Sonntag, 6. Mai 2012

Warum wir Wilhelm nicht ehren sollten

Es ist ein mutiger Text, gerade in Zeiten, in denen Gut und Böse verschwimmen. Die Menschen lechzen nach Eindeutigkeit, nach einem friedlichen ersten Mai mit begrenzten Krawallen, nach Attentätern als Dauernbrennern, nicht nach welchen, von denen man aus religiösen Gründen nie mehr hört . es geht um die Vermittlung von Werten, die außerhalb aktueller Modetrends existieren, Werte, für die auch Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat eintritt. In einem bemerkenswerten Beitrag für den Tagesspiegel wagt es der Lübecker Politikwissenschaftler und Zeithistoriker, gegen den großen, stillschweigenden Konsens der Mehrheitsgesellschaft West anzuschreiben.

"Straßen, Plätze und Schulen ehren den einstigen Kaiser", stellt er betroffen fest, aber warum? "Wilhelm II. war ein Gegner der Demokratie, der den bürgerlichen Staat zerschlagen wollte. Sein Name sollte aus dem Straßenbild deutscher Städte und Gemeinden getilgt werden." Schröders aufrüttelnder Text gegen das Schweigen über die Geschichte und für ein Ende der fortgesetzten Hoffierung von Kriegstreibern und Demokratiefeinden als Namenspaten für öffentliche Plätze und Straßen wird hier bei PPQ dokumentiert - weil auch wir Angst haben, dass unsere Kinder falschen Vorbildern folgen, Rattenfängern mit Kronen auf den Leim gehen oder durch Nazi-Musik zum NPD-Eintritt genötigt werden. Hier nun Schröders Alarmruf:

Der Monarchist Friedrich Wilhelm Viktor Albert von Preußen ist im Stadtbild der alten Länder und auch in Westberlin nach wie vor nahezu allgegenwärtig. Es wimmelt nur so von Wilhelm-Straßen und -Plätzen und auf der Hohenzollernbrücke in Köln steht ein gewaltiges Wilhelm-Denkmal.

In der alten BRD wurde Wilhelm als Held und Märtyrer verehrt. Nahezu alle Kinder lernten in der Schule, dassWilhelm II. in seinen 30 Jahren an der Macht das Reich als wichtige politische Größe unter den bestehenden Weltmächten etabliert habe. Ihm verdanke das deutsche Volk einen Platz am Tisch der großen Nationen. Doch wer war Wilhelm und wofür und wogegen kämpfte er?

Wilhelm war der Enkel des ersten Kaisers Wilhelm I. und der Sohn von Friedrich III.; schon unmittelbar nach dem Tod seines Vaters wurde er mit 29 Jahren ohne Wahl Kaiser. Knapp 25 Jahre später beteiligte er sich – wenn auch nicht in vorderster Front – am I. Weltkrieg, den er mit einer über Jahre verfolgten zielgerichteten Aufrüstungspoltik mit vorbereitet hatte. Nch Kriegsausbruch mischte Wilhelm sich nicht in militärische Zielsetzungen ein, überließ diese aber nicht verfassungsgemäß dem Reichskabinett, sondern der Obersten Heeresleitung.

In den nachfolgenden Jahren bekämpften Wilhelm und die Monarchisten die Demokratie, wo immer sie eine Möglichkeit hierfür sahen. Dabei scheute Wilhelm auch nicht die Zusammenarbeit mit der Konservativen Partei nicht, die neue Repressalien gegen die polnische Minderheit durchsetzen wollte. Als Bernhard von Bülow 1909 daranging, das das preußische Wahlrecht zu reformieren, entließ Wilhelm ihn. Der Kaiser sah kein Problem in der Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und Zentrumspartei. Sein vorrangiges Ziel war der Erhalt der Monarchie.

Für Wilhelm II. waren nicht Engländer die Hauptfeinde, sondern Franzosen. Mit dem „Panthersprung nach Agadir“ verschärfte er die antifranzösische Politik. „"Pardon wird nicht gegeben! Gefangene werden nicht gemacht! Wer euch in die Hände fällt, sei euch verfallen!“ – so Wilhelm II. in seiner „Hunnenrede“ n am 27. Juli 1900 in Bremerhaven zu den Truppen, die den Boxeraufstand in China niederschlagen sollten.

Wenn Demokraten heute noch Wilhelm II. für „ehrenwert“ halten, ist das ein trauriger Beleg für ihre Ignoranz auch gegenüber ihrer eigenen Geschichte.

Die Monarchie, die den vom Krieg ausgehende Gefahr unterschätzte, wurde nach der Niederlage Deutschlands schnell zerschlagen und Wilhelm ins Exil gejagt. Die Entente-Mächte verlangten seine Auslieferung als „Kriegsverbrecher“, doch feige versteckte er sich vor seiner Verantwortung in den nahen Niederlanden

Sein Tod hätte freilich verhindert werden können,wenn ihm Königin Wilhelmina nicht Asyl gegeben hätte, wäre der ehemalige Kaiser vermutlich vor Gericht gelandet. Doch die Monarchisten wollten keinen Märtyrer und verzichteten auf die Auslieferung.

Wilhelm II. war in seinem politischen Wirken in erster Linie nicht Antifaschist, sondern Antidemokrat. Mit der von ihm geführten Monarchie bemühte er sich nach Kräften, die jungen demokratischen Pflänzchen zu zerstören und an ihrer Stelle die militärische Aufrüstung des Kaiserreichs voranzutreiben sowie die Forcierung der Kolonialpolitik in Afrika und der Südsee zu beschleunigen.

Wer Wilhelm II. durch Straßen, Plätze, Kindertagesstätten, Schulen und Denkmäler ehrt, möchte die freiheitliche Demokratie in Deutschland abschaffen oder steht ihr gleichgültig gegenüber. Wer sich aber den Werten dieser Demokratie verpflichtet fühlt, kann nur fordern, den Namen „Wilhelm“ aus dem Straßenbild deutscher Städte und Gemeinden zu tilgen.

Der Autor leitet den Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin.

9 Kommentare:

  1. Nichtsdestotrotz bin ich für den Kaiser und gegen Thälmann.

    Die großartigste Zeit der deutschen Geschichte war die unter Wilhelm eins und zwo. Nie zuvor und nie danach war das Land so frei. Nie zuvor und nie danach hat sich das Land so stürmisch entwickelt.

    Und um zu heute anzuknüpfen, unter dem Kaiser hat D eine gescheite Einwanderunspolitik betrieben. Es geht also, wenn man es will

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  2. Mein Gott. Die 6 Millionen an der Front Gefallenen, der zehntausendfache Hungertot der Kinder , das wird man doch dem von Inzucht zerfressenen Hochadel mit Halbarm verzeihen können.

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  3. ist längst verziehen. denn im original handlet der artikel ja von den straßen, die nach thälmann heißen

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  4. Ach Gott, Anonymus, Du bist ja so schlau.
    Schade dass es nicht mehr von Deiner Sorte gibt. Die Welt wäre eine bessere.

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  5. ich will den Kaiser wiederham.

    VRIL

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  6. aber den mibmbart

    VRIL

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  7. Thälmann war ein Spachkünstler. Er erfand die bis heute gültigen Formulierung: "Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht" und andere schöne Sachen zum Lachen.
    Und wenn dieser Tage in Trier der heilige Rock und Marx' Unterhose zu besichtigen sind, dann muß ich darauf verweisen, daß Thälmanns Turnhose (weinrot) jahrzehntelang im berliner Historischen Museum der DDR zu bewundern war.

    Möge er in Frieden ruhen.

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  8. Oder: Wer Hindeburg wählt, wählt Hitler, wer Hitler wählt, wählt den Krieg.

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  9. Was die Politiker eben manchmal so sagen.
    Ulbricht hatte jedenfalls gern auch mal mit seinem Kumpel Goebbels zusammengearbeitet.

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