Freitag, 30. September 2011
Es war nicht alles Brecht II
Nach Woodstock wären wir ja noch selber hin,
allein wegen Janis,
wären wir damals nur
alt genug gewesen
und nicht weitab vom Schuß
in die Ellenbogenbeuge.
Erst Live Aid live erlebt
mit dreiunddreissig Kameras und zwei
kalten Kästen Bier mächtig abgerockt
im fetten Polsterstuhl
aus allen Kronenkorken schwitzend
bis frühmorgens
alles vorbei ist.
Mehr Dichtung gegen Vernässungen
Kaudergate
Siegfried Kauder ist ein Kämpfer für das Gute, das Schöne und Nützliche, folglich ist er auch dafür, Urheberrechtsverletzer in Internet, dem bekanntlich "größten Tatort der Welt" (dpa) gnadenlos abzustrafen. Einfach den Netzzugang wegnehmen, empfiehlt der CDU-Doktor im Fall von Internetnutzern, die sich an fremdem Eigentum bereichern, indem sie ihr virtuelles Laben mit fremden Werken ausschmücken.
So, wie es der zumindest nach außen hin gesetzestreue Christdemokrat selbst gern tut, wie heise.de unter Verweis auf einen Blogeintrag von Alexander Double von Piratig.de ausführt. Dr. Kauder, studierter Jurist und Kenner aller Materien, hat danach auf seiner offiziellen Homepage mehrere Fotos ohne Urhebervermerk benutzt. Selbst einen Teil der Headergrafik (oben, Screenshot Ben) seiner Seite habe Kauder "zusammengeklaut", heißt es. Kauder möge nun die Konsequenzen ziehen und sich selbst den Internetstecker - wie von ihm für solche Fälle vorgeschlagen, meint Double.
Eine Posse, über die man hätte schmunzeln können. Jaja, Wasser predigen, Wein saufen. So neu wie Altpapier. Aber nein, Kauder musste gegenhalten. Und kontern, wie nur ein echter Experte kontern kann: Siegfried Kauder behauptet in einer Entgegnung "dass die Urheberrechte an den beiden Fotos" inzwischen ihm zuständen.
Ein Spezialist offenbar, ein Internet-Fex, nach dessen Three-Strikes-Rezepten die Netzwelt kuriert werden soll. Der aber selbst nicht einmal den einfachen und sehr gut nachvollziehbaren Unterschied zwischen Urheber- und Verwertungsrecht kennt. Wenn Kauder behauptet, die Urheberrechte, die der Natur der Sache nach unveräußerlich schon deswegen sind, weil ein Werk nur den zum Urheber haben kann, der es erschaffen hat, lägen jetzt bei ihm, dann meint er damit wohl nur, er habe ein Nutzungsrecht für die inkriminierten Bilder erworben. Aber Urheberrecht, Nutzungsrecht, Lizenzrecht, scheiß drauf. Einem Spezialisten für alles können die feinen Unterschiede egal sein. Er hat einfach recht. Und nutzt die Gelegenheit, um deutlich zu machen, mit wieviel Fachkompetenz Deutschland regiert wird.
So, wie es der zumindest nach außen hin gesetzestreue Christdemokrat selbst gern tut, wie heise.de unter Verweis auf einen Blogeintrag von Alexander Double von Piratig.de ausführt. Dr. Kauder, studierter Jurist und Kenner aller Materien, hat danach auf seiner offiziellen Homepage mehrere Fotos ohne Urhebervermerk benutzt. Selbst einen Teil der Headergrafik (oben, Screenshot Ben) seiner Seite habe Kauder "zusammengeklaut", heißt es. Kauder möge nun die Konsequenzen ziehen und sich selbst den Internetstecker - wie von ihm für solche Fälle vorgeschlagen, meint Double.
Eine Posse, über die man hätte schmunzeln können. Jaja, Wasser predigen, Wein saufen. So neu wie Altpapier. Aber nein, Kauder musste gegenhalten. Und kontern, wie nur ein echter Experte kontern kann: Siegfried Kauder behauptet in einer Entgegnung "dass die Urheberrechte an den beiden Fotos" inzwischen ihm zuständen.
Ein Spezialist offenbar, ein Internet-Fex, nach dessen Three-Strikes-Rezepten die Netzwelt kuriert werden soll. Der aber selbst nicht einmal den einfachen und sehr gut nachvollziehbaren Unterschied zwischen Urheber- und Verwertungsrecht kennt. Wenn Kauder behauptet, die Urheberrechte, die der Natur der Sache nach unveräußerlich schon deswegen sind, weil ein Werk nur den zum Urheber haben kann, der es erschaffen hat, lägen jetzt bei ihm, dann meint er damit wohl nur, er habe ein Nutzungsrecht für die inkriminierten Bilder erworben. Aber Urheberrecht, Nutzungsrecht, Lizenzrecht, scheiß drauf. Einem Spezialisten für alles können die feinen Unterschiede egal sein. Er hat einfach recht. Und nutzt die Gelegenheit, um deutlich zu machen, mit wieviel Fachkompetenz Deutschland regiert wird.
Gespräche im Zwischendeck: Schmutzig und halbnackt
Selten nur gelingt es Normalsterblichen, in die Hexenküchen der großen Krimimeister zu schauen. Dort, wo Mord und Totschlag, die nie Totschlag und Mord, sondern immer Mord und Totschlag heißen, gdort also, wo diese beiden tötlichsten Brüder der Pausenunterhaltung geplant werden, herrscht normalerweise tiefe Stille. Es geht um Bestseller, um heiße Drehbuchideen für vielgesehene Tatort-Einschlafhilfen, um Ruhm folglich und um Geld wie imemr auch. Dank der Arbeitsweise moderner Autorenduos, sich über die Netzwerkplattform Facebook zum gemeinsamen Bestsellerschreibenzu verabreden, ist es PPQ dennoch gelungen, einen tiefen Einblick in Geistes- und Schaffenswelt der Mörder mit der Maus zu bekommen. Um Transparenz bemüht, geben wir das uns von Facebook-Freunden der Autoren zugespielte Protokoll einer Mordplanung an unsere Leser weiter. Ein Heimatroman in karger Felslandschaft, voller Exotik und Blut. Er solle wohl "Roter Kreis" heißen, glauben Menschen aus dem Umfeld der beiden Autoren, die hier aus Urheberschutzgründen nicht namentlich genannt werden dürfen. Aber endgültig fest stehe das nicht. Der Film wird in jedem Fall im kommenden Jahr in der ARD laufen, so, oder anders.
Eine Frau, die morgens völlig aufgelöst in die Ortspolizeiwache stürmt. Das wäre ein guter Anfang. Starker Satz zu Beginn. Die wirkte verzweifelt, hatte aber sorgfältig Rouge aufgelegt. Ihre Lippen waren kirschrot geschminkt, sie trug teure Swarovski-Steine im Ohr.
Klingt brauchbar. Lass uns eine Polizeianfängerin am Tresen stehen, die völlig überfordert ist, als die Dame ihr offenbart, dass ihr Ehemann in der Nacht verschwunden ist. Als sie zu Bett gingen, legte er sich noch neben sie, als sie erwachte, war er fort.
Samt Gepäck.
Samt Gepäck. Nur sein Telefon lag noch auf dem Nachtschrank.
Ja, und ohne sein Telefon würde er nie nirgendwo hingehen.
Nie.
Die Dame vermutet also, dass ihr Mann ermordet worden ist.
Das ist doch Quatsch. Lassen wir ihn entführt sein.
Entführt. Meinetwegen. Jedenfalls Opfer eines Verbrechens.
Die junge Polizeianwärterin will es nicht glauben. Die Sonne scheint, es duftet nach Meer, ein leichter Wind wiegt die Kiefern. Nichts sieht nach Verbrechen aus, selbst die Betrunkenen in der Arrestzelle schlafen inzwischen.
Ja, es ist das Ende der Nachtschicht, die Zeit, in der nie etwas passiert.
Aber nun ist die Dame da. Sie zetert nicht, sie ist ganz ruhig, aber beunruhigt.
Sie hat Grund zu der Annahme, dass ihr Mann verschwunden ist, weil er mehr über ein geheimes Projekt des Militärs in einem gesperrten Jagdgebiet ganz in der Nähe herausgefunden hat.
Wo kommt das jetzt her?
Das erklären wir später in einer Rückblende, sobald wir es selbst wissen.
Klingt logisch. Erstmal Auftritt Revierchef. Was ist denn hier los. Diese Dame vermisst ihren Mann. Oh, das müssen sie nicht in Sorge sein, sagt der alte, erfahrene Wachleiter. Hier verschwinden immer mal Männer, die tauchen aber später wieder auf.
So leicht lässt die Dame sich nicht abschütteln.
Nein, so leicht nicht.
Sie will Anzeige erstatten.
Um des lieben Friedens willen, sagt der Revierleiter, Frau Rödenhepps, das ist die junge, überforderte Polizistin, machen sie das.
Die Schreibmaschine klappert. Es dauert, denn die junge Frau macht das zum ersten Mal.
Jetzt blenden wir. Der Berg im Sperrgebiet, eine frische Blutspur.
Klingt brauchbar. Geräusche aus dem Berg. Es klingt nach großen, menschenverachtenden Maschinen.
Blende. Die Dame, die Ursula Esenbrecht heißt, immer noch gut geschminkt, immer noch schwer beunruhigt, in einem Straßencafé. Sie raucht, obwohl sie eigentlich nicht raucht. Beim Trinken verschüttet sie Kaffee. Sie ruft immer wieder das Handy ihres Mannes an, denn sie hat vergessen, dass es im Hotelzimmer liegt. Fest steht jetzt schon, dass er dort nicht ist, denn er geht nicht ran.
Ein Herr betritt das Straßencafé. Esenbrecht schaut, Esenbrecht staunt. Das ist doch...
Genau, das ist doch Werner Heisenbeck, der im 3. Programm den Kommissar Wallander spielt. Groß, gut gewachsen, grau meliert. Ein Auskenner mit Falten, die von jahrelanger Auseinandersetzung mit Fernsehverbrechen künden.
Er hat bis heute alle seine Fälle in 90 Minuten gelöst.
Er ist der Beste.
Ja, das ist ein Zeichen. Esenbrecht schöpft natürlich Hoffnung. Wenn jemand helfen kann, dann dieser Mann. Groß, gut gewachsen. Ein bisschen sieht er aus wie ihr Vater.
Steht sie auf und geht direkt auf ihn zu? Scheut sie sich vor so einem Schritt, der sie ja exponieren würde?
Nein, keinesfalls. Die Esenbrecht hat 400 Jahre Gutsherrenschaft in den Genen, wenn sie Interessen in sich spürt, setzt sie sie auch durch. So ist sie damals an ihren Mann geraten, einen hübschen jungen Juristen mit welligem Haar, aus alter Familie, dem guten Leben nicht abgeneigt und dank altem Geld auf keinen Studentenjob angewiesen. Sie hat ihn einfach angesprochen, in einer Tanzhalle, wie man Diskotheken seinerzeit noch nannte. Hat ihn abgeschlappt, würde man heute sagen.
Genau. Und genauso macht sie es jetzt mit Wallander, mit Heisenbeck im Grunde. Geht auf ihn zu, spricht ihn an. Erzählt die Geschichte vom Verschwinden ihres Mannes. Ein Rätsel, wie es den alten Krimikämpen selbstverständlich fasziniert.
Er langweilt sich sowieso. Vier Drehtage sind ausgefallen, weil das Wetter die Reitszenen nicht im richtigen Licht erscheinen lässt. Das ist diesmal eine ARD-Produktion, da ist der Etat so, dass... solche Malaisen können ausgesessen werden.
Heisenbeck verspricht aber nichts.
Nein, der ist von der alten Schule. Er weiß schon selbst nicht mehr, ob er mehr Wallander ist oder der Buchwallander mehr er. Genau genommen hat er schon mehr Wallanderfilme gedreht als es Wallanderbücher gibt.
Und immer erfolgreich.
Kein Täter ist je entkommen.
Hier hat der alte Fuchs sofort das Militär im Verdacht.
Die Spur führt auf den Berg.
Jetzt die Rückblende?
Guter Zeitpunkt. Wir sehen also Herrn Esenbrecht, wie er unter einem Stacheldrahtzaun hindurchkriecht. Immer noch gewelltes Haar, immer noch stilvoll. Aber das Gesicht geschwärzt, in einem Trockentauchanzug, eine Infrarotbrille auf der Nase.
Geigerzähler.
Exakt. Geigerzähler am Gürtel.
Er will nun was?
Er geht im Grunde dem Gerücht nach, dass es auf dem Berg nicht mit rechten Dingen zugeht. Anwohner berichten von Geräuschen, von geheimnisvollen Rohrleitungen, Starkstromkabeln, Wagenkolonnen. Mitternächtlichen Lichtern.
Esenbrecht ist Spezialist. Er hat im Internet recherchiert, seit sein jüngerer Bruder vor Jahren verschwunden ist, auf einer Wanderreise nach Patagonien. Eine letzte Postkarte zeigt eine friedliche Altstadtszene, Kirche, Markttreiben, bunte Früchte, Wandmalereien. Danach nichts mehr. Nie wieder.
Das hat Esenbrecht den Älteren nie losgelassen. Es hat ihm den Schlaf geraubt.
In der Tat. Und über unendlich viele Stationen, eine Brotkrumenspur, der er seit dem Tag der offiziellen Todeserklärung gefolgt ist, hat es ihn hierher geführt, wo Blutpipeles den Lebenssaft unschuldiger junger Menschen in die Tiefe unergründlicher Gruften pumpen.
Was niemand weiß.
Was natürlich niemand weiß.
Wer steckt dahinter?
Ein verschrobener Schweizer Millionär, der eigentlich Peruaner ist, sich aber immer als Ägypter ausgibt. Seine Familie stammt aus dem Sudan, ist aber dort Teil der christlichen Minderheit gewesen. Warum das alles so kam, wissen wir nicht, das ist ein dunkles Geheimnis. Aber letztlich läuft es darauf hinaus, dass der Mann, der eigentlich Ali Omar heißt, nach einem Vetter väterlicherseits, der in Kasachstan ums Leben kam, entschlossen ist, die Welt zu erobern.
Die Welt?
Das ist das Endziel, Teil 3 wird es zeigen. Im Moment ist der Kerl nur kriminell, aber hoch kriminell. Scheut kein Verbrechen, um seine menschenverachtenden Ziele durchzusetzen. Menschenraub, Pharmaschmuggel, illegaler Zigaretten- und Organhandel, Kinderarbeit, Prostitution über Glaubensgrenzen hinweg, Burka-Fetischismus der übelsten Sorte, er hat überall seine Finger drin.
Ist er nicht auch Jemenit?
Wollte er werden, aber die haben abgelehnt.
Deshalb ist er jetzt hier. Niederbayern.
Ein Heimatroman in karger Felslandschaft.
Gibt es in Niederbayern Felsen?
Wenn nicht, drehen wir in Jugoslawien.
Das gibt es doch nicht mehr.
Dann eben dort, was da jetzt ist.
Was macht Wallander?
Er recherchiert im Dorfkonsum. Die Leute wissen immer was. Und sein Argwohn ist ja geweckt.
Aber keiner will reden?
Omerta, keiner will reden. Alle hängen mit drin, haben nichts gelernt aus der niederbayrischen Vergangenheit. Wallander geht ab und sieht immer noch gut, entschlossen aus. Sagt aber zu seinem Fahrer, einem jungen Mann von der ausgesourcten ARD-Produktionsgesellschaft "Roter Kreis", die die Wallander-Filme zusammenhaut, das sein Argwohn nun geweckt sei.
Er glaubt nicht an ein natürliches Verschwinden des engagierten Juristen.
Keine Minute. Er wittert Unrat, wie so oft, wenn er seine Drehbücher liest. Heisenbeck hat eine Nase für Unlogik, er kann sie riechen, schmecken, hören.
Man kann ihn nicht hinters Licht führen.
Esenbrecht schmachtet in der Zwischenzeit in einem dunklen Loch.
So dunkel, dass ihn der Leser gar nicht sieht. Wir hören nur seine Gedanken. Er ist entschlossener denn je, dem Bösen das Handwerk zu legen. Aber seine Hüfte schmerzt.
Ein alte Poloverletzung.
Zweifellos.
Wie kommt seine Frau damit klar? Es sind schon wenigstens 40 Minuten vergangen und Heisenbeck hat nicht die Spur einer Spur.
Sie hat Hoffnung. Hat sie immer gehabt. Sie schaut vom Balkon ihres Pensionszimmers direkt auf die Berge und ahnt etwas. Ihr Mann hat Andeutungen gemacht.
Wie das genau war, können wir später rückblenden.
Ja, lieber Heisenbeck am Berg. Es ist Tag, es riecht nach toter Ziege. Ein Zaun, der nach Starkstrom aussieht, kommt ins Bild.
Aber der Wallander aus dem Film vibriert vor Entschlossenheit.
Ein Mann der Tat, immer gewesen.
Betäubt er den Wächter?
Das ist doch nicht seine Art. Er spielt den Arglosen, ein Hercule Poirot in seiner Rolle als Landurlauber.
Und die lassen ihn ein?
Kein Stück.
So kommen wir nicht weiter. Es muss was passieren.
Macht es ja. Es kommt eine SMS an. "Lassen Sie die Finger von dem Fall". Kein Absender, keine Unterschrift.
Heisenbecks Argwohn ist geweckt?
Immer noch. Nach der Zurückweisung am Tor zum Berg, unter dem der Kommissar nach Recherchen in der Nachbarschaft eine Chemie- oder Biowaffenfabrik vermutet, liegt das nahe. Er lässt die Fans nicht in sein tiefstes Inneres schauen.
Er ist in dieser Rolle kein Schauspieler, sondern ein Mann der Tat.
In der Tat.
Kommt es zu einer Affäre mit Frau Esenbrecht?
Würde das der Handlung dienen? Besser wäre es, es knisterte nur unterdrückt. 10000 Volt, ohne Zaun. Andeutungen, leichte Berührungen, ein deutlich sichtbarer Brustansatz. Ein gemeinsames Sehnen, überstrahlt vom Wunsch, dieses Menschheitsverbrechen aufzuklären.
Verantwortliche Erwachsene.
Könnte man so sagen.
Die Schlafzimmerszene würde vieles kaputtmachen, brächte aber auch Zuschauer.
Lieber eine mit beiden Esenbrechts, halluziniert von Herrn Esenbrecht im Kerker.
Ja, auch da, ein tiefes Sehnen, das sich auch unter der Folter nicht löst.
Die SMS schreckt den Kommissar nicht.
Sie macht ihn erst recht mißtrauisch.
Jetzt zieht er andere Saiten auf. Ein Anruf bei einem langjährigen Fan, der als Chefermittler bei einer Sondereinheit des Innenministeriums arbeitet, die es offiziell gar nicht gibt, führt auf die richtige Spur. Die Drachen-Insel. Damit das Buch auch einen schönen Namen hat.
Ich denke Berg.
Der Berg ist auch eine Insel, die hat die Form von Drachenzähnen. Und ist nebenbei nicht nur Vogelparadies, sondern auch Zentrale für Menschen- und sonstigen Schmuggel.
In Niederbayern? Welcher See hat dort so eine Insel?
Einer in Niederbayern. Dort vermutet sie ja niemand, das ist immer die beste Tarnung. Der verrückte Millionär hat letztlich nicht nur den Berg aushöhlen und mit menschenverachtenden Maschinen ausstatten lassen, sondern auch den See installiert und um den Berg die tarnende Insel errichten lassen.
Der Hammer! Da kommt niemand drauf. In welcher Minute und auf welcher Seite sind wir jetzt?
Es geht auf die Zielgerade, denke ich. Bei einem Sackhüpfenrennen im Dorf fällt Wallander auf, dass mehrere Säcke verräterische gelbe Spuren tragen. Ein unauffällige Befragung der Kindergärtnerin, bei der nicht Protokoll geführt wird, ergibt, dass die Plastikbeutel eine Spende eines großen örtlichen Tarnuntermnehmens der Drachen-Mafia waren.
Wallander weiß nun alles.
Alles. Er ruft kurzentschlossen das Sonderkommando beim Innenministeriuman an, wird aber ausgelacht. Erst als er die ARD-Sendung "Fakt" einschaltet, reagiert die Politik.
Es stehen Wahlen vor der Tür.
Vermutlich. Die Ereignisse laufen aber jetzt so rasant ab, dass das nicht mehr geklärt werden kann. Der Zuschauer denkt sich seinen Teil.
Was geschieht denn?
Frau Esenbrecht hat nach Wallanders Eröffnung, ihr Mann werde im Berg gefangengehalten und für eiskalte Experimente benutzt, die Nerven verloren. Mit ihrem silbernen, aber sehr umweltfreundlichen Prius rast sie los, um Gunther zu befreien, den sie trotz einiger Affären immer noch liebt. Der Wagen fährt sich aber fest, als sie ein Schneefeld quert, sie versinkt bis zu den Hüften im Neuschnee, trommelt mit den kleinen Fäusten aufs Wagendach, die ganze Palette, alles was geht, aber immer noch gut anzusehen.
Wallander hinter her?
Der springt sofort in einen alten W50 der Produktionsgesellschaft, der früher der GST gehört hat. Fräst sich durch den Schnee, hört nicht auf die Rufe seines Lichtassistenten, dass es zu dunkel ist für eine Befreiung auf eigene Faust. Ein Hubschrauber greift die Befreier an, die Sonne geht unter, sie finden das Nachtsichtgerät von Herrn Esenbrecht, das am Stacheldrahtzaun hängengeblieben ist.
Wallander bricht mit dem W50 durch?
Einfach durch. Es blitzt und donnert, Pfähle fliegen durch die Luft, Schüsse peitschen. Apocalypso now!
Und als die Befreier im Feuer liegenbleiben, greift die Sondereinheit ein. Noch mehr Gewehrfeuer, noch mehr Geschrei.
Frau Esenbeck hat riesige Angst um ihren Mann, aber ihr Parfum liegt immer noch wie schwerer Rauch in der Luft, verführerisch duftend wie Grillwürstchen.
Schiefer Vergleich.
Wallander hat den gesamten Fall über nicht gegessen.
Gut, dann versteht man das. Das ist immer so. Und wie weiter?
Sie dringen ins Innere ein. Menschen sterben unterwegs. Handlanger des Drachen-Königs, wie der Schweizer Afghane achtungsvoll genannt wird. Von den wenigen Getreuen, die um seine wahre Identität wissen.
War er nicht Jemenit?
Ägypter. Aber das wollte er ja nur alle glauben machen.
Er selbst verfolgt das Eindringen Fremder in seine Festung von seiner Kommandozentrale aus zunehmend panisch. Er schickt seine besten Leute, die Wallander und die Seinen aufhalten sollen.
Frau Esenbrecht verliert einen Schuh. Ihr Gewand hängt in Fetzen. Wallander sbüßt einen Hut ein, als er am Boden mit einem hünenhaften Schwarzen ringt.
Asiate, lass ihn uns Asiate sein lassen. Er trägt ein Drachen-Tattoo im Gesicht.
Im Schritt.
Gut. Aber Wallander bezwingt ihn mit einem Hüftwurf, Seitseigurigummiaschi. Und einen Hitsakabarai haut er hinterher,
In der Not entwickelt der alte Mann ungeahnte Kräfte. Frau Esenbrecht himmelt ihn an, schweißgebadet.
Es brennt jetzt in der Drachenburg, lichterloh.
Ja, der Gangsterboß hat sein Refugium angezündet. Was er nicht hat, soll auch kein anderer bekommen.
Er will die Spuren seiner scheußpichen Schandtaten vertuschen. Verwischen. Seine Opfer sollen namenlos bleiben, ihre Zahl unbekannt.
Aber Wallander ist schneller, wiedermal, wie im Film.
88 Minuten sind herum, da sieht der schreckliche Drachenkönig keinen anderen Ausweg mehr. Schüsse peitschen, Blut fließt. Die Sondereinheit stoppt den Blutfluss in den Leitungen zu den pharmakologischen Maschinen. Der Drachenkönig stürmt eine Treppe hinunter, Flammen schlagen hinter ihm zusammen.
Er ist besiegt, aber ist er tot?
Wohl nicht. Die Esenbrecht verlangt nach ihrem Mann. Wallander führt sie einen Gang hinunter, Alarmsignale schrillen, der Kommissar tritt eine Tür aus Eisen auf. Dahinter liegt, ein zitterndes Bündel, aber ungebrochen, Herr Esenbrecht.
Schmutzig, halbnackt, aber ungebrochen.
Die beiden Eheleute fallen sich in die Arme. Frau Esenbrecht weint, ihr Rouge ist verschmiert.
Wallander beoachtet die rührende Szene von der Stahltür aus. Er reibt sich mit der Linken das stoppelbärtige Kinn, fingert mit der Rechten nach einem Päckchen Zigaretten. Eigentlich raucht er nicht. Aber das hier ist etwas anderes.
Zur PPQ-Serie Gespräche im Zwischendeck
Eine Frau, die morgens völlig aufgelöst in die Ortspolizeiwache stürmt. Das wäre ein guter Anfang. Starker Satz zu Beginn. Die wirkte verzweifelt, hatte aber sorgfältig Rouge aufgelegt. Ihre Lippen waren kirschrot geschminkt, sie trug teure Swarovski-Steine im Ohr.
Klingt brauchbar. Lass uns eine Polizeianfängerin am Tresen stehen, die völlig überfordert ist, als die Dame ihr offenbart, dass ihr Ehemann in der Nacht verschwunden ist. Als sie zu Bett gingen, legte er sich noch neben sie, als sie erwachte, war er fort.
Samt Gepäck.
Samt Gepäck. Nur sein Telefon lag noch auf dem Nachtschrank.
Ja, und ohne sein Telefon würde er nie nirgendwo hingehen.
Nie.
Die Dame vermutet also, dass ihr Mann ermordet worden ist.
Das ist doch Quatsch. Lassen wir ihn entführt sein.
Entführt. Meinetwegen. Jedenfalls Opfer eines Verbrechens.
Die junge Polizeianwärterin will es nicht glauben. Die Sonne scheint, es duftet nach Meer, ein leichter Wind wiegt die Kiefern. Nichts sieht nach Verbrechen aus, selbst die Betrunkenen in der Arrestzelle schlafen inzwischen.
Ja, es ist das Ende der Nachtschicht, die Zeit, in der nie etwas passiert.
Aber nun ist die Dame da. Sie zetert nicht, sie ist ganz ruhig, aber beunruhigt.
Sie hat Grund zu der Annahme, dass ihr Mann verschwunden ist, weil er mehr über ein geheimes Projekt des Militärs in einem gesperrten Jagdgebiet ganz in der Nähe herausgefunden hat.
Wo kommt das jetzt her?
Das erklären wir später in einer Rückblende, sobald wir es selbst wissen.
Klingt logisch. Erstmal Auftritt Revierchef. Was ist denn hier los. Diese Dame vermisst ihren Mann. Oh, das müssen sie nicht in Sorge sein, sagt der alte, erfahrene Wachleiter. Hier verschwinden immer mal Männer, die tauchen aber später wieder auf.
So leicht lässt die Dame sich nicht abschütteln.
Nein, so leicht nicht.
Sie will Anzeige erstatten.
Um des lieben Friedens willen, sagt der Revierleiter, Frau Rödenhepps, das ist die junge, überforderte Polizistin, machen sie das.
Die Schreibmaschine klappert. Es dauert, denn die junge Frau macht das zum ersten Mal.
Jetzt blenden wir. Der Berg im Sperrgebiet, eine frische Blutspur.
Klingt brauchbar. Geräusche aus dem Berg. Es klingt nach großen, menschenverachtenden Maschinen.
Blende. Die Dame, die Ursula Esenbrecht heißt, immer noch gut geschminkt, immer noch schwer beunruhigt, in einem Straßencafé. Sie raucht, obwohl sie eigentlich nicht raucht. Beim Trinken verschüttet sie Kaffee. Sie ruft immer wieder das Handy ihres Mannes an, denn sie hat vergessen, dass es im Hotelzimmer liegt. Fest steht jetzt schon, dass er dort nicht ist, denn er geht nicht ran.
Ein Herr betritt das Straßencafé. Esenbrecht schaut, Esenbrecht staunt. Das ist doch...
Genau, das ist doch Werner Heisenbeck, der im 3. Programm den Kommissar Wallander spielt. Groß, gut gewachsen, grau meliert. Ein Auskenner mit Falten, die von jahrelanger Auseinandersetzung mit Fernsehverbrechen künden.
Er hat bis heute alle seine Fälle in 90 Minuten gelöst.
Er ist der Beste.
Ja, das ist ein Zeichen. Esenbrecht schöpft natürlich Hoffnung. Wenn jemand helfen kann, dann dieser Mann. Groß, gut gewachsen. Ein bisschen sieht er aus wie ihr Vater.
Steht sie auf und geht direkt auf ihn zu? Scheut sie sich vor so einem Schritt, der sie ja exponieren würde?
Nein, keinesfalls. Die Esenbrecht hat 400 Jahre Gutsherrenschaft in den Genen, wenn sie Interessen in sich spürt, setzt sie sie auch durch. So ist sie damals an ihren Mann geraten, einen hübschen jungen Juristen mit welligem Haar, aus alter Familie, dem guten Leben nicht abgeneigt und dank altem Geld auf keinen Studentenjob angewiesen. Sie hat ihn einfach angesprochen, in einer Tanzhalle, wie man Diskotheken seinerzeit noch nannte. Hat ihn abgeschlappt, würde man heute sagen.
Genau. Und genauso macht sie es jetzt mit Wallander, mit Heisenbeck im Grunde. Geht auf ihn zu, spricht ihn an. Erzählt die Geschichte vom Verschwinden ihres Mannes. Ein Rätsel, wie es den alten Krimikämpen selbstverständlich fasziniert.
Er langweilt sich sowieso. Vier Drehtage sind ausgefallen, weil das Wetter die Reitszenen nicht im richtigen Licht erscheinen lässt. Das ist diesmal eine ARD-Produktion, da ist der Etat so, dass... solche Malaisen können ausgesessen werden.
Heisenbeck verspricht aber nichts.
Nein, der ist von der alten Schule. Er weiß schon selbst nicht mehr, ob er mehr Wallander ist oder der Buchwallander mehr er. Genau genommen hat er schon mehr Wallanderfilme gedreht als es Wallanderbücher gibt.
Und immer erfolgreich.
Kein Täter ist je entkommen.
Hier hat der alte Fuchs sofort das Militär im Verdacht.
Die Spur führt auf den Berg.
Jetzt die Rückblende?
Guter Zeitpunkt. Wir sehen also Herrn Esenbrecht, wie er unter einem Stacheldrahtzaun hindurchkriecht. Immer noch gewelltes Haar, immer noch stilvoll. Aber das Gesicht geschwärzt, in einem Trockentauchanzug, eine Infrarotbrille auf der Nase.
Geigerzähler.
Exakt. Geigerzähler am Gürtel.
Er will nun was?
Er geht im Grunde dem Gerücht nach, dass es auf dem Berg nicht mit rechten Dingen zugeht. Anwohner berichten von Geräuschen, von geheimnisvollen Rohrleitungen, Starkstromkabeln, Wagenkolonnen. Mitternächtlichen Lichtern.
Esenbrecht ist Spezialist. Er hat im Internet recherchiert, seit sein jüngerer Bruder vor Jahren verschwunden ist, auf einer Wanderreise nach Patagonien. Eine letzte Postkarte zeigt eine friedliche Altstadtszene, Kirche, Markttreiben, bunte Früchte, Wandmalereien. Danach nichts mehr. Nie wieder.
Das hat Esenbrecht den Älteren nie losgelassen. Es hat ihm den Schlaf geraubt.
In der Tat. Und über unendlich viele Stationen, eine Brotkrumenspur, der er seit dem Tag der offiziellen Todeserklärung gefolgt ist, hat es ihn hierher geführt, wo Blutpipeles den Lebenssaft unschuldiger junger Menschen in die Tiefe unergründlicher Gruften pumpen.
Was niemand weiß.
Was natürlich niemand weiß.
Wer steckt dahinter?
Ein verschrobener Schweizer Millionär, der eigentlich Peruaner ist, sich aber immer als Ägypter ausgibt. Seine Familie stammt aus dem Sudan, ist aber dort Teil der christlichen Minderheit gewesen. Warum das alles so kam, wissen wir nicht, das ist ein dunkles Geheimnis. Aber letztlich läuft es darauf hinaus, dass der Mann, der eigentlich Ali Omar heißt, nach einem Vetter väterlicherseits, der in Kasachstan ums Leben kam, entschlossen ist, die Welt zu erobern.
Die Welt?
Das ist das Endziel, Teil 3 wird es zeigen. Im Moment ist der Kerl nur kriminell, aber hoch kriminell. Scheut kein Verbrechen, um seine menschenverachtenden Ziele durchzusetzen. Menschenraub, Pharmaschmuggel, illegaler Zigaretten- und Organhandel, Kinderarbeit, Prostitution über Glaubensgrenzen hinweg, Burka-Fetischismus der übelsten Sorte, er hat überall seine Finger drin.
Ist er nicht auch Jemenit?
Wollte er werden, aber die haben abgelehnt.
Deshalb ist er jetzt hier. Niederbayern.
Ein Heimatroman in karger Felslandschaft.
Gibt es in Niederbayern Felsen?
Wenn nicht, drehen wir in Jugoslawien.
Das gibt es doch nicht mehr.
Dann eben dort, was da jetzt ist.
Was macht Wallander?
Er recherchiert im Dorfkonsum. Die Leute wissen immer was. Und sein Argwohn ist ja geweckt.
Aber keiner will reden?
Omerta, keiner will reden. Alle hängen mit drin, haben nichts gelernt aus der niederbayrischen Vergangenheit. Wallander geht ab und sieht immer noch gut, entschlossen aus. Sagt aber zu seinem Fahrer, einem jungen Mann von der ausgesourcten ARD-Produktionsgesellschaft "Roter Kreis", die die Wallander-Filme zusammenhaut, das sein Argwohn nun geweckt sei.
Er glaubt nicht an ein natürliches Verschwinden des engagierten Juristen.
Keine Minute. Er wittert Unrat, wie so oft, wenn er seine Drehbücher liest. Heisenbeck hat eine Nase für Unlogik, er kann sie riechen, schmecken, hören.
Man kann ihn nicht hinters Licht führen.
Esenbrecht schmachtet in der Zwischenzeit in einem dunklen Loch.
So dunkel, dass ihn der Leser gar nicht sieht. Wir hören nur seine Gedanken. Er ist entschlossener denn je, dem Bösen das Handwerk zu legen. Aber seine Hüfte schmerzt.
Ein alte Poloverletzung.
Zweifellos.
Wie kommt seine Frau damit klar? Es sind schon wenigstens 40 Minuten vergangen und Heisenbeck hat nicht die Spur einer Spur.
Sie hat Hoffnung. Hat sie immer gehabt. Sie schaut vom Balkon ihres Pensionszimmers direkt auf die Berge und ahnt etwas. Ihr Mann hat Andeutungen gemacht.
Wie das genau war, können wir später rückblenden.
Ja, lieber Heisenbeck am Berg. Es ist Tag, es riecht nach toter Ziege. Ein Zaun, der nach Starkstrom aussieht, kommt ins Bild.
Aber der Wallander aus dem Film vibriert vor Entschlossenheit.
Ein Mann der Tat, immer gewesen.
Betäubt er den Wächter?
Das ist doch nicht seine Art. Er spielt den Arglosen, ein Hercule Poirot in seiner Rolle als Landurlauber.
Und die lassen ihn ein?
Kein Stück.
So kommen wir nicht weiter. Es muss was passieren.
Macht es ja. Es kommt eine SMS an. "Lassen Sie die Finger von dem Fall". Kein Absender, keine Unterschrift.
Heisenbecks Argwohn ist geweckt?
Immer noch. Nach der Zurückweisung am Tor zum Berg, unter dem der Kommissar nach Recherchen in der Nachbarschaft eine Chemie- oder Biowaffenfabrik vermutet, liegt das nahe. Er lässt die Fans nicht in sein tiefstes Inneres schauen.
Er ist in dieser Rolle kein Schauspieler, sondern ein Mann der Tat.
In der Tat.
Kommt es zu einer Affäre mit Frau Esenbrecht?
Würde das der Handlung dienen? Besser wäre es, es knisterte nur unterdrückt. 10000 Volt, ohne Zaun. Andeutungen, leichte Berührungen, ein deutlich sichtbarer Brustansatz. Ein gemeinsames Sehnen, überstrahlt vom Wunsch, dieses Menschheitsverbrechen aufzuklären.
Verantwortliche Erwachsene.
Könnte man so sagen.
Die Schlafzimmerszene würde vieles kaputtmachen, brächte aber auch Zuschauer.
Lieber eine mit beiden Esenbrechts, halluziniert von Herrn Esenbrecht im Kerker.
Ja, auch da, ein tiefes Sehnen, das sich auch unter der Folter nicht löst.
Die SMS schreckt den Kommissar nicht.
Sie macht ihn erst recht mißtrauisch.
Jetzt zieht er andere Saiten auf. Ein Anruf bei einem langjährigen Fan, der als Chefermittler bei einer Sondereinheit des Innenministeriums arbeitet, die es offiziell gar nicht gibt, führt auf die richtige Spur. Die Drachen-Insel. Damit das Buch auch einen schönen Namen hat.
Ich denke Berg.
Der Berg ist auch eine Insel, die hat die Form von Drachenzähnen. Und ist nebenbei nicht nur Vogelparadies, sondern auch Zentrale für Menschen- und sonstigen Schmuggel.
In Niederbayern? Welcher See hat dort so eine Insel?
Einer in Niederbayern. Dort vermutet sie ja niemand, das ist immer die beste Tarnung. Der verrückte Millionär hat letztlich nicht nur den Berg aushöhlen und mit menschenverachtenden Maschinen ausstatten lassen, sondern auch den See installiert und um den Berg die tarnende Insel errichten lassen.
Der Hammer! Da kommt niemand drauf. In welcher Minute und auf welcher Seite sind wir jetzt?
Es geht auf die Zielgerade, denke ich. Bei einem Sackhüpfenrennen im Dorf fällt Wallander auf, dass mehrere Säcke verräterische gelbe Spuren tragen. Ein unauffällige Befragung der Kindergärtnerin, bei der nicht Protokoll geführt wird, ergibt, dass die Plastikbeutel eine Spende eines großen örtlichen Tarnuntermnehmens der Drachen-Mafia waren.
Wallander weiß nun alles.
Alles. Er ruft kurzentschlossen das Sonderkommando beim Innenministeriuman an, wird aber ausgelacht. Erst als er die ARD-Sendung "Fakt" einschaltet, reagiert die Politik.
Es stehen Wahlen vor der Tür.
Vermutlich. Die Ereignisse laufen aber jetzt so rasant ab, dass das nicht mehr geklärt werden kann. Der Zuschauer denkt sich seinen Teil.
Was geschieht denn?
Frau Esenbrecht hat nach Wallanders Eröffnung, ihr Mann werde im Berg gefangengehalten und für eiskalte Experimente benutzt, die Nerven verloren. Mit ihrem silbernen, aber sehr umweltfreundlichen Prius rast sie los, um Gunther zu befreien, den sie trotz einiger Affären immer noch liebt. Der Wagen fährt sich aber fest, als sie ein Schneefeld quert, sie versinkt bis zu den Hüften im Neuschnee, trommelt mit den kleinen Fäusten aufs Wagendach, die ganze Palette, alles was geht, aber immer noch gut anzusehen.
Wallander hinter her?
Der springt sofort in einen alten W50 der Produktionsgesellschaft, der früher der GST gehört hat. Fräst sich durch den Schnee, hört nicht auf die Rufe seines Lichtassistenten, dass es zu dunkel ist für eine Befreiung auf eigene Faust. Ein Hubschrauber greift die Befreier an, die Sonne geht unter, sie finden das Nachtsichtgerät von Herrn Esenbrecht, das am Stacheldrahtzaun hängengeblieben ist.
Wallander bricht mit dem W50 durch?
Einfach durch. Es blitzt und donnert, Pfähle fliegen durch die Luft, Schüsse peitschen. Apocalypso now!
Und als die Befreier im Feuer liegenbleiben, greift die Sondereinheit ein. Noch mehr Gewehrfeuer, noch mehr Geschrei.
Frau Esenbeck hat riesige Angst um ihren Mann, aber ihr Parfum liegt immer noch wie schwerer Rauch in der Luft, verführerisch duftend wie Grillwürstchen.
Schiefer Vergleich.
Wallander hat den gesamten Fall über nicht gegessen.
Gut, dann versteht man das. Das ist immer so. Und wie weiter?
Sie dringen ins Innere ein. Menschen sterben unterwegs. Handlanger des Drachen-Königs, wie der Schweizer Afghane achtungsvoll genannt wird. Von den wenigen Getreuen, die um seine wahre Identität wissen.
War er nicht Jemenit?
Ägypter. Aber das wollte er ja nur alle glauben machen.
Er selbst verfolgt das Eindringen Fremder in seine Festung von seiner Kommandozentrale aus zunehmend panisch. Er schickt seine besten Leute, die Wallander und die Seinen aufhalten sollen.
Frau Esenbrecht verliert einen Schuh. Ihr Gewand hängt in Fetzen. Wallander sbüßt einen Hut ein, als er am Boden mit einem hünenhaften Schwarzen ringt.
Asiate, lass ihn uns Asiate sein lassen. Er trägt ein Drachen-Tattoo im Gesicht.
Im Schritt.
Gut. Aber Wallander bezwingt ihn mit einem Hüftwurf, Seitseigurigummiaschi. Und einen Hitsakabarai haut er hinterher,
In der Not entwickelt der alte Mann ungeahnte Kräfte. Frau Esenbrecht himmelt ihn an, schweißgebadet.
Es brennt jetzt in der Drachenburg, lichterloh.
Ja, der Gangsterboß hat sein Refugium angezündet. Was er nicht hat, soll auch kein anderer bekommen.
Er will die Spuren seiner scheußpichen Schandtaten vertuschen. Verwischen. Seine Opfer sollen namenlos bleiben, ihre Zahl unbekannt.
Aber Wallander ist schneller, wiedermal, wie im Film.
88 Minuten sind herum, da sieht der schreckliche Drachenkönig keinen anderen Ausweg mehr. Schüsse peitschen, Blut fließt. Die Sondereinheit stoppt den Blutfluss in den Leitungen zu den pharmakologischen Maschinen. Der Drachenkönig stürmt eine Treppe hinunter, Flammen schlagen hinter ihm zusammen.
Er ist besiegt, aber ist er tot?
Wohl nicht. Die Esenbrecht verlangt nach ihrem Mann. Wallander führt sie einen Gang hinunter, Alarmsignale schrillen, der Kommissar tritt eine Tür aus Eisen auf. Dahinter liegt, ein zitterndes Bündel, aber ungebrochen, Herr Esenbrecht.
Schmutzig, halbnackt, aber ungebrochen.
Die beiden Eheleute fallen sich in die Arme. Frau Esenbrecht weint, ihr Rouge ist verschmiert.
Wallander beoachtet die rührende Szene von der Stahltür aus. Er reibt sich mit der Linken das stoppelbärtige Kinn, fingert mit der Rechten nach einem Päckchen Zigaretten. Eigentlich raucht er nicht. Aber das hier ist etwas anderes.
Zur PPQ-Serie Gespräche im Zwischendeck
Donnerstag, 29. September 2011
Bundestag beweist: Selbsthypnose funktioniert
Der Streit zwischen Gläubigen und Ungläubigen tobte seit Jahrhunderten. Je nachdem, wer gefragt wurde, kamen die Antworten: Ja, Selbsthypnose funktioniert, sagten die einen Experten, die Beispiele bis hin zur Wunderheilung nennen konnten. Selbsthypnose sei nicht anderes als Einbildung, antworteten andere Kenner, denen klar war, dass das eine eben sehr viel mit dem anderen zu tun hat.
Der grundsätzliche Konflikt über Möglichkeit und Macht der selbstverordneten Besoffenheit aus rein psychischen Ingredenzien aber blieb - bis nun endlich der Deutsche Bundestag mit der unbezwingbaren Kraft der Kanzlermehrheit ein Machtwort sprach. Ja, Selbsthypnose funktioniert! Ja, auch in Anzug und Schlips darf der moderne Mensch an Wunderheilung glauben! Und natürlich, wer sich den Film oben konzentriert bis zum Ende anschaut, die Augen streng fixiert auf die fröhlich rotierenden Kreise, und danach um sich herumschaut und alle Wände, Schränke und Bänke wackeln sieht, weiß, wie es im Augenblick im Kopf seines Abgeordneten aussieht. Glücklich ist er. Denn glücklich ist, wer vergißt, was nicht mehr zu ändern ist.
Der grundsätzliche Konflikt über Möglichkeit und Macht der selbstverordneten Besoffenheit aus rein psychischen Ingredenzien aber blieb - bis nun endlich der Deutsche Bundestag mit der unbezwingbaren Kraft der Kanzlermehrheit ein Machtwort sprach. Ja, Selbsthypnose funktioniert! Ja, auch in Anzug und Schlips darf der moderne Mensch an Wunderheilung glauben! Und natürlich, wer sich den Film oben konzentriert bis zum Ende anschaut, die Augen streng fixiert auf die fröhlich rotierenden Kreise, und danach um sich herumschaut und alle Wände, Schränke und Bänke wackeln sieht, weiß, wie es im Augenblick im Kopf seines Abgeordneten aussieht. Glücklich ist er. Denn glücklich ist, wer vergißt, was nicht mehr zu ändern ist.
Jeden Tag steht ein Dummer auf
Diemal heißt er Sven Schulz, diesmal verspricht er weder HDTV-Receiver noch Sky-Abo, sondern mal wieder ein total lockeres Nebeneinkommen, von dem sich ohne Probleme ganze Familienverbände ernähren lassen. Die Internetseite ihre-zahlung.com allerdings ist wie immer auf einen Bojan Ivanisevic registriert, der seine segensreichen Geschäfte aus der Dzemala Bijedica 183 im bosnischen Sarajevo betreibt.
Aber auch diesmal ist sein Angebot unwiderstehlich, wie neulich das von Dennis Reimann. "Völlig kostenlos, kein Risiko, kein Geld erforderlich", schreibt der angebliche Sven Schulz, den es bei Ivanisevics Firma 1st Adriatic Internet d.o.o. genausowenig geben dürfte wie "Katja Schulze", die früher immer für völlig kostenlose und risikofreie HDTV-Testreceiver warb, oder Heiko Hambrecht, der "bei der Durchsicht ihrer Unterlagen" unentwegt viel zu teure Versicherungsbeiträge aufdeckt.
"Keine versteckten Kosten, kein Haken – es geht uns wirklich nur darum, zu erfahren, ob Sie das neue HDTV gut empfangen können", hieß es früher. Ein freierfundener "Jens Schmitt" schickte sogar schon die "Lieferbestätigung für ihren HDTV Receiver" raus. Und obwohl der Blödsinn nicht nur betrügerisch aussieht, sondern sogar betrügerisch riecht und schmeckt, zeigt die Beharrlichkeit der Urheber, dass es sich lohnt, wildfremde Leute mit "ich habe ihre Mail bekommen und ihre Unterlagen geprüft" anzuquatschen, um ihm anschließend eine Krankenversicherung aus reiner bosnischer Luft anzudrehen.
Jeden Tag steht ein Dummer auf, man muss ihn nur finden, wussten schon die ganz Alten, die noch mit dem Bollerwagen von Tür zu Tür zogen, um leicht missratenes Tongeschirr und mit viel Liebe und wenig Können gestrickte Omajacken zu überhöhten Preisen loszuschlagen. "Ich verstehe Sie nicht", zetert Julia Lehmbrecht heute, "Sie antworten nicht auf mein Angebot!" Was für ein Fortschritt für das länderübergreifende Verbrechen, dass der Räuber nun nicht einmal mehr aus dem Haus muss, um seiner Kundschaft das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Denn offenbar laufen die Geschäfte mit kostenlosen iPhones, anstrengungslosem Wohlstand durch tätigkeitslose Nebenjobs und kostenlose HDTVAbos blendend. Bojan Ivanisevic, im kroatischen etwa gleichbedeutend mit Horst Müller, betreibt sein Geschäft über eine "Privacy Marketing Limited" genannte Firma im südamerikanischen Belize, seine Domains hdtv-teilnahme.com und eintragsformular.com sind auf den Samoainseln im Pazifik registriert.
Die Namen ändern sich, das System bleibt gleich, hier gibt es nichts zu kaufen, nur etwas zu verlieren. "Habe heute auch so eine Reimann e-mail bekommen", schreibt ein Empfänger der Tausendtodestipps aus Sarajevo. "Dachte so das gibts doch garnicht, iPhone ohne Geld. Klasse, das holst Du dir". Dann erst kam das "plötzlich son leiser Zweifel und hab geschaut ob schon jemand vor mir mit Dennis Reimann bekanntschaft gemacht hat…. und tatsächlich es gibt Leute, einfach toll, ich liebe Internet."
Aber auch diesmal ist sein Angebot unwiderstehlich, wie neulich das von Dennis Reimann. "Völlig kostenlos, kein Risiko, kein Geld erforderlich", schreibt der angebliche Sven Schulz, den es bei Ivanisevics Firma 1st Adriatic Internet d.o.o. genausowenig geben dürfte wie "Katja Schulze", die früher immer für völlig kostenlose und risikofreie HDTV-Testreceiver warb, oder Heiko Hambrecht, der "bei der Durchsicht ihrer Unterlagen" unentwegt viel zu teure Versicherungsbeiträge aufdeckt.
"Keine versteckten Kosten, kein Haken – es geht uns wirklich nur darum, zu erfahren, ob Sie das neue HDTV gut empfangen können", hieß es früher. Ein freierfundener "Jens Schmitt" schickte sogar schon die "Lieferbestätigung für ihren HDTV Receiver" raus. Und obwohl der Blödsinn nicht nur betrügerisch aussieht, sondern sogar betrügerisch riecht und schmeckt, zeigt die Beharrlichkeit der Urheber, dass es sich lohnt, wildfremde Leute mit "ich habe ihre Mail bekommen und ihre Unterlagen geprüft" anzuquatschen, um ihm anschließend eine Krankenversicherung aus reiner bosnischer Luft anzudrehen.
Jeden Tag steht ein Dummer auf, man muss ihn nur finden, wussten schon die ganz Alten, die noch mit dem Bollerwagen von Tür zu Tür zogen, um leicht missratenes Tongeschirr und mit viel Liebe und wenig Können gestrickte Omajacken zu überhöhten Preisen loszuschlagen. "Ich verstehe Sie nicht", zetert Julia Lehmbrecht heute, "Sie antworten nicht auf mein Angebot!" Was für ein Fortschritt für das länderübergreifende Verbrechen, dass der Räuber nun nicht einmal mehr aus dem Haus muss, um seiner Kundschaft das Geld aus der Tasche zu ziehen.
Denn offenbar laufen die Geschäfte mit kostenlosen iPhones, anstrengungslosem Wohlstand durch tätigkeitslose Nebenjobs und kostenlose HDTVAbos blendend. Bojan Ivanisevic, im kroatischen etwa gleichbedeutend mit Horst Müller, betreibt sein Geschäft über eine "Privacy Marketing Limited" genannte Firma im südamerikanischen Belize, seine Domains hdtv-teilnahme.com und eintragsformular.com sind auf den Samoainseln im Pazifik registriert.
Die Namen ändern sich, das System bleibt gleich, hier gibt es nichts zu kaufen, nur etwas zu verlieren. "Habe heute auch so eine Reimann e-mail bekommen", schreibt ein Empfänger der Tausendtodestipps aus Sarajevo. "Dachte so das gibts doch garnicht, iPhone ohne Geld. Klasse, das holst Du dir". Dann erst kam das "plötzlich son leiser Zweifel und hab geschaut ob schon jemand vor mir mit Dennis Reimann bekanntschaft gemacht hat…. und tatsächlich es gibt Leute, einfach toll, ich liebe Internet."
Helden vom letzten Jahr: Egoismus mit Goldborte
In Stuttgart wollen sie keinen neuen Bahnhof. In Velen wollen sie kein Biogas-Kraftwerk. In Insel bei Stendal wollen sie keine Vorbetraften im Ort. In Sangerhausen wollen sie keinen Großstall, in Berlin keinen neuen Flughafen, in Südlohn kein Kraftwerk, in Dresden keine Nazis, in Erfurt keinen Papstbesuch, in Köln keine Pelze, in Dörfern keine Windparks und in Teilen der FDP keinen Rettungsschirm. Bäume fällen und Rüben pflanzen, schnell fahren und langsam bauen, abreißen oder sanieren, stets und ständig melden sich Stimmen zu Wort, die es nicht oder so, nicht jetzt oder woanders haben möchten.
Überall mischt er sich ein, wird er laut und grantelig, sobald es gegen seine Interessen geht. Der vom "Spiegel" vor einem langen, rettungsreichen Jahr zum "Wutbürger" ernannte Held des vergangenen Jahres, ein Mensch, der dem Fortschritt um des Fortschritts wegen in den Arm fiel, ist in einem Staat, dessen Politiker in Furcht vor dem Volk und dem nächsten Wahltag lesen, zum egozentrischen Potentaten geworden.
Gelten darf nur, was er gelten lassen will. Sein Protest, und sei er noch so randständig, wird mit Hilfe von Internet und allseits protestbereiten Medien zum lautstarken Orkan, dem nichts widerstehen kann. Eine Zumutung, dass über dem Haus ein Flieger landet. Ein Unding, dass in die Nachbarschaft Vorbestrafte gezogen sind. Kein Zustand, dass nebenan ein Stall entstehen soll und auf der anderen Seite des Ortes ein Pumpspeicherwerk. Eigennutz geht vor Gemeinnutz und die einzige offene Frage ist, wann sich in den ersten Ostseeorten Bürgerinitiativen bilden, die mobil machen gegen das lärmende Meeresrauschen und Lärmschutzwände oder aber die Verlegung der See woanderhin verlangen.
Schnell fahren wollen alle, Straßen bauen aber möchte man doch bitte anderswo. Immer muss jemand leiden, immer muss jemand die Zeche zahlen. Gegen alles finden sich Argumente, die niemals von der Hand zu weisen sind. Dass die Flugzeuge derzeit auch irgendwo landen und dass der Protestler selbst recht gern und häufig fliegt? Tut nichts zur Sache. Dass die Nachbarn der meisten Vorbestraften gar nicht wissen, dass sie Nachbarn von Vorbestraften sind und dieses Nichtwissen die Gefahr so wenig mindert wie Wissen darum die Gefahr erhöht? Ähh, könnsiedasnochmalsagen?
Der Bürger21, ein Wesen aus einer Zeit, die keine Probleme hat und sich deshalb mit Nebensächlichkeiten die Tage vertreibt, ist nach einer Studie des Göttinger Instituts für Demokratieforschung ein eigennütziger Kerl, der von der Urangst getrieben wird, seine Grundstücke und Eigenheime könnten durch Windräder oder Großbaustellen entwertet werden. "Der wutbürgerliche Aktivist ist gut situiert, besser gebildet, 70 Prozent sind älter als als 45 Jahre und mit der eigenen Situation zufrieden", fasst der "Tagesspiegel" zusammen. Solche Menschen schätzten die demokratischen Werte, seien aber mit deren Praktizierung höchst unzufrieden. "Volksbegehren und andere Instrumente der direkten Demokratie stehen hoch im Kurs."
Aber natürlich, denn sie sind die Werkzeuge, die dem eigenen Egoismus eine Goldborte annähen. Die Mahnung um Toleranz meint hier nur, alle anderen Interessen müssten auf die eigenen Rücksicht nehmen: Weil der Bürger21 aus Prinzip keinen Pelz trägt, soll auch niemand mehr Pelze züchten, weil er sowieso mit dem Auto fährt, braucht er keinen Bahnhof. Der Strom kommt beim Bürger21 aus der Steckdose, das Steak aus dem Bioladen, das Benzin aus dem Zapfhahn, die Demokratie aus dem Widerstand gegen demokratische Entscheidungen.
Der Bürger21 hat die Erfahrung gemacht, dass man ihm zuhört, wenn er nur laut genug schreit. Er sieht sich selbst als Träger des Fortschritts, seinen Konservatismus hält er vor sich selbst sorgfältig versteckt. Er nennt ihn Engagement.
Wird der Bürger21 älter, wird er so ganz problemlos sogar gegen die Kinderspielplätze hinter dem Haus sein können, die er selbst als jüngerer Protestler herbeigekämpft hat.
Überall mischt er sich ein, wird er laut und grantelig, sobald es gegen seine Interessen geht. Der vom "Spiegel" vor einem langen, rettungsreichen Jahr zum "Wutbürger" ernannte Held des vergangenen Jahres, ein Mensch, der dem Fortschritt um des Fortschritts wegen in den Arm fiel, ist in einem Staat, dessen Politiker in Furcht vor dem Volk und dem nächsten Wahltag lesen, zum egozentrischen Potentaten geworden.
Gelten darf nur, was er gelten lassen will. Sein Protest, und sei er noch so randständig, wird mit Hilfe von Internet und allseits protestbereiten Medien zum lautstarken Orkan, dem nichts widerstehen kann. Eine Zumutung, dass über dem Haus ein Flieger landet. Ein Unding, dass in die Nachbarschaft Vorbestrafte gezogen sind. Kein Zustand, dass nebenan ein Stall entstehen soll und auf der anderen Seite des Ortes ein Pumpspeicherwerk. Eigennutz geht vor Gemeinnutz und die einzige offene Frage ist, wann sich in den ersten Ostseeorten Bürgerinitiativen bilden, die mobil machen gegen das lärmende Meeresrauschen und Lärmschutzwände oder aber die Verlegung der See woanderhin verlangen.
Schnell fahren wollen alle, Straßen bauen aber möchte man doch bitte anderswo. Immer muss jemand leiden, immer muss jemand die Zeche zahlen. Gegen alles finden sich Argumente, die niemals von der Hand zu weisen sind. Dass die Flugzeuge derzeit auch irgendwo landen und dass der Protestler selbst recht gern und häufig fliegt? Tut nichts zur Sache. Dass die Nachbarn der meisten Vorbestraften gar nicht wissen, dass sie Nachbarn von Vorbestraften sind und dieses Nichtwissen die Gefahr so wenig mindert wie Wissen darum die Gefahr erhöht? Ähh, könnsiedasnochmalsagen?
Der Bürger21, ein Wesen aus einer Zeit, die keine Probleme hat und sich deshalb mit Nebensächlichkeiten die Tage vertreibt, ist nach einer Studie des Göttinger Instituts für Demokratieforschung ein eigennütziger Kerl, der von der Urangst getrieben wird, seine Grundstücke und Eigenheime könnten durch Windräder oder Großbaustellen entwertet werden. "Der wutbürgerliche Aktivist ist gut situiert, besser gebildet, 70 Prozent sind älter als als 45 Jahre und mit der eigenen Situation zufrieden", fasst der "Tagesspiegel" zusammen. Solche Menschen schätzten die demokratischen Werte, seien aber mit deren Praktizierung höchst unzufrieden. "Volksbegehren und andere Instrumente der direkten Demokratie stehen hoch im Kurs."
Aber natürlich, denn sie sind die Werkzeuge, die dem eigenen Egoismus eine Goldborte annähen. Die Mahnung um Toleranz meint hier nur, alle anderen Interessen müssten auf die eigenen Rücksicht nehmen: Weil der Bürger21 aus Prinzip keinen Pelz trägt, soll auch niemand mehr Pelze züchten, weil er sowieso mit dem Auto fährt, braucht er keinen Bahnhof. Der Strom kommt beim Bürger21 aus der Steckdose, das Steak aus dem Bioladen, das Benzin aus dem Zapfhahn, die Demokratie aus dem Widerstand gegen demokratische Entscheidungen.
Der Bürger21 hat die Erfahrung gemacht, dass man ihm zuhört, wenn er nur laut genug schreit. Er sieht sich selbst als Träger des Fortschritts, seinen Konservatismus hält er vor sich selbst sorgfältig versteckt. Er nennt ihn Engagement.
Wird der Bürger21 älter, wird er so ganz problemlos sogar gegen die Kinderspielplätze hinter dem Haus sein können, die er selbst als jüngerer Protestler herbeigekämpft hat.
Mittwoch, 28. September 2011
Verbot der Woche: Wetten in der Wirklichkeit
Was für ein beeindruckender Sieg für die Einbildung gegen die Wirklichkeit, was für ein frappierender Beweis für die Lebensnähe, mit der deutsche Richter Gesetze auslegen. Diesmal ist es der Bundesgerichtshof, der mit einem Grundsatzurteil im Rahmen der PPQ-Serie Verbot der Woche deutlich macht, dass er bereit ist, auch unanwendbares und von europäischen Gerichten bereits aufgehobenes Recht durchzusetzen, wenn es denn um zusätzliche Einnahmequellen für staatliche Kassen geht.
Nach Ansicht der Richter bleiben "Glücksspiele und Sportwetten im Internet verboten", wie die staatliche Nachrichtenagentur dpa erfreut kabelt. Der Bundesgerichtshof habe den Glücksspielstaatsvertrag bestätigt, der es Anbietern aus aller Welt untersagt, Sportwetten oder sogar Wetten auf den Untergang des Euro im Internet anzubieten. Die Regelungen verstoßen nach Einschätzung der obersten deutschen Richter nicht gegen europäisches Recht, das eigentlich Dienstleistungsfreiheit garantiert. Danach darf jeder Unternehmer, der eine Leistung oder Ware in einem EU-Land anbietet, auch in allen anderen Ländern der Gemeinschaft tätig werden.
Außer, er betreibt das Spiel mit dem Glück, das in Deutschland ausnahmslos den staatlichen Lotto-Gesellschaften vorbehalten ist. Mit ihren großflächigen Werbekampagnen für Glücksspiele aller Art verfolgen die Landesgesellschaften nach Auffassung der Richter nicht etwa das Ziel, Einnahmen für die Landeskassen zu erwirtschaften. Sondern die Absicht, die gefährliche Spielsucht so lange zu bekämpfen, bis niemand mehr Lotto, Toto oder Bingo spielt. Um das Ziel noch schneller zu erreichen, hatten die Bundesländer zuletzt unter Führung des aus Charaktergranit hergestellten sachsen-anhaltischen Landesvaters Reiner Haseloff beschlossen, ein neues Bundeslotto zu gründen. Gleichzeitig sollen umfassende Internetsperren für ganz Deutschland eingeführt werden, mit denen alle in anderen europäischen Ländern legalen Wettanbieter draußen gehalten werden können.
Eine Strategie, die unterdessen schon fleißig Früchte trägt: Seit dem Verbot von Wettanbietern wie bet-at-home, bwin und Sportwetten Gera hat die Zahl der Spielsüchtigen nach einer aktuellen Studie der Landeskoordinationsstelle Glücksspielsucht in Sachsen-Anhalt "stark zugenommen", wie es in einem dpa-Bericht heißt, der in keinerlei Zusammenhang mit dem Beitrag über das BGH-Urteil steht.
Nach Ansicht der Richter bleiben "Glücksspiele und Sportwetten im Internet verboten", wie die staatliche Nachrichtenagentur dpa erfreut kabelt. Der Bundesgerichtshof habe den Glücksspielstaatsvertrag bestätigt, der es Anbietern aus aller Welt untersagt, Sportwetten oder sogar Wetten auf den Untergang des Euro im Internet anzubieten. Die Regelungen verstoßen nach Einschätzung der obersten deutschen Richter nicht gegen europäisches Recht, das eigentlich Dienstleistungsfreiheit garantiert. Danach darf jeder Unternehmer, der eine Leistung oder Ware in einem EU-Land anbietet, auch in allen anderen Ländern der Gemeinschaft tätig werden.
Außer, er betreibt das Spiel mit dem Glück, das in Deutschland ausnahmslos den staatlichen Lotto-Gesellschaften vorbehalten ist. Mit ihren großflächigen Werbekampagnen für Glücksspiele aller Art verfolgen die Landesgesellschaften nach Auffassung der Richter nicht etwa das Ziel, Einnahmen für die Landeskassen zu erwirtschaften. Sondern die Absicht, die gefährliche Spielsucht so lange zu bekämpfen, bis niemand mehr Lotto, Toto oder Bingo spielt. Um das Ziel noch schneller zu erreichen, hatten die Bundesländer zuletzt unter Führung des aus Charaktergranit hergestellten sachsen-anhaltischen Landesvaters Reiner Haseloff beschlossen, ein neues Bundeslotto zu gründen. Gleichzeitig sollen umfassende Internetsperren für ganz Deutschland eingeführt werden, mit denen alle in anderen europäischen Ländern legalen Wettanbieter draußen gehalten werden können.
Eine Strategie, die unterdessen schon fleißig Früchte trägt: Seit dem Verbot von Wettanbietern wie bet-at-home, bwin und Sportwetten Gera hat die Zahl der Spielsüchtigen nach einer aktuellen Studie der Landeskoordinationsstelle Glücksspielsucht in Sachsen-Anhalt "stark zugenommen", wie es in einem dpa-Bericht heißt, der in keinerlei Zusammenhang mit dem Beitrag über das BGH-Urteil steht.
Fachbegriff für Vielerlei
Bei Backyard Safari geht es "um die drei Themenbereiche Waffen & Schießsport; Militärgeschichte und Politik & Kultur mit Schwerpunkt Osteuropa", ein Spektrum also, mit dem sich niemand lange beschäftigen kann, ohne grundsätzlich zu wehrden. Ist es soweit, stößt der Betreffende beinahe zwangsläufig zum Kern der Dinge vor, worauf ein verzweifeltes Ringen um eine korrekte Benennung dessen folgt, was sich aus der Anhäufung des Anscheins und der nachfolgenden Substraktion aller Tatsachen ergibt.
Über Jahrzehnte suchten Tausende weltweit nach einem entsprechenden Fachbegriff, ehe hier bei PPQ schließlich der Durchbruch durch den Gordischen Knoten der Namenlosgkeit gelang. Eine Pioniertat, die jetzt auch bei Backyard Safari gewürdigt wird: Unter der fabulösen Zeile "Magdeburger Polit-Platsch-Quatsch" berichtet das Blog aus der Bördemetropole über die alarmierende Entdeckung der sachsen-anhaltischen "Grünen", dass im Land der Frühauftseher "drei Schützenvereine über Schießstände verfügen, die in der Nähe von Schulen liegen". Dieser Umstand sei kreuzgefährlich, weil natürlich jederzeit einer der durchgeknallten "Waffennarren" (dpa) beschließen könne, auch mal einen Amok zu laufen. Schließlich reiche dazu aufgrund der naheliegenden Schulhäuser die kleine Sprintbefähigung.
Nach Ansicht der grünen Fraktionschefin Claudia Dalbert handelt es sich hier - gerade in den Zeiten der endlosen Krise - um eine der Überlebensfragen der Nation. Eine Ansicht, die der sozialdemokratische Kultusminister Dogerloh begeistert teilt. Auch wenn es keine akute Gefahrenlage gebe, gelte es, „in den Schulen jedes vermeidbare Risiko für Leib und Leben von vornherein auszuschließen". Bei einem der betroffenen Vereine werde beispielsweise ausschließlich, berichtet Backyard Safari, mit Luftgewehren auf zehn Meter entfernte Scheiben geschossen. Todesgefahr wie an der Rummelbude. Beängstigend. Zweifellos müssen Dalbert und Dogerloh hier noch einmal ran, um den Fachbegriff Politplatschquatsch mit noch mehr prallem Leben zu erfüllen: Ein Jahrmarktverbot für Vorschüler? Und was ist eigentlich aus dem zuletzt vor zwei Jahren so selbstbewusst verkündeten Verbot von Paintball-Spielen geworden?
Über Jahrzehnte suchten Tausende weltweit nach einem entsprechenden Fachbegriff, ehe hier bei PPQ schließlich der Durchbruch durch den Gordischen Knoten der Namenlosgkeit gelang. Eine Pioniertat, die jetzt auch bei Backyard Safari gewürdigt wird: Unter der fabulösen Zeile "Magdeburger Polit-Platsch-Quatsch" berichtet das Blog aus der Bördemetropole über die alarmierende Entdeckung der sachsen-anhaltischen "Grünen", dass im Land der Frühauftseher "drei Schützenvereine über Schießstände verfügen, die in der Nähe von Schulen liegen". Dieser Umstand sei kreuzgefährlich, weil natürlich jederzeit einer der durchgeknallten "Waffennarren" (dpa) beschließen könne, auch mal einen Amok zu laufen. Schließlich reiche dazu aufgrund der naheliegenden Schulhäuser die kleine Sprintbefähigung.
Nach Ansicht der grünen Fraktionschefin Claudia Dalbert handelt es sich hier - gerade in den Zeiten der endlosen Krise - um eine der Überlebensfragen der Nation. Eine Ansicht, die der sozialdemokratische Kultusminister Dogerloh begeistert teilt. Auch wenn es keine akute Gefahrenlage gebe, gelte es, „in den Schulen jedes vermeidbare Risiko für Leib und Leben von vornherein auszuschließen". Bei einem der betroffenen Vereine werde beispielsweise ausschließlich, berichtet Backyard Safari, mit Luftgewehren auf zehn Meter entfernte Scheiben geschossen. Todesgefahr wie an der Rummelbude. Beängstigend. Zweifellos müssen Dalbert und Dogerloh hier noch einmal ran, um den Fachbegriff Politplatschquatsch mit noch mehr prallem Leben zu erfüllen: Ein Jahrmarktverbot für Vorschüler? Und was ist eigentlich aus dem zuletzt vor zwei Jahren so selbstbewusst verkündeten Verbot von Paintball-Spielen geworden?
Burials of the Beasts
Dictators Death Side auf einer größeren Karte anzeigen
"Einer trinkt Wasser, einer trinkt Wein", analysierte der große Volkssänger Kurt Demmler schon vor vielen Jahren - ohne wissen zu können, wie nahe er der Wahrheit damit eines Tages kommen würde. Auf der Weltkarte der toten Diktatoren nämlich sieht es genau so aus: Ein einziger Menschenschlächter nur schaffte es bis heute ins nasse Grab der Seemannsfriedhöfe, allen anderen es, sich in Mutter Erde vergraben zu lassen, als hätten sie nie ein Wässerchen getrübt.
Die von PPQ erstmals ausgearbeitete interaktive Google-Map Burials of the Beasts (oben) zeigt geografisch einige signifikante Auffälligkeiten, die allerdings zumeist aus dem Schaffen der Despoten, Machthaber und Revolutionsführer zu Lebzeiten herrühren. Obschon die Diktatorenkarte noch Prozesscharakter hat, weil derzeit unklar ist, wo Muammar Gaddafi endgültig verbleiben wird, deuten die vorliegenden Daten auf einen Zusammenhang zwischen diktatorischem Lebenswerk und Leben nach dem Tod. Zwar blieb es einigen der hier kartenmäßig erfassten Grauensgestalten verwehrt, in heimischer Erde bestattet zu werden. So musste Idi Amin nach Saudi-Arabien ausweichen, Stroessner fand letzte Ruhe in Brasilien und auch Bin Laden - der einzig Seebestattete - kehrte als Toter nicht an die Stätten seiner Jugend zurück.
Dennoch fällt auf, dass die Diktatorenverbeitung einem auf der Einfüllseite liegenden Trichter entspricht: Die nördlichsten Diktatoren der Neuzeit stammen aus Deutschland und Russland, nach Süden zu verbreitert sich die Basis, soweit das geografisch gleichmäßig möglich ist. Das aber unter kompletter Auslassung aller britisch geprägten Gebiete.
Der grobe Draufblick scheint dafür zu sprechen, dass britisches Erbe vor diktatorischen Versuchungen schützt. Tränen lügen nicht: Die großen Menschenschlächter fanden im Leben wie im Sterben dort die besten Bedingungen vor, wo die Queen nie etwas zu sagen hatte. Im zeitlichen Verlauf wird klar, dass die Menschheit, entgegen allem, was dagegen spricht, ihre diktatorische Phase langsam hinter sich lässt. Während es in den großen Tagen der Despoten zahlreiche Länder gab, die gleichzeitig von selbsternannten Egomanen regiert wurden, finden sich selbst unter den Herrschern der Welt kaum noch richtige rücksichtslose Massenmörder.
Schon gar keine, die es auf längere Amtszeiten bringen. Mit Gaddafi scheidet gerade einer letzten langgedienten Despoten aus, es bleiben nun nur noch Zwergenreiche wie Kuba und Nordkorea, die aber werden auch nur noch von Verwandten der letzten richtigen Verbrecher regiert. Der Trend ist nicht des Diktatoren Freund - es scheint, die Welt ist einfach zu komplex für Alleinherrscher, der Fortschritt zu flott für eine Rückkehr ins Reich der radikalen Revolutionsführer.
Verbot der Woche: Diktaturenvergleich
Sozialdemokraten auf Menschenschinderurlaub
Schlimm! Immer wieder dieser Hitler
Dienstag, 27. September 2011
Hot Bird: Klassik-Wochen mit Vogelkochzeit
"Kann man denn hier auch gut essen?", lautet eine vielgestellte Frage von Besuchern im mecklenburgischen Städtchen Warin. "Nicht überall ist ja schon bekannt, dass unsere Stadt ganz besondere Gaumengenüsse bietet", sagt Reinhold Herger, Sohn eines ehemaligen DDR-Grenztruppenoffizier, der als deutscher Gründer der amerikanischen Feinschmeckerkette "Hot Bird" inzwischen auch mehrere Restaurants in Deutschland betreibt. Herger setzt dabei auf eine clevere Kombination von Provokation und Gaumengenuss: Pünktlich zur Veröffentlichung der neuen Aussterbezahlen von der Wildvogelfront etwa veranstaltete der 55-Jährige "Rote-Listen-Wochen" in seinen Lokalen, bei denen ausschließlich geschützte Arten auf den Tisch kamen.
Das sorgte für Protest, kurbelte aber auch den Absatz von Papagei im Federmantel und Ibis auf Salat an. Ab September legt Herger nun nach, diesmal ganz klassisch. Zum 230 Jahrestag der Erstveröffentlichung des Volksliedes "Vogelhochzeit" durch seinen Fast-Namensvetter Johann Gottfried Herder in dessen Liederbuch "Stimmen der Völker in Lieder" ruft Reinhold Herger im Früherbst erstmals zu einer "Vogelkochzeit". Passend zum Lied würden Amsel, Drossel, Fink und Star gebacken, gesotten und gebraten und mit exotischen Gewürzen abgeschmeckt, verspricht der im ostdeutschen Kalkbergwerksort Hüttenrode geborene Unternehmer, der nach einer abgebrochenen Ausbildung zum Hexentanzplatzführer während einer Weltreise bei südamerikanischen Indios zahllose Rezepte zur Zubereitung von frischgefangenen Singvögeln kennengelernt hatte.
Unter dem Motto "No Frying, No Fat. No Oil" eroberte seine Idee vom ersten Spezialrestaurant für Liebhaber von Leckerbissen wie saurer Sittich oder Drossel-Döner die Welt. Mit der "Vogelkochzeit" werde man nun versuchen, auch bisher skeptisch gebliebene Kunden zu überzeugen, so Herger, der von seinen Gerichten selbst nicht genug bekommen kann. "Egal ob Kakadu an Reibekäse oder einfach Spatz auf Brot", schwärmt er, "es wärmt mir immer noch das Herz."
Das sorgte für Protest, kurbelte aber auch den Absatz von Papagei im Federmantel und Ibis auf Salat an. Ab September legt Herger nun nach, diesmal ganz klassisch. Zum 230 Jahrestag der Erstveröffentlichung des Volksliedes "Vogelhochzeit" durch seinen Fast-Namensvetter Johann Gottfried Herder in dessen Liederbuch "Stimmen der Völker in Lieder" ruft Reinhold Herger im Früherbst erstmals zu einer "Vogelkochzeit". Passend zum Lied würden Amsel, Drossel, Fink und Star gebacken, gesotten und gebraten und mit exotischen Gewürzen abgeschmeckt, verspricht der im ostdeutschen Kalkbergwerksort Hüttenrode geborene Unternehmer, der nach einer abgebrochenen Ausbildung zum Hexentanzplatzführer während einer Weltreise bei südamerikanischen Indios zahllose Rezepte zur Zubereitung von frischgefangenen Singvögeln kennengelernt hatte.
Unter dem Motto "No Frying, No Fat. No Oil" eroberte seine Idee vom ersten Spezialrestaurant für Liebhaber von Leckerbissen wie saurer Sittich oder Drossel-Döner die Welt. Mit der "Vogelkochzeit" werde man nun versuchen, auch bisher skeptisch gebliebene Kunden zu überzeugen, so Herger, der von seinen Gerichten selbst nicht genug bekommen kann. "Egal ob Kakadu an Reibekäse oder einfach Spatz auf Brot", schwärmt er, "es wärmt mir immer noch das Herz."
Montag, 26. September 2011
Fremde Federn: Die Märchen denen, die sie erzählen
Er hat es wieder getan. Peer Steinbrück, der Mann, der der West LB einst als Aufsichtsrat die Türen zu den internationalen Finanzmärkten öffnete, gibt den leutseligen Krisenbewältiger, der das alles schon lange hat kommen sehen. Eine Primanerriege voller Leichtgewichte" sieht der einst als Ministerpräsident grandios gescheiterte Arbeiterführer derzeit auf den Regierungsbänken. Die Liebe des Volkes, das sich nicht daran erinnert, was Steinbrück in seinem Leben bereits alles vollbracht hat, treibt den kommenden Kanzlerkandidaten der Sozialdemokratie zu selbstbewusstem Eigenlob: "Offenbar haben die Bürger nach den Guttenbergs und Westerwelles Sehnsucht nach Verlässlichkeit, Geradlinigkeit, Seriosität und Erfahrung", kommentiert er die eigenen, seit der Abwesenheit von allen Entscheidungsfunktionen geradezu explodierten Beliebtheitsraten.
Beliebtheitsraten, gegen die Fakten nicht ankommen, selbst wenn sie so spannend und nachvollziehbar präsentiert werden wie bei den Bissigen Liberalen. Noch einmal geht es hier fern von Steinbrückschem Geschwätz um das große alte Märchen der Krisenliteratur: Dass an der Finanzkrise die ungeheure Deregulierung schuld gewesen sei, dass also nur mehr und mehr Staat helfen könne, das leben wieder schön und ruhig zu machen wie früher, als die Bundespost, die Bundesbahn und das Bundesalkoholmonopol noch Rundumversorgung auf höchstem Niveau garantierten.
Angelehnt an einen "Spiegel"-Beitrag, der einmal mehr Ronald Regaen und Margaret Thatcher für die Erfindung des Neoliberalismus und damit für die Schaffung der Voraussetzungen für den nahen Weltuntergang verantwortlich machen, führt Autor Rayson die Tatsachen an. Regierungen und nicht zuletzt auch Gewerkschaften waren es, die jede Schwäche der Wirtschaft mit der Forderung nach billigem Geld zu kurieren versuchten. Gegen Arbeitslosigkeit half immer mehr verschuldung, gegen Nachfrageschwäche half staatliche Nachfrage. Bill Clinton, ein Demokrat, der in Deutschland hohes Ansehen genießt, verfügte, dass Banken jedem Häuslebauer zu einem Kredit verhelfen müssen, auch wenn der Schuldner ihn nie wird zurückzahlen können. Der Sozialdemokrat Peer Steinbrück war es, der zuschaute, wie staatliche deutsche Landesbanken und sogar die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau Zweckgesellschaften im Ausland unterhielten, um aus billigem Staatsgeld schnell Gewinne mit Spekulationen zu machen. Die sozialdemokratische Christdemokratin Angela Merkel schließlich schuf mit der "Abwrackprämie" das letzte imposante Monument für staatlich gestützte Konsumbelebung auf Kosten nachfolgender Generationen.
Weder Merkel noch Steinbrück erinnern sich daran, jetzt, wo der Wind der Wirklichkeit ihrem Traummodell von der mit Staatsgeld beliebig regelbaren Wirtschaft ins Gesicht weht. Auch der "Spiegel", dessen Mitarbeitern es seit Jahren verboten ist, das eigene Archiv zu benutzen, weiß nichts mehr von den Parolen, die die Helden von heute einst verkündeten.
Zum Glück vergisst das Internet nichts. Nicht einmal die allereinfachsten Fragen, die Rayson stellt, die Merkel und Steinbrück aber dank freundlicher Zurückhaltung der Qualitätsmedien nie werden beantworten müssen: "Wo kam das ganze Geld her? Von privaten Banken? Und wer sorgt für die niedrigen Zinsen, die es dann ermöglichen, über Kredite große "Hebel" anzubringen, ein "großes Rad zu drehen", wie man unter Spekulanten so sagt? Private Agenturen? Nicht ganz, aber Sie sind dicht dran. Kleiner Tipp: Schon mal den Namen Alan Greenspan gehört?
Der ganze Text steht hier
Beliebtheitsraten, gegen die Fakten nicht ankommen, selbst wenn sie so spannend und nachvollziehbar präsentiert werden wie bei den Bissigen Liberalen. Noch einmal geht es hier fern von Steinbrückschem Geschwätz um das große alte Märchen der Krisenliteratur: Dass an der Finanzkrise die ungeheure Deregulierung schuld gewesen sei, dass also nur mehr und mehr Staat helfen könne, das leben wieder schön und ruhig zu machen wie früher, als die Bundespost, die Bundesbahn und das Bundesalkoholmonopol noch Rundumversorgung auf höchstem Niveau garantierten.
Angelehnt an einen "Spiegel"-Beitrag, der einmal mehr Ronald Regaen und Margaret Thatcher für die Erfindung des Neoliberalismus und damit für die Schaffung der Voraussetzungen für den nahen Weltuntergang verantwortlich machen, führt Autor Rayson die Tatsachen an. Regierungen und nicht zuletzt auch Gewerkschaften waren es, die jede Schwäche der Wirtschaft mit der Forderung nach billigem Geld zu kurieren versuchten. Gegen Arbeitslosigkeit half immer mehr verschuldung, gegen Nachfrageschwäche half staatliche Nachfrage. Bill Clinton, ein Demokrat, der in Deutschland hohes Ansehen genießt, verfügte, dass Banken jedem Häuslebauer zu einem Kredit verhelfen müssen, auch wenn der Schuldner ihn nie wird zurückzahlen können. Der Sozialdemokrat Peer Steinbrück war es, der zuschaute, wie staatliche deutsche Landesbanken und sogar die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau Zweckgesellschaften im Ausland unterhielten, um aus billigem Staatsgeld schnell Gewinne mit Spekulationen zu machen. Die sozialdemokratische Christdemokratin Angela Merkel schließlich schuf mit der "Abwrackprämie" das letzte imposante Monument für staatlich gestützte Konsumbelebung auf Kosten nachfolgender Generationen.
Weder Merkel noch Steinbrück erinnern sich daran, jetzt, wo der Wind der Wirklichkeit ihrem Traummodell von der mit Staatsgeld beliebig regelbaren Wirtschaft ins Gesicht weht. Auch der "Spiegel", dessen Mitarbeitern es seit Jahren verboten ist, das eigene Archiv zu benutzen, weiß nichts mehr von den Parolen, die die Helden von heute einst verkündeten.
Zum Glück vergisst das Internet nichts. Nicht einmal die allereinfachsten Fragen, die Rayson stellt, die Merkel und Steinbrück aber dank freundlicher Zurückhaltung der Qualitätsmedien nie werden beantworten müssen: "Wo kam das ganze Geld her? Von privaten Banken? Und wer sorgt für die niedrigen Zinsen, die es dann ermöglichen, über Kredite große "Hebel" anzubringen, ein "großes Rad zu drehen", wie man unter Spekulanten so sagt? Private Agenturen? Nicht ganz, aber Sie sind dicht dran. Kleiner Tipp: Schon mal den Namen Alan Greenspan gehört?
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Gabriels Graswurzeleuropa
Zwei Jahrzehnte lang betrieben europäische Politiker europaäische Politik als Chefzimmerangelegenheit. Das Volk durfte mitmachen, nicht aber mitreden, seine Zukunft wurde ihm tafelfertig vorgesetzt. Eine Abstimmung über die Speisekarte habe sich erübrigt, hieß es, weil Politiker von Amts wegen besser wissen, was für alle Menschen gut ist, als alle Menschen selbst.
Hätte es seinerzeit Volksabstimmungen über die Lissabon-Verträge zur europäischen Integration gegeben, gäbe es heute kein Europa, oder doch jedenfalls keines, dass als "Epizentrum" (Jean-Claude Trichet) der größten Krise seit "den 20er Jahren" (Angela Merkel), der "Zweiten Weltkrieg" (Trichet) oder "dem Zweiten Weltkrieg" (Barack Obama) gehandelt wird.
Seinerzeit entschieden Politiker - und abgesehen von der FDP fanden das alle deutschen Parteien gut so. Warum denn den Pöbel fragen, was er essen möchte, wenn man auch selbst bestellen kann? Wenn es dann allen geschmeckt hat, muss man wenigstens mit niemandem den Applaus teilen.
Bekanntermaßen aber ging das Europa-Projekt der Nomenklatur-Europäer dann doch in die Hose. Und nun werden aus den größten Anhängern eines von oben geschaffenen E10-Einheitsstaates die glühendsten Anhänger eines Graswurzeleuropa im demokratischen Mäntelchen. Sigmar Gabriel etwa, bis heute amtierender Pop-Beauftragter der deutschen Sozialdemokratie, möchte das Volk nun mehr doch mitnehmen auf dem Weg vom Europa der Institutionen zum Europa der Bürger. Ds Kind liegt im Brunnen, die Politik hat es hineingeworfen. Nun, sagt Gabriel, "brauchen wir wieder die Zustimmung unserer Bürgerinnen und Bürger zu Europa."
Er sei, so der gescheiterte niedersächsische Ministerpräsident, jetzt "für Volksentscheide über die Zukunft Europas und des Euro". Gabriel, der schon 2002 festgestellt hatte, dass "wir in Deutschland und Europa einen neuen Aufbruch und neuen Fortschritt" brauchen, plädiert dafür, dass "in Zukunft" zumindest "über grundsätzliche Fragen der Europa-Politik das Volk direkt entscheiden" soll. Darunter würden dann auch die Zustimmung zum dauerhaften europäischen Rettungsschirm fallen.
Umfragen zufolge wünschten die Bürger ja "mehr Europa", auch wenn nie gefragt werde, was sie darunten verstünden, hat Gabriel gelesen. Sorgen mache den Menschen bloß das real existierende Europa. Deshalb komme es jetzt darauf an, "das europäische Projekt wieder zu erklären, sich Mühe zu geben und dafür zu werben", was Europa alles Gutes gebracht habe: Feinstaubzonen und Rauchverbote, Glühlampenverbote, Biospritbeimischung und den neuen Heimtierausweis, Regelungen zur zulässigen Gurkenkrümmung und gegen nigerianische Spamversender. Leider hätten die Menschen offenbar trotzdem gemerkt, dass es so wie bisher nicht weitergehe. "Wir", nimmt Gabriel sich und die "europäischen Eliten" (Gabriel) nun in die Pflicht, "müssen die EU gründlich reformieren". Anschließend sollten die Bürger darüber "abstimmen", ob ihnen das Ergebnis gefalle.
Gehe die Abstimmung gegen den gemeinsamen Vorschlag von Staats- und Parteiführung aus und werde etwa der europäische Rettungsschirm abgelehnt, bleibe immer noch das dänische Modell: Es werde dann einfach so oft noch einmal abgestimmt, bis die geleistete Überzeugungsarbeit sich in einem entsprechenden Ergebnis niederschlage.
Hätte es seinerzeit Volksabstimmungen über die Lissabon-Verträge zur europäischen Integration gegeben, gäbe es heute kein Europa, oder doch jedenfalls keines, dass als "Epizentrum" (Jean-Claude Trichet) der größten Krise seit "den 20er Jahren" (Angela Merkel), der "Zweiten Weltkrieg" (Trichet) oder "dem Zweiten Weltkrieg" (Barack Obama) gehandelt wird.
Seinerzeit entschieden Politiker - und abgesehen von der FDP fanden das alle deutschen Parteien gut so. Warum denn den Pöbel fragen, was er essen möchte, wenn man auch selbst bestellen kann? Wenn es dann allen geschmeckt hat, muss man wenigstens mit niemandem den Applaus teilen.
Bekanntermaßen aber ging das Europa-Projekt der Nomenklatur-Europäer dann doch in die Hose. Und nun werden aus den größten Anhängern eines von oben geschaffenen E10-Einheitsstaates die glühendsten Anhänger eines Graswurzeleuropa im demokratischen Mäntelchen. Sigmar Gabriel etwa, bis heute amtierender Pop-Beauftragter der deutschen Sozialdemokratie, möchte das Volk nun mehr doch mitnehmen auf dem Weg vom Europa der Institutionen zum Europa der Bürger. Ds Kind liegt im Brunnen, die Politik hat es hineingeworfen. Nun, sagt Gabriel, "brauchen wir wieder die Zustimmung unserer Bürgerinnen und Bürger zu Europa."
Er sei, so der gescheiterte niedersächsische Ministerpräsident, jetzt "für Volksentscheide über die Zukunft Europas und des Euro". Gabriel, der schon 2002 festgestellt hatte, dass "wir in Deutschland und Europa einen neuen Aufbruch und neuen Fortschritt" brauchen, plädiert dafür, dass "in Zukunft" zumindest "über grundsätzliche Fragen der Europa-Politik das Volk direkt entscheiden" soll. Darunter würden dann auch die Zustimmung zum dauerhaften europäischen Rettungsschirm fallen.
Umfragen zufolge wünschten die Bürger ja "mehr Europa", auch wenn nie gefragt werde, was sie darunten verstünden, hat Gabriel gelesen. Sorgen mache den Menschen bloß das real existierende Europa. Deshalb komme es jetzt darauf an, "das europäische Projekt wieder zu erklären, sich Mühe zu geben und dafür zu werben", was Europa alles Gutes gebracht habe: Feinstaubzonen und Rauchverbote, Glühlampenverbote, Biospritbeimischung und den neuen Heimtierausweis, Regelungen zur zulässigen Gurkenkrümmung und gegen nigerianische Spamversender. Leider hätten die Menschen offenbar trotzdem gemerkt, dass es so wie bisher nicht weitergehe. "Wir", nimmt Gabriel sich und die "europäischen Eliten" (Gabriel) nun in die Pflicht, "müssen die EU gründlich reformieren". Anschließend sollten die Bürger darüber "abstimmen", ob ihnen das Ergebnis gefalle.
Gehe die Abstimmung gegen den gemeinsamen Vorschlag von Staats- und Parteiführung aus und werde etwa der europäische Rettungsschirm abgelehnt, bleibe immer noch das dänische Modell: Es werde dann einfach so oft noch einmal abgestimmt, bis die geleistete Überzeugungsarbeit sich in einem entsprechenden Ergebnis niederschlage.
Sonntag, 25. September 2011
Iron Sky: Die Russen kommen
Udo Kier bekennt sich, Julia Dietze sagte ja, die fragilen Finnen von Adamantium schrieben einen bewegenden Soundtrack und PPQ-Kommentäter Vril sieht sich plötzlich von einer ganzen Generation umringt, die von Reichsflugscheiben und freier Energie, von Helena Blavatsky und der Reichsarbeitsgemeinschaft „Das kommende Deutschland" reden. Schon lange vor der Wiederwahl des russischen Expräsidenten Putin als russischer Präsident hat die Geschichtsdoku "Iron Sky" Aufsehen erregt: Verspricht sie doch, die letzten Geheimnisse der Zukunft zu lüften. Darunter auch das, warum eine dritte Amtszeit für Putin des Teufels, eine für Merkel aber kein Grund für eine Diskussion ist.
Natürlich konnte die hierzulande traditionell starke Linke nicht schweigen, wenn die Rechte beginnt, ihr eigenes Hollywood in den karelischen Wäldern zu feiern. Während Oskar Lafontaine erste Forschungsergebnisse vorlegte, nach denen der Stalinismus eine typische Erscheinung spätbürgerlicher Demokratien ist, in denen sich Stalin meist im Gewand eines von unzähligen Landesbankern im Staatsdienst versteckt, gingen die Aktivisten von Antienergia energisch in die Offensive. Mit ihrem Kurzfilm "Rust Sky - Space Communists attack!" widerlegen sie die von Systempresse und finnischen Filmschwindlern über Youtube verbreiteten Lügen über angeblich auf den Mond geflohene Nazischergen und deren Pläne, die Erde in Bälde zurückerobern zu wollen.
In Wahrheit sind die Zusammenhänge nämlich etwas komplizierter: Nicht Hitlers Anhänger sind auf den Mond, sondern die des Genossen Stalin auf den Mars geflogen. Dort hat die Arbeiter- und Bauernmacht in den letzten 20 Jahren ein blühendes Reich des Glückes für alle Arbeiterkinder errichtet. Auf der Sonnenseite des roten Planeten fährt man seitdem Lada, Häuser sind symbolisch in Hammer- und Sicherform gebaut und fleißige Komsomolzen arbeiten hart an ultramodernen Hightech-Raketen.
Die stehen kurz vor dem Start zurück zu Erde, um den hier herrschenden Kapitalismus endgültig "auszumerzen" (Franz Müntefering). Die Verbannten dieser Erde kehren zurück, die Faust gereckt, den Rücken durchgestreckt. Völker, hört die Signale, singt es dazu.
Iron Sky: We come in peace
Nackte Nazi-Fiktion
Natürlich konnte die hierzulande traditionell starke Linke nicht schweigen, wenn die Rechte beginnt, ihr eigenes Hollywood in den karelischen Wäldern zu feiern. Während Oskar Lafontaine erste Forschungsergebnisse vorlegte, nach denen der Stalinismus eine typische Erscheinung spätbürgerlicher Demokratien ist, in denen sich Stalin meist im Gewand eines von unzähligen Landesbankern im Staatsdienst versteckt, gingen die Aktivisten von Antienergia energisch in die Offensive. Mit ihrem Kurzfilm "Rust Sky - Space Communists attack!" widerlegen sie die von Systempresse und finnischen Filmschwindlern über Youtube verbreiteten Lügen über angeblich auf den Mond geflohene Nazischergen und deren Pläne, die Erde in Bälde zurückerobern zu wollen.
In Wahrheit sind die Zusammenhänge nämlich etwas komplizierter: Nicht Hitlers Anhänger sind auf den Mond, sondern die des Genossen Stalin auf den Mars geflogen. Dort hat die Arbeiter- und Bauernmacht in den letzten 20 Jahren ein blühendes Reich des Glückes für alle Arbeiterkinder errichtet. Auf der Sonnenseite des roten Planeten fährt man seitdem Lada, Häuser sind symbolisch in Hammer- und Sicherform gebaut und fleißige Komsomolzen arbeiten hart an ultramodernen Hightech-Raketen.
Die stehen kurz vor dem Start zurück zu Erde, um den hier herrschenden Kapitalismus endgültig "auszumerzen" (Franz Müntefering). Die Verbannten dieser Erde kehren zurück, die Faust gereckt, den Rücken durchgestreckt. Völker, hört die Signale, singt es dazu.
Iron Sky: We come in peace
Nackte Nazi-Fiktion
Wer hat es gesagt?
“Es geht nicht darum, dass wir zu einem Überwachungsstaat werden, sondern lediglich darum, zu speichern, wer wann mit wem und wo telefoniert hat.”
Drohung mit der Realität
Damals in Moskau, als die Welt noch keine Probleme mit Eurorettung, Welthunger, Klimawandel und Globalisierung hatte, ließ Nikita Chruschtschow den britischen Botschafter in der Sowjetunion, Sir Frank Roberts, wissen, wie er die Sache mit der unter Umständen notwendigen nuklearen Vernichtung Großbritanniens sehe.
Chruschtschow selbst berichtete später während der Tagung des Politisch-Beratenden Ausschusses der Warschauer Vertrags-Staaten über diese Begegnung mit dem Briten, deren Inhalt in Großbritannien bereits große Medienaufregung hervorgerufen hatte. "Die westliche Presse hat ein großes Geschrei über mein Gespräch mit dem britischen Botschafter erhoben, hat so berichtet, als ob ich ihm gedroht hätte."
Das sei natürlich nicht so und nicht mal so gemeint gewesen, versicherte der Sowjetchef seinen Klassenbrüdern. "Ich werde Ihnen erzählen, worüber ich mit dem englischen Botschafter gesprochen habe", versprach er. Und erzählte: "Ich habe ihm folgendes gesagt: ‚Herr Botschafter, wie viele Atombomben muß man über Großbritannien abwerfen, um es unschädlich zu machen?' Er antwortet: ‚Sechs Bomben, so sagt man bei uns.'"
Da schmunzelte der Chef der Weltmacht. "Ich habe gehört", sagte er, "dass bei Ihnen in England über diese Frage gestritten wird. Die einen sagen sechs, das sind die Pessimisten, und Sie gehören zu ihnen; die anderen, die Optimisten, sagen nicht sechs, sondern neun Bomben. Ich werde Ihnen ein Geheimnis unseres Generalstabes preisgeben: Wir schätzen Großbritannien höher ein, und bei uns sind einige Dutzend Atombomben bereitgestellt, mit denen wir einen Schlag gegen Großbritannien führen und es tatsächlich unschädlich machen werden."
War das eine Drohung?, fragte Chruschtschow seine Genossen. Und antwortete gleich selbst: "Nein, das ist die Realität!"
Chruschtschow selbst berichtete später während der Tagung des Politisch-Beratenden Ausschusses der Warschauer Vertrags-Staaten über diese Begegnung mit dem Briten, deren Inhalt in Großbritannien bereits große Medienaufregung hervorgerufen hatte. "Die westliche Presse hat ein großes Geschrei über mein Gespräch mit dem britischen Botschafter erhoben, hat so berichtet, als ob ich ihm gedroht hätte."
Das sei natürlich nicht so und nicht mal so gemeint gewesen, versicherte der Sowjetchef seinen Klassenbrüdern. "Ich werde Ihnen erzählen, worüber ich mit dem englischen Botschafter gesprochen habe", versprach er. Und erzählte: "Ich habe ihm folgendes gesagt: ‚Herr Botschafter, wie viele Atombomben muß man über Großbritannien abwerfen, um es unschädlich zu machen?' Er antwortet: ‚Sechs Bomben, so sagt man bei uns.'"
Da schmunzelte der Chef der Weltmacht. "Ich habe gehört", sagte er, "dass bei Ihnen in England über diese Frage gestritten wird. Die einen sagen sechs, das sind die Pessimisten, und Sie gehören zu ihnen; die anderen, die Optimisten, sagen nicht sechs, sondern neun Bomben. Ich werde Ihnen ein Geheimnis unseres Generalstabes preisgeben: Wir schätzen Großbritannien höher ein, und bei uns sind einige Dutzend Atombomben bereitgestellt, mit denen wir einen Schlag gegen Großbritannien führen und es tatsächlich unschädlich machen werden."
War das eine Drohung?, fragte Chruschtschow seine Genossen. Und antwortete gleich selbst: "Nein, das ist die Realität!"
Samstag, 24. September 2011
Es war nicht alles Brecht I
Nach dem Schlimm ist vor dem Schlimmer
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat nach Angaben der Basler Zeitung die Gelegenheit genutzt, einmal mehr ein düsteres Bild der gegenwärtigen Krisengefahren in Europa und darüber hinaus zu entwerfen. Knapp sechs Wochen nach seiner Wiederholung seiner 18 Monate alten Warnung, dass sich die Menschheit in der größten Krise seit dem 2. Weltkrieg befinde, ließ der führende europäische Geldpolitiker jetzt wissen, dass "eine globale Krise der öffentlichen Finanzen unmittelbar bevor" stehe. Wie seinerzeit beim großen Weltenbrand sei Europa am stärksten betroffen: "Wir stehen vor einer globalen Krise der öffentlichen Finanzen, und wir sind das Epizentrum dieser Krise", sagte Trichet.
Die aktuelle Situation sei dabei noch prekärer als die nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman, allerdings offenbar doch nicht ganz so schlimm wie der 2. Weltkrieg selbst. An den Märkten sei inzwischen der Glaube verloren gegangen, dass Schlüssel-Länder nicht zahlungsunfähig werden können, mutmaßt Trichet, der seit Monaten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel darüber streitet, wie schlimm die Krise nun wirklich ist. Merkel hielt sie bereits vor drei Jahren für die "schwerste Krise seit den 20er Jahren", seitdem ist viel Krisenmanagement betrieben worden, so dass die Krisenfolgen eingedämmt werden konnten.
Ursache der Entwicklung, so die treffende Analyse von Jean-Claude Trichet im letzten Sommer, seien letztlich aber die "derzeitigen Turbulenzen". Eine Lösung liege darin, dass „die Regierungen das tun, was wir als ihre Arbeit betrachten, und dass sie ihrer Verantwortung gerecht werden“. Dann dürfe man hoffen, dass nach schlimm vor noch schlimmer sei. Bis dahin aber seien leider die Superlative für die Beschreibung der Vorgänge ausgegangen.
Die aktuelle Situation sei dabei noch prekärer als die nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman, allerdings offenbar doch nicht ganz so schlimm wie der 2. Weltkrieg selbst. An den Märkten sei inzwischen der Glaube verloren gegangen, dass Schlüssel-Länder nicht zahlungsunfähig werden können, mutmaßt Trichet, der seit Monaten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel darüber streitet, wie schlimm die Krise nun wirklich ist. Merkel hielt sie bereits vor drei Jahren für die "schwerste Krise seit den 20er Jahren", seitdem ist viel Krisenmanagement betrieben worden, so dass die Krisenfolgen eingedämmt werden konnten.
Ursache der Entwicklung, so die treffende Analyse von Jean-Claude Trichet im letzten Sommer, seien letztlich aber die "derzeitigen Turbulenzen". Eine Lösung liege darin, dass „die Regierungen das tun, was wir als ihre Arbeit betrachten, und dass sie ihrer Verantwortung gerecht werden“. Dann dürfe man hoffen, dass nach schlimm vor noch schlimmer sei. Bis dahin aber seien leider die Superlative für die Beschreibung der Vorgänge ausgegangen.
Freitag, 23. September 2011
Elfmärchenschießen I: Mord mit kurzem O
So, sagte Hänsel. Er sprach es mit einem kleinen, kurzen O, wie es in oft vorkommt. Hänsel klatschte zufrieden in die Hände. Gretel, die neben ihm stand, lächelte, sagte aber nichts.
In ihrer Linken hielt sie einen eisernen Schürhaken, der leise hin- und herpendelte. Von seinem abgewinkelten Ende tropfte es, aber allmählich verringerte sich die Amplitude seiner Schwingungen.
Wie weiter, fragte Gretel leise. Hänsel zuckte mit den Schultern. Weiß ich auch nicht, sagte er.
Sie standen beide wortlos und betrachteten die feuchten Flecke auf dem Boden der Backstube.
So, sagte Hänsel schließlich entschlossen. Er trat zum Ofen und prüfte den Verschluss der Ofentür. Es war alles in Ordnung, sie war fest zu.
Ein feiner Geruch von verbranntem Fleisch hing im Raum. Man würde wohl später kurz das Fenster öffnen müssen.
In ihrer Linken hielt sie einen eisernen Schürhaken, der leise hin- und herpendelte. Von seinem abgewinkelten Ende tropfte es, aber allmählich verringerte sich die Amplitude seiner Schwingungen.
Wie weiter, fragte Gretel leise. Hänsel zuckte mit den Schultern. Weiß ich auch nicht, sagte er.
Sie standen beide wortlos und betrachteten die feuchten Flecke auf dem Boden der Backstube.
So, sagte Hänsel schließlich entschlossen. Er trat zum Ofen und prüfte den Verschluss der Ofentür. Es war alles in Ordnung, sie war fest zu.
Ein feiner Geruch von verbranntem Fleisch hing im Raum. Man würde wohl später kurz das Fenster öffnen müssen.
Abriss-Exkursionen: In Führers Wunderfabrik
"Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen", sang Zarah Leander, aber danach sieht es nicht aus an dem Ort, an dem einst die Wunderwaffen entwickelt wurden, mit denen das Dritte Reich seine tausendjährige Zukunft herbeibomben wollte. Peenemünde ist ein Ort, an dem die Geschichte aus Ruinen atmet, ein Ort, der sich für sich selbst schämt. Während mit Millionen aus EU-Kassen das alte Kraftwerk, das einst Strom und Dampf dür die Raketenentwicklung lieferte, renoviert wird, verfallen die Mietskasernen am Weg dorthin. "Gehören nicht der Gemeinde", hat der Bürgermeister plakatieren lassen.
Die Hoffnung stirbt zuletzt, auch damals bei Reichspropagandaminister Goebbels. Auf dessen Anweisung wurden Gerüchte über die "Wunderwaffen" gestreut, die das Kriegsglück wenden würden. Zu diesem Zeitpunkt überschritt die Rote Armee schon die Grenze der Sowjetunion, der ehemalige Verbündete Rumänien erklärte Hitlerdeutschland den Krieg, anglo-amerikanische Truppen erreichten in Italien Florenz und nahmen in Belgien Brüssel.
In Peenemünde auf Usedom schraubte die Ingenieurelite des Reiches an Raketen vom Typ V 1 und V 2. Hitler hatte, nachdem er der Fernwaffe lange skeptisch gegenüberstand, schließlich doch befohlen, die Produktion zu forcieren. Ein Strohhalm, wie Generalmajor Dornberger, einer der engsten Mitarbeiter von Raketenvater Wernher von Braun, wusste. "Die militärische Lage war um die Mitte des Jahres 1943 längst nicht mehr so, daß man durch Verschießen von monatlich 800 mit je einer Tonne Sprengstoff geladenen V 2 auf eine Entfernung von 250 km einen Weltkrieg des damals erreichten Ausmaßes hätte beenden können."
Dennoch bekam SS-Sturmbannführer Braun für sein Raketenfertigungsprogramm die oberste Dringlichkeitsstufe der gesamten Wehrmacht. Ziel war es, täglich 1000 Abschüsse und später 5000 Abschüsse von V-2-Raketen gegen die britischen Inseln abwickeln zu können. Größenordnungen, die nie erreicht wurden. Auch, weil die Techniker auf Usedom in zahllose Richtungen forschten, um erst einmal die Grundlagen der Technik zu beherrschen. In einem Saal des Museums wird eine ganze Wand beherrscht von unterschiedlichsten Modellen und Konzepten für Flugkörper aller Art, ausgedacht und ausprobiert von Heer, Luftwaffe und Marine, immer konkurrierend. Neben dem Entwicklungswerk, auch "Werk Ost" genannt, in dem Wernher von Braun und seine Mitarbeiter Raketen konstruierten, gab es eine Erprobungsstelle der Luftwaffe (auch "Werk West") und ein Netz von Messstationen zur Beobachtung von Geräten im Flug, Bahnanlagen für den Güterverkehr sowie den Nordhafen. Zur Produktion der für die Raketen benötigten Mengen an flüssigem Sauerstoff wurde ein Sauerstoffwerk errichtet. Nach Fertigstellung aller Bauten waren in Peenemünde bis zu 15.000 Menschen beschäftigt. Untergebracht waren sie und die nach Kriegsbeginn vom Heer abkommandierten Techniker und Ingenieure in einem Barackenlager.
Die von Albert Speer betriebene Planung sah eine Stadt für 16 000 Einwohner vor, die für das künftige Personal der Rüstungsfabriken gedacht war. Das gesamte nördliche Drittel der Insel Usedom wurde zur Sperrzone erklärt. Doch als dann klar war, in welche Richtung die Arbeit gehen würde, bombardierte die britische Luftwaffe nach Hinweisen polnischer Partisanen das gesamte Gelände. Die Arbeit konnte zwar weitergehen, doch die Produktion kam nie auch nur in die Nähe der Planziele. Zum Kriegsende stellten sich die Köpfe des Raketenprogramms mit vorsorglich beiseite geschafften Konstruktionsunterlagen in den Dienst der Sieger. Braun, Debus, Dornberger und Rudolph entwickelten künftig Weltraumraketen für die Amerikaner. Die Sowjetunion ihrerseits nahm, was übrig war, taufte die bis dahin »Mittelwerk« genannte Produktionstätte der SS bei Nordhausen in »Zentralwerk« um und setzte mit zwangsrekrutierten deutschen Fachleuten die »V2«-Produktion fort. 1946 wurden die Anlagen demontiert und mit der Bedienungsmannschaft in die Sowjetunion verlagert, Peenemünde blieb auch in der DDR Sperrgebiet der Marine, zu besichtigen sind jetzt vor allem Ruinen, fürsorgliche Hinweistafeln und eine einzige zurückgelassene Rakete.
Mehr mitteldeutsche Abrissexkursionen:
hier, hier, und noch mehr hier, hier, hier und hier.
Die Hoffnung stirbt zuletzt, auch damals bei Reichspropagandaminister Goebbels. Auf dessen Anweisung wurden Gerüchte über die "Wunderwaffen" gestreut, die das Kriegsglück wenden würden. Zu diesem Zeitpunkt überschritt die Rote Armee schon die Grenze der Sowjetunion, der ehemalige Verbündete Rumänien erklärte Hitlerdeutschland den Krieg, anglo-amerikanische Truppen erreichten in Italien Florenz und nahmen in Belgien Brüssel.
In Peenemünde auf Usedom schraubte die Ingenieurelite des Reiches an Raketen vom Typ V 1 und V 2. Hitler hatte, nachdem er der Fernwaffe lange skeptisch gegenüberstand, schließlich doch befohlen, die Produktion zu forcieren. Ein Strohhalm, wie Generalmajor Dornberger, einer der engsten Mitarbeiter von Raketenvater Wernher von Braun, wusste. "Die militärische Lage war um die Mitte des Jahres 1943 längst nicht mehr so, daß man durch Verschießen von monatlich 800 mit je einer Tonne Sprengstoff geladenen V 2 auf eine Entfernung von 250 km einen Weltkrieg des damals erreichten Ausmaßes hätte beenden können."
Dennoch bekam SS-Sturmbannführer Braun für sein Raketenfertigungsprogramm die oberste Dringlichkeitsstufe der gesamten Wehrmacht. Ziel war es, täglich 1000 Abschüsse und später 5000 Abschüsse von V-2-Raketen gegen die britischen Inseln abwickeln zu können. Größenordnungen, die nie erreicht wurden. Auch, weil die Techniker auf Usedom in zahllose Richtungen forschten, um erst einmal die Grundlagen der Technik zu beherrschen. In einem Saal des Museums wird eine ganze Wand beherrscht von unterschiedlichsten Modellen und Konzepten für Flugkörper aller Art, ausgedacht und ausprobiert von Heer, Luftwaffe und Marine, immer konkurrierend. Neben dem Entwicklungswerk, auch "Werk Ost" genannt, in dem Wernher von Braun und seine Mitarbeiter Raketen konstruierten, gab es eine Erprobungsstelle der Luftwaffe (auch "Werk West") und ein Netz von Messstationen zur Beobachtung von Geräten im Flug, Bahnanlagen für den Güterverkehr sowie den Nordhafen. Zur Produktion der für die Raketen benötigten Mengen an flüssigem Sauerstoff wurde ein Sauerstoffwerk errichtet. Nach Fertigstellung aller Bauten waren in Peenemünde bis zu 15.000 Menschen beschäftigt. Untergebracht waren sie und die nach Kriegsbeginn vom Heer abkommandierten Techniker und Ingenieure in einem Barackenlager.
Die von Albert Speer betriebene Planung sah eine Stadt für 16 000 Einwohner vor, die für das künftige Personal der Rüstungsfabriken gedacht war. Das gesamte nördliche Drittel der Insel Usedom wurde zur Sperrzone erklärt. Doch als dann klar war, in welche Richtung die Arbeit gehen würde, bombardierte die britische Luftwaffe nach Hinweisen polnischer Partisanen das gesamte Gelände. Die Arbeit konnte zwar weitergehen, doch die Produktion kam nie auch nur in die Nähe der Planziele. Zum Kriegsende stellten sich die Köpfe des Raketenprogramms mit vorsorglich beiseite geschafften Konstruktionsunterlagen in den Dienst der Sieger. Braun, Debus, Dornberger und Rudolph entwickelten künftig Weltraumraketen für die Amerikaner. Die Sowjetunion ihrerseits nahm, was übrig war, taufte die bis dahin »Mittelwerk« genannte Produktionstätte der SS bei Nordhausen in »Zentralwerk« um und setzte mit zwangsrekrutierten deutschen Fachleuten die »V2«-Produktion fort. 1946 wurden die Anlagen demontiert und mit der Bedienungsmannschaft in die Sowjetunion verlagert, Peenemünde blieb auch in der DDR Sperrgebiet der Marine, zu besichtigen sind jetzt vor allem Ruinen, fürsorgliche Hinweistafeln und eine einzige zurückgelassene Rakete.
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Donnerstag, 22. September 2011
Die letzten Tage von Amerika reloaded
Der Kanadier Paul Erdman wollte nie mehr sein als ein Autor temposcharfer Finanz-Thriller. Dabei hätte es auch zum Wahrsager gereicht, wie sein 1982 veröffentlichter Roman "Die letzten Tage von Amerika" verrät. Erdman beschreibt hier eine Welt, wie sie sich aus seiner Sicht im weiteren Verlauf des Jahrzehnts entwickeln würde. Erdman, der 2007 starb, hat Recht behalten für die nächsten 30 Jahre.
Andererseits hatte sich die Welt während der ersten Hälfte der 80er Jahre erneut dramatisch verändert. Was früher ein völlig unannehmbares Risiko für eine Bank gewesen wäre, gehörte inzwischen zu den besseren verfügbaren Darlehen.
Es ging nämlich darum, die Petrodollars in Umlauf zu halten. Zu Beginn des Jahrzehnts, als das Öl 30 Dollar pro Barrel kostete und die Opec-Länder knapp unter 30 Millionen Barrel am Tag exportierten, hatten sie Jahr für Jahr ungefähr 300 Milliarden Dollar eingenommen. Davon hatten sie ungefähr 200 Milliarden ausgegeben, so dass 100 Milliarden übriggeblieben waren, die investiert werden wollten, egal wie.
Einen Teil davon steckten sie in Pfandbriefe und Obligationen der Regierungen von Amerika, England und der Bundesrepublik. Aber den größten Teil verliehen sie einfach an die größten Banken der Welt. Citibank, Chase Manhattan, Deutsche Bank, UBS und so weiter.
Diese Banken hatten ausnahmslos willige Abnehmer in der Dritten Welt: Brasilien, Chile, China, Indien - die Liste war endlos. Sie liehen ihnen praktisch jeden Cent, den sei von der Opec einnahmen, und trugen dabei das Risiko, das die Opec-Staaten selbst nicht tragen wollten.
Aber dann, 1982, geriet die Türkei an den Rand des Bankrotts, gefolgt von Bolivien und Zaire. 1983 waren Sambia und der Sudan an der reihe. 1984 gesellten sich Jamaika und Polen dazu.
Also begann sich der Fluss des Geldes in die Dritte Welt zu verlangsamen, weil das Risiko nicht mehr akzeptabel war.
Ganz anders sah es mit den Überschüssen der Opec-Staaten aus. Bis 1985 waren die Verkäufe der Opec auf 25 Millionen Barrel pro Tag zurückgegangen, der Preis hingegen war auf 60 Dollar pro Barrel gestiegen. Bei einem Einkommen, das inzwischen eine halbe Billion pro Jahr überschritt, war der jährliche Überschuss auf 140 Milliarden Dollar gestiegen, und die New Yorker Banken stürzten sich auf jedes, buchstäblich jedes Darlehen, das sie einem großen Industrieunternehmen der kapitalistischen Welt gewähren konnten, selbst wenn die Umstände zum Himmel stanken.
Denn, so wurde argumentiert, keine Regierung konnte es sich Mitte der 80er Jahre noch erlauben, eine große Firma Pleite gehen zu lassen. Wenn eine "strategische" Firma an den Rand des Abgrunds geriet, hatten Washington oder Bonn oder Tokio keine andere Möglichkeit, als die Bürgschaft für sie zu übernehmen, selbst wenn es gegen jegliche frühere wirtschaftliche Logik verstieß. Es ging nicht mehr um das Überleben der Starken, sondern um das schlichte Überleben an sich.
Denn was blieb anderes übrig? In vergangenen Zeiten, als Wachstum ein allgegenwärtiges Phänomen war, konnte man die Untauglichen sterben lassen, weil neue, innovative, lebensfähige Unternehmer ihren Platz übernehmen würden. Die Welt wurde ständig größer und besser.
Aber das war einmal. In den 80ern hatte es im wesentlichen nicht nur kein Wirtschaftswachstum mehr gegeben, 1985 war auch der Lebensstandard des Durchschnittsamerikaners nicht höher als zehn Jahre zuvor.
Andererseits hatte sich die Welt während der ersten Hälfte der 80er Jahre erneut dramatisch verändert. Was früher ein völlig unannehmbares Risiko für eine Bank gewesen wäre, gehörte inzwischen zu den besseren verfügbaren Darlehen.
Es ging nämlich darum, die Petrodollars in Umlauf zu halten. Zu Beginn des Jahrzehnts, als das Öl 30 Dollar pro Barrel kostete und die Opec-Länder knapp unter 30 Millionen Barrel am Tag exportierten, hatten sie Jahr für Jahr ungefähr 300 Milliarden Dollar eingenommen. Davon hatten sie ungefähr 200 Milliarden ausgegeben, so dass 100 Milliarden übriggeblieben waren, die investiert werden wollten, egal wie.
Einen Teil davon steckten sie in Pfandbriefe und Obligationen der Regierungen von Amerika, England und der Bundesrepublik. Aber den größten Teil verliehen sie einfach an die größten Banken der Welt. Citibank, Chase Manhattan, Deutsche Bank, UBS und so weiter.
Diese Banken hatten ausnahmslos willige Abnehmer in der Dritten Welt: Brasilien, Chile, China, Indien - die Liste war endlos. Sie liehen ihnen praktisch jeden Cent, den sei von der Opec einnahmen, und trugen dabei das Risiko, das die Opec-Staaten selbst nicht tragen wollten.
Aber dann, 1982, geriet die Türkei an den Rand des Bankrotts, gefolgt von Bolivien und Zaire. 1983 waren Sambia und der Sudan an der reihe. 1984 gesellten sich Jamaika und Polen dazu.
Also begann sich der Fluss des Geldes in die Dritte Welt zu verlangsamen, weil das Risiko nicht mehr akzeptabel war.
Ganz anders sah es mit den Überschüssen der Opec-Staaten aus. Bis 1985 waren die Verkäufe der Opec auf 25 Millionen Barrel pro Tag zurückgegangen, der Preis hingegen war auf 60 Dollar pro Barrel gestiegen. Bei einem Einkommen, das inzwischen eine halbe Billion pro Jahr überschritt, war der jährliche Überschuss auf 140 Milliarden Dollar gestiegen, und die New Yorker Banken stürzten sich auf jedes, buchstäblich jedes Darlehen, das sie einem großen Industrieunternehmen der kapitalistischen Welt gewähren konnten, selbst wenn die Umstände zum Himmel stanken.
Denn, so wurde argumentiert, keine Regierung konnte es sich Mitte der 80er Jahre noch erlauben, eine große Firma Pleite gehen zu lassen. Wenn eine "strategische" Firma an den Rand des Abgrunds geriet, hatten Washington oder Bonn oder Tokio keine andere Möglichkeit, als die Bürgschaft für sie zu übernehmen, selbst wenn es gegen jegliche frühere wirtschaftliche Logik verstieß. Es ging nicht mehr um das Überleben der Starken, sondern um das schlichte Überleben an sich.
Denn was blieb anderes übrig? In vergangenen Zeiten, als Wachstum ein allgegenwärtiges Phänomen war, konnte man die Untauglichen sterben lassen, weil neue, innovative, lebensfähige Unternehmer ihren Platz übernehmen würden. Die Welt wurde ständig größer und besser.
Aber das war einmal. In den 80ern hatte es im wesentlichen nicht nur kein Wirtschaftswachstum mehr gegeben, 1985 war auch der Lebensstandard des Durchschnittsamerikaners nicht höher als zehn Jahre zuvor.
The end of the world as we know it
Das wird den Verkäufen noch einmal einen Schub geben, die Welt aber auch nicht mehr retten. Wie Michael Stipe, Mike Mills und Peter Buck gerade bekanntgegeben haben, ziehen die drei verbliebenen REM-Mitglieder die Konsequenzen aus zunehmender Ideenarmut und unüberhörbaren Selbstplagiaten. Man habe beschlossen, die Band aufzulösen, heißt es auf der REM-Webseite. Bassist Mike Mills gibt der Arbeit an einem Greatest-Hits-Album die Schuld: Es habe sich angefühlt, als zögen diese Songs einen logischen Strich unter die letzten 31 Jahre.
Die Frage "was nun", die das Trio sich deutlich hörbar während der Produktion der letzten vier oder sechs Alben gestellt hatte, musste dann nicht mehr beantwortet werden. Wie immer in solchen Fällen bleibe man Freunde, Brüder gar. Die Soloalben demnächst. Die Comebacktour dann später.
Die Frage "was nun", die das Trio sich deutlich hörbar während der Produktion der letzten vier oder sechs Alben gestellt hatte, musste dann nicht mehr beantwortet werden. Wie immer in solchen Fällen bleibe man Freunde, Brüder gar. Die Soloalben demnächst. Die Comebacktour dann später.
Auf dem roten Schlichtungsteppich
Wer stellt denn fest, was der "Konsens" ist? Es sind immer kleine Zirkel und Einzelpersonen, die sich die Deutungshoheit über die angeblichen Mehrheiten anmaßen. Eine Handvoll Parteileute, ein paar Popstars und Schauspieler, einige "Aktivisten" und Verbandssprecher besetzen die Mikrofone - und werden ganz vorne in die Nachrichten gehievt. Die eine oder andere Umfrage passt ins Bild, und schon ist eine Mehrheit fabriziert. Es ist diese Resonanzschleife, die das Konsens-Gespinst erst mächtig macht - mehrere Seiten spielen sich ja den Ball zu. Dazu kommt eine Art moralischer Anfangsvorschuss, den die Protestbewegten in unserem Land genießen. Auch wenn ihr Anliegen fragwürdig ist, so wird ihnen doch ein besonderes Engagement zugebilligt. Sie gelten als die Bemühten, als die Aufrechten, als die Besser-Bürger.
Für lautstarke Minderheiten wird der rote Schlichtungsteppich ausgerollt, die meist schweigende Mehrheit spielt überhaupt keine Rolle. Und wenn sie, wie jetzt in Stuttgart, mal über ihren eigenen Schatten springt und große Pro-Demonstrationen organisiert, dann werden diese Menschen offensichtlich als Demonstranten zweiter Klasse aufgefasst. Egal, ob es um Stuttgart 21, die Gentechnik, die Atomenergie geht, es gilt für alle Zukunftsprojekte: Nur wer lautstark dagegen ist, gilt als kritischer und unabhängiger Geist – und somit als satisfaktionsfähig. Für eine Sache zu sein ist in diesem Weltbild den Duckmäusern und Jasagern vorbehalten oder gar gekauften Vasallen des Großkapitals.
Die Waffen sind ungleich verteilt. "Troy Davis hingerichtet - trotz weltweiter Proteste", dichtet die Nachrichtenagentur AFP, als gebe es irgendwo eine geheime Regel, nach dem "weltweite Proteste" automatisch dazu führen, dass Gerichtsurteile aufgehoben werden. Die Sachlage hier ist aus Kinofilmen bekannt: Das Gute sitzt auf dem Todesstuhl, das Böse auf dem Richtersessel, Widerstand ist nötig, Protest moralisch.
Nur wenn der Papst im Bundestag spricht, wabert Unklarheit über die moralisch höherstehende Position durch die Redaktionssäle. Sind die Proteste oder die Proteste gegen die Proteste das Gute? Was muss verdammt, was muss verteidigt werden? Wo doch das eine so egal ist wie das andere?
Bloß nicht an die richtigen Fragen denken, bloß nicht bei komplizierten Sachverhalten einmischen. Neuer nach Bayern? Bitte, Schalke21 erhebt die Stimme. Aber Rettungsschirme, erweiterte EU-Fazilitäten, Mitbestimmungsrechte des Bundestages? Selbst die lautstarke Minderheit schweigt plötzlich eifrig mit der Masse, wenigstens im medialen Abbild der Welt. Die Kuh Yvonne bekam im "Spiegel" neunmal so viel Platz wie die 250 Milliarden teuren Pläne zur erneuten Erweiterung des Euro-Rettungsschirmes. Proteste hat es deshalb nicht gegegeben.
Für lautstarke Minderheiten wird der rote Schlichtungsteppich ausgerollt, die meist schweigende Mehrheit spielt überhaupt keine Rolle. Und wenn sie, wie jetzt in Stuttgart, mal über ihren eigenen Schatten springt und große Pro-Demonstrationen organisiert, dann werden diese Menschen offensichtlich als Demonstranten zweiter Klasse aufgefasst. Egal, ob es um Stuttgart 21, die Gentechnik, die Atomenergie geht, es gilt für alle Zukunftsprojekte: Nur wer lautstark dagegen ist, gilt als kritischer und unabhängiger Geist – und somit als satisfaktionsfähig. Für eine Sache zu sein ist in diesem Weltbild den Duckmäusern und Jasagern vorbehalten oder gar gekauften Vasallen des Großkapitals.
Die Waffen sind ungleich verteilt. "Troy Davis hingerichtet - trotz weltweiter Proteste", dichtet die Nachrichtenagentur AFP, als gebe es irgendwo eine geheime Regel, nach dem "weltweite Proteste" automatisch dazu führen, dass Gerichtsurteile aufgehoben werden. Die Sachlage hier ist aus Kinofilmen bekannt: Das Gute sitzt auf dem Todesstuhl, das Böse auf dem Richtersessel, Widerstand ist nötig, Protest moralisch.
Nur wenn der Papst im Bundestag spricht, wabert Unklarheit über die moralisch höherstehende Position durch die Redaktionssäle. Sind die Proteste oder die Proteste gegen die Proteste das Gute? Was muss verdammt, was muss verteidigt werden? Wo doch das eine so egal ist wie das andere?
Bloß nicht an die richtigen Fragen denken, bloß nicht bei komplizierten Sachverhalten einmischen. Neuer nach Bayern? Bitte, Schalke21 erhebt die Stimme. Aber Rettungsschirme, erweiterte EU-Fazilitäten, Mitbestimmungsrechte des Bundestages? Selbst die lautstarke Minderheit schweigt plötzlich eifrig mit der Masse, wenigstens im medialen Abbild der Welt. Die Kuh Yvonne bekam im "Spiegel" neunmal so viel Platz wie die 250 Milliarden teuren Pläne zur erneuten Erweiterung des Euro-Rettungsschirmes. Proteste hat es deshalb nicht gegegeben.
Mittwoch, 21. September 2011
Knapp daneben ist auch dabei
Sie hat diese Kate Bush-Stimme, aber ohne das Grelle. Und manchmal klingt sie auch wie Stevie Nicks, nur langsamer. Sophia Knapp kommt aus San Francisco und ist eigentlich Covergestalterin. Weil sie aber auch Piano studiert hat, kam es, wie es kommen musste: Die Wasserstoffblondine, die "fasziniert ist vom Kompositionsprozess, egal, mit welchem Material", machtMusik.
"Nothing to Lose" heißt der größte Gegenhit auf ihrem Album, das aus gedämpftem Klaviergebimmel und geflüstertem Gesang eine Art Blondie 2.0 destilliert. Nein, kein Rhythmus, kein Beat, nur ein bisschen Rauschen im Hintergrund. Vorn schwenkt Knapp die Monroe-Locken und wie einst Liz Phair mit ihrem barbusigen Auftritt in "Exile in Guyville", scheut sie sich auch nicht, im Original-Video Fleisch zu zeigen für die gute Sache. Besser sieht sie allerdings allemal hochgeknöpft aus, im Damensitz auf einem Bühnenstühlchen, die E-Gitarre linkisch auf den Oberschenkeln, eine Schleife im Haar und den Blick in eine unsichtbare Ferne gerichtet. Knapp daneben ist auch dabei.
"Nothing to Lose" heißt der größte Gegenhit auf ihrem Album, das aus gedämpftem Klaviergebimmel und geflüstertem Gesang eine Art Blondie 2.0 destilliert. Nein, kein Rhythmus, kein Beat, nur ein bisschen Rauschen im Hintergrund. Vorn schwenkt Knapp die Monroe-Locken und wie einst Liz Phair mit ihrem barbusigen Auftritt in "Exile in Guyville", scheut sie sich auch nicht, im Original-Video Fleisch zu zeigen für die gute Sache. Besser sieht sie allerdings allemal hochgeknöpft aus, im Damensitz auf einem Bühnenstühlchen, die E-Gitarre linkisch auf den Oberschenkeln, eine Schleife im Haar und den Blick in eine unsichtbare Ferne gerichtet. Knapp daneben ist auch dabei.
Fussballfest mit Profirest
Es war dann doch das erwartet leichte Spiel. Der Hamburger SV, vom gastgebenden Halleschen FC vor mehr als einem halben Jahr als Spielpartner für die große Einweihung des umgebauten Kurt-Wabbel-Stadions eingeladen, hilet, was er versprach: Die Norddeutschen, derzeit Tabellenletzter und seit dem Tag vor dem Spiel in Halle auch noch ohne Trainer, ersparten sich die Mühe, ihre Profimannschaft nach Halle zu schicken. Dafür reicht auch, was sonst noch so an Fußballern in Hamburg herumläuft, dachten sich die Verantwortlichen des Bundesliga-Dinosauriers. Und verzichteten darauf, für das echte Geld aus Halle die echten Stars von der Elbe mitzubringen.
Ein Stückchen Sympathiewerbung, das hervorragend ankam. Statt sich darüber aufzuregen, dass der Einlass ins neue hallesche Heiligtum zumindest für die Fans mit gekauften Karten viel zu langsam vonstatten ging, zog das unsportliche Verhalten der Gäste alle Diskussionen auf sich.
Die aber hatten eigentlich sogar alles richtig gemacht, wie der Spielverlauf zeigte. Nach einem vorsichtigen Beginn gelang es dem Ersatz-HSV in der 36. Minute durch Sören Bertram in Führung zu gehen. Nach einem von Anton Müller getretenen Eckball schaffte Steven Rupprecht mit dem Pausenpfiff den Ausgleich.
Das Schlimmste aber folgt dann. Denn der Ersatz-HSV, angetreten mit Spielern aus dem Kader, der direkter Regionalliga-Gegner des HFC ist, hatte keinerlei Mühe, das Spiel in der zweiten Halbzeit deutlich zu dominieren. Und Tore fast nach Belieben zu machen. Erst trifft Markus Berg zum 1:2, nur sechs Minuten später erzielt Nagy das 1:3. Der Gastgeber dagegen zeigt ein weiteres Mal, warum er die Regionalliga-Spitzenmannschaften mit den wenigstens erzielten Treffern ist: Chancen gibt es, Tore nicht. Nicht so der HSV: Nachdem Stammtorwart Darko Horvat, der bei keinem Gegentreffer eine Chance hatte, ausgewechselt ist, bekommt auch noch Ersatzmann Jürgen Rittenauer von Bertram einen direkten Freistoß eingeschenkt.
So macht man sich Freunde. Zumal auf den neuen Tribünen die Zahl von 30.000 Euro die Runde macht, die der HFC für das Gastspiel nach Hamburg überwiesen habe. Die Prominentenriege auf der Haupttribüne, wie immer bei solchen Gelegenheiten zu Hundertschaften von wichtigsten Funktionsträgern aufgebläht, gibt sich Mühe, die peinliche Panne herunterzuspielen. Man werde nachverhandeln, verspricht Präsident Michael Schädlich, im übrigen gehe es hier aber gar nicht um Fußball, sondern um ein Fußballstadion. Der Hamburger Ersatztrainer versichert, man habe sich wirklich mit Spielern aus der Profimannschaft verstärkt.
Zum Abschluss folgt das in Halle bei allen Gelegenheiten unerlässliche Feuerwerk. Am Wochenende wartet der HSV, diesmal in Hamburg, diesmal zum Punktspiel. Dann geht es nicht um Politik, sondern um Fußball.
Archiv<: Party mit Brachialpopulisten
Medizinisches Wunder: Der Mann mit den drei Fanherzen
Ein Stückchen Sympathiewerbung, das hervorragend ankam. Statt sich darüber aufzuregen, dass der Einlass ins neue hallesche Heiligtum zumindest für die Fans mit gekauften Karten viel zu langsam vonstatten ging, zog das unsportliche Verhalten der Gäste alle Diskussionen auf sich.
Die aber hatten eigentlich sogar alles richtig gemacht, wie der Spielverlauf zeigte. Nach einem vorsichtigen Beginn gelang es dem Ersatz-HSV in der 36. Minute durch Sören Bertram in Führung zu gehen. Nach einem von Anton Müller getretenen Eckball schaffte Steven Rupprecht mit dem Pausenpfiff den Ausgleich.
Das Schlimmste aber folgt dann. Denn der Ersatz-HSV, angetreten mit Spielern aus dem Kader, der direkter Regionalliga-Gegner des HFC ist, hatte keinerlei Mühe, das Spiel in der zweiten Halbzeit deutlich zu dominieren. Und Tore fast nach Belieben zu machen. Erst trifft Markus Berg zum 1:2, nur sechs Minuten später erzielt Nagy das 1:3. Der Gastgeber dagegen zeigt ein weiteres Mal, warum er die Regionalliga-Spitzenmannschaften mit den wenigstens erzielten Treffern ist: Chancen gibt es, Tore nicht. Nicht so der HSV: Nachdem Stammtorwart Darko Horvat, der bei keinem Gegentreffer eine Chance hatte, ausgewechselt ist, bekommt auch noch Ersatzmann Jürgen Rittenauer von Bertram einen direkten Freistoß eingeschenkt.
So macht man sich Freunde. Zumal auf den neuen Tribünen die Zahl von 30.000 Euro die Runde macht, die der HFC für das Gastspiel nach Hamburg überwiesen habe. Die Prominentenriege auf der Haupttribüne, wie immer bei solchen Gelegenheiten zu Hundertschaften von wichtigsten Funktionsträgern aufgebläht, gibt sich Mühe, die peinliche Panne herunterzuspielen. Man werde nachverhandeln, verspricht Präsident Michael Schädlich, im übrigen gehe es hier aber gar nicht um Fußball, sondern um ein Fußballstadion. Der Hamburger Ersatztrainer versichert, man habe sich wirklich mit Spielern aus der Profimannschaft verstärkt.
Zum Abschluss folgt das in Halle bei allen Gelegenheiten unerlässliche Feuerwerk. Am Wochenende wartet der HSV, diesmal in Hamburg, diesmal zum Punktspiel. Dann geht es nicht um Politik, sondern um Fußball.
Archiv<: Party mit Brachialpopulisten
Medizinisches Wunder: Der Mann mit den drei Fanherzen
Dienstag, 20. September 2011
Mehr wird immer weniger
Es hätte Europa Warnung genug sein müssen, das Wahldebakel der FDP in Berlin. 1,8 Prozent der Deutschen nur, so analysierte der "Spiegel", sind gegen erweiterte und dynamisch weiter wachsende Rettungsschirme zur Sicherung des Euro vor dem Einfluss von "Spekulanten" (Franz Müntefering). Die FDP sei "mit ihrem Anti-Euro-Wahlkampf light gescheitert", befand Spiegel-Autor Severin Weiland, deshalb attackiere Parteichef Rösler jetzt "die Euro-Skeptiker um den Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler, der einen Mitgliederentscheid gegen den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM anstrebt".
Denn die Berliner Volksabstimmung zur Gemeinschaftswährung zeigt deutlich: Die ganz große Mehrheit der Deutschen will den Euro ganz, will Europa mit allen seinen Gliedern, egal, was es kostet und wer bezahlt. Ein hoffnungsfrohes Zeichen für die Europäische Zentralbank, die inzwischen der größte Gläubiger der Schulden der Griechen ist. Nein, wenn alles so kommt, wie die Volksmassen es wollen, wird die Bank, die sich im Besitz der Volksmassen befindet, keine Abschreibungen auf ihre griechischen Anleihen vornehmen müssen. Das erspart den europäischen Staaten neue Schulden, die gemacht werden müssten, um die EZB zu rekapitalisieren. Und ist also gut für Europa.
Wie nach Ansicht von Sigmar Gabriel, einem der kommenden Bundeskanzler der SPD, auch ein hoher Euro-Kurs gut für Europa ist. Sinke der Euro zu tief, gab der immer noch amtierende Popbeauftragte der deutschen Sozialdemokratie jüngst zum Besten, dann bekomme der Export-Europameister Deutschland Probleme. Zu viele Länder könnten sich dann die billigen deutschen Waren leisten, womöglich kämen die Produzenten gar nicht nach.
Was aber ist eigentlich ein "tiefer" Euro? Justament knapp nach der neuerlichen Euro-Rettung durch das Bekenntnis der Berliner zum Völkerbund schießt die US-Ratingagentur S&P quer: In einem Coup, der mit keiner europäischen Regierung abgesprochen war, stuften die selbstherrlichen "Herren der Märkte" (dpa) die Bonität Italiens ab. Ziel ist es offenbar, Europa weiter in die Bedrängnis zu bringen. Hier war bisher versäumt worden, eine eigene Ratingagentur zu gründen, in der ehemalige Parteifreunde der Regierenden wertfreie und wirklich solide Urteile über die Qualität einzelner Staatsschuldner abgeben.
Ein Affront, der sich direkt gegen Sigmar Gabriel, aber auch gegen das erst vor 18 Monaten geschnürte Euro-Rettungspaket von Angela Merkel richtet. Damals war es der ehemaligen Klimakanzlerin Angela Merken in Zusammenarbeit mit ihrem französischen Kollegen Nicolas Sarkozy gelungen, den Euro in "Stunden hektischer Krisendiplomatie" (FAZ) zu retten und seinen Kurs kurzzeitig von 1,26 auf 1,31 zu katapultieren. Das ist weniger als die 1,36 Dollar gewesen, die er derzeit kostet. Wobei er damals als "gestärkt" bezeichnet wurde, im Augenblick aber als "schwach" gilt.
Denn die Berliner Volksabstimmung zur Gemeinschaftswährung zeigt deutlich: Die ganz große Mehrheit der Deutschen will den Euro ganz, will Europa mit allen seinen Gliedern, egal, was es kostet und wer bezahlt. Ein hoffnungsfrohes Zeichen für die Europäische Zentralbank, die inzwischen der größte Gläubiger der Schulden der Griechen ist. Nein, wenn alles so kommt, wie die Volksmassen es wollen, wird die Bank, die sich im Besitz der Volksmassen befindet, keine Abschreibungen auf ihre griechischen Anleihen vornehmen müssen. Das erspart den europäischen Staaten neue Schulden, die gemacht werden müssten, um die EZB zu rekapitalisieren. Und ist also gut für Europa.
Wie nach Ansicht von Sigmar Gabriel, einem der kommenden Bundeskanzler der SPD, auch ein hoher Euro-Kurs gut für Europa ist. Sinke der Euro zu tief, gab der immer noch amtierende Popbeauftragte der deutschen Sozialdemokratie jüngst zum Besten, dann bekomme der Export-Europameister Deutschland Probleme. Zu viele Länder könnten sich dann die billigen deutschen Waren leisten, womöglich kämen die Produzenten gar nicht nach.
Was aber ist eigentlich ein "tiefer" Euro? Justament knapp nach der neuerlichen Euro-Rettung durch das Bekenntnis der Berliner zum Völkerbund schießt die US-Ratingagentur S&P quer: In einem Coup, der mit keiner europäischen Regierung abgesprochen war, stuften die selbstherrlichen "Herren der Märkte" (dpa) die Bonität Italiens ab. Ziel ist es offenbar, Europa weiter in die Bedrängnis zu bringen. Hier war bisher versäumt worden, eine eigene Ratingagentur zu gründen, in der ehemalige Parteifreunde der Regierenden wertfreie und wirklich solide Urteile über die Qualität einzelner Staatsschuldner abgeben.
Ein Affront, der sich direkt gegen Sigmar Gabriel, aber auch gegen das erst vor 18 Monaten geschnürte Euro-Rettungspaket von Angela Merkel richtet. Damals war es der ehemaligen Klimakanzlerin Angela Merken in Zusammenarbeit mit ihrem französischen Kollegen Nicolas Sarkozy gelungen, den Euro in "Stunden hektischer Krisendiplomatie" (FAZ) zu retten und seinen Kurs kurzzeitig von 1,26 auf 1,31 zu katapultieren. Das ist weniger als die 1,36 Dollar gewesen, die er derzeit kostet. Wobei er damals als "gestärkt" bezeichnet wurde, im Augenblick aber als "schwach" gilt.
Montag, 19. September 2011
Doku Deutschland: Landschaftskameramann bei 3sat
Stehen Sie doch mal da, in Ellmau-Going am Wilden Kaiser, bei 3 Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit! Morgens um sieben! Kein Mensch ist da weit und breit, nur Sie und die Natur. Da kommt es schon darauf an, dass Sie ihren Job aus eigenem Antrieb gut machen. Wir wissen alle, dass keine Sau zuschaut, wenn wir diese langen, ruhigen Kamerafahrten über die Gipfel machen. Außer uns sind zu dieser frühen Stunde meist nur die Musikanten munter, die die Aufnahmen mit ihren Songs begleiten. Kennen Sie doch, tufftätterä, tuffterterää. Ich kann das alles singen.
Aber als Kollegen sind die nett. Die verstehen auch unsere Zwänge, unsere Begrenzungen. Ich bin doch seinerzeit Kameramann geworden, weil ich nach Hollywood wollte. Wollen wir ja alle. Das war aber noch in der DDR, da konnte man wählen zwischen Defa und DDR-Fernsehen. Und Kombinatsfilmstelle, da gab es mehr Geld.
Ich bin jedenfalls beim Fernsehen gelandet, Thüringer Regionalwelle. Ein ganz schön guter Job für die Verhältnisse. Man kam rum und kannte alle, die was besorgen konnten. Verdienst war auch nicht schlecht, Arbeitszeit ging so. Was wollte man mehr. Wir kannten es doch nicht anders.
Über die erste Zeit, wo dann alles aufgelöst und umstrukturiert wurde, bin ich als fester Freier gekommen. So hieß das, wenn sie einen nicht mehr bezahlen wollen, aber gern noch hätten, dass man voll arbeitet. War kein Problem, denn die Honorare, ja, was soll ich sagen. Das war schon in Ordnung. Nebenbei kannte man ja immer noch diesen und jenen und da fiel immer mal ein Imagefilm ab.
Nur zufrieden war man nicht, wenn ich jetzt mal von mir rede. das war doch nicht das, weswegen man als Kind beschlossen hatte, diesen Beruf zu wählen! Ich war für zwei Jahre in Amerika, aber ich kann Ihnen sagen, das ist auch kein Zuckerlecken da. Wenn Du keinen kennst und kein Englisch sprichst, da gucken die dich nicht mit dem sprichwörtlichen Arsch an, unter uns gesagt.
Bin ich also zurück. Das Haus in Leinefelde hatte ich ja noch, das habe ich auch über die Scheidung gerettet, weil meine Frau, also meine ex, einfach wegwollte aus dem kleinen Nest. Sie fand das beengend.Wenn Du dagegen aus Hollywood kommst wie ich, dann findest du das auch schon gut, ein bisschen, also wenigstens.
Das mit 3Sat war dann so eine Anfrage, die kam weiß ich gar nicht mehr, ein ehemaliger Kollege? Glaube ich. Einer,d er da Karriere gemacht hat, die gab es ja auch. Berge filmen. Nun gut, das ist nie mein Lebenstraum gewesen. es ist auch, aber das wusste ich damals natürlich noch nicht, recht anstrengend. Wir stehen ja da mit unseren 25 Kilogramm Kamera samt Akupack und Anorak in der Kälte, und manchmal ist es wirklich sehr kalt. Ja, und dann filmen wir live, wie die Kollegen, die die Champions League machen - draufhalten und schon ist es auf dem Sender.
Ich weiß, es guckt keiner zu, das würdigt auch niemand, wenn man mal so eine richtig klassische Sequenz gezogen hat. Gegen die Sonne, Blende langsam weg, Schärfe rum, Berg runter, durch den Neben auf die kahle Schanze. Sind allenfalls Kollegen, die dann mal kommen und die Schulter klopfen. Wir wechseln uns ja auch ab, damit es nicht gar so langweilig wird. einen Tag macht man die Lienzer Dolomiten oder Heiligenblut am Großglockner, dann Maria Alm oder den Wilden Kaiser. Ich bin überall gern, denn immerhin kann ich in dem Beruf arbeiten, den ich mal gelernt habe. Wie sich das genau nennt, was ich mache, weiß ich allerdings auch nicht. Wir laufen bei 3Sat schon seit Jahren unter "Webcam". Ist ein Witz, ehrlich. Wenn Sie sich unsere Arbeit anschauen, wirklich mal konzentriert anschauen: Eine Maschine könnte das gar nicht.
Doku Deutschland: In der Behörde zur Planung der formierten Gesellschaft
Aber als Kollegen sind die nett. Die verstehen auch unsere Zwänge, unsere Begrenzungen. Ich bin doch seinerzeit Kameramann geworden, weil ich nach Hollywood wollte. Wollen wir ja alle. Das war aber noch in der DDR, da konnte man wählen zwischen Defa und DDR-Fernsehen. Und Kombinatsfilmstelle, da gab es mehr Geld.
Ich bin jedenfalls beim Fernsehen gelandet, Thüringer Regionalwelle. Ein ganz schön guter Job für die Verhältnisse. Man kam rum und kannte alle, die was besorgen konnten. Verdienst war auch nicht schlecht, Arbeitszeit ging so. Was wollte man mehr. Wir kannten es doch nicht anders.
Über die erste Zeit, wo dann alles aufgelöst und umstrukturiert wurde, bin ich als fester Freier gekommen. So hieß das, wenn sie einen nicht mehr bezahlen wollen, aber gern noch hätten, dass man voll arbeitet. War kein Problem, denn die Honorare, ja, was soll ich sagen. Das war schon in Ordnung. Nebenbei kannte man ja immer noch diesen und jenen und da fiel immer mal ein Imagefilm ab.
Nur zufrieden war man nicht, wenn ich jetzt mal von mir rede. das war doch nicht das, weswegen man als Kind beschlossen hatte, diesen Beruf zu wählen! Ich war für zwei Jahre in Amerika, aber ich kann Ihnen sagen, das ist auch kein Zuckerlecken da. Wenn Du keinen kennst und kein Englisch sprichst, da gucken die dich nicht mit dem sprichwörtlichen Arsch an, unter uns gesagt.
Bin ich also zurück. Das Haus in Leinefelde hatte ich ja noch, das habe ich auch über die Scheidung gerettet, weil meine Frau, also meine ex, einfach wegwollte aus dem kleinen Nest. Sie fand das beengend.Wenn Du dagegen aus Hollywood kommst wie ich, dann findest du das auch schon gut, ein bisschen, also wenigstens.
Das mit 3Sat war dann so eine Anfrage, die kam weiß ich gar nicht mehr, ein ehemaliger Kollege? Glaube ich. Einer,d er da Karriere gemacht hat, die gab es ja auch. Berge filmen. Nun gut, das ist nie mein Lebenstraum gewesen. es ist auch, aber das wusste ich damals natürlich noch nicht, recht anstrengend. Wir stehen ja da mit unseren 25 Kilogramm Kamera samt Akupack und Anorak in der Kälte, und manchmal ist es wirklich sehr kalt. Ja, und dann filmen wir live, wie die Kollegen, die die Champions League machen - draufhalten und schon ist es auf dem Sender.
Ich weiß, es guckt keiner zu, das würdigt auch niemand, wenn man mal so eine richtig klassische Sequenz gezogen hat. Gegen die Sonne, Blende langsam weg, Schärfe rum, Berg runter, durch den Neben auf die kahle Schanze. Sind allenfalls Kollegen, die dann mal kommen und die Schulter klopfen. Wir wechseln uns ja auch ab, damit es nicht gar so langweilig wird. einen Tag macht man die Lienzer Dolomiten oder Heiligenblut am Großglockner, dann Maria Alm oder den Wilden Kaiser. Ich bin überall gern, denn immerhin kann ich in dem Beruf arbeiten, den ich mal gelernt habe. Wie sich das genau nennt, was ich mache, weiß ich allerdings auch nicht. Wir laufen bei 3Sat schon seit Jahren unter "Webcam". Ist ein Witz, ehrlich. Wenn Sie sich unsere Arbeit anschauen, wirklich mal konzentriert anschauen: Eine Maschine könnte das gar nicht.
Doku Deutschland: In der Behörde zur Planung der formierten Gesellschaft
Mit Gott in den Knast
Da ist ein Beben in der Macht, auch wenn die führendsten Qualitätsmedien deutschlandeit so tun, als spürten sie es nicht. Doch die Tatsachen sprechen eine deutliche Sprache: In "The New Kriminologie" führen Max D. Schlapp und Edward E. Smith aus, dass das Verhältnis von Verurteilten ohne religiösen Glauben zu denen mit etwa eins zu zehn in amerikanischen Gefängnissen beträgt. Menschen, die an Gott glauben, landen danach etwa zehnmal häufiger hinter Gittern als Atheisten und Agnostiker.
Ein Ergebnis, das auch W. T. Root, Professor für Psychologie an der Univiversität von Pittsburgh, in Untersuchungen bestätigen konnte. Nach einer Auswertung der Daten von 1.916 Gefangenen kommt er zum Schluss, dass "Gleichgültigkeit gegenüber Religion offenbar den Charakter stärkt". Der Anteil von Unitariern, Agnostikern, Atheisten und Freidenkern an der Gesamtzahl der Gefangenen sei signifikant niedrig: So zählte Root in Sing Sing über zehn Jahre unter allen wegen Mordes Hingerichteten 65 Prozent Katholiken, 26 Prozent Protestanten, sechs Prozent gläubige Juden, aber nur weniger als ein Prozent Atheisten. Ein länderübergreifendes Phänomen, wie Untersuchungen aus Kanada bestätigen. Hier waren unter 2.000 Gefängnissinsassen 1.294 Katholiken, 435 Anglikaner, 241 Methodisten, 135 Baptisten, aber nur ein Häftling ohne religiöses Bekenntnis.
Kriminalität sei "die Nachkommenschaft von Aberglauben und Unwissenheit", sagt einer der Wissenschaftler. Michigan etwa zählt 82.000 Baptisten und 83.000 Juden in seiner Bevölkerung. In den Gefängnissen aber gebe es 22 mal so viele Baptisten wie Juden. Auch unter 31.000 Häftlingen der Elmira Besserungsanstalt waren 15.694 Katholiken und 10.968 Protestanten, aber nur 4.000 Juden und sogar nicht ein einziger Atheist.
Die Bevölkerungszahlen erklären eine solche Verteilung nicht. In den USA leben rund 15 Prozent Katholiken, die Hälfte davon sind Frauen. In den Gefängnissen aber stellen diese sechs Prozent Katholiken durchschnittlich 50 Prozent der Insassen: Der katholische Glaube entpuppt sich als gefährliche Voraussetzung für eine kriminelle Karriere.
Ein Ergebnis, das auch W. T. Root, Professor für Psychologie an der Univiversität von Pittsburgh, in Untersuchungen bestätigen konnte. Nach einer Auswertung der Daten von 1.916 Gefangenen kommt er zum Schluss, dass "Gleichgültigkeit gegenüber Religion offenbar den Charakter stärkt". Der Anteil von Unitariern, Agnostikern, Atheisten und Freidenkern an der Gesamtzahl der Gefangenen sei signifikant niedrig: So zählte Root in Sing Sing über zehn Jahre unter allen wegen Mordes Hingerichteten 65 Prozent Katholiken, 26 Prozent Protestanten, sechs Prozent gläubige Juden, aber nur weniger als ein Prozent Atheisten. Ein länderübergreifendes Phänomen, wie Untersuchungen aus Kanada bestätigen. Hier waren unter 2.000 Gefängnissinsassen 1.294 Katholiken, 435 Anglikaner, 241 Methodisten, 135 Baptisten, aber nur ein Häftling ohne religiöses Bekenntnis.
Kriminalität sei "die Nachkommenschaft von Aberglauben und Unwissenheit", sagt einer der Wissenschaftler. Michigan etwa zählt 82.000 Baptisten und 83.000 Juden in seiner Bevölkerung. In den Gefängnissen aber gebe es 22 mal so viele Baptisten wie Juden. Auch unter 31.000 Häftlingen der Elmira Besserungsanstalt waren 15.694 Katholiken und 10.968 Protestanten, aber nur 4.000 Juden und sogar nicht ein einziger Atheist.
Die Bevölkerungszahlen erklären eine solche Verteilung nicht. In den USA leben rund 15 Prozent Katholiken, die Hälfte davon sind Frauen. In den Gefängnissen aber stellen diese sechs Prozent Katholiken durchschnittlich 50 Prozent der Insassen: Der katholische Glaube entpuppt sich als gefährliche Voraussetzung für eine kriminelle Karriere.