Dienstag, 30. Oktober 2012

Regierung will schon wieder ohne neue Schulden auskommen

Hans Eichel war nicht der Erste, aber der Letzte war er weißgott nicht. 2005 kündigte der Mann, der sich „der eiserne Hans“ nannte, an, „2006 einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen“. Eichel wollte als „Sparminister“ in die Geschichte eingehen, musste allerdings bereits zehn Monate später gestehen, dass die Zahlen nicht so waren, wie er das gern gehabt hätte. Der „ausgeglichene Haushalt ohne neue Schulden“ wurde verschoben, dann aber auch schon von der Kanzlerin selbst angekündigt.

In der Haushaltsberatungen ließ Angela Merkel im Sptember 2008 die Bombe platzen. Trotz des nachlassenden Wirtschaftsbooms und den Turbulenzen an den Finanzmärkten wolle sie „bis zum Jahr 2011 einen ausgeglichenen Haushalt“ aufstellen, hieß es. Der neue Finanzminister, erneut ein Sozialdemokrat, sah das genauso: Erst wollte Peer Steinbrück schon 2008 „ohne neue Schulden“ auskommen. Dann war es 2008 und er zeigte Tatkraft, indem er das Ziel des ausgeglichenen Haushalts auf „2009 oder 2010“ (Steinbrück) verschob.

Fest entschlossen wurde das Ziel dann 2010 auf 2011 verschoben. Der Sparwille aber blieb ungebrochen, selbst als Steinbrück wich und Wolfgang Schäuble das Amt des Finanzministers übernahm. Plante Steinbrück anno 2009 noch mit Ausgaben von 288,4 Milliarden Euro und 10,5 Milliarden Euro neuen Schulden - den Blick stabil darauf gerichtet, dass es bald das letzte Mal sein wird - steigerte Schäuble das Defizit durch strikte Sparpolitik bereits anno 2011 auf 48 Milliarden Euro.

Nun aber ist der Finanzminister noch optimistischer. Aus den Zahlen folge, sagte Schäuble bereits 2009, „dass wir den Haushalt über eine Reduzierung der Staatsausgaben ins Lot bringen müssen“. Auch das ist ihm gelungen – durch stete und strikte Reduzierung stiegen die Ausgaben des Bundes innerhalb von drei Jahren um acht Prozent von 288 auf 312 Milliarden Euro und es gelang, das Defizit zwischen Einnahmen und Ausgaben für kommendes Jahr auf nur noch 32,1 Milliarden Euro zu senken – das ist nur noch eine Milliarde mehr als an dem Tage vor sechs Jahren, als Hans Eichel den ersten Haushalt ohne Schulden seit 1969 als Nahziel verkündete.

Die Süddeutsche Zeitung, wie so viele andere Blätter einer hohen Qualität der Berichterstattung verpflichtet, fasst es in den mitreißenden Satz: "Regierung will schon 2014 ohne neue Schulden auskommen".

9 Kommentare:

  1. Im Haushalt wie in der Politik zählt zunächst der gute Wille. Und die elegante Umsetzung der Ankündigung der Absicht. Alles weitere ist dann der Fluch der guten Tat. Axiom.

    Die negative Ausgabenreduzierung ist ethisch-moralisch bereits common sense und edle Kälber schmecken sowieso am besten. Nicht nur ihrem Metzger.

    Die Frage zielt nicht länger auf John Galt, George Orwell ist es, den niemand kennt.

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  2. dass in der politik der gute wille zählt, ist das eine. dass die "vierte gewalt" besinnungslos nachplappert, was dort an orwellschen paolen ausgereicht wird, dass ist das erschütternde. andererseits imponierend: sie verkaufen den blödsinn auch noch für geld

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  3. "Nachplappern" ist ein zu starkes Wort. Die Zeitungen sollten allerdings offensiver damit werben, "die größten Schlagzeilen der 90er und dasselbe von heute" zu bringen. Nostalgie ist beim Publikum in Deutschland so beliebt wie nirgendwo. Wer von uns vermißt nicht ein Best of der schönsten Versprechen aus 60 Jahren Bundestagspolitik?

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  4. "die größten Schlagzeilen der 90er und dasselbe von heute" ist ein famoser vorschlag. wird kommen, unweigerlich.

    da fühlt sich die alternde bevölkerung dann gleich noch mehr zuhause

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  5. "sie verkaufen den blödsinn auch noch für geld"

    Na ja, das Geschäftsmodell schwächelt. Unsere Heimatzeitung hatte vor 15 Jahren auf Auflage von 420.000, heute 250.000.

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  6. Was mir an Dresden gefällt, ist die Vielfalt der Tageszeitungen. In nicht vielen Städten gibt es drei bekannte, seriöse Tageszeitungen. Diese Konkurrenz sichert die journalistische Unabhängigkeit.

    Die *SZ* gehört der SPD-DDVG.
    Die *Morgenpost S.* gehört der SPD-DDVG.
    Die *DNN* gehört der Madsack-Gruppe, also eigentlich auch der SPD-DDVG.

    Außerdem ist das Geschäftsmodell, ausreichende Werbeanzeigen von Firmen zu erhalten ... und daß man auf ein vertrauenswürdiges Kartellamt zurückgreifen konnte, als man unabhängige lokale Wochenanzeiger (o.ä.) ausschalten mußte.

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  7. Jo.
    Damit gar nicht erst ein Pluralismusverdacht aufkommt, werden die SäZ und die MoPo mit der gleichen Maschine gedruckt.

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  8. man soll das geschäftsmodell nicht zu früh beerdigen, die verleger erwarten derzeit eine wiederauferstehung.

    klingt ja auch überzeugend, so in dresden. die leute glaubens halt

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