar mehr oder weniger machen den Kohl nicht fett und die Rübensuppe nicht mager. Immerhin wird es der EU mit Hilfe der übergesetzlichen Notstandsmaßnahme vielleicht gelingen, 5,8 Milliarden Euro für die Rettungskassen einzutreiben. Da muss auch der verwöhnte Tourist sein Scherflein beitragen, selbst wenn er kein Zypriot ist.


Und wie sie das tun, die Menschen überall in Europa! Binnen 48 Stunden bezahlten sie für die 5,8 Milliarden Euro, die die EU aus Zypern zu pressen hofft, mit einem Vermögensverlust von rund 150 Milliarden. Um soviel verminderte sich der Außenwert der Gemeinschaftwährung. Einfache Rechnung: Die umlaufende Geldmenge in Euro inklusive Sichteinlagen und Bargeld betrug nach den letzten verfügbaren Zahlen im Januar 2013 rund 9,77 Billionen Euro. Nach der erfolgreichen Rettung blieben davon noch rund 9,6 Billionen übrig. Anders gerechnet: Die Eintreibung des Solizuschlages auf die Sichteinlagen der Zyprioten bringt Europas Bürgern 5,8 Milliarden. Und kostete sie im selben Moment rund 150 Milliarden im Außenwert ihrer Währung.

Die Deutschen trugen ihren Teil bei, ohne es zu merken. Ihre 1,4 Billionen Euro waren am Freitag vor dem Euro-Verdikt über Zypern noch umgerechnet 1,82 Billionen Dollar wert. Nach der erfolgreichen Zypern-Aktion blieben davon nur noch 1,8 Billionen übrig - 20 Milliarden hatten sich allein hierzulande in Luft aufgelöst.

Das ist immerhin mehr als dreimal soviel wie die Zyprioten zur Zypern-Rettung beisteuern sollten. In ganz Europa kostete die als Rettungsmaßnahme verkaufte Enteignung der Sparer kurzzeitig sogar rund 25 Mal soviel wie sie bestenfalls einbringen soll.

16 Kommentare:

  1. Nun bin ich kein Volkswirtschafter, aber irgendwas sagt mir, daß es zur Begleichung von Verbindlichkeiten (in Euro) völlig schnuppe ist, wieviel Wert die zusammengeraubten Euroberge in Dollar sind.

    Oder was sehe ich falsch?

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  2. natürlich, abgesehen davon, dass es theoretisch - siehe beispiel mit den urlaubern - natürlich schon einen unterscheid macht. aber eine kluge politik, die die spekulanten für entstandene verluste hätte heranziehen wollen, hätte auf diesen effekt gesetzt und gegen den euro spekuliert, indem sie vorher euro gegen dollar verkauft und nach der Ankündigung zurückgekauft hätte.

    das hätte soviel eingebracht, dass die 5,8 milliarden im handumdrehen bezahlt gewesen wären.

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  3. Egal, es kracht sowieso gewaltig. Der reiche Russe, Ukrainer oder wer sonst noch sein Geld dort steuergünstig parkt, wird es abheben, sobald das möglich ist. Und auch der letzte "arme Sparer" auf der Insel wird seine Groschen abheben. Der Sturm auf die Geldhäuser ist eröffnet.

    Spannende Zeiten !

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  4. Es wird spannend werden ob sich Zypern den Russen zuwendet.

    Allerdings gibt es SEHR enge Verbindungen zwischen israelischen und zyprischen Firmen um die Gasfelder auszubeuten.

    Hier ein interessanter Bericht dazu:
    http://alles-schallundrauch.blogspot.de/2013/03/merkel-hat-einen-grossen-fehler-begangen.html

    Ich denke aber man wird Zypern ein neues Angebot offerieren was sie nicht ablehnen können!

    Der Vorfall zeigt aber auch wie schnell manchmal Dinge außer Kontrolle geraten können.

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  5. Wenn es bei irgendwem noch Zweifel gab, wer hier das Sagen hat:

    "Solange es kein Programm gibt, ist die Liquiditätshilfe für die zyprischen Banken gefährdet. Solange können auch die zyprischen Banken nicht geöffnet werden", verlautete aus Regierungskreisen". In Berlin, wohlgemerkt.

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  6. Geliebte im Herrn!
    Es glaube doch keiner, daß wir eine "Krise" hätten, daß eine ungewollte Fehlentwicklung im Spiele wäre, und daß die Politiker "dumm" wären. (Die Weibsbilder unter ihnen meistens, zugegeben, näheres bei Dr.Möbius vor ~ 100 Jahren, bei den Grünen Khmer immer, beim Ferkel IM Erika bin ich überzeugt, daß es ein soziopathisches Aas ist, nicht aber dumm wie Lenchen Ceausescu.)

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  7. Wie lange Jahre wird jetzt der Euro "gerettet"?

    Hat man dergleichen je von irgendeiner anderen Währung gehört?
    Über Jahre?

    Erstaunlich: Eine Volkswirtschaft, welche die Größe des Saarlandes noch unterschreitet ist im Stande, dieses lächerliche Konstrukt auseinanderfallen zu lassen.

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  8. ich habe gerade errechnet, dass wir demnächst jubiläum feiern. weltrekord für die rettung! am tag des ereignisses mehr - ihr werdet staunen!!!

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  9. »Wie lange Jahre wird jetzt der Euro "gerettet"? Hat man dergleichen je von irgendeiner anderen Währung gehört? Über Jahre?«

    Ja, das gabe es schon mal. Die Lateinische Münzunion hat auch noch viele Jahre infolge politischer Interventionen dahinvegetiert, als sie buchhalterisch schon längst tot war.

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  10. Gomisch, habe mir gestern ne Flasche bier gegooft, die hat geenen Pfennisch -äh Cent- mehr gegosded als wie vorsche Woche.

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  11. @Anonym: No gloor, wennde ooch immer nur für zwanzsch Euro dankst, merkste ooch nüscht.

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  12. @ Thomas,
    naja, steigende Benzinpreise haben ja nur peripher was mit Wechselkursen zu tun. Klar schwanken die (sicher um den Schein zu wahren) manchmal um ein paar Cent mit Wechselkursen und Ölpreis, der durchschnittliche Preis geht aber invariant nur in eine Richtung, nach oben.

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  13. @Anonym: Ja, wenn das was schwankt, dann sind's die Wechselkurse und die Ölpreise, der Steuersatz ist entweder stabil oder monoton steigend.

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  14. @ Thomas,
    ja, akademisch nach der Lehre der reinen Volkswirtschaft (die immer richtig rechnet) ist das sicher so. Ich glaube das aber nich. In der Vergangenheit habe ich beobachtet, dass der Preis für Benzin Wechselkursen und Ölpreis nicht vollständig folgt (was hatten wir vor der ersten Krise für einen günstigen Kurs zum Dollar, Benzin wurde trotzdem stetig teurer). Ich denke eher, dass da andere Mechanismen am Werk sind. Ausserdem - Blödglotze, andere Systemmedien und Politiker haben immer geklagt, dass die Energiepreise zu niedrig sind, um den Verbrauch aus Gründen der Klimaschonung zu dämpfen (die Meinung, dass Energiepreise nicht so weiter steigen können, wird ja erst jetzt ab und zu vertreten), das haben sich dann sicher einige nicht zweimal sagen lassen, und haben wohl zugeschlagen.

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  15. Keine "Krise", himmelarschkreuzdonnerwettersatanbeelzebubmephistophelesnochmal!
    Daß die Welt von anderen Gestalten regiert wird, als Klein Fritzchen wähnt, haben schon Benjamin D'Israeli und Walther Rathenau, beide vom Volk der Nasigen, geäußert. Ein ebensolcher, F.D.Rosenfeld (mal ein Photo seiner Alten gesehen? Schauder...wie von Joseph Lada karikiert*), sagte, daß es in der Politik k e i n e Zufälle gäbe...

    *"Elseleben, die Soldaten sind dumm, und dein Nathan ist sehr gescheit" ---

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  16. benzinpreis? langfristig folgt er - steuern rausgerechnet - dem ölpreis minutiös

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