Eine große Ära geht zu Ende. Über ein halbes Jahrzehnt hat der hallesche Kachelmann, von seinen Anhängern und Bewunderern nur "Kachel Gott" genannt, dem mitteldeutschen Halle mit kleinen Kunstfliesen an öffentlichen Fassaden einen Hauch von Kunstweltstadt verliehen. Allen Nachstellungsversuchen der Stadtverwaltung zum Trotz klebte der bis heute unbekannt gebliebene Kunstschaffende weiter an seinem großen Traum, seiner Heimatstadt mit Hilfe der weltweit ersten vollverkachelten Innenstadt zum schon lange verdienten Weltkulturerbestatus zu verhelfen.
Kein Querschuss aus dem Rathaus, keine Politik der verbrannten Fassade konnte ihn aufhalten. Das von freiwilligen Feldforschungsteams aus mehreren Nationen gepflegte und hier bei PPQ exklusiv in Zusammenarbeit mit dem Internetriesen Google präsentierte Kachelverzeichnis wuchs und wuchs und wuchs - zuletzt um ein Kleinod der Kachelkunst, das hier entdeckt wurde.
Auf der Strecke aber bleibt, so scheint es kritischen Kachelforschern inzwischen, die so lange weit über Halle hinaus gerühmte Kachelqualität. Hatte der Kachelmann vor Jahren noch kleine Welten in jeder Fliese versteckt, überschlugen sich die Zatate aus dem großen kampf der Arbeiterbewegung, aus Tierwelt und Kulturkampf, so wirken neuere Klebungen des Klassikers seltsam kraftlos und uninspiriert. Am zentralen Steintor, ehedem ein guter Ort für große Kachelkunst, gefiel es dem Flieser jetzt, ein spartanisches Statement von großer Gedankenleere zu hinterlassen: Zur Birne gestreckt und angebissen zeigt sich der unverwechselbare Apple-Apfel, offenkundig der Hilferuf eines nach Jahren voll gnadenloser Nachstellungen ganz von sich selbst verlassenen Grafik-Genies. Ostfliesland droht, wenn nicht alles täuscht, einen seiner großen Kleinkünstler zu verlieren. Kachel Gott steigt auf die Erde. Um zu gehen?
Eigene Funde können wie stets direkt an politplatschquatsch@gmail.com geleitet werden, jeder Fund wird von uns auf Wunsch mit einem mundnachgemalten Kunstdruck der inzwischen von Kachel-Gegnern vernichteten Ur-Fliese prämiert.
Ach was!
AntwortenLöschenBloß weil die Birne nicht bunt ist.
Kachelgott goes goth.
Und bunt is out.
Weiter machen.
"Seltsam kraftlos und uninspiriert" ist geil. Aber ich würde eher meinen, der Künstler ist auf der Suche nach dem Ursprung seiner Kunst, "back to the Kachel" sozusagen. Oder es handelt sich um ein Statement des Künstlers gegen die Buntesrepublik Schland. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.
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