Donnerstag, 17. Januar 2013

Unwahrscheinliches Unwort

Kaum ist das "Wort des Jahres" - zur Erinnerung für alle mit glücklicherweise ungesundem Kurzzeitgedächtnis: "Rettungsroutine" - mit riesigem Bohei und ohne sachliche Begründung (denn Worte des Jahres zeichnen sich vornehmlich dadurch aus, zwar "vernehmbare Spuren ... in den Notizbüchern der Sprachwächter, nicht aber im wahren Leben hinterlassen" zu haben), kaum ist also dieses Wort verkündet worden, tritt ein neuer Anbieter mit einem neuen Angebot auf. Das "Unwort des Jahres" gilt es zu verkünden, wobei die Unterscheidung zwischen dem einen und dem anderen für einen Normalbürger so schwierig ist wie die zwischen Pleonasmus und Tautologie. Nur lassen sich die beiden Begriffe aus der Sprachwissenschaft bei genauerem Hinsehen explizit differenzieren, während Wort und Unwort des Jahres in ihrer Intention oft kaum zu unterscheiden sind. Das "Unwort des Jahres" kommt etwas kritischer (denn es möchte "das Sprachbewusstsein und die Sprachsensibilität in der Bevölkerung fördern") daher, während sich das Projekt "Wort des Jahres" (Es wählt "Wörter und Ausdrücke, die die öffentliche Diskussion des betreffenden Jahres besonders bestimmt haben, die für wichtige Themen stehen oder sonst als charakteristisch erscheinen.") neutral gibt. In der Realität blöken unterforderte Akademiker sachlich unbegründeten Dummfug Richtung Medien, die diese Dumm-Dumm-Geschosse nur zu gerne wieder und wieder und wieder abfeuern.

Jetzt ist also gerade das "Unwort des Jahres" dran, das als "Opfer-Abo" nur zu genau "den Blick auf sachlich unangemessene oder inhumane Formulierungen im öffentlichen Sprachgebrauch" richtet, um damit zu "alltäglicher sprachkritischer Reflexion aufzufordern".

An diesem Statement stimmt nichts - vor allem nicht die Annahme, es gebe (oder habe gegeben): eine Verwendung des Doppel-Unworts "Opfer-Abo "im öffentlichen Sprachgebrauch". Wie die Opfer-Suchmaschine Google deutlich macht, wurde das "Unwort des Jahres" im WWW vor Bekanntgabe des Siegers nie erwähnt, während der Index just mit Herausgabe der entsprechenden Pressemitteilung von 0 auf 100 sprang. Was wiederum - wir proletarischen Akademiker sind unter uns - gut als self-fulfilling prophecy durchgehen kann.

3 Kommentare:

  1. Wenn das Opfer-Abo gar nicht geht, dann ja vielleicht wenigstens das Täter-Abo. Ich bestell mich gleich mal eins.

    AntwortenLöschen
  2. Ist doch schön, dass sich noch jemand an den Dingens, den Kachelmann erinnert hat. Er wird sich freuen und sich das Zertifikat an die Kerkerwand hängen.

    AntwortenLöschen
  3. Der Unterschied zwischen "Wort des Jahres" und "Unwort des Jahres"?

    Das Eine wird von einer Jury vergeben, da steht die Gesellschaft für die deutsche Sprache dahinter und ein Minimum an Fachkompetenz.

    Das Andere ist eine "Unjury", nämlich ein linker Stammtisch, der sich selber ernannt hat.

    AntwortenLöschen

Richtlinien für Lesermeinungen: Werte Nutzer, bitte beachten Sie bei ihren Einträgen stets die Maasregeln und die hier geltende Anettekette. Alle anderen Einträge werden nach den Vorgaben der aktuellen Meinungsfreiheitsschutzgesetze entschädigungslos gelöscht. Danke.