Dienstag, 11. Dezember 2012

Doku Deutschland: In Beifallsstürmen

Stellvertretend für die 500 Millionen Europäer nahmen EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Europaparlamentspräsident Martin Schulz den mit umgerechnet 927.000 Euro dotierte Friedensnobelpreis entgegen. Das Preisgeld kommt einem Hilfsprojekt für Kinder in Kriegsgebieten zugute. Die erkennbar gerührte Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande grüßten mit gemeinsam erhobenen Armen aus der ersten Zuhörerreihe in den Osloer Rathaussaal.

Auferstanden aus der Asche des Krieges besitzt Europa laut Van Rompuy und Barroso nun die Chance, sich neu zu erfinden. In ihrer Nobelpreisrede ermutigen sie junge Menschen, diese Verantwortung mit Würde zu übernehmen. Bei PPQ lesen Sie eine Langfassung der Rede mit exklusiv eingeblockten Stimmungsteilen.

Van Rompuy erinnerte daran, warum die EU einst aus der Taufe gehoben wurde. "In einer Zeit der Unsicherheit erinnert dieser Tag die Menschen in Europa und in aller Welt an den fundamentalen Zweck der Europäischen Union: Die Verbrüderung der europäischen Nationen voranzutreiben, jetzt und in der Zukunft", sagte er. Trotz alledem,trotz Finanzkrise und ausgehebelter Demokratie müssten die Europäer "ohne Ermüdung kämpfen, mit Überzeugung von der gerechten Sache, die wir verteidigen, überzeugt von der Kraft unserer Ideen, dieser Kraft, die sich in allen revolutionären Kämpfen und bei allen Kämpfern gezeigt hat, die gegen die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen kämpften".

Hier brandet erstmals vorsichtiger Applaus auf. Wie die Sklaven Roms, die sich gegen ihre Herren erhoben, wie die Männer, die auf den Schlachtfeldern der Kämpfe des Proletariats starben, sei es in Paris, sei es in Spanien, in Stalingrad, in Leningrad, in Odessa, vor Moskau oder in Vietnam, müsse diese Tradition überall aufrecht erhalten werden. Der Beifall wird entschiedener, stärker, auch fordernder.

Der Festredner klingt jetzt kämpferischer, ohne deshalb undankbar zu klingen. Es gebe kein Einknicken vor Spekulanten, Hegdefonds und dem internationalen Finanzkapital, das sei eine Grundvereinbarung der Gründerväter gewesen. "Sie wurde von den kubanischen Kämpfern in den Tagen des Überfalls auf Playa Giron aufrecht erhalten, diese heroische Tradition und das Gefühl der Solidarität, welches sich weder auf den Egoismus des Einzelnen gründet noch auf den Egoismus der Nationen, sondern auf die Brüderlichkeit des Menschen, auf die Brüderlichkeit der Völker", hieß es in der bewegenden Dankesrede. "Das macht unsere Sache unbesiegbar. Darum besteht die EU, und darum wird sie bestehen." Etwa durch ständige Verhandlungen zu immer mehr Themen zwischen immer mehr Ländern.

Das Protokoll der Veranstaltung verzeichnet hier erstmals stürmischen Beifall der Anwesenden, der sich noch steigert, als der Redner ausruft: "Darum werden eines Tages der Frieden, die soziale Gerechtigkeit, die wahre Freiheit, die wahre Brüderlichkeit unter allen Menschen, bei allen Völkern, auf allen Kontinenten siegen!"

Erneut brandet Beifall durch den Saal, die Gäste erheben sich nun von ihren Plätzen. "Das vergangene Jahrhundert hat nichts Vergleichbares gesehen", heißt es nun, ganz im Gegenteil, das vergangene Jahrhundert habe "bittere Rückschläge und Niederlagen" gebracht. "Aber dies ist das Jahrhundert der Siege, des Sieges des Oktobers, des Entstehens der EU, der Einführung des Euro, der verstärkten Integration und unablässigen Demokratisierung der europäischen Institutionen, der Schaffung von Rettungsschirmen und ESM und der Siege der Völker in ihrem Kampf gegen den Kolonialismus und für nationale Unabhängigkeit."

(Beifall)

"Es lebe die Freundschaft, zwischen den Völkern Europas! Es lebe die Freundschaft zwischen den Parteien und Institutionen!"

(Die Teilnehmer der Großveranstaltung erheben sich von ihren Plätzen und spenden stürmischen, lang anhaltenden Beifall)

Es lebe die Europäische Kommission, es lebe das Europäische Parlament!

Es lebe die EU! Es lebe der Euro!

Es lebe die unverbrüchliche Solidarität der europäischen Völker!
(Zwischentitel durch die Redaktion)


Zur kulturkritischen Reihe Doku Deutschland:

In der Markttranssparenz-Zentrale
Copy&Waste
Der vierte Mann der NSU
Mein Leben als Escort
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Beim letzten deutschen Autofahrer
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Am Tresen verhaftet

11 Kommentare:

  1. Das ist dann doch fast ein bisschen lustig - meint die SZ.

    Als Barroso verkündet, er könne sich keinen besseren Ort zur Verleihung des Preises vorstellen als Norwegen.

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  2. Wußte gar nicht, daß neuerdings der Nobelpreis in Form eines Malkastens verliehen wird.

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  3. Jedem Tierchen seinen Leninorden! Daß die Gewinnlinge sich noch in Euros auszahlen lassen ... was wollen die mit dem wertlosen Plunder?

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  4. War das ein Bericht aus "zu Besuch im Märchenland"?

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  5. Dazu gehört natürlich auch noch der richtige Gruß!

    http://rundertischdgf.wordpress.com/2012/12/10/der-gestreckte-arm-in-der-eu/

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  6. Auch nur eines der übl(ich)en Rituale. Die verlogenen Protagonisten der Nomenklatura feiern sich wechseleseitig mit fulminanten Preisen und Auszeichnungen. Es gilt das Inzucht-Prinzip, sich für eine erhaltene Auszeichnung mit einer noch glänzenderen zu revanchieren. - Solche Nobel-Preise sind ergo nicht mal das Papier wert, auf den die üblichen verquasten Lobeshymnen stehen

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  7. Wer hat Euch alles gegeben,
    Sonne und Wind
    und wer geizte nie?

    Die EU, die EU, die EU !

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  8. EU,EU,EU
    Echt unnötig....

    Sie dürfen mich ab heute mit "Ihro Friedensnobelpreisabsahner" ansprechen ;(

    Bitte daran denken Impressum ändern. Schließlich sind wir ja nicht mehr "irgendwer" sondern "Friedens"preisgewinner..

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  9. das impressum wurde doch schon gestern geändert!

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  10. Ja ja sie pudern ihre Eitelkeiten mit Orden Auszeichnungen und natürlich mit viel viel Geld. Aber Norwegen ist halt nicht in diesem Klub und erst das Volk der Euronen, sie laufen alle davon, man wird sehen.

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