Mittwoch, 10. November 2010

Im Nirvana des virtuellen Vergessens

Das ist Qualität! Das ist Technikverständnis! Das sind Informationen, die ihr Geld wert sind. Mit der Zeile "Agrarsubventionen nicht mehr im Internet", offenbart die "Süddeutsche Zeitung" ihren Lesern heute, wie umfassend und tiefgreifend in München begriffen worden ist, wie und warum das sogenannte Internet eigentlich funktioniert. Der Europäische Gerichtshof spricht ein Urteil, die im Bundesverbraucherschutzministerium auch für Google und die Landwirtschaft zuständige Datenschutzministerin Ilse Aigner weist ihre Online-Redaktion entsprechend an, die löscht die betreffenden Seiten - und schon verschwinden Daten, die eben noch zu haben waren, im seligen Nirvana des digitalen Vergessens, das von der EU-Kommission ohnehin als nächster neuer Trend in den virtuellen Weiten geplant war, um frühkindliche Fehltritte von Politikern bei Bedarf verschwinden lassen zu können.

Niemand soll mehr wissen dürfen, wer die größten Empfänger von Agrarsubventionen in Deutschland sind, weil auch Südzucker, Nordmilch, die Familie von der Leyen, die katholische Kirche und Storck-Riesen Persönlichkeitsrechte haben, nicht aber Steuerzahler das Recht, zu wissen, wer ihr Geld weshalb bekommt. Nur knapp länger als ein Jahr galten die EU-Vorschriften über die Veröffentlichung der Zahlungsempfänger, nun gelten sie nicht mehr. Weshalb sich sämtliche amtlichen deutschen Nachrichtenagenturen darüber einig sind, dass "Agrarbeihilfen wieder geheim" werden, obwohl sie nicht weniger als 40 Prozent des gesamten EU-Haushalts ausmachen.


Das müssen die Menschen draußen im Lande, von denen Politiker imemr so gern reden, nicht wissen. Und wenn sie es doch wissen, dann sollen sie es jetzt mal ganz schnell wieder vergessen. Transparenz kann auch andersherum funktionieren, wenn alle nicht mehr im Bilde sind, sind die Chancen auch gleich verteilt. Die Empfänger-Liste, die von der Website des Landwirtschaftsministeriums gelöscht worden ist, muss nun nur noch von den übrigen zweieinhalbtausend Internetseiten entfernt werden, auf denen sie derzeit noch zu sehen ist. Die Aktualisierung gibt es dann bei Wikileaks.

2 Kommentare:

  1. VolkerStrammNovember 10, 2010

    In diesem Fall ist es noch schief gegangen. Trotzdem finde ich die Richtung gut. Demokratie kann nun mal nur funktionieren, wenn der große Lümmel draußen bleibt.

    Wachsamkeit und Geheimhaltung wurden in den letzten 20 Jahren sträflich vernachlässigt. Wurde Zeit, dass die alten Tugenden endlich wieder was gelten im Land.

    AntwortenLöschen
  2. Daß der Steuerzahler nicht wissen sollte, was mit seinem Geld passiert und wer es bekommt, ist nachvollziehbar. Zuviel Wissen schadet nur der Gesundheit.

    AntwortenLöschen

Richtlinien für Lesermeinungen: Werte Nutzer, bitte beachten Sie bei ihren Einträgen stets die Maasregeln und die hier geltende Anettekette. Alle anderen Einträge werden nach den Vorgaben der aktuellen Meinungsfreiheitsschutzgesetze entschädigungslos gelöscht. Danke.