Der Plan zumindest war ganz ausgezeichnet. Man wartet ein langes Wochenende ab, lädt die Regierung des wackelnden Partnerlandes vor, hält dem angetretenen Präsidenten die Geldpistole an den Kopf und zeigt ihm die Richtung. Morgens bleiben dann die Banken zu und die Onlinekonten abgeschaltet. Binnen 24 Stunden stimmt das Parlament ab, natürlich wie es soll, denn alle hier wollen weiterleben. Noch ein Feiertag dazwischen, damit die Banken die technische Abwicklung des noch mutterkuchenwarmen neuen Gesetzes auf die Reihe bekommen. Und noch ehe die Millionen kleinen Friedensnobelpreisträger in Europa bemerkt haben, dass ihnen jemand ans eingemachte gegangen ist, ist der Euro mal wieder gerettet. Den Rest ihres Geldes bekommen natürlich alle unbegrenzt zurück, versichert der Mann, der im Schattenkabinett Steinbrück den Finanzministerstuhl wärmt.
So hätte es kommen sollen, denn so war es geplant. Ein Handstreich, der aus einem immerhin noch demokratisch verfassten Europa ein Reich macht, in dem von einer nicht legitimierten Junta fragwürdiger Zusammensetzung nach Bedarf Recht suspendiert und Grundrechte ausgehebelt werden. Ein Kontinent, in dem Machthaber künftig in kleinen Kungelrunden beschließen könnten, was immer sie wollen - eine eifrige Staatsbürokratie würde es umsetzen. Zypern war vielleicht als ausreichend kleiner und zugleich ausreichend großer Testpatient gewählt worden. Vielleicht aber war Zypern auch nur ein zufälliges Opfer, vielleicht hätte es, bei besserem Wetter, auch die Spanier treffen können, deren Banken Europa letztes Jahr mit 100 Milliarden rettete, ohne dass auch nur ein Spanier einen Cent vom Konto abgebucht bekam. "Die Tatsache, dass Europa in der Lage ist, die notwendigen Entscheidungen zu treffen, auch in einer geordneten Weise, das wird das Vertrauen dauerhaft stärken", sagte Wolfgang Schäuble.
Vielleicht also traf es die Kleinen, vielleicht ist auch nur der Punkt erreicht, "an dem der Euro nur noch mit Panzern verteidigt werden kann", wie der eigentlich auf alternativlose Rettungsverteidigung eingeschworene "Spiegel" in einer entschuldigenden Kolumne schreibt. Doch alles kam anders.
Fakt ist: Die Mächtigen, die den Handstreich planten, den Kreis der Eingeweihten klein hielten, die Fäden zielgerichtet zogen und die Leitmedien in den ersten Stunden den Zypern-Rettung mit lustigen Schoten bei Laune hielten, haben es verbockt. 96 Stunden nach der Verkündigung der frohen Botschaft vom "Rettungspaket", das bei genauer Betrachtung eine tödlich wirkende Giftpille für den Rechtsfrieden in Europa war, ist nichts so gekommen, wie es kommen sollte. "Der Furor war groß - und er hat die Finanzminister der Euro-Zone offenbar beeindruckt", schreibt der "Spiegel", der in einer ersten Reaktion noch begeistert von den Enteignungsplänen gewesen war.
Von wegen schnelle Abwicklung, von wegen kurzer Schmerz, von wegen tiefer Einschnitt. Nach der einhelligen Ablehnung im Parlament haben die Zyprioten immer noch kein Gesetz. Immer noch sind die Banken zu. Immer noch ist unklar, welche Regelungen für den Spargroschenschnitt nun eigentlich gelten sollen. Und außerhalb der Insel, die nassgemacht, eingeseift und rasiert werden sollte, ehe sie selbst es merkt, toben nun auch noch Diskussionen um Rechtmäßigkeit, Zulässigkeit und Praktikabilität des kalten Geldputsches vom 16. März. Den inzwischen, und das ist vielleicht das Erstaunlichste, selbst die anfangs jubelnden Leitmedien unisono einen Versuch zur Einführung einer "Zwangsabgabe" nennen.
Einmal mehr gleicht die Rettung damit all jenen Rettungen, die Europas Führungspersonal seinem Publikum seit beinahe fünf Jahren in endloser Folge vorführt. Nach "Stunden hektischer Krisendiplomatie" (FAZ), in denen Tabus und Gesetze gebrochen, Völkerrecht gebogen und Versprechen von gestern mit den leeren Kaffeetassen abgeräumt werden, reicht es nie zu einem Endspiel. Sondern immer nur zur nächsten Verlängerung.
Nur so peinlich wie diesmal war es noch nie. "Bankeinlagen sind eine sensible Sache, da muss man schnell handeln, daher macht man es am Wochenende“, hatte der selbsternannte alte Rettungsfuchs Schäuble handzahmen Medienvertretern eben noch verschwörerisch zugeflunkert, als könne seinen gerissenen Tricks und Kniffen niemand widerstehen. Nun aber sagt er „warten wir ab, was Zypern entscheidet“, und es klingt kleinlauter als seine Fans den früheren Verfassungsrechtler kennen. Der "gefährlichste Mann Europas" (Deutsche Wirtschaftsnachrichten - plötzlich ein Putschist, der ausgezogen ist, einen Coup zu landen. Und beim ersten Schuss bemerkt, dass er die Munition zu Hause vergessen hat.
Das mächtige Europa, es ist selbst in der Stunde höchster Not unfähig, die "richtigen Entscheidungen" (Schäuble) zu treffen. Oder auch nur die falschen umzusetzen. Statt chirurgischer Präzision gibt es brutale Holzhackerei zu besichtigen, statt kluger Politik sieht das Publikum ein tolldreistes Debakel, dessen Ergebnisse desaströs sind. 96 Stunden nach dem Versuch, Europa noch ein wenig mehr unter die Knute der Alternativlosigkeit zu zwingen, klappen die Kulissen um und zeigen einen Kontinent der Regel- und Zügellosigkeit: Die Zyprioten sind empört. Die zypriotische Regierung ist blamiert. Die EZB hat sich als Regierungsorgan enttarnt. Die informelle Euro-Gruppe steht als Kungelkreis da, der seine Kraft mutwillig an den Schwächsten ausprobiert. Zypern ist nicht gerettet. Rußland ist erbost. Die Deutschen schließlich sind wie immer an allen und allem schuld. Und an der Heimatfront tobt nun ein Hauen und Stechen vor der Tür, durch die alle, die eben noch Beifall klatschten, nun hinausdrängeln, um vor den Kameras harsche Kritik zu üben. Peer Steinbrück, der in der Enteignung der Zyprioten eben noch einen Schritt in die "richtige Richtung" (Steinbrück) sah, dackelt vornweg: "Das war ein eklatanter politischer Fehler", tönt der charakterstarke kommende Kanzler nun.
Wie geht es weiter? Geht es weiter? Kommt es zur ersten Staatsinsolvenz? Und wer schlägt Profit aus der Pleite? Tritt Zypern aus oder kauft Brüssel die noch für diese Woche zu erwartende Austrittsdrohung auf? Ein Friedenskontinent in Auflösung. Und wer solchen Frieden hat, braucht keinen Krieg mehr.
Fdomenicus zum Thema
Bis aufs letzte HemdSo hätte es kommen sollen, denn so war es geplant. Ein Handstreich, der aus einem immerhin noch demokratisch verfassten Europa ein Reich macht, in dem von einer nicht legitimierten Junta fragwürdiger Zusammensetzung nach Bedarf Recht suspendiert und Grundrechte ausgehebelt werden. Ein Kontinent, in dem Machthaber künftig in kleinen Kungelrunden beschließen könnten, was immer sie wollen - eine eifrige Staatsbürokratie würde es umsetzen. Zypern war vielleicht als ausreichend kleiner und zugleich ausreichend großer Testpatient gewählt worden. Vielleicht aber war Zypern auch nur ein zufälliges Opfer, vielleicht hätte es, bei besserem Wetter, auch die Spanier treffen können, deren Banken Europa letztes Jahr mit 100 Milliarden rettete, ohne dass auch nur ein Spanier einen Cent vom Konto abgebucht bekam. "Die Tatsache, dass Europa in der Lage ist, die notwendigen Entscheidungen zu treffen, auch in einer geordneten Weise, das wird das Vertrauen dauerhaft stärken", sagte Wolfgang Schäuble.
Vielleicht also traf es die Kleinen, vielleicht ist auch nur der Punkt erreicht, "an dem der Euro nur noch mit Panzern verteidigt werden kann", wie der eigentlich auf alternativlose Rettungsverteidigung eingeschworene "Spiegel" in einer entschuldigenden Kolumne schreibt. Doch alles kam anders.
Fakt ist: Die Mächtigen, die den Handstreich planten, den Kreis der Eingeweihten klein hielten, die Fäden zielgerichtet zogen und die Leitmedien in den ersten Stunden den Zypern-Rettung mit lustigen Schoten bei Laune hielten, haben es verbockt. 96 Stunden nach der Verkündigung der frohen Botschaft vom "Rettungspaket", das bei genauer Betrachtung eine tödlich wirkende Giftpille für den Rechtsfrieden in Europa war, ist nichts so gekommen, wie es kommen sollte. "Der Furor war groß - und er hat die Finanzminister der Euro-Zone offenbar beeindruckt", schreibt der "Spiegel", der in einer ersten Reaktion noch begeistert von den Enteignungsplänen gewesen war.
Von wegen schnelle Abwicklung, von wegen kurzer Schmerz, von wegen tiefer Einschnitt. Nach der einhelligen Ablehnung im Parlament haben die Zyprioten immer noch kein Gesetz. Immer noch sind die Banken zu. Immer noch ist unklar, welche Regelungen für den Spargroschenschnitt nun eigentlich gelten sollen. Und außerhalb der Insel, die nassgemacht, eingeseift und rasiert werden sollte, ehe sie selbst es merkt, toben nun auch noch Diskussionen um Rechtmäßigkeit, Zulässigkeit und Praktikabilität des kalten Geldputsches vom 16. März. Den inzwischen, und das ist vielleicht das Erstaunlichste, selbst die anfangs jubelnden Leitmedien unisono einen Versuch zur Einführung einer "Zwangsabgabe" nennen.
Einmal mehr gleicht die Rettung damit all jenen Rettungen, die Europas Führungspersonal seinem Publikum seit beinahe fünf Jahren in endloser Folge vorführt. Nach "Stunden hektischer Krisendiplomatie" (FAZ), in denen Tabus und Gesetze gebrochen, Völkerrecht gebogen und Versprechen von gestern mit den leeren Kaffeetassen abgeräumt werden, reicht es nie zu einem Endspiel. Sondern immer nur zur nächsten Verlängerung.
Nur so peinlich wie diesmal war es noch nie. "Bankeinlagen sind eine sensible Sache, da muss man schnell handeln, daher macht man es am Wochenende“, hatte der selbsternannte alte Rettungsfuchs Schäuble handzahmen Medienvertretern eben noch verschwörerisch zugeflunkert, als könne seinen gerissenen Tricks und Kniffen niemand widerstehen. Nun aber sagt er „warten wir ab, was Zypern entscheidet“, und es klingt kleinlauter als seine Fans den früheren Verfassungsrechtler kennen. Der "gefährlichste Mann Europas" (Deutsche Wirtschaftsnachrichten - plötzlich ein Putschist, der ausgezogen ist, einen Coup zu landen. Und beim ersten Schuss bemerkt, dass er die Munition zu Hause vergessen hat.
Das mächtige Europa, es ist selbst in der Stunde höchster Not unfähig, die "richtigen Entscheidungen" (Schäuble) zu treffen. Oder auch nur die falschen umzusetzen. Statt chirurgischer Präzision gibt es brutale Holzhackerei zu besichtigen, statt kluger Politik sieht das Publikum ein tolldreistes Debakel, dessen Ergebnisse desaströs sind. 96 Stunden nach dem Versuch, Europa noch ein wenig mehr unter die Knute der Alternativlosigkeit zu zwingen, klappen die Kulissen um und zeigen einen Kontinent der Regel- und Zügellosigkeit: Die Zyprioten sind empört. Die zypriotische Regierung ist blamiert. Die EZB hat sich als Regierungsorgan enttarnt. Die informelle Euro-Gruppe steht als Kungelkreis da, der seine Kraft mutwillig an den Schwächsten ausprobiert. Zypern ist nicht gerettet. Rußland ist erbost. Die Deutschen schließlich sind wie immer an allen und allem schuld. Und an der Heimatfront tobt nun ein Hauen und Stechen vor der Tür, durch die alle, die eben noch Beifall klatschten, nun hinausdrängeln, um vor den Kameras harsche Kritik zu üben. Peer Steinbrück, der in der Enteignung der Zyprioten eben noch einen Schritt in die "richtige Richtung" (Steinbrück) sah, dackelt vornweg: "Das war ein eklatanter politischer Fehler", tönt der charakterstarke kommende Kanzler nun.
Wie geht es weiter? Geht es weiter? Kommt es zur ersten Staatsinsolvenz? Und wer schlägt Profit aus der Pleite? Tritt Zypern aus oder kauft Brüssel die noch für diese Woche zu erwartende Austrittsdrohung auf? Ein Friedenskontinent in Auflösung. Und wer solchen Frieden hat, braucht keinen Krieg mehr.
Fdomenicus zum Thema
Ok ich habe heute morgen nicht zuerst hier vorbeigeschaut sondern selber etwas "geschrieben". Nachdem ich hier war mußte ich das etwas erweitern.
AntwortenLöschenGanz herzlichen Dank dafür mich noch mal wissen zu lassen was für ein Bande die SPD wirklich ist.
Das absolute Kennzeichen von Herrn Steinbrück ist, er hat keine Prinzipien. Er ist das was man böse als Opportunistensau bezeichnet. Es ist böse aber in diesem Fall zutreffend.
Mal eine Frage:
AntwortenLöschenWas wäre eigentlich mit denen passiert, die ihr Konto überzogen haben. Hätten die dann Geld GEKRIEGT?
Es ist nämlich so: ich habe derzeit mein Konto überzogen und habe mir daher überlegt, mein nicht vorhandenes Geld auf eine zyprische Band zu überweisen, denn wenn vom Guthaben 10% gestrichen werden, dann doch sicher auch vom Schlechthaben.
Naja, jetzt hat es sich ja vorläufig erledigt, aber man will ja für die Zukunft vorbereitet sein....
Nein nein, Frau Waldstein, damit geht es auch nicht: wie bei jedem gesunden Griff ins Portemonaie des Bürgers lassen sich die Kleptokraten so nicht täuschen: ein Ihnen eingeräumter Dispokredit wird selbstverständlich als 'Guthaben' gerechnet :-)
AntwortenLöschenSehr guter Artikel, der das Pharisäertum der deutschen Medien treffend aufzeigt.
AntwortenLöschenIn der Tat. Experten vom Schlage eines Schäubles oder eines Steinbrücks lassen sich nicht ins Bockshorn jagen.
AntwortenLöschenWenn jemand zehntausend in den Miesen ist, dann hat er diese zehntausend ja im Besitz - nur eben nicht auf dem Konto, sondern im Strumpf oder anderweitig als Gegenwert. Von diesem Reichtum kann er er dann genauso was abgeben wie jeder andere.
Mathematisch gesehen muss nur festgelegt werden, dass der Betrag des Saldos ausschlaggebend ist, nicht das Vorzeichen.
Die Arroganz unserer 'Führerinnen und Führer'
AntwortenLöschenist für jeden Zyprioten nachvollziehbar ein unerträglicher Affront und es war für die einzelnen Abgeordneten wirklich eine Frage der Ehre, dieser verordneten Enteignung nicht zuzustimmen.
Es besteht auch keinerlei Anlaß, maliziös über die mafiösen Strukturen in der Bananenrepublik Zypern zu lästern, wie es derzeit die Qualitätsjournaille der Öffentlich- Rechtlichen zum Besten gibt.
Denn eigentlich haben wir in D allen Grund, uns in Grund und Boden zu schämen: Jeder, wirklich jeder weiß nämlich, wie unsere sog. 'Volksvertreter' im sog. 'Deutschen Bundestag' abgestimmt hätten...
Das ist wirklich interessant: Angeblich hätte die zyprische Regierung auf den 6,5% bestanden, andererseits sei der Beschluß zum Haircut einstimmig ausgefallen - natürlich ist das kein Widerspruch.
AntwortenLöschenJetzt wird kolportiert, daß "die Russen" ein Interesse am Weiterbestehen der Bankencharade hätten - wieder zu kurz gedacht! Das Interesse der russischen Regierung müßte mir schon jemand mal überzeugend darlegen. Der ist doch eher an der Abschreckung von Schwarzgeldexporteuren gelegen, oder etwa nicht?
Falls sie jedoch (natürlich nur nach längerem Bitten) etwas Knete ausspuckt, dann ade Gasreserven! Während sich nämlich die EU ständig in eigene Zwangslagen maneuvriert, können die Russen wirklich verhandeln.
"Denn eigentlich haben wir in D allen Grund, uns in Grund und Boden zu schämen: Jeder, wirklich jeder weiß nämlich, wie unsere sog. 'Volksvertreter' im sog. 'Deutschen Bundestag' abgestimmt hätten..."
AntwortenLöschenVielleicht lebe ich in einem Land aber da gibt es eine Frau, nennen wie sie *Rosa*, die völlige Pfändung >500.000 fordert.
... und vor drei Jahren schlug *Rosa* vor, erst alle zu enteignen,um dann später "die Armen" zu entschädigen. (Also niemanden)
Ich darf erwähnen, daß *Rosa* Verzückung gerade in ehedem konservativen Kreisen auslöst.
"Jetzt wird kolportiert, daß "die Russen" ein Interesse am Weiterbestehen der Bankencharade hätten - wieder zu kurz gedacht! Das Interesse der russischen Regierung müßte mir schon jemand mal überzeugend darlegen. Der ist doch eher an der Abschreckung von Schwarzgeldexporteuren gelegen, oder etwa nicht?"
AntwortenLöschenSo richtig den Überblick habe ich da nicht. Aber könnte es nicht auch sein, dass es personelle Überschneidungen zwischen der russischen Regierung und Schwarzgeldexporteuren gibt?
Was macht denn Frau Pau an einem griechischem Geldautomaten?!
AntwortenLöschenIst doch kein Wunder wenn sie sich an den Kopf fasst, wenn ihre Kanzlerin ihr entgegengrinst...