Mittwoch, 28. September 2011
Burials of the Beasts
Dictators Death Side auf einer größeren Karte anzeigen
"Einer trinkt Wasser, einer trinkt Wein", analysierte der große Volkssänger Kurt Demmler schon vor vielen Jahren - ohne wissen zu können, wie nahe er der Wahrheit damit eines Tages kommen würde. Auf der Weltkarte der toten Diktatoren nämlich sieht es genau so aus: Ein einziger Menschenschlächter nur schaffte es bis heute ins nasse Grab der Seemannsfriedhöfe, allen anderen es, sich in Mutter Erde vergraben zu lassen, als hätten sie nie ein Wässerchen getrübt.
Die von PPQ erstmals ausgearbeitete interaktive Google-Map Burials of the Beasts (oben) zeigt geografisch einige signifikante Auffälligkeiten, die allerdings zumeist aus dem Schaffen der Despoten, Machthaber und Revolutionsführer zu Lebzeiten herrühren. Obschon die Diktatorenkarte noch Prozesscharakter hat, weil derzeit unklar ist, wo Muammar Gaddafi endgültig verbleiben wird, deuten die vorliegenden Daten auf einen Zusammenhang zwischen diktatorischem Lebenswerk und Leben nach dem Tod. Zwar blieb es einigen der hier kartenmäßig erfassten Grauensgestalten verwehrt, in heimischer Erde bestattet zu werden. So musste Idi Amin nach Saudi-Arabien ausweichen, Stroessner fand letzte Ruhe in Brasilien und auch Bin Laden - der einzig Seebestattete - kehrte als Toter nicht an die Stätten seiner Jugend zurück.
Dennoch fällt auf, dass die Diktatorenverbeitung einem auf der Einfüllseite liegenden Trichter entspricht: Die nördlichsten Diktatoren der Neuzeit stammen aus Deutschland und Russland, nach Süden zu verbreitert sich die Basis, soweit das geografisch gleichmäßig möglich ist. Das aber unter kompletter Auslassung aller britisch geprägten Gebiete.
Der grobe Draufblick scheint dafür zu sprechen, dass britisches Erbe vor diktatorischen Versuchungen schützt. Tränen lügen nicht: Die großen Menschenschlächter fanden im Leben wie im Sterben dort die besten Bedingungen vor, wo die Queen nie etwas zu sagen hatte. Im zeitlichen Verlauf wird klar, dass die Menschheit, entgegen allem, was dagegen spricht, ihre diktatorische Phase langsam hinter sich lässt. Während es in den großen Tagen der Despoten zahlreiche Länder gab, die gleichzeitig von selbsternannten Egomanen regiert wurden, finden sich selbst unter den Herrschern der Welt kaum noch richtige rücksichtslose Massenmörder.
Schon gar keine, die es auf längere Amtszeiten bringen. Mit Gaddafi scheidet gerade einer letzten langgedienten Despoten aus, es bleiben nun nur noch Zwergenreiche wie Kuba und Nordkorea, die aber werden auch nur noch von Verwandten der letzten richtigen Verbrecher regiert. Der Trend ist nicht des Diktatoren Freund - es scheint, die Welt ist einfach zu komplex für Alleinherrscher, der Fortschritt zu flott für eine Rückkehr ins Reich der radikalen Revolutionsführer.
Verbot der Woche: Diktaturenvergleich
Sozialdemokraten auf Menschenschinderurlaub
Schlimm! Immer wieder dieser Hitler
Einspruch euer Ehren. Bin Laden, jene im Meer entsorgte Lästigkeit amerikanischer Politik, in die Ahnengalerie der größten Diktatoren der Welt aufzunehmen, das halte ich dann doch für sehr gewagt.
AntwortenLöschenSelbst das FBI hat ihn nur zur öffentlichen Fahndung ausgeschrieben, weil es mal mit ihm reden wollte, ob er was mit Nairobi zu tun hätte. Das war's dann auch fast schon.*
Ein ordentliches Gerichtsverfahren fand nicht statt, insofern sind die ihm angedichteten Meriten fürderhin dem weiten Bereich von Dichtung und Wahrheit zuzuordnen.
* So ein Ärger, ich stelle justamente fest, daß ich seine Seite bei den 10 most wanted nie archiviert habe. Malschauen, ob man die noch anderswo findet.
Korrektur, also doch kein Ärger.
AntwortenLöschenHaben nicht auch die Assads Anspruch auf ein klein wenig Ruhm?
AntwortenLöscheneinspruch abgelehnt! der prozesscharakter der untersuchung bedingt, dass auch das anspruchsdenken der diktatoren angerechnet wird. hauptmerkmal ist nicht zahl der todesopfer oder illegitime regierungsjahre, sondern herrschaftsanspruch udn sendungsbewusstsein. deshalb kam honecker nicht einmal in die engere wahl und auch leute wie ulbricht und de gaulle, denen blut an den fingern nicht abzusprechen ist, sind nicht berücksichtigt
AntwortenLöschender diktator nach ppq-lesart ist, anders gesagt, eher ein medial gefühltes wesen als ein nach schablone und lehrbuch angelegter menschenschindertyp
"Einer trinkt Wasser, einer trinkt Wein", analysierte der große Volkssänger Dieter Birr
AntwortenLöschenDer Analysator war Volkssänger Stephan Trepte.
Hallo Volker,
AntwortenLöschenIch kenne diese Liedzeile nur aus dem Mund von Werther Lose. Da bin ich wohl zu jung für die frühen "LIFT".
Im November kann man sich die Leutchen wieder leif anhören. Am 18.11. im Alten Postamt Halle. In Dresden am 5.11. (Laut Plakat sogar mit Christiane Ufholz und Stephan Trepte und noch irgendwelchen Uraltkämpen aus grauen DDR-Rock-Urzeiten)
oh wie peinlich, der birr...wie der da reingeraten konnte.
AntwortenLöschenein wenig tröstet mich der umstand, dass auch die korrekturen falsch waren.
der dichter der unsterblichen zeilen war - das habe ich jetzt sofort berichtigt - kurt demmler, der alte schlawiner.
ehre, wem ehre gebürt, am ende blieb ihm ja so viel nicht davon
... scheint dafür zu sprechen, dass britisches Erbe vor diktatorischen Versuchungen schützt. Tränen lügen nicht: Die großen Menschenschlächter fanden im Leben wie im Sterben dort die besten Bedingungen vor, wo die Queen nie etwas zu sagen hatte.
AntwortenLöschenGanz richtig: »scheint dafür zu sprechen«. Spricht aber nicht wirklich dafür, denn die Menschenschlächtereien, die im Namen diverser britischer Queens und Kings in den von selbigen beherrschten Kolonien getätigt wurden, gehen auf keine Kuhhaut ...
@ppq
AntwortenLöschenDa muß ich nochmal nachhaken, um vorab schnell einzuschieben, daß ich mich nicht zum Verteidiger Bin Ladens mache oder seine Denke gut heiße, doch seit wann argumentiert ppq medial gefühlt? Ist das jetzt neu? Eingeführt bei ppq, weil es sich bewährt hat, ohne einen Leidartikel darüber anzufertigen?
Ich bin zu alt für rasante Veränderungen. Medial gefühlten Journalismus bekomme ich anderswo besser und vor allem tonnenweise nach Beliebigkeit.
Ich bleib bei meiner Meinung, bis sie schlüssig widerlegt wurde. Osama war kein Diktator, auch keine medial gefühlter, sondern nur ein medial geführter.
Jo, da habe ich die falsche Lift-Zeit gegriffen. Bekannt wurde es tatsächlich mit dem Gesang von Werther Lohse.
AntwortenLöschenTrotzdem werde ich am 5.11. nicht zu zu dings gehen.
Trepte konnte (doch, doch) richtig singen in den 70ern. Am Anfang bei Reform ging es auch noch. Doch Ende der achtziger war seine Zeit abgelaufen. Kann mir nicht vorstellen, dass es wieder besser geworden ist.
@ anmerkung: sagen wir mal so: es war eine idee, die qualitätsjournalistisch noch nicht letztgültig ausformuliert war. im text ist ja die rde von "menschenschindern2, da hätte man in die richtung erweitern können, andererseits ist die rede von diktatoren, da wäre auch eindeutigkeit herstellbar gewesen.
AntwortenLöschenweder dies noch das ist gelungen. aber es sind die fehlversuche, die am ende zählen.
@lepenseur: sicher richtig, aber es galt ja nicht, das elend der ganzen welt zu mappen. zum glück, denn dann hätte man die karte nicht mehr gesehen vor lauter markierungen
Hört Ihr Euch die Lieder manchmal auch an? Es heißt doch
AntwortenLöschen»Einer schenkt Wasser,
einer schenkt Wein
tagtäglich sich ein.«
Von »trinken« hat niemand was gesagt ;-)
Oder gibt es noch eine andere Version?