Die Zeit, sie rennt, die Stunden rasen, keine Schlagzeile hält länger als ein ausgestreckter Arm und noch jeder Weltuntergang musste sich am Morgen danach darüber belehren lassen, dass neue, akute Gefahren ihn auf die hinteren Seiten der Gazetten befördert haben. Eben noch Atomtod, nun schon Krebsgefahr aus dem Ozonloch, das sich dem rekordkalten Winter verdankt, der Folge der Erderwärmung ist.
Mitte März meldete die ideologisch unverdächtige Rote Fahne exklusiv, dass der Ozontod kommt. Nicht mal einen Monat später wussten es schon alle Blätter, alle Sender: "Forscher warnen vor wachsender Sonnenbrandgefahr in Europa".
Was ist dagegen die wachsende Gefahr, bei zunehmender Informationsverdünnung immer dümmer zu werden? So lange es geht, geht es gut, so lange die Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung von der Minderheit ausgehalten wird, gilt es für jede politische Partei, im Trüben der gesellschaftlichen Teilhabe am Fleiß der Minderheit zu fischen. Logischerweise wetteifern nun schon fünf sozialdemokratische Parteien um die Gunst der weniger Begüterten, zu denen unterdessen alle zählen, die weniger haben als irgendwer.
Die Grünen sind dabei die "neue FDP", die alte FDP schmückt sich mit einem neuen, im grünen Stil für nachhaltige Mildtätigkeit eintretenden Vorsitzenden. Die neue Linke holt ihren alten sozialdemokratischen Vorsitzenden aus dem Ruhestand, das sozialdemokratische Original verschwindet fast vor der von der Christdemokratie gespielten Kopie aus Haushaltsaufblähung, Wohlfahrtspflege auf dem Wege des Gnadenerlasses und einheitsstaatlicher Europapolitik. Der Euro, das Symbol des Traumes vom Ende der europäischen Geschichte in einem satten Superstaat, wird seit einem Kurs von 1,19 zum Dollar gerettet.
Er steht unterdessen bei 1,41 und muss immer weiter gerettet werden - wohl bis er bei vier Dollar steht. Damit würde wenigstens das Benzin auch für die Ärmsten der Armen wieder bezahlbar. Und die Retter-Posten müssten nicht abgeschafft werden.
Die Umwälzungmaschine, die in Gang gehalten werden muss, gleicht dem Anfang der 70er Jahre von Ephraim Kishon in seinem Grundsatzwerk "Der Fuchs im Hühnerstall" beschriebenen Milchverteilungsmechanismus im Örtchen Kimmelquell: Um das Volk milde zu stimmen für seine Regierung, beschließt der Ortschaftsrat eine kostenlose Trinkmilchversorgung für alle Kinder im Dorf. Zur Finanzierung werden alle Bauern herangezogen, die Kinder haben - jeder muss, so heißt es zuerst, jeden Tag eine Tasse Milch im Gemeindebüro abgeben, auf dass der Gemeindediener es als soziale Leistung der Regierung wieder austrage zu jedem Kind.
Die Realität erfordert jedoch, dass die Pläne noch ein wenig begradigt werden: Wegen unvermeidbarer Verschüttverluste legt der Rat letztlich fest, dass jeder Bauer zwei Tässchen Milch abzugeben hat. So reicht die Milch dann auch genau, jedem Kind ein Tässchen kostenlos zu geben. Und die Welt, die die seltsamerweise französische Band Iris Corporation in ihrem operettenhaften Stück "Highest Love" besingt, das unser eilig dahinflatterndes Timelapse-Video oben unterlegt, ist ein Stückchen besser geworden.
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