In der Stunde der Not,wenn das Ende droht und kein Silberstreif am Horizont mehr Hoffnungszeichen sendet, ist schnelles, entschlossenes Handeln Voraussetzung für nachhaltigen Erfolg. Angela Merkel, die sich als Klimakanzlerin nicht scheute, selbst in die Arktis zu fahren, um sich vor schmelzenden Eisbergen fotografieren zu lassen, ließ im Mai 201 keinen Zweifel an ihrer Entschlossenheit. In "Stunden hektischer Krisendiplomatie" (Die Welt) gelang es ihr, das "Projekt Euro" (dpa) zu retten. Gemeinsam mit Frankreichs Staatschef Sarkozy fand die kleine Frau aus der DDR die Kraft, Europas Sorgen nicht nur zu schultern, sondern sie über Bord zu werfen.
Zeit für das Handelsblatt, die gute alte FAZ-Schlagzeile vom letzten Jahr wieder auszupacken: Ja, es ist wieder oder besser immer noch "Endspiel um den Euro". (Screenshot oben)
Nur die Älteren erinnern sich noch an Zeiten, als es nicht jeden Tag um alles ging, Klimakanzlerinnen von "Stunden hektischer Krisendiplomatie" von der Hauptaufgabe der Herstellung normaler Temperaturen abgehalten wurden und Festgeldsparer sich nicht ungefragt über den Ablauf von "Leerverkäufen" belehren lassen mussten. Als die Griechen in Ruhe misswirtschafteten, ohne dass ein Mensch außerhalb Athens auch nur einen Hauch davon ahnen konnte.
Vor 15 Monaten aber wurde urplötzlich das "Endspiel um den Euro" angesetzt. Und von Angela Merkel, Nikolas Sarkozy, der Süddeutschen Zeitung, dem Spiegel und der Zeit binnen Stunden gewonnen. Europa würde die bedrohte europäische Einigkeit nun mit noch mehr Gemeinsamkeit bewahren! Einer für alle, alle für keinen!
So wie der vorletzte DDR-Führer Egon Krenz seinerzeit mutmaßte, "der Gegner will uns so eine zerstörerische Diskussion aufzwingen, um den Sozialismus weltweit von seinem Kurs abzubringen", so sahen aufmerksame Beobachter von SZ über Spiegel bis Junge Welt diesmal "Spekulanten" am Werk. Die stürzten sich ohne jedes Recht auf die Allerschwächsten der Schwachen, die überdies gar nicht schwach seien, weil die Stärksten der Starken ihnen beistehen werden. Verrechnet, Spekulant, lächelte Angela Merkel. Wenn Fieberthermometer nicht sofort damit aufhörten, erhöhte Temperatur zu zeigen, würden ab sofort alle Ärzte, Pfleger und Gesundheitspolitiker gegen die Thermometerindustrie mobil machen.
Das hat genützt, und es wird wieder nützen. Weil auch 15 Monate nach dem Endsieg über die Spekulanten noch nicht alle Menschen auf der Welt daran glauben, dass es keinen Grund dafür gibt, auf den Zusammenbruch von italienischen Banken oder die Aberkennung des französischen AAA-Ratings zu setzen, sind die Gesundbeter wieder unterwegs. Belgien, Italien und Frankreich verboten den Leerverkauf von Aktien. Das sei ein "Widerstand gegen den Spekulanten-Sturm", freut sich die Süddeutsche Zeitung, denn damit schlage "die Politik zurück". Die "Zockerei auf Basis von Mutmaßungen" werde so unterbunden, denn bei Leerverkäufen handele es sich "im Prinzip um eine Wette: So ein Geschäft macht man nur, wenn man sicher ist, dass der Aktienkurs fällt."
Ebenso, wie man Aktien nur kauft, wenn man sicher ist, dass der Kurs steigt. Börse ist ja keine "Zockerei auf Basis von Mutmaßungen"! Ist man dessen nicht sicher, wird man folglich automatisch zu einer Art passivem Leerverkäufer: Jeder, der Geld, aber keine Aktien hat, würde ja welche kaufen, wäre er der Ansicht, sie sind viel zu billig. Glaubt er das nicht, verkauft er sie leer, das heißt, er behält sein Geld in der Erwartung, sie später billiger bekommen zu können. Diese Spekulation aber lässt die Börsen derzeit weltweit schwanken: Geld ist da, aber keine Käufer, weil den Menschen samt ihrer Tagesgeldkonten die Sicherheit fehlt, an eine Verdopplung, Verdreifachung oder gar Vervielfachung ihres Vermögens durch Aktienkäufe zu glauben.
Die einfachste Möglichkeit, den Teufelskreis zu durchbrechen, werden Nikolas Sarkozy und Angela Merkel bei ihrem nächsten Endspieltreffen besprechen. Verböte die Börsenaufsicht nicht nur reguläre Leerverkäufe, sondern auch das Warten von Millionen Kaufverweigerern auf den vermeintlich richtigen Einstiegszeitpunkt, ständen die Aktienkäufer an der Börse sofort Schlange. Die Kurse würden explosionsartig steigen und die Krise wäre beendet.
FT zu Leerverkäufen
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