Mittwoch, 27. April 2011

Ein Mediengott mit Galgenhumor

Es war zweifellos das Comeback des Jahres, überraschender als die Rückkehr von Jens Lehmann ins Fußballtor und ergreifender als das neue, alte Album von Duran Duran. Immerhin - es war ein Comeback aus einer ganz anderen Zeit, ein Name, der herüberwehte aus den Tagen des kalten Krieges, ein Name wie Donnerhall, den erst der Mauerfall unter sich begraben konnte.

"Tschernobyl", vor einem Vierteljahrhundert eine unsicht-, aber unübersehbare Katastrophe, die vom späteren Friedensnobelpreisträger Gorbatschow verwaltet und geheimgehalten wurde, aber dennoch ein Erregungspotential von bis zu sechs Emp erreichte, ist wieder da. Zurückgekehrt von den Medienleichen, auferstanden von den toten Themen, eine blaue Balkenexplosion in der unbestechlichen Google-Timeline, die in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten gerade zwei magere Anstiege der Erwähnung des mit soviel Leid und Angst konotierten Wortes verzeichnet und damit eine klassiche Untertassen-Formation bildet.

Der Mediengott hat Galgenhumor: Zum fünften Jahrestag noch überschattete der Zusammenbruch des Weltsozialismus das stille Gedenken. Zum 10. Jahrestag schlug die Erinnerung Purzelbaum, zum 20. Jubiläum dann gruselte es kollektiv, doch die Katastrophe verblasste.

Insgesamt war der Name im Verschwinden, die Erinnerungen verwischten, das Menetekel hatte ausgemahnt. Selbst die Nachricht, dass inzwischen Urlaubsausflüge in das verstrahlte Gebiet möglich sind, vermochte es nicht, grafische Spuren zu hinterlassen. Mehrere Jahre unterwegs war "Tschernobyl" sogar ein Nicht-Thema: Kam nicht vor, kam nicht wieder, es blieb vergessen.

Nun aber der Triumph, die Rückkehr der Jedi-Ritter als mit Strahlen strafender Gott. Kaum war die Kernschmelze in Fukushima abgesagt und kein Platz mehr für Liveticker vom Untergang, Strahlendaten im Wetterbericht und Enthüllungsberichte von Sklavenarbeitern an Atomstaubsaugern, feierte die Altkatastrophe vor der Haustür fröhliche Wiederkehr. "Tschernobyl", für alle unter 25 eine Chiffre ohne Übersetzungsmöglichkeit in die eigene Sprache, hat mit einem Mal einen "maroden Sarkophag", Reporter berichten erstmals seit Jahren vom Riesenrad, das nie in Betrieb ging, von tickenden Geigerzählern und seltsamen Gesellen, die seit Jahrzehnten mitten in der Sperrzone arbeiten.
Die Ostermarschierer sind wieder unterwegs, obwohl nach 25 Jahren nichts mehr gegen die seinerzeit vielkritisierte Behauptung des Leiter des DDR-Amtes für Atomsicherheit und Strahlenschutz Georg Sitzlack spricht, dass "die zulässigen Grenzwerte in keinem Fall erreicht" wurden und "keinerlei Gefährdung für die Gesundheit der Bürger unseres Staates und der Natur" bestanden habe.


Die in Fukushima freigesetzte Strahlung entsprach etwa einem Zehntel der in Tschernobyl ausgetretenen. In Tschernobyl wiederum wurde 400 mal mehr Strahlung frei als durch den Abwurf der Bombe auf Hiroshima. Doch verglichen mit den radioaktiven Emissionen der rund rund 420 oberirdischen Kernwaffentests während der 50er und 60er Jahre emittierte auch Tschernobyl nur ein knappes Hundertstel der Strahlungmenge, Fukushima sogar nur ein Tausendstel. Wenn Fukushima Milch und Wasser in Frankreich verstrahlt und Tschernobyl Millionen Strahlenopfer gefordert hat - wo sind dann eigentlich die Toten der Kernwaffentests?

Speisefisch im Fichtennadelbad
Gau im Garten
Strahlenbelastung durch Kernwaffentests in Europa

7 Kommentare:

  1. Hervorragend! Erlaube mir zu verlinken ...

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  2. das ehrt uns! danke schön.

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  3. Es kann sich hierbei nur um eine Art gigantischer Zombie-Verschwörung handeln. Denn der deutsche Wald ist seit 20 bis 30 Jahren tot, und Europa besteht schon zur Hälfte aus AIDS-Toten und den besagten Millionen von Strahlenopfern der Kernwaffentest. Nur mit Hilfe eines geradezu unfassbar perfiden und diabolisch raffinierten Woodoo-Komplotts treiben diese Untoten weiterhin hier Unwesen auf unserer Erde. Sie stehen, gehen, laufen und labern herum, obwohl sie schon längst zu Staub zerfallen sein sollten, und Niemand merkt es ihnen an. Aber wehe, der böse Zauber entschwindet plötzlich, und wir sind von einer Sahelzonenlandschaft und Leichenbergen umgeben. Ergo, fleißig Spiegel, Stern und Konsorten lesen und GEZ-Fernsehen glotzen, damit die Kraft der „Rotgrünen Magie“ nicht gebrochen wird.

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  4. Bitte mal sachlich bleiben. Und keine Witze über Katastrophen machen.
    AIDS ist eine gaaanz furchtbare Seuche, die allein in Deutschland jedes Jahr unvorstellbare 300 Todesopfer fordert.
    Noch schlimmer in Afrika. Das Bevölkerungswachstum (vor der Seuche noch gesunde 3%/a.) ist seit AIDS auf 3%/a abgesackt.

    Wir resümieren:
    Der AIDS ist noch schlimmer als die Atome.

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  5. Uiuiui, so schlimm ? - Dann kann einem die KLimaaaa-Katastrophööööö ja fast schon leid tun, dass sie dann, wenn sie dran kommt, fast nix mehr zu erlegen hat, nachdem dass Horror-Duo "AIDS-ATOM" die pöhse, verruchte Menschheit schon milliardenschwer transjordanisch befördert hat.
    Naja, vielleicht kredenzt uns die Evolution dereinst einen kleinen Rest AIDS-Resistenter, die auch noch alle Atooom-Hyper-Mega-GAUS überleben, die kann sich dann die "Klim-Kat" vorknöpfen.

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  6. eben wurde verkündet, der datenklau bei sony sei ein gau.

    ich wollte nur warnen! bleiben sie in ihren häusern!

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  7. Erschröcklich, noch ein GAU in Japan, in so kurzer Zeit. Dass es auch wieder die Braven trifft, die immer sony-dlich waren. Welcher Art ist denn der nunmehr nach dem GAU zu erwartende fall-out ?? Sollte es consumer-electronics sein, sollte man sich allerdings statt in den Häusern zu bleiben und Jodtabletten zu schlucken besser mit Keschern bewaffnen, um das eine oder andere Fernosteletronik-Wunderwerk einzufangen.

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