Samstag, 28. Juli 2012

Kacheln zu Hause

Er ist wieder da, multimedialer denn je. Kachel Gott, der kunstbeflissene Fliesenleger von Halle, lässt sich auch von der brütenden Klimahitze des viertätigen Backofensommers nicht ins Handwerk pfuschen. Unbeirrt von Nachahmern, die sein Wort und Werk mittlerweile überall auf der Welt verbreiten, arbeitet der große Unbekannte weiter an seinem Ziel, der ehemalige mitteldeutsche Industriestadt Halle zur ersten vollverkachelten Cty zu verhelfen.

Jüngster Geniestreich des bescheidenen Künstlers, dessen Schaffen von PPQ und dem Internetriesen Google in einem gemeinsam betriebenen Kachelverzeichnis präsentiert wird, ist eine crosskünstlerische Fliesenaneignung. Auf die quasi alttestamentarische Grundkeramik hat der von Stadtverwaltung und Landespolitik noch immer mit Nichtachtung gestrafte Kachelkönig eine Compact Disc aufgeklebt, die anschließend via action painting im Pollockschen Sinne zu einem Auge umgestaltet wurde.

Besser als mit dieser Großminiatur, die am Kreuzvorwerk in der Nähe der wegen einer Hitler-Ausstellung so umstrittenen Kunsthochschule Burg Giebichenstein ausgestellt ist, kann der Überwachungswahn der Mächtigen der Neuzeit nicht angeprangert werden. Schweigend starrt die glühende Iris vom Backsteinpfeiler, nebenan spielen arglose Jugendliche Fußball, als gebe es weder die dauernden Angriffe auf die Kachelkunst noch die Eurokrise, Olympia, die Syrienfrage oder den kaum wahrnehmbaren Wirbel um den in einen Fördermittelskandal verwickelten Landesvater Reiner Haseloff. Später am Abend kommt ein Pärchen vorbei, sie spricht Englisch, er sagt gar nichts. Wortlos schauen sie auf zur Augenkachel. Deutlich ist zu sehen, wie beeindruckt beide sind.


Der Kampf um die Kachelkunst :
Leise flieseln im Schnee
Verehrte Winkel-Fliese
Antifaschisten im Fliesen-Ferrari

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