Freitag, 6. Januar 2012

Alles Nazi, außer Mutti

Ein Teil der Daten stammt aus dem Hack der No Name Crew vom Sommer, ein anderer Teil enthält Informationen aus der Datenbank eines Online-Händlers, die vor drei Jahren gestohlen worden waren. Der Rest sind alte Emails aus einem NPD-Server, die im sachsen-anhaltischen Landeswahlkampf für Aufregung sorgten, obwohl sie auch da schon ein paar Jahre auf dem Buckel hatten. Und eine Adressdatenbank von freien Autoren der Wochenzeitschrift "Junge Freiheit", einer Art "Junger Welt" von rechts.

Das Anonymus-Projekt Nazi-Leaks , unter dem Namen des Frohsinn-Jazzers James Last auf eine Adresse in der Sedlmaiergasse 13 im bayrischen Freilassing registriert, sorgt dennoch für Aufregung. Nicht, weil die selbsternannten Gralshüter der Transparenz irgendetwas Neues zu berichten haben. Sondern obwohl sie nur alte Kamellen erzählen: Als "Angriff gegen rechts" feiert die Süddeutsche Zeitung die "Operation Blitzkrieg", das Hacker-Kollektiv nehme nun "Nazis aufs Korn" lobt der "Stern", "auf nazi-leaks.net sammeln Anonymous-Aktivisten persönliche Daten von NPD-Sympathisanten und anderen Rechten", erläutert die Rechtswacht-Postille "Zeit".

Daten von Nazis wie dem Nahost-Kenner und Kriegsreporter Peter Scholl-Latour, Daten von zahlreichen "Wissenschaftlern, Historikern, Politologen, Juristen", von denen "keiner auch nur indirekt etwas mit dem Rechtsextremismus zu tun" hat, wie Zettel aus den Namenslisten folgert. "Schon allein die Veröffentlichung dieser Namen von unbescholtenen, demokratisch gesonnenen Bürgern im Zusammenhang mit einem vorgeblichen Kampf gegen Neonazis ist eine Dreistigkeit", schimpft der Moralist alter Schule.

Ungleich dreister und dümmer aber ist die wohlwollende mediale Widerspiegelung der absurden Aktion als Teil des durchritualisierten Gespensterkrieges namens "Kampf gegen rechts". Statt kritisch zu analysieren, welche Daten mit welcher Berechtigung öffentlich gemacht werden, feiert eine offenkundig endlich komplett bewusstlos gewordene Zitatemaschine das fragwürdige Unternehmen als "Start eines Portals gegen Neonazis" (Berliner Morgenpost). Selbst der Ahnungslosigkeit unverdächtige Quellen wie Chip Online behaupten, Anonymous habe "NPD-Spender gehackt", obwohl doch die Maskenmänner nichts weiter getan haben als die alte Liste der No-Name-Crew erneut ins Netz zu stellen und mit den persönlichen Angaben von Bestellern von staatsfeindlichen Pullovern aus Dubai zu verzieren.

Erschütternd ist dann auch, was sich in den Listen findet. Besteller von überteuerten Versandartikeln, die sich auf ihrer "Facebook-Seite vor einem Kriegerdenkmal" präsentieren. Ein Schüler einer Lernbehindertenschule, der heute für Provinzfußball schwärmt. Und kein Rechtsfreger Lutz Battke. Kein Dessauer Rechtsaktivist Ingmar Knop. Kein Junker Jörg, kein Enrico Marx und kein Krauschwitzer Kammersänger Hans Püschel, ja, überhaupt niemand aus dem Standardaufgebot des mitteldeutschen Nazigruselns. "Die Seite ist nicht als Pranger gedacht. Das generieren eher die Medien", sagt ein Sprecher der Initiatoren dem "Standard". Wenn Ihm jemand glaubhaft versichere, er hätte früher zwar beim Odin-Versand bestellt, heute aber der rechten Szene abgeschworen, würden er ihm verzeihen und seinen Adresssatz löschen. "Soweit das noch möglich ist."

8 Kommentare:

  1. Wenigsten sind es keine Mordlisten ala NSU: Nach RZ-Informationen wurde im Zwickauer Domizil der NSU ein Datenträger von 2007 gefunden, auf dem neben meist namhaften Persönlichkeiten aus dem gesamten Bundesgebiet auch Politiker aus Rheinland-Pfalz aufgeführt sind. Neben Maria Böhmer listeten die Terroristen auf dem USB-Stick etwa Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), den FDP-Landesvorsitzenden Rainer Brüderle, Sabine Bätzing (SPD, damals Drogenbeauftragte der Bundesregierung), die heutige rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken (damals Bundestagsabgeordnete der Grünen) und Peter Bleser (damals Bundestagsabgeordneter der CDU, jetzt Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium) auf. Ebenfalls von der NSU gesammelt wurden Namen und Daten von Personen, die in Kirche, Vereinen oder an der SPD-Basis gegen Rechtextremismus wirken.

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  2. Nazi-Leaks.net ist nach wie vor down, wie auch bei Der Standard nachgetragen wurde. Vermutlich waren diese Anonymen doch eher ein paar wannabes, die nun ihre 5 Minuten Ruhm bekommen haben.

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  3. @Anonym (1):
    In einem Haus, das 10 Stunden gebrannt hat und wo Metall geschmolzen ist, findet man nur noch brennbare Dinge, die jemand NACH dem Brand hineingetan hat.

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  4. "Ungleich dreister und dümmer aber ist die wohlwollende mediale Widerspiegelung der absurden Aktion als Teil des durchritualisierten Gespensterkrieges namens "Kampf gegen rechts"."

    Genau das ist das Problem. Irre gibt es im Netz viele. Wenn Irre aber durch Qualitätsmedien quasi einen Ritterschlag bekommen, dann zeigt das deutlich den bedenklichen Zustand, in dem sich unsere Qualitätspresse befindet.

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  5. @Anonym 1

    Auch hier ist bekannt, dass die total zugekifften Ziercke-Fuzzis neben vielen anderen "Beweisemitteln" aus der vollständig ausgebrannten Wohnung auch ein paar Telefonbücher "geborgen" haben.
    Der Knallfrosch sollte mal aufpassen, dass er nicht mehr Beweismaterial "birgt", als überhaupt in die Wohnung reingepasst hätten.

    Im Übrigen ist die NSU das beste Argumente ("Gutes Geld für gute Arbeit") für die Einführung von Mindestlöhnen. Vor der Leistung der NSU kann man nur den Hut ziehen. 10 Morde, 14 Banküberfälle, Bombenexplosion, Anfertigung von Namenslisten mit mal (für die Freunde brauner Zahlenmystik) „88“ und mal (für die "viel hilft viel"-Fraktion) „zehntausenden“ Namen, handschriftliche Aufzeichnungen, falsche Pässe, Handel mit Pogropoly, 30 mal mit den Terrorkatzen Heidi und Lilly beim Tierarzt, 8 Brandstiftungen in Völklingen, Flucht von Thüringen nach Sachsen, Grabschändungen in Berlin, Achse Zwickau-Nürnberg, Tatvorbereitungsskizzen, Verbindungen in den Westen … es ist der Wahnsinn. Um dieses Pensum zu schaffen müssen die 24 Stunden täglich 7 Tage die Woche geschuftet haben.
    Da gönnt man ihnen den Osteeurlaub von Herzen.

    Und das alles für gerade mal tausend Euronen im Monat? Schlimm, diese neoliberale Ausbeutung.

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  6. Wieder was "zum Lachen"
    http://www.taz.de/Ermittlungen-zu-Neonazi-Terrorgruppe/!85104/

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  7. völliger Stuss - die Hacker sitzen in HH / Mexikoring und sind alle bekannt .

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  8. Mangelnde Sorgfalt sehe ich schon bei diesem Poster. Die Armbinde gehört an den linken Arm! Pimpfe trugen überhaupt keine Armbinde!
    Und: Wer eine Guy-Fawkes-Maske trägt, ist für mich ohnehin kein Freund der Freiheit. Da haben einfach ein paar Aktivisten den Allen Moore falsch verstanden.
    Ich jedenfalls würde mir keine Maske eines religiösen Terroristen überstülpen.

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