Die ewig alte Sponti-Frage, ob klammheimliche Freude erlaubt ist, und wenn, dann wann, stellt sich in diesen Tagen epochaler Neuordnung des nordafrikanischen Raumes einmal mehr. Während Silvio Berlusconi staatsmännisch-nachdenklich sinniert "So vergeht der Ruhm der Welt", ist der britische Staatschef Cameron "stolz" auf den erzielten Erfolg. Angela Merkel dagegen hält sich zurück: Wo die Pfarrerstochter bei Osama Bin Laden noch "große Freude" über die Hinrichtung des Anführers des weltweiten Tonband-Terrors äußerte, haben die seinerzeit nachfolgenden Fernsehgerichtssitzungen über ihren Freudenausbruch sie umdenken lassen. Für Merkel ist der Tod des Despoten, der die Frauenrechte in Nordafrika gestärkt hatte wie kein anderer islamischer Herrscher, nur eine Fußnote. "Damit geht ein blutiger Krieg zu Ende, den Gaddafi gegen sein eigenes Volk geführt hat", sagte Merkel.
Angesichts der Umstände ist das Ableben des "Machthabers" (dpa, 2007) für alle die bequemste Lösung. Hätte Gaddafi seine Festnahem überlebt, wäre die Welt um eine imposante Klickstrecke bei stern.de, aber nicht um einen Prozess gegen ihn herumgekommen. Gaddafis Anwalt aber, womöglich in Person seiner Tochter, die seinerzeit schon Saddam Hussein verteidigt hatte, wäre schlecht in seinem Job, hätte er nicht all die Abendland-Potentaten als Leumundszeugen vorladen lassen, die jemals mit Gaddafi auf derselben Couch gekuschelt haben.
Nein, nein, das musste vermieden werden. Nachher wäre da noch zur Sprache gekommen, wer wem wann welche Waffen verkauft, welche Ölverträge unterschrieben, welche Champions-League-Spiele zusammen angeschaut hat! Die Lösung Ende im Erdloch, so sehr sie ob ihrer Brutalität von Feingeistern wie Zettel beklagt wird, ist die beste Basis für eine "neues, friedliches und demokratisches Kapitel" (Westerwelle) der libyschen Geschichte. Einige Tage müssen jetzt noch Gerüchte über "feige Flucht", Gaddafis geheime Halbglatze und seinen Wunsch, "von eigenem Leibwächter getötet" zu werden, kreisen. Dann startet das neue, sympathische Libyen. Berliner Geschäftsleute feiern rein: In den Schönhauser Alleearcaden gibt es arabische Krieger nach Recherchen von Nusenblaten derzeit mit sattem Preisnachlass.
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