Dienstag, 30. August 2011

Im Bett mit Gaddafi

Deja vu im Wüstensand! 22 Jahre nach der großen Wandlitz-Reportage im DDR-Jugendfernsehen ist die beliebte Sendung "Elf99" zurück, diesmal als kostenloses Supplement der Bild-Zeitung. Wie einst Jan Carpentier für "Elf99" am 23. November 1989 ein kleines Türchen öffnete, um den DDR-Bürgern das luxuriöse Leben in der "Waldsiedlung" des DDR-Politbüros DDR-Fernsehen vorzuführen, enthüllt diesmal ein Julian Reichelt, wie es hinter den Kulissen der grausamen Gaddafi-Diktatur aussah.

Erschreckende Bilder, die der todesmutige Reporter präsentiert. Wo Carpentier seinerzeit eine Miele-Spülmaschine, verchromte Wasserhähne und einen Videorecorder entdeckte, findet Reichelt "Seidenbettwäsche, einen großen Spiegel über dem Kopfende, ein Separee mit Dusche" - und das im Flugzeug des Despoten! "Libyens Ex-Diktator Muammar al-Gaddafi ließ es sich auch über den Wolken richtig gut gehen", folgert der mutige Journalist. Schockierend: In einem der Häuser, das entweder Sohn Saif oder Sohn Mutassim gehört haben soll, sei "ein weißes rundes Lederbett mit sichtlich teuren Bezügen" zu sehen. Teuerste technische Geräte ständen herum. "Viel Stahl, viel Glas, alles ultramodern. Riesige Fensterfronten mit einem unbezahlbaren Blick aufs Meer."

Zu den Häusern gehören Whirlpools auf Terrassen. Es gibt Jetskis, eine Tauchschule. Wahnsinn! Das ist ja wohl der Luxuswahn des Gaddafin-Clans!

Und es kommt noch schlimmer. "Im Nachttisch des Diktators: die Fernbedienung für den Plasma-TV, ein Klingelknopf, um Bedienstete zu rufen – und Gaddafis persönlicher Koran". Honecker hatte da "Die schwarze Nymphomanin" liegen, Gaddafi aber hat die Koranstelle markiert: "Wahrlich, die Götzendiener sind unrein. Sie sollen sich der Heiligen Moschee nach diesem Jahr nicht mehr nähern. Wenn ihr dadurch Verluste fürchtet, seid gewiss, dass Gott aus seiner Gabenfülle Reichtum gewährt, wem er will.."

Na also. Honecker hatte Bananen, Gaddafi einen Gebetsteppich mit aufgenähtem Kompass, auf dass er stets wisse, wo Mekka liegt. Kurt Hager, im Politbüro zuständig für Kultur und Wissenschaft, sagte Carpentier seinerzeit, das Leben in der Waldsiedlung sei "wie in einem Internierungslager" gewesen. Das Volk, das sich ähnlich fühlte, sich aber nicht einmal mit der schwarzen Nymphomanin trösten konnte, war danach ganz aufgeregt. Gaddafis DVD-Sammlung enthält übrigens Meisterwerke wie „Mr. Bean“ und den Zeichentrickfilm „Madagascar“. Schade für Elf99.

4 Kommentare:

  1. Okay, aber jetzt von der Dialektik her ...

    Carpentier wußte ja, daß er und 1199 einen bestimmten Auftrag hatte(n), nämlich von amtswegen für das Volk Kritik und Entlarvung/Empörung zu simulieren.

    Aber was denkt sich Julia R. ?
    Ist ihm bewußt, welche Rolle er spielt oder denkt er sich nur "boah, voll geil der Diktator-Jet" ?

    Ich bitte im übrigen um copyright für die neue Berufsbezeichnung *postbellum-Kriegsbericherstatter* auch in der Leserreporter-Anmutung_Edition.

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  2. das glaube ich nicht. dieser typus reporter arbeitet immer ehrlichen herzens. carpentier hat später mal im fernsehen erzählt, wieviel angst er hatte, nachdem sie ihn das erste mal abgewiesen haben. dachte, er kommt in den stasiknast.

    bei dem bildmann ist es einfach nur eine geile geschichte. die haben sie ja dieser tage alle gehabt. immer nach dem muster: gaddafi hatte vergoldete treppengeländer, einen total großen fernseher, eine zweimannbadewanne und ein großes bild über dem bett.

    was denkst du, wie stinkig die sind, dass sie seine pornos nicht gefunden haben.

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  3. Unglaublich wie die Regierenden in Libyen im Luxus schwelgen, während Bundeskanzlerin Merkel ihr letztes Stück trocken Brot mit der bettelnden Sinti in Berlin teilt.

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  4. Die BILD-Reporter haben bestimmt auch Gaddafis Schlüpfer anprobiert.

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