Es ist ein Zeitzeugenbericht, der entsetzt, erschüttert und fassungslos macht. Das Grauen des Kalten Krieges steigt aus der Gruft des Vergessens und konfrontiert die Überlebenden mit dem muffigen Geruch von Bestechung und Vorteilsnahme. Nein, nicht nur Ikea ließ Menschen unter unwürdigen Bedingungen Sklavenarbeit für sich verrichten. Auch andere namhafte Firmen aus der alten Bundesrepublik nutzen das Land der unbegrenzten Tiefstlohnmöglichkeiten, um Ware für ihre verwöhnte Westkundschaft billig zusammenschrauben zu lassen.
Nicht nur Strafgefangene und ganz normale Mitglieder der damals in der DDR herrschenden Arbeiterklasse mussten sich verdingen, um Strumpfhosen, Mäntel, Salamander-Schuhe und Produkte der Grundstoffchemie herzustellen, die in Bayern, Hamburg und Hessen verramscht wurde. Nein, sogar Schulkinder wurde über Jahre hinweg missbraucht - auf Geheiß von Honecker-Gattin Margot, mit Wissen der Staatspartei und ohne dass sie selbst oder ihre Erziehungsberechtigten um Zustimmung gebeten wurde. Die Entlohnung für die Fronarbeit war noch kärglicher als die der politischen Häftlinge - es gab keine, wie ein aufrüttelnder Bericht des gebürtigen Teutschentalers Ulf Herschel zeigt, der selbst als Kindersklave in einer geheimen DDR-Lampenfabrik (Foto oben) für ein großes bundesdeutsches Versandkaufhaus schuften musste. Herschel klagt inzwischen vor dem Menschengerichtshof. Sein Gedächtnisprotokoll liegt bei den Akten, ist PPQ aber exklusiv zur Veröffentlichung überlassen worden.
Es ist richtig, wir waren jung und wir brauchten Geld, bekamen aber keines. Der Staat, dieses allmächtige Wesen voll sozialistischer Geschichtskenntnis, hatte ja beschlossen, dass wir nicht nur für die Schule, sondern auch für das Leben lernen sollten. Dieses Leben schien vorzusehen, dass selbst die unter uns handwerklich tätig würden, die aus Ermangelung an Fingerfertigkeit, einen Schnürsenkel zu binden, Schuhe mit sogenannten Klettverschlüssen trugen.
Ja, wir sind in den 80er Jahren. Millionen Kinder und Jugendliche, die Älteren erinnern sich, gingen auch auf der russischen Seite des Kalten Krieges zur Schule. Und sie lernten dort nicht nur Mathematik, Deutsch und Ideologie nicht richtig. Nein, das blutige System zwang sie außerdem, im Fach PA Kinderarbeit zu leisten. Kinderarbeit im Dienst westdeutscher Großkonzerne, wie erst jetzt bekannt wurde.
Die Fron einer ganzen Generation musste Freitag geleistet werden, aller zwei Wochen in aller Herrgottfrühe Als graue Schar, aus der kein Lachen erscholl, trotteten Mädchen und Jungen widerstandslos in eine kalte, weißgetünchte Fabrikhalle. Hier warteten an langen, klinisch sauberen Werkbänken Fertigteile. Drähte, Muffen, Schrauben, abgekantetes Metall. Die Kinder, kaum dem Rolleralter entwachsen, wurden nun gezwungen, aus diesen Einzelteilen Schreibtischlampen zu bauen. Es gab genaue Pläne, Normvorgaben, einen Aufseher, der ruhelos durch die Reihen ging, an denen am Fließband gefertigt wurde.
Nicht für irgendwen freilich, sondern für den kapitalistischen Neckermann-Versand. Dessen wohlhabende, über Westgeld in rauen Mengen verfügende Kundschaft würde sich die aus Kinderblut und Kinderschweiß gefertigten Lampen auf ihre von Stasi-Zwangsarbeitern gebauten Ikea-Nachttische stellen.
Es gab keinen Weg heraus aus der Fleischmühle für die, die auf Veranlassung der Bildungsministerin Margot Honecker eingeteilt waren, ihrem finanziell klammen Staat schon im zarten Alter von 13 oder 14 Jahren mit ihrer Hände Arbeit Devisen einzuspielen. PA, die Abkürzung für „Produktive Arbeit“, wurde als Lehrfach ausgegeben. Doch es gab schon strukturell gesehen keinen Unterschied zur Tätigkeit der Zwangsarbeiter im Dienst von Ikea, westlichen Chemiekonzernen und Kaugummifabrikanten – außer, dass denen wenigstens ein geringes Entgelt zustand, den Kinder aber kein einziger Cent.
Umso verständlicher, dass es von Anfang an Widerstand gab bei den Geknechteten und Entrechteten, die an Lampen schraubten, die sie sich selbst niemals würden leisten können. Bis zu 60 Westmark – umgerechnet 600 Mark Ost – kostete eine der Lampen laut Katalog. Für viele Kinder alleinstehender Eltern in der DDR ein Familienmonatseinkommen.
So wurde gestohlen. Hier ein Schräubchen, dort ein Drähtchen, da eine Muffe. Bis die Lampe zu Hause zusammengeschraubt werden konnte. Doch es gab menschenunwürdige Kontrollen, Fehlbestände wurden gnadenlos aufgedeckt, mutmaßliche Diebe bestraft, Nachahmern gedroht.
Die Zwangsarbeiterklasse schlug nun auf ihre eigene Weise zurück. In den Fuß der Lampen wurde geheime Botschaften geschmuggelt. Kleine Zettel mit explosiven Botschaften an die Neckermann-Klientel. „Diese Lampe entstand in Kinderarbeit“, stand dort, oder auch „ich bin erst 13 und muss Lampen in Zwangsarbeit bauen – viele Grüße aus der DDR“.
Ja, wenn Sie ein Leser aus den alten Ländern sind. Gehen Sie hinüber. Lösen Sie die vier Schrauben. Und lesen Sie selbst.
Nicht nur Strafgefangene und ganz normale Mitglieder der damals in der DDR herrschenden Arbeiterklasse mussten sich verdingen, um Strumpfhosen, Mäntel, Salamander-Schuhe und Produkte der Grundstoffchemie herzustellen, die in Bayern, Hamburg und Hessen verramscht wurde. Nein, sogar Schulkinder wurde über Jahre hinweg missbraucht - auf Geheiß von Honecker-Gattin Margot, mit Wissen der Staatspartei und ohne dass sie selbst oder ihre Erziehungsberechtigten um Zustimmung gebeten wurde. Die Entlohnung für die Fronarbeit war noch kärglicher als die der politischen Häftlinge - es gab keine, wie ein aufrüttelnder Bericht des gebürtigen Teutschentalers Ulf Herschel zeigt, der selbst als Kindersklave in einer geheimen DDR-Lampenfabrik (Foto oben) für ein großes bundesdeutsches Versandkaufhaus schuften musste. Herschel klagt inzwischen vor dem Menschengerichtshof. Sein Gedächtnisprotokoll liegt bei den Akten, ist PPQ aber exklusiv zur Veröffentlichung überlassen worden.
Es ist richtig, wir waren jung und wir brauchten Geld, bekamen aber keines. Der Staat, dieses allmächtige Wesen voll sozialistischer Geschichtskenntnis, hatte ja beschlossen, dass wir nicht nur für die Schule, sondern auch für das Leben lernen sollten. Dieses Leben schien vorzusehen, dass selbst die unter uns handwerklich tätig würden, die aus Ermangelung an Fingerfertigkeit, einen Schnürsenkel zu binden, Schuhe mit sogenannten Klettverschlüssen trugen.
Ja, wir sind in den 80er Jahren. Millionen Kinder und Jugendliche, die Älteren erinnern sich, gingen auch auf der russischen Seite des Kalten Krieges zur Schule. Und sie lernten dort nicht nur Mathematik, Deutsch und Ideologie nicht richtig. Nein, das blutige System zwang sie außerdem, im Fach PA Kinderarbeit zu leisten. Kinderarbeit im Dienst westdeutscher Großkonzerne, wie erst jetzt bekannt wurde.
Die Fron einer ganzen Generation musste Freitag geleistet werden, aller zwei Wochen in aller Herrgottfrühe Als graue Schar, aus der kein Lachen erscholl, trotteten Mädchen und Jungen widerstandslos in eine kalte, weißgetünchte Fabrikhalle. Hier warteten an langen, klinisch sauberen Werkbänken Fertigteile. Drähte, Muffen, Schrauben, abgekantetes Metall. Die Kinder, kaum dem Rolleralter entwachsen, wurden nun gezwungen, aus diesen Einzelteilen Schreibtischlampen zu bauen. Es gab genaue Pläne, Normvorgaben, einen Aufseher, der ruhelos durch die Reihen ging, an denen am Fließband gefertigt wurde.
Nicht für irgendwen freilich, sondern für den kapitalistischen Neckermann-Versand. Dessen wohlhabende, über Westgeld in rauen Mengen verfügende Kundschaft würde sich die aus Kinderblut und Kinderschweiß gefertigten Lampen auf ihre von Stasi-Zwangsarbeitern gebauten Ikea-Nachttische stellen.
Es gab keinen Weg heraus aus der Fleischmühle für die, die auf Veranlassung der Bildungsministerin Margot Honecker eingeteilt waren, ihrem finanziell klammen Staat schon im zarten Alter von 13 oder 14 Jahren mit ihrer Hände Arbeit Devisen einzuspielen. PA, die Abkürzung für „Produktive Arbeit“, wurde als Lehrfach ausgegeben. Doch es gab schon strukturell gesehen keinen Unterschied zur Tätigkeit der Zwangsarbeiter im Dienst von Ikea, westlichen Chemiekonzernen und Kaugummifabrikanten – außer, dass denen wenigstens ein geringes Entgelt zustand, den Kinder aber kein einziger Cent.
Umso verständlicher, dass es von Anfang an Widerstand gab bei den Geknechteten und Entrechteten, die an Lampen schraubten, die sie sich selbst niemals würden leisten können. Bis zu 60 Westmark – umgerechnet 600 Mark Ost – kostete eine der Lampen laut Katalog. Für viele Kinder alleinstehender Eltern in der DDR ein Familienmonatseinkommen.
So wurde gestohlen. Hier ein Schräubchen, dort ein Drähtchen, da eine Muffe. Bis die Lampe zu Hause zusammengeschraubt werden konnte. Doch es gab menschenunwürdige Kontrollen, Fehlbestände wurden gnadenlos aufgedeckt, mutmaßliche Diebe bestraft, Nachahmern gedroht.
Die Zwangsarbeiterklasse schlug nun auf ihre eigene Weise zurück. In den Fuß der Lampen wurde geheime Botschaften geschmuggelt. Kleine Zettel mit explosiven Botschaften an die Neckermann-Klientel. „Diese Lampe entstand in Kinderarbeit“, stand dort, oder auch „ich bin erst 13 und muss Lampen in Zwangsarbeit bauen – viele Grüße aus der DDR“.
Ja, wenn Sie ein Leser aus den alten Ländern sind. Gehen Sie hinüber. Lösen Sie die vier Schrauben. Und lesen Sie selbst.
Wir haben in PA nicht für den Klassenfeind gearbeitet, sondern das Wohnungsbauprogramm des VIII. Parteitages der SED erfüllt, indem wir Plattenbauten mit asbesthaltigem Morinol-Fugenkitt zusammengeklebt haben.
AntwortenLöschenihr glücklichen! wobei: ihr bekommt ja nun keine entschädigung. tut mir leid.
AntwortenLöschenAuch bei den ruhelos zwischen den schweißtriefenden entrechteten kindlichen Zwangsarbeitern laufenden Aufsehern gab es Widerstandskämpfer. Mein Aufseher sagte zu mir: Junge, versau uns die Norm nicht.
AntwortenLöschenAuch ich wurde versklavt.
AntwortenLöschenMusste in Buna Gartenschläuche aufwickeln und nach 20 Meter vom Endlosschlauch aus der Spritzgussmaschiene abtrennen.
Da ich dabei regelmäßig einschlief (ca. 1 m Schlauch/ 5 Minuten) kann ich mich mit Recht als Widerstandskämpfer bezeichnen.
»ihr bekommt ja nun keine entschädigung.«
AntwortenLöschenNee. Glücklicherweise war Asbest ja damals noch völlig unschädlich.
(ca. 1 m Schlauch/ 5 Minuten)
AntwortenLöschenWar das alles nur für den DDR-Bedarf oder die Produktion für den gesamten RGW?
Während ostberliner Asbest zum Abriss ganzer Paläste führte, wird westberliner Asbest bis heute für die ICC Lungenheilkunde verwendet.
AntwortenLöschenost-asbest ist nur im westen schädlich, soweit ich weiß.
AntwortenLöschenIn Halle PA in Rostock dann ESP.
AntwortenLöschen"Einführung in die sozialistische Produktion". Neuer Name für gleiches Treiben. Konkret bauten wir den "Klaufix", einen Autoanhänger, für die "Konsumgüterproduktion" auf der Werft in W'münde, welcher natürlich auch über Genex, Otto, Quelle, Neckenmann und Co. für kleines Westgeld zu erhalten war.
Der Klaufix ist noch immer unterwegs, als stummer Zeuge der Kinderarbeit für Margots blaue Haartönung aus dem Gard Haarstudio.
stell einen antrag beim menschengerichtshof. ich glaube, für einen gebauten klaufix gibt es nächstes jahr 80000 euro entschädigung
AntwortenLöschenESP= Einführung in die Sozialistische Produktion
AntwortenLöschenDa lernte man Schaltkreise kennen etc.
USP= PA
Unterricht in der sozialistischen Produktion= Praktische Arbeit.
Da lernte man Metallbearbeitung= Kellerriegel bauen
Ich habe in Dresden im Sachsenwerk den Multiboy montiert, ein Haushaltgerät zum Schneiden von Obst und Gemüse. Den bekam man via GENEX-Katalog oder in Ostberlin, Hauptstadt der DDR. Auch wenn das keiner mehr zugeben will: Es hat Spaß gemacht ;-)
AntwortenLöschendas sind ihnen die liebsten sklaven, die spaß dran haben. nachher sagt noch so ein zwangsarbeiter, dass ihm das geld gut zu paß kam, um kippen zu kaufen
AntwortenLöschenich mußte montags früh in die fabrik und gewehrreinigungsstutzen drehen, fräsen, zusammenbauen. ich hoffe, die waren für den rgw bestimmt.
AntwortenLöschenDie Gartenschläuche waren Konsumgüterproduktion.
AntwortenLöschenDurchsichtig. Kennt vielleicht mancher noch.
jedenfalls waren die gewehrreinigungsstutzen nicht für neckermann. die hatten immer andere kaliber im angebot
AntwortenLöschenDieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschen"jedenfalls waren die gewehrreinigungsstutzen nicht für neckermann. die hatten immer andere kaliber im angebot"
AntwortenLöschenWahrscheinlich.
Wie viele Wieger (die Phantom-Kalaschnikow) Richtung Westen verhökert wurden, wissen wir nicht so genau. Gut möglich, dass dieser oder jener Gewehrreinigungsstutzen (gab es so was?) doch rüber gegangen ist.
Ich musste Bleikristallzeux herumstapeln. Aber irgendwie schien das ganze Kristall niemand so recht haben zu wollen. Und so wurde langsam der Lagerplatz knapp. Irgendwann kam die Anweisung, es einfach draußen vorm Lager zu stapeln. Aber dann wurden die Kartons knapp... Nachdem nichts mehr an Kartons auffindbar war, fing man aus Verzeifelung an, einfach wieder ein paar bereits gefüllte Kartons zu leeren, um die nachrückenden wertvollen Glaserzeugnisse verpacken zu können. Drinnen wurde schließlich unbeirrt planerfüllend mit Hochdruck weiter produziert.
AntwortenLöschenAlso da kann man sagen, was man will, das waren für mich schon Eindruck hinterlassende Einblicke in die sozialistische Produktion.
Ich habe bei Bergmann-Borsig Zählwerke für Nähmaschinen oder Strickmaschinen (Maschenzähler) hergestellt.
AntwortenLöschenAnderen sind ähnliche Ausführungen sicherlich noch als klackernder Kilometerzähler bekannt.
Klack klack klack, immer im Sekundentakt.
und ich habe im UTP im veb schreibmaschinenwerk dresden schreibmaschinen der marke "erika" zusammengefummelt. am beliebtesten war der posten wo man die Tasten mit kyrillischen Buchstaben auf die Typenhebel pressen durfte. Unbeliebt war das Entgraten der sogenannten Kämme, die erstmal reichlich mit Tri gebadet wurden. Vor ein paar Jahren mußte die Bude abgerissen werden, da die Stadtverwaltung, die das Gebäude als Technisches Rathaus betrieb, reihenweise in Ohnmacht viel, so gründlich waren wir damals gewesen.
AntwortenLöschenals uns der zeitzeuge in seiner seelenpein aufsuchte, um über seine erfahrungen als kindlicher systemsklave zu sprechen, war das ausmaß des missbrauchs uns nicht klar. aber allmählich wird das bild deutlich. inzwischen interessiert sich auch die qualitätspresse für die ungeheuerlichen vorfälle. ich denke, wir können alle mit der entschädigung planen
AntwortenLöschenIch habe in Leipzig seinerzeit höchstwertige Zuckerzangen gefertigt... Sehe die heute noch in diversen Haushalten der "alten" Bundesländer. Qualität kommt von Qual...
AntwortenLöschenAls Entschädigung dürfen Ossis bald bis 70 arbeiten.
AntwortenLöschenEs hat doch niemanden geschadet, wenn man damals aller 14 Tage für 6 Stunden eine mehr oder weniger sinnvolle Arbeit verrichtet hat. War es falsch, dass man gelernt bekommen hat mit der Feile oder Bohrmaschine umzugehen? Ich würde sagen, dass es den Kindern heute auf jeden Fall mehr nutzen würde, sie könnten mal lernen, dass es noch mehr gibt, als ein Smartphone zu benutzen.
AntwortenLöschenEs hat doch niemanden geschadet, wenn man damals aller 14 Tage für 6 Stunden eine mehr oder weniger sinnvolle Arbeit verrichtet hat. War es falsch, dass man gelernt bekommen hat mit der Feile oder Bohrmaschine umzugehen? Ich würde sagen, dass es den Kindern heute auf jeden Fall mehr nutzen würde, sie könnten mal lernen, dass es noch mehr gibt, als ein Smartphone zu benutzen.
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