Kaum schien die Seuchengefahr abgeklungen und die Zeit reif, sich dem nächsten Weltuntergang zuzuwenden, meldet die "Welt" neue fürchterliche Einzelheiten zu den Spätfolgen der Sprossenpest. Während im Diesseits das Schlimmste überstanden zu sein scheint, droht die Katastrophe offenbar auf das Jenseits überzugreifen.
"Viele EHEC-Tote werden nicht mehr ganz gesund" (Screenshot oben), überschreibt das Blatt eine Meldung der Nachrichtenagentur dpa, die sich auf eine Aussage des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach in der «Bild am Sonntag» bezieht. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner will die Spätfolgen für Himmel und Hölle abmildern. Sie kündigte in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» Konsequenzen für die Lebensmittelüberwachung an.
Update: Schnell, schneller, Welt! Inzwischen ist die Überschrift geändert. Gut, dass es Screenshots gibt.
Dafür aber Qualitätsjournalismus von der Stange, der Gesundheits-gau des deutschen Journalismus: 650 Quellen melden laut dpa: Viele Ehec-Tote werden nie mehr ganz gesund
Insgesamt nehmen sich der Meldung aus dem Totenreich nach und nach alle vollautomatisierten Nachrichtenseiten an. Die einzige staatliche Danachrichtenagentur dpa liefert, und auch wenns Mist ist, alle müssen ihn drucken. Nirgendwo scheint noch ein lebendiger Mensch zu sitzen, dem aufgeht, dass Ehec-Tote auch bei bester Pflege kaum eine Chance haben, wiederaufzuerstehe, geschweige denn, wieder "gesund" zu werden.
Alle oder keiner", sang der Liedermacher Gerhard Gundermann in einer grostesken Umdichtung des Neil-Young-Mittelwerkes "Rocking in the free world". Und er, der noch nicht viel vom Internet wissen konnte, behielt recht damit. Es gibt nicht mehr halb und ein bisschen, wie damals, als Nicole sich nach einem bisschen Frieden sehnte, weil zu viel ohnehin den Sack zerreißt, wie ihr Entertainerkollege O.F. Weidling seinem Landesvater Erich Honecker einmal in großer Runde anvertraut hatte. Es gibt nur noch ganz oder gar nicht, heile Welt oder Weltuntergang, schweig fein still oder lautes Gebrüll. Überall regiert der Alghorythmus der Blödheit, ein elektrisches Gebrumm aus Blödsinn und Dämlichkeit, das selbst den größten Unfug noch mit wichtigtuerischer Geste herausbläst, weil alle anderen es ja schließlich auch tun.
Der Leser aber wendet sich nicht mit kalten Grausen. Er ist schon lange weg.
Das RKI arbeitet, entgegen anderer Meldungen, scheinbar doch an Feiertagen und hat die Aussage, dass EHEC-Tote nicht mehr ganz gesund werden können, sofort entkräftet...die Überschrift wurde von den fixen W:o-Redakteuren dann auch gleich angepasst...ein Hoch auf die Feiertagsarbeiter!!!
AntwortenLöschenNoch vor Tagen hieß es, die EHEC-Toten hätten das Schlimmste hinter sich und nun diese Laborergebnisse.
AntwortenLöschenWo führt das nur hin?
Gleichgeschaltet sind unsere Medien ganz und gar nicht. Die Suche nach Viele EHEC-Tote werden nicht mehr ganz gesund eingeschränkt auf die letzten 24 Stunden bringt gerade mal 11.600 Treffer.
AntwortenLöschenDie meisten Zeitungen korrigieren jetzt (ohne Änderungshistorie, versteht sich) klammheimlich die absurde Headline. Aber die url bleibt freundlicherweise erhalten (http://www.augsburger-allgemeine.de/newsticker/Viele-EHEC-Tote-werden-nicht-mehr-ganz-gesund-id15471046.html)
Ooohhh, das ist ja gigantomanisch explosiv. Als ich das vorhin im Blog verarbeitete, waren's grad mal um die 650 Treffer, bei gleicher Suche.
AntwortenLöschenMit der URL ist mir bei der FAZ auch aufgefallen, dazu war keine Zeit mehr, ist schließlich arbeitsfrei.
danke für die vielen hinweise. das macht das ganze erst richtig lustig: die gesamte deutsche weltpresse singt diese epochale dämichkeit im chor. schöner lässt sich der zustand des journalismus hierzulande nicht beschreiben
AntwortenLöschenSchön, die 650 waren gestern Abend nach dem Radeln. Spät abends klick ich auf Volkers link und schon wars 11.500 über Nacht dann 16.500, soeben 14.500.
AntwortenLöschenDas ganze Internet ist nur ein Bit, aus dem alle ihre Informationen rausholen.
und da sage noch wer, der tod heile alle krankheiten ...
AntwortenLöschenFür alle, die nicht wissen, wie's zu dem Fehller kam (was offensichtlich auch für den Autor dieses Blogs gilt): Ein Redakteur der dpa hat die Überschrift über eine Ticker-Meldung gesetzt. Dieser Ticker, und das ist vermutlich nicht kompatibel mit dem ideologischen Medienbild, das auch der Autor dieses Blogs pflegt, läuft vollautomatisch bei Süddeutsche.de, Zeit.de, Handelsblatt.com, FAZ.net - usf. Die Korrektur kam auch vollautomatisch. "Journalistischer Gau"? Ähm, warum nicht gleich irgenetwas in der Art von "Wahrheits-Holocaust"? Mal halblang. Doofer Fehler, große Verbreitung. So schlicht ist es.
AntwortenLöschenvollautomatischer journalismus. das ist es, was ich an euch so liebe!
AntwortenLöschenein lauterbachinterview, hunderttausendfach azfgeplustert zu einer nachricht, die keine ist. also meinen segen habt ihr. ist ja selten, dass dpa mal unterhaltsam ist.
also nur zu, weiter so!
ich finde auch gut, dass du gleich den holocaust ins spiel bringst. das kürzt doch einiges ab. godwins law sagt uns ja, dass wir sowieso dort landen, wenn wir eine weile über den deutschen medienchor philosophieren. also warum nicht gleich. gut gemacht!
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AntwortenLöscheneine frage noch: die lösc hung all der 11000 links mit dem ehec-tote-werden-nicht-mehr-gesund-inhalt, ist die auch automatisch veranlasst worden? läuft sowas von selbst bei google ein, dass alles nicht mehr war ist, was eben noch wahr? oder muss da noch jemand hand anlegen wie damals in der irren utopie mit dem wahrheitsministerium? ist mir bis heute unklar, wie jemand jemals denken konnte, dass es sowas eines tages geben könnte. niemals! der tag kommt NIEMALS
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