Eine italienische Zeitung zeigte Merkel als Hitler, der venezuelanische Präsident Chavez verglich die Kanzlerin mit Hitler, die englische Presse tut es jede Woche, die griechische Presse montierte Merkel und Hitler in eine innige Umarmung, die iranische Führung setzte Merkel gar mit mit dem früheren Führer und Reichskanzler und heutigen Erfolgsmoderator gleich.
Wer das tut, kann auf Empörung hoffen, wie auch der deutsche Ärzteverbandschef Andreas Köhler erfahren durfte, nachdem er die durch die Geschichte reichenden Versuche zur europäischen Einigung anhand einiger Politikernamen beschrieben hatte. "Alle sind sich einig, dass sich nur ein einziger roter Faden durch die Geschichte Europas zieht: die Vorliebe der Bewohner für kleine, selbstständige Nationen; die Vorliebe ihrer Politiker, diese zu einigen“, hatte Köhler demnach vor rund 300 Mitarbeitern gesagt, die eifrig mitschrieben, wie er Namen und Verantwortliche nannte: „Julius Cäsar, Karl der Große, Napoleon, Adolf Hitler, Angela Merkel."
Eine Aufzählung mit Lücken. Kein de Gaulle, kein Kohl, kein Gorbatschow, immerhin Erfinder des gemeinsamen Hauses Europa. Auch kein Vergleich weit und breit, doch bei Hitler gelten andere Regeln: Jeder Satz, der seinen Namen enthält, wird zum Vergleich. Jeder Hinweis darauf, dass es ihn gab, wird zur "nicht hinnehmbaren verbale Entgleisung" (Die Welt).
Simulierte Empörungsaufwallungen, die eilfertig vor Kameras zelebriert werden, auf die aber selbstverständlich niemand mehr ernsthaftes Entsetzen zu empfinden vermag. Der Hitlervergleich, im historischen Ablauf ein erst spät aufgekommenes Phänomen, gehört zum Unterhaltungsangebot der Moderne (Grafik oben), hat sich längst von seinem Inhalt emanzipiert. Ein Hitlervergleich braucht inzwischen weder einen Vergleich noch einen echten Hitler, es genügt ihm völlig, als Vergleich missverstanden werden zu können.
Wobei der Begriff "Vergleich" in diesem Zusammenhang ansich schon ein Missverständnis ist: Er meinte ursprünglich eine Gleichsetzung. Aufregung und Entsetzen entsprangen damals, in der Frühzeit des Hitlervergleiches, Satzkonstruktionen, in denen die Tätigkeit heutiger Politiker am Maßstab der Tätigkeit des früheren Reichskanzlers gemessen, mit jener verglichen und endlich als gleichartig eingeschätzt wurde.
Die Hitlergleichsetzung aber war dauerhaft als politische Kategorie nicht überlebensfähig. Ihr Vorkommen war begrenzt, ihre Sinnhaftigkeit fragwürdig. Goethe sprach in diesem Zusammenhang schon vorab von "inkommensurablen Vergleichgegenständen": Die Einzigartigkeit des Großgrauens, das der Braunauer zu seiner Zeit auslöste, verbietet die Gleichsetzung seiner Taten mit den Taten der meisten nachfolgenden Demiurgen.
Die Gestaltungsspielräume der Politik heutzutage lassen ein Durchregieren wie zwischen 1933 und 1945 einerseits kaum mehr zu. Andererseits sind die meisten Sozialreformen seinerzeit bereits durchgeführt worden - Rentenreform, Kfz-Zulassungsordnung, der 1. Mai als Feiertag - so dass sich auch hier keine Möglichkeit ergibt, sich tatsächlich mit Hitler zu messen. Selbst auf den Schlachtfeldern der Welt, auf denen Deutschland nach dem Mauerfall ein vorsichtiges Comeback feierte, verbietet die Faktenlage jede Gleichsetzung: Die heute am Feind stehende Truppenstärke entspricht der Größe der Wehrmachtseinheit, die seinerzeit Luxemburg besetzt hielt.
Und doch hat es Adolf Hitler geschafft. Gegen die Sachlage, gegen das Kräfteverhältnis, gegen jede Vernunft wird Hitler umso mehr zum Maßstab, je länger seine aktive Zeit außerhalb der n-tv-Studios zurückliegt.
Eine auf Wunsch eines PPQ-Forscherteams vom Internet-Riesen Google erstellte Zeitleiste (Grafik oben) zeigt deutlich, dass der Suchbegriff "Hitler" bis Anfang der 60er Jahre regelmäßig über den "Hitlerverglich" triumphierte. Danach jedoch emanzipierte sich der "Vergleich" vom längst verblichenen Verglichenen: Hitlers Bedeutung schwand. Der Hitlervergleich aber legte ab 1966 einen unaufhaltsamen Aufstieg hin. Und heute ist er so wertvoll wie nie - ein deutscher Exportartikel mit Bart und einer Stimme wie knarrende Stiefel.
Neues vom Gröcil (“Größter Content- und Ideenlieferant”)
Wer das tut, kann auf Empörung hoffen, wie auch der deutsche Ärzteverbandschef Andreas Köhler erfahren durfte, nachdem er die durch die Geschichte reichenden Versuche zur europäischen Einigung anhand einiger Politikernamen beschrieben hatte. "Alle sind sich einig, dass sich nur ein einziger roter Faden durch die Geschichte Europas zieht: die Vorliebe der Bewohner für kleine, selbstständige Nationen; die Vorliebe ihrer Politiker, diese zu einigen“, hatte Köhler demnach vor rund 300 Mitarbeitern gesagt, die eifrig mitschrieben, wie er Namen und Verantwortliche nannte: „Julius Cäsar, Karl der Große, Napoleon, Adolf Hitler, Angela Merkel."
Eine Aufzählung mit Lücken. Kein de Gaulle, kein Kohl, kein Gorbatschow, immerhin Erfinder des gemeinsamen Hauses Europa. Auch kein Vergleich weit und breit, doch bei Hitler gelten andere Regeln: Jeder Satz, der seinen Namen enthält, wird zum Vergleich. Jeder Hinweis darauf, dass es ihn gab, wird zur "nicht hinnehmbaren verbale Entgleisung" (Die Welt).
Simulierte Empörungsaufwallungen, die eilfertig vor Kameras zelebriert werden, auf die aber selbstverständlich niemand mehr ernsthaftes Entsetzen zu empfinden vermag. Der Hitlervergleich, im historischen Ablauf ein erst spät aufgekommenes Phänomen, gehört zum Unterhaltungsangebot der Moderne (Grafik oben), hat sich längst von seinem Inhalt emanzipiert. Ein Hitlervergleich braucht inzwischen weder einen Vergleich noch einen echten Hitler, es genügt ihm völlig, als Vergleich missverstanden werden zu können.
Wobei der Begriff "Vergleich" in diesem Zusammenhang ansich schon ein Missverständnis ist: Er meinte ursprünglich eine Gleichsetzung. Aufregung und Entsetzen entsprangen damals, in der Frühzeit des Hitlervergleiches, Satzkonstruktionen, in denen die Tätigkeit heutiger Politiker am Maßstab der Tätigkeit des früheren Reichskanzlers gemessen, mit jener verglichen und endlich als gleichartig eingeschätzt wurde.
Die Hitlergleichsetzung aber war dauerhaft als politische Kategorie nicht überlebensfähig. Ihr Vorkommen war begrenzt, ihre Sinnhaftigkeit fragwürdig. Goethe sprach in diesem Zusammenhang schon vorab von "inkommensurablen Vergleichgegenständen": Die Einzigartigkeit des Großgrauens, das der Braunauer zu seiner Zeit auslöste, verbietet die Gleichsetzung seiner Taten mit den Taten der meisten nachfolgenden Demiurgen.
Die Gestaltungsspielräume der Politik heutzutage lassen ein Durchregieren wie zwischen 1933 und 1945 einerseits kaum mehr zu. Andererseits sind die meisten Sozialreformen seinerzeit bereits durchgeführt worden - Rentenreform, Kfz-Zulassungsordnung, der 1. Mai als Feiertag - so dass sich auch hier keine Möglichkeit ergibt, sich tatsächlich mit Hitler zu messen. Selbst auf den Schlachtfeldern der Welt, auf denen Deutschland nach dem Mauerfall ein vorsichtiges Comeback feierte, verbietet die Faktenlage jede Gleichsetzung: Die heute am Feind stehende Truppenstärke entspricht der Größe der Wehrmachtseinheit, die seinerzeit Luxemburg besetzt hielt.
Und doch hat es Adolf Hitler geschafft. Gegen die Sachlage, gegen das Kräfteverhältnis, gegen jede Vernunft wird Hitler umso mehr zum Maßstab, je länger seine aktive Zeit außerhalb der n-tv-Studios zurückliegt.
Eine auf Wunsch eines PPQ-Forscherteams vom Internet-Riesen Google erstellte Zeitleiste (Grafik oben) zeigt deutlich, dass der Suchbegriff "Hitler" bis Anfang der 60er Jahre regelmäßig über den "Hitlerverglich" triumphierte. Danach jedoch emanzipierte sich der "Vergleich" vom längst verblichenen Verglichenen: Hitlers Bedeutung schwand. Der Hitlervergleich aber legte ab 1966 einen unaufhaltsamen Aufstieg hin. Und heute ist er so wertvoll wie nie - ein deutscher Exportartikel mit Bart und einer Stimme wie knarrende Stiefel.
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