Beinahe hätte der wackere Christian Wulff es wirklich geschafft. Mit all seiner Persönlichkeit, mit seinem Ruf und dem Ansehen seiner Familie hatte sich der Bundespräsident Anfang Dezember vergangenen Jahres in die Schlacht um den Euro geworfen. Nein, Wulff, stehen keine Milliarden zur Verfügung, er kann keine Rettungspakete schnüren und keine neuen Steuern einführen, um zu sparen. Wulff hat nur das Wort - und das nutzte er: Um vom anhaltenden Debakel um das im selben Geld geeinte, aber keineswegs einige Europa abzulenken und den Menschen zum Weihnachtsfest ein amüsanteres, weitaus unernsteres Thema zu schenken, lancierte der Niedersachse die sogenannte "Kreditaffäre".
Mit Erfolg. Vier Wochen lang diskutierte Deutschland Zinssätze, aber nicht die von italienischen Staatsanleihen, sondern die von privaten Hauskrediten. Vier Wochen lang war Griechenland kein Thema, galt als interessante Rechtsfrage nur, ob Mailboxnachrichten veröffentlicht werden dürfen, nicht, ob die Übernahme portugiesischer Schulden durch deutsche Steuerzahler verfassungswidrig ist.Der Hades-Plan, einst von einem kleinen Kreis deutscher Spitzenpolitiker erdacht, ujm Europa nach zwei vergeblichen Versuchen nun endlich doch unter deutsche Hoheit zu zwingen, konnte, gedeckt von Christian Wulffs heroischem Opfergang, seinen geplanten Verlauf nehmen.
So glaubte man. In den USA jedoch hat offenbar gerade das großangelegte Ablenkungsmanöver für Misstrauen gesorgt. Ausgerechnet auf dem furiosen Höhepunkt der Wulff-Debatte mit Jauch- und Hartaberherzlich-Diskussionen auf allen Gebührenkanälen wagt es German Foreign Policy, unter dem Titel "Wie Preußen im Reich" auf amerikanische Befürchtungen hinzuweisen, dass die Bundesrepublik daran arbeite, ihr "inoffizielles Wirtschaftsimperium in Mitteleuropa wiederzubeleben".
Zitiert wird ein langjähriger politischer Berater der Washingtoner Diplomatie und was er zu sagen hat, spottet den Bemühungen von Wulff um eine Befriedung des Euro-Themas auf Kosten der eigenen Karriere Hohn. Berlin habe mit seiner Krisenpolitik "eine herausragende Position" im geeinten Europa erreicht, heißt es dort kritisch, wenn auch sachlicher als zuletzt in britischen Zeitungen.
Das deutsche Bemühen, in der derzeitigen Eurokrise nach den Vorgaben des Hades-Planes eine "politische Union" und damit die Unterordnung der anderen EU-Staaten zu erzwingen, werde zwar am Ende scheitern, urteilt Tony Corn, einst Dozent am Foreign Service Institute der US-Regierung, einer zentralen Ausbildungsstätte des US-Außenministeriums. Doch klar zu sehen sei der Versuch der "deutschen Eliten, aus den siebenundzwanzig Mitgliedern der Europäischen Union ein modernes Gegenstück zu den siebenundzwanzig Bundesstaaten des Deutschen Kaiserreichs zu machen".
Eine Botschaft, die in den USA ankomme. Das Handeln der deutschen Regierung werde im Ausland als Versuch verstanden, einen "sanfteren, freundlicheren 'Anschluss'" zu erzwingen als zuletzt im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Das werde "entsprechend auf Widerstand stoßen". Die "politische Führung Deutschlands" zeige zur Zeit "denselben Mangel an Staatskunst wie am Vorabend des Ersten Weltkriegs" - es scheint, der Opfergang von Christian Wulff verpufft und der Hades-Plan fliegt auf.
Chris singt allein im Schloss: Behind Wulffs Eyes (The Who-Cover)
Der Hades-Plan ist ja schön und gut. Aber ich glaube zu erkennen, daß die Gegner nicht schliefen.
AntwortenLöschenGleichzeitig mit dem Hades-Plan setzte sich ein Mechnismus in Gang, der auf der Verwirklichung der ehemals Morgenthau-Plan genannten Idee beruht.
Wir sind mitten drinn in der Umwandlung vom Industrie- zum Agrarstaat. Atomausstieg, Deindustrialisierung Mitteldeutschlands, Windmühlen, Öko-Landbau, Die Grünen etc.
Wer Augen hat zu sehen, der sieht!
Oder ist da kein Widerspruch? Soll Deutschland als Ackerstaat die Weltherrschaft erlangen? (Da würde die langfristige Ansiedlung von anatolischen Bergbauernclans natürlich richtig Sinn ergeben.)
@Kurt
AntwortenLöschenDeutschland, ein Ackerstaat?
Die Rolle haben wir doch den Polen, Ungarn, Tschechen zugedacht.
Als Wirtschaftsstandort sind wir gefragter denn je. Nur kommen beim Hütchenspiel der Politiker jetzt mehrere hintereinander von ihnen unter die Haube. Sowas groteskes, was derweil läuft, um Zeit zu schinden, gab es doch eigentlich noch nie.
Die Verwaltung der Akropolis z.B. wird der Einfachheit halber demnächst in Berlin ablaufen, die der Puzta auch und den Österreich-Schweizurlaub coachen wir sowieso.
Das sehe ich nicht so.
AntwortenLöschenPolen, die Tschechei und Ungarn haben das gemacht, was der DGB 1990 in Mitteldeutschland erfolgreich verhindern konnte. Diese Länder haben Sonderwirtschaftszonen mit niedrigen Löhnen und Steuern eingerichtet und die Industrieproduktion übernommen. Bei Opel Gleiwitz kostet die Mannstunde nur 9 €, bei Opel Bochum 34 € (in 2010). Da brauchen die großen Konzerne gar nicht mehr nach China auswandern. Und sobald es in Polen zu teuer wird, geht es ab nach Weißrussland.
Was im Raum Halle/Leipzig an Autoindustrie entstanden ist, wurde in guter paternalistischer Manier mit Staatssubventionen gepäppelt. Auch wenn Porsche (oder wars BMW?) zehnmal betont, daß man auf Subventionen für den Bau der Fabrik verzichtet habe. Klar, für den Bau schon. Aber was ist mit dem Betrieb der Fabrik? In Sachsen nannte man das Subventionsfüllhorn "Leuchtturmpolitik". Was allein Siemens-Infineon-Quimonda in Dresden abgefasst hat, geht auf keine Kuhhaut. Aber ich schweife ab.
Nach der Enthüllung des genialen Hades-Plan bin ich mir jetzt unsicher, ob die Deindustrialisierung Deutschlands teil dieses Plans ist oder nicht. Dafür spricht, daß man einem Gandhi nichts wegnehmen kann und er trotzdem große Macht hat. Ein Agrar-Deutschland mit eigenem Biosprit, Freigeld und Demeter-Bauern kann man kaum in die Knie zwingen.
Dagegen spricht, daß eine gewisse Industrie nötig ist, um auch einen Agrarstaat am Laufen zu halten. Es könnten also die Feinde des Hades-Plan sein, die derzeit versuchen, Baden-Würtemberg mit seinen vielen Mittelständlerklitschen durch Zerstörung der Stromversorgung zu deindustrialisieren.
Wenn man ein Rettungspaket auf einen Rettungschirm wirft, geht der Schirm dann kaputt?
AntwortenLöschenman spannt den rettungsschirm doch über das rettungspaket, damit das nicht kaputt geht!
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