Georg W. Bush ein "wirklich netter Bursche", Wladimir Putin ein "echter Freund und lupenreiner Demokrat", US-Verteidigungsminister Dick Cheney jemand, der "das Hallelujah auswendig singen kann" und das thailändische Königshaus "eine insgesamt recht fröhliche Familie" - Deutschlands Diplomaten zeigen der Welt, wie man auch in Geheimpapieren höflich und freundlich bleiben kann. Nach der Veröffentlichung von 250.000 Geheimdokumenten der US-Regierung durch das Geheimpapierveröffentlichungsportal Wikileaks und das ehemalige Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zieht die Internetseite PPQ.be mit weiteren brisanten Originalpapieren nach - diesmal entstammen die Unterlagen der sogenannten Diplomatenpost, über die 160 deutsche Botschafter in aller Welt unter großen Sicherheitsmaßnahmen mit ihrer Regierung in Berlin kommunizieren.
Die Lektüre der von Pittileaks veröffentlichten 193.835,3 Seiten, die aus mehreren Jahren und von unterschiedlichen Kontinenten stammen, zeigt, dass die Sicherheitsvorkehrungen
für die diplomatischen Depeschen der deutschen Auslandsvertreter meistenteils überflüssig war. Denn der Inhalt der Schreiben beweist, dass deutsche Diplomaten sowohl unter Joachim von Ribbentrop als auch unter Hans-Dietrich Genscher, Joschka Fischer und dessen letztem Nachfolger Guido Westerwelle gelernt haben, sich zu benehmen. Kein böses Wort fällt hier, egal ob über Stalin ("bauernschlau"), Mussolini ("auf sein Äußeres bedacht"), den derzeit amtierenden Papst ("ein Deutscher aus gutem Schrot und Korn", "in Mißbrauchsfälle nicht involviert"), den kongolesischem Staatspräsidenten Joseph Kabila ("feiner Kerl, guter Liebhaber") oder Mordkoreas Staatschef Kim Sung-Il, den die deutschen Beobachter vor Ort als "liebevollen Familienvater" und "glühenden Verehrer deutscher Klassik" charakterisieren. Die Bundesregierung, die ihre Außenpolitik auf der Basis dieser hervorragenden Informationen des Außenamtes ausrichtet, konnte überhaupt nur so umfassend ins Bild gesetzt ihre weltweite geachtete Friedenspolitik in Angriff nehmen.
US-Botschafter Philip Murphy zeigt sich entsprechend zerknirscht. Während er seine Regierung auf völlig unübliche Weise darüber informiert hatte, dass CSU-Chef Seehofer als "unberechenbar" (Der Spiegel) gilt, und auch weitere geheime Einzelheiten aus der deutschen Politik nach Washington gemeldet wurden, hielten die deutschen Partner ihre Regierung stets höflich und korrekt auf dem Laufenden. Bin Laden sei "auch nicht mehr der Alte", im "privaten Gespräch aber ein freundlicher Mann" kabelte die Vertretung aus Islamabad nach Berlin. Mullah Omar hingegen habe es offenbar satt "als Religionsführer betrachtet zu werden". Der oberste Führer der Taliban sehne sich nach Frieden und wünsche sich eine eine Villa bei Bad Godesberg und mindestens sieben Kinder.
Wie PPQ jetzt erstmals dokumentiert, vermischten deutsche Diplomaten nirgendwo fragwürdige Informationen mit eigenen Einschätzungen. Bei "Anne Will", einer vielgesehenen Fernsehrunde in der ARD, gestand FDP-Entwicklungshilfeminister, dass es in der deutschen Politik keinen Informanten gebe. Während sich US-Präsident Barack Obama immer noch weigert, sich bei dem deutsc hen Publizisten Klaus Kocks für die Datenpanne in seinem Außenamt zu entschuldigen, wies Niebel nach, dass es hierzulande soweit nie werde kommen können. Nicht einmal aus der Koalitionsrunde habe damals jemand berichtet. Schon gar nicht würden deutsche Diplomaten in ihren Gastländern Informationen aller Art sammeln und nach Berlin weiterleiten, auch deutsche Geheimdienste täten das nicht.
"Gehen befreundete Nationen so miteinander um?", fragt nun die "Welt" mit Blick auf die menschenverachtende amerikanische Praxis, deutsche Politiker mit Injurien wie "nicht kreativ" und "aggresiv" einzuschätzen. Den deutschen Botschaftern könne man kaum vorwerfen, dass sie nicht begierig aufnähmen, was ihnen da zugetragen werde, lobt die "Süddeutsche Zeitung" die Strategie der Deutschen, auf Geheiminformationen rundheraus zu verzichten. Man müsse sich „der Geheimniskrämerei von Behörden" widersetzen", denn heutzutage könne "jeder Tausende Dokumente ins Internet stellen", nicht mehr nur Zeitungen wie die Süddeutsche.
Deutschland mache vor, heißt es im politischen Berlin, wie sich darauf reagieren lasse: Sei ein Außenministerium auch intern immer diplomatisch, gebe es keine Probleme, erfinde eine Zeitung ihre Nachrichten, wie kürzlich der "Spiegel" es mit der angeblichen Terrordrohung gegen den Reichstag tat, gebe es keinerlei Informaten zu schützen und niemand werde beschädigt.
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