Eine Aufregung! Fast schon Partystimmung an der Propagandafront, als mit Laura Himmelreich ein Heilsversprechen aus dem "Stern" brach: Arbeit und Brot für viele Familien, Hilfe für Frauen, ein "Aufschrei" für Twitter. Die Affäre hatte alles, was nach dem Grundgesetz der Mediendynamik vonnöten ist, um die Gesellschaft zu sammeln und neu zu orientieren. Ein hilfloses, weibliches Opfer, das mutig Dirndlfleisch zeigte. Einen alten, lüsternen Mann, dem der Sabber lief wie Pawlows Hunden. Binnen Stunden erigierte der kollektive Aufregungsmuskel, ein Ständer, wie ihn selbst der "Stern" nur damals bei den Hitler-Tagebüchern hinbekommen hatte.
Eine Debatte samt Diskurs deutete sich an, wie sie Deutschland seit den Sarrazin-Kriegen nicht mehr erlebte hatte. Medienexperten gingen von Ausschlägen von mindestens fünf, womöglich aber auch sieben Emp auf der nach oben offenen Skala für einheitliche Empörung aus. Der "Stern" orderte zusätzliche Druckkapazitäten. Beckmesser verwiesen auf die gesamtgesellschaftliche Situation, nach der die Dunkelziffer weitaus höher ist.
Es kam anders. Amazon mischte sich ein. Der Papst trat zurück. Pferdefleisch machte sich breit. Der Neger wurde verboten. Bioeier kamen aus Federfabriken. Sitzenbleiben wurde überflüssig. Ein Meteor schlug ein, Menetekel der Vergänglichkeit auch ewiger Dinge wie der Euro-Zone. Das Klima verdunkelte sich. Berlusconi kehrte zurück. Steinbrück nannte ihn im Namen der Arbeiterbewegung einen Clown. Italien erwies sich einmal mehr als schwacher, unzuverlässiger Verbündeter.
Ein Wunder war geschehen. Deutschland schaute sich um, einen Monat nach dem furiosen Auftakt der Sexismusdebatte. Und siehe, es war geheilt! Kein Sexismus mehr, nirgends, der Erregungsmuskel abgeschlafft, als habe er nie wie ein steifer Zeigefinger auf die Defizite im Zusammenleben gewiesen, die die EU-Kommission nun rasch angehen muss. Nackte Haut und nackte Wahrheiten, nur bei Facebook (Screenshot) finden die einen Monat nach Ausbruch der großen Sexismuskrise noch ein Biotop, in dem sie überleben können.
Kein Thema für das Morgenmagazin, in dem längst eine neue Generation Moderatoren ihren Dienst angetreten hat, die ihre eigenen Themenschwerpunkte setzt. Hier eine Ratetasse, dort ein Musikbeitrag zur Eurokrise. Auch in den Abendnachrichten kann Brüderle inzwischen nicht nur wieder auftreten, ohne etwas zum Thema Himmelreich zu sagen. Nein, er kann dort auftreten, ohne überhaupt zum Thema Himmelreich befragt zu werden.
Die Veralzheimerung des Alltags hat eine neue Dimension erreicht. Pferdefleisch im Bioei, Katzenhaar im Döner. Gauck mahnt die Fortsetzung der Eurokrise mit anderen Mitteln an. Der Energiewende droht das Geld auszugehen, weil rumänische Armutsflüchtlinge das Ruhrgebiet überrennen. Stephane Hessel, der Salonrevolutionär, der mit einem 32 Seiten dünnen Groschenroman Millionen scheffelte, stirbt der von seiner Rundumempörung inspirierten Occupy-Bewegung hinterher. Tapfere deutsche Matrosen schließlich, die Deutschlands Werte an den Gestaden des Libanon verteidigen, werden von einem Vorgesetzten "asiatischer Abstammung" (Der Spiegel) als "Mongos" brutalst rassistisch beleidigt. Der Papst betet sein letztes Angelus-Gebet. Die CDU schwächelt.
Wohin? Weswegen? Und wer wird Papst? Muss Angela Merkel auch da noch selbst ran? Oder übernimmt Laura Himmelreich? Wie ständen Brüderles Chancen auf Seligsprechung dann?
Eulenfurz über den Erregungsmuskel
Eine Debatte samt Diskurs deutete sich an, wie sie Deutschland seit den Sarrazin-Kriegen nicht mehr erlebte hatte. Medienexperten gingen von Ausschlägen von mindestens fünf, womöglich aber auch sieben Emp auf der nach oben offenen Skala für einheitliche Empörung aus. Der "Stern" orderte zusätzliche Druckkapazitäten. Beckmesser verwiesen auf die gesamtgesellschaftliche Situation, nach der die Dunkelziffer weitaus höher ist.
Es kam anders. Amazon mischte sich ein. Der Papst trat zurück. Pferdefleisch machte sich breit. Der Neger wurde verboten. Bioeier kamen aus Federfabriken. Sitzenbleiben wurde überflüssig. Ein Meteor schlug ein, Menetekel der Vergänglichkeit auch ewiger Dinge wie der Euro-Zone. Das Klima verdunkelte sich. Berlusconi kehrte zurück. Steinbrück nannte ihn im Namen der Arbeiterbewegung einen Clown. Italien erwies sich einmal mehr als schwacher, unzuverlässiger Verbündeter.
Ein Wunder war geschehen. Deutschland schaute sich um, einen Monat nach dem furiosen Auftakt der Sexismusdebatte. Und siehe, es war geheilt! Kein Sexismus mehr, nirgends, der Erregungsmuskel abgeschlafft, als habe er nie wie ein steifer Zeigefinger auf die Defizite im Zusammenleben gewiesen, die die EU-Kommission nun rasch angehen muss. Nackte Haut und nackte Wahrheiten, nur bei Facebook (Screenshot) finden die einen Monat nach Ausbruch der großen Sexismuskrise noch ein Biotop, in dem sie überleben können.
Kein Thema für das Morgenmagazin, in dem längst eine neue Generation Moderatoren ihren Dienst angetreten hat, die ihre eigenen Themenschwerpunkte setzt. Hier eine Ratetasse, dort ein Musikbeitrag zur Eurokrise. Auch in den Abendnachrichten kann Brüderle inzwischen nicht nur wieder auftreten, ohne etwas zum Thema Himmelreich zu sagen. Nein, er kann dort auftreten, ohne überhaupt zum Thema Himmelreich befragt zu werden.
Die Veralzheimerung des Alltags hat eine neue Dimension erreicht. Pferdefleisch im Bioei, Katzenhaar im Döner. Gauck mahnt die Fortsetzung der Eurokrise mit anderen Mitteln an. Der Energiewende droht das Geld auszugehen, weil rumänische Armutsflüchtlinge das Ruhrgebiet überrennen. Stephane Hessel, der Salonrevolutionär, der mit einem 32 Seiten dünnen Groschenroman Millionen scheffelte, stirbt der von seiner Rundumempörung inspirierten Occupy-Bewegung hinterher. Tapfere deutsche Matrosen schließlich, die Deutschlands Werte an den Gestaden des Libanon verteidigen, werden von einem Vorgesetzten "asiatischer Abstammung" (Der Spiegel) als "Mongos" brutalst rassistisch beleidigt. Der Papst betet sein letztes Angelus-Gebet. Die CDU schwächelt.
Wohin? Weswegen? Und wer wird Papst? Muss Angela Merkel auch da noch selbst ran? Oder übernimmt Laura Himmelreich? Wie ständen Brüderles Chancen auf Seligsprechung dann?
Eulenfurz über den Erregungsmuskel
Das mediale Hyperventilieren folgt eben einer ähnlichen Dynamik, wie das physiologische.
AntwortenLöschenHat man ein erschröckliches Thema, einen förchterlächen Skandal mit Verve, Empörung und Entrüstung eingesogen, so bekommt man halt nach kurzer Zeit den Tunnelblick, beginnt blau anzulaufen und muss die eingesogenen Dämpfe und Ausdünstungen des aktuellen Skandals wieder heftiglich auspusten.
Sodann muss allerdings alsbald wieder eine andere Gasmischung (einer neuen Katastrophe, einer neuen Infamie) inhalieren, und der Zyklus beginnt von Neuem.
Herrlicher Kommentar, geniale Formulierung! Besser kann man es nicht zusammenfassen.
AntwortenLöschenBeste Grüße, Calimero
Danke für die Metapher des erigierten Aufregungsmuskels, der als Phallussymbol der Mediokratie eingeführt (!) werden sollte.
AntwortenLöschenWas die "Bähh-Lästigungs"-Debatte angeht gilt indes immer noch: "Etwas bleibt immer hängen (oder eher stehen??)".
AntwortenLöschenBezogen auf den "Sexismusskandal" bedeuet das, dass die "gefühlte Dauerbelästigung" unserer Bundes-ZickInnen im Nachfeld sicher um einige Deut zugenommen hat. Zu noch edleren, reineren, unantastabereren LichtgestaltInnen , noch heiligeren KühInnen dürften sie mutiert sein und noch despektierlicher auf den "Irrtum der Natur", die Dauerzumutung Mann herabblicken.
Die Medien-Maschinerie arbeitet allerdings fieberhaft an ihrem "Viagra", das das Erschlaffen der medialen Erektionen verhindern, oder zumindet hinuszögern soll.
AntwortenLöschenApropos "Sexismus": Hat in irgendeiner Talkshow schon Paolo Pinkel seine Meinung geäußert ?
AntwortenLöschenmeiner wahrnehmung nach ist der aus dem geschäft ausgestiegen.
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