Mittwoch, 20. Juli 2011

Die arme, arme Politik

Frech oder dumm? Dreist oder doof? Franz Müntefering kann sich immer noch nicht entscheiden. Der frühere SPD-Vorsitzende, unter seinem Vorgänger Gerhard Schröder mitbeteiligt an der Deregulierung des deutschen Finanzmarktes, an der Zulassung von Verbriefungen und der Expansion der Landesbanken ins Ausland, hat für die Euro-Krise "eine verhängnisvolle Zurückdrängung der Politik durch Märkte und Spekulanten" verantwortlich gemacht. Nach Münteferings Auffassung haben nicht Regierungen wie die griechische, die irische oder die portugiesische durch überbordende Schuldenmacherei dafür gesorgt, dass ihre Länder nun vor der Pleite stehen und Europa wankt und wackelt. Nein, Schuld ist eine vom greisen Arbeiterführer wie immer nicht näher bezeichnete "Finanzindustrie", die in wie immer nicht näher bezeichneten "informellen internationalen Verbünden organisiert" sei und sich dort "durchsetzungsfähiger als die Politik und ziemlich skrupellos" zeige, wie Müntefering unter Auslassung aller Tatsachen analysiert.

Die arme Politik. Weiß nichts. Kann nichts machen. Jaja, so Achselzucken und "haltet den Dieb" rufen, das kann er immer noch perfekt, der große alte Mann aus dem Sauerland. Dass die Verluste der deutschen Privatbanken sich gemessen an denen der von Politikern geführten Landesbanken ausnehmen wie Peanuts, schert Müntefering ebensowenig wie der Umstand, dass er und seinesgleichen quer über alle Parteigrenzen hinweg über Jahre wegschauten, wenn Athen Fantasiezahlen nach Brüssel meldete oder eine Landesbank wie die von Sachsen oder eine Regierung wie die von Sachsen-Anhalt mit außerbilanziellen Zweckgesellschaften im Ausland Steuern im Inland zu sparen versuchte.

Müntefering hält sich an die Legende, die sein früherer Pop-Beauftragter und nunmehriger Parteichef Sigmar Gabriel einstmals in den Satz fasste "da muss der kleine Mann wieder für die Sünden der Spekulanten und Banken aufkommen". Sie, die Poltiker, die in Nordrhein-Westfalen die Rücklagen für Beamtenpensionen vorsorglich in griechische Staatsanleihen packten, in Sachsen mit Verbriefungen die schnelle Mark machen wollten und mit der Bayern LB versuchten, mit den Formel1-Rechten zu schachern, waren eigentlich nie da.

Nicht, als die Kreditanstalt für Wiederaufbau ihren Großanlegern über eine Tochterfirma namens "KfW International Finance" in Wilmington im US-Staat Delaware dabei half, den Fiskus zu umgehen - unter den Augen des Verwaltungsrates, der vollgestopft ist mit CDU- und SPD-Politikern. Nicht, als die halbstaatliche IKB ihr Steuersparvehikel "Rhineland Funding" im US-Steuersparbundesstaat Delaware betrieb oder sein Parteifreund Jens Bullerjahn höchstselbst eine Zweckgesellschaften namens "Stichting" in Amsterdam gründete, um mit Hilfe des terrornahen "Islamrat" in London "scharia-konforme" Anleihen zu vertreiben.

Franz Müntefering weiß natürlich, welche Konsequenzen gezogen werden müssen. Notwendig seien weltweit bessere Sanktionsmöglichkeiten, um den Vorrang der Politik zu garantieren, sagt er.

Sie wollen gar nicht wissen, was sie tun

6 Kommentare:

  1. Danke für den trefflichen Beitrag. Erlaube mir zu verlinken ...

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  2. Na die Heuschrecken warn's, hat er doch überneulich auch schon gesagt. Nachdem er den Heuschrecken das Feld zugewiesen hat, das sie abgrasen dürfen.

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  3. Zu Griechenland hat Ralf Schuler was schönes gesagt:

    Als Griechenland 2002 dem Euro beitrat, führte es die anderen Währungspartner mit einer so aberwitzig einfachen Masche hinters Licht, dass EZB, EU-Kommission und Jean Claude Juncker eigentlich noch heute vor Scham im Boden versinken müssten. Man meldete einfach falsche Wirtschaftszahlen nach Brüssel! Nichts weiter. Keine Verrechnung des BIP mit dem Reziproken der Metaxa-Öchsle-Zahl oder Addition der Gyros-Konstanten zum Korfu-Faktor der insularen Fisch-Produktion. Einfach die von Brüssel geforderte Wunschzahl auf die Realkonjunktur draufgeschlagen, frisch ins Kuvert und unbeschwert nach Europa geschickt. Eine so abgrundtiefe Blamage, dass sie bis heute eigentlich nicht wirklich aufgearbeitet ist. Statt Bankraub, der Griff in die offene Kasse.

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  4. mindestens mit einem der gefürchteten "Blauen Briefe" hätte das bestraft werden müssen!!!!

    da hätten die Griechen sich das bestimmt sofort anders überlegt

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  5. Na, die befolgen doch nur den marxschen Aufruf, Finanzverschwörer aller Länder vereinigt Euch." A

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