Sie war die große Hoffnung auf eine große neue menschengemachte Naturkatastrophe, ein Fanal für mehr Nachhaltigkeit, Energieausstieg und Benzinpreisbremsen weltweit. Nun aber ist die vom französischen Ölkonzern Total total verantwortungslos auch nach dem Aufbrechen eines Gaslecks mitten in der Nordsee zum Abfackeln von Gasresten genutzte Flamme über der havarierten Bohrplattform "Elgin" plötzlich erloschen. Kommentatoren sind entsetzt, Greenpeace-Experten geschockt, der "Spiegel" formuliert die alarmierende Zeile "Flamme erlischt über havarierter Gasplattform".
denn mit dieser Flamme geht auch die Zuversicht, dass die "unmittelbare Gefahr einer Explosion" (Spiegel) immer weiter "eskaliert" (Morgenpost) und die "Öko-Katastrophe" (Spiegel) sich nicht nur "verschlimmert", weil "immer strömen große Mengen Gas ausströmen", sondern sie auch endlich ordentliche Bilder liefert wie zuletzt die Atomkatastrophe von Fukushima, die "alles bisher Vorstellbare überstieg", ehe sie vergessen wurde wie die Sorge um die Ozonschicht, die Angst vor der Schweinegrippe und das Entsetzen angesichts der "neuen Qualität rechter Gewalt" (Bayerns Innenminister Hermann) beim Angriff auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl.
Das Gasleck an der Elgin-Plattform, in ersten Berichten fast schon sehnsuchtsvoll aufgeladen mit Erwartungen, ein neues Deepwater-Horizon-Drama stehe ins Haus, enttäuscht nun auf ganzer Linie. Kein ausgetretenes Gas "erstickt das Ökosystem" (Focus), keine gigantische Explosion erschüttert den Boden in ganz Europa, kein verantwortungsloses Ölmultimanagement kann vor seine irdischen Fernsehrichter gezerrt werden, um rechenschaft abzulegen, warum die Gasfackel über der Elgin-Plattform nicht rechtzeitig für dem Überspringen des Zündfunkens auf die austretenden Gasmengen gelöscht wurde. So, wie das Bohrwerksspezialisten bei allen deutschen Zeitungen und Fernsehsendern tagelang im Chor gefordert hatten.
Mit der Flamme der Hoffnung auf eine fetzige Katastrophe erlischt nun auch die Hoffnung auf ein neues Dfauerthema, das bis über Ostern reicht. Mit nur einem Emp auf der nach oben offenen Empörungsskala, die im vergangenen Jahr von Forschern des An-Institutes für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung in Halle an der Saale vorgestellt worden war, um die Haltbarkeit von Schlagzeilenthemen weltweit messen zu können, droht die vielversprechende Gasleck-Story im Niemandsland der schon nach wenigen Tages bedeutungslosen Panorama-Themen zu versinken. Die Writer der Apokalypse müssen weiterziehen, immer auf der Suche nach neuem, gefährlichen Stoff. Was kommt als Nächstes, was wird geboten?, fragt sich das Publikum, noch erschüttert von der Tatsache, dass anno 2012 zum ersten Mal seit Menschengedenken nicht im März eine Vorabmeldung zur steigenden Zahl von rechten Gewalttaten die Runde machte, die dann im Mai noch einmal offiziell gemeldet werden.
Abonnenten des Hysterie-Channel allerdings wissen Bescheid: Als nächstes ist Ostern. Dann kommt der AC/DC-Tunneltest. Dann kommt Foodwatch mit der alljährlichen Warnung vor Radioaktivität im Trinkwasser. Anschließend erscheint Sarrazin mit einem neuen Thesenanschlag. Und schon steht auch der Weihnachtsmann schon wieder vor der Tür. Bettlägerige und komatöse Gesellschaften, so lehrt Botho Strauß, werden ganz am Ende nur noch von solchen Ritualen zusammengehalten.
Nicht der 2. Weltkrieg, sondern das hier war die größte Menschheitskatastrophe
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