Donnerstag, 21. Oktober 2010

Gespräche im Zwischendeck: So weit nah dran

Gut gemeint und gut gemacht, Zettels Beitrag zur Integrationsdebatte hatte alles, was ein Spiel in der Verlängerung noch einmal ein bisschen spannend macht.

Im Zwischendeck aber, dem Ort, an dem hier bei PPQ die wirklich schlüssigen Debatten stattfinden, brach kein Jubel aus über die Thesen zur Thesenkritik. In Übersee verfolge man die hiesigen Diskussionen eher ratlos. Wenn denn überhaupt, hieß es. Die Welt jenseits von Büllerburg scheint noch nicht bereit für volksdemokratisches Mitwirken an der Frage, wieviel Demokratie der Ausbau der Bahn in Mitteleuropa braucht, Chinesen verweigern sich der Sarrazin-Diskussion, Amerikaner boykottieren ganz unbewusst alle Satellitenfernsehsendungen über Stuttgart 21. Selbst ausgewanderten Deutsche zerfließt der lebenserhaltende Sinn des innerdeutschen Disputs zwischen den Fingern, die im nachgesandten "Spiegel" von vorvorletzter Woche blättern.

A: Solche Artikel fuehren mir vor Augen, wie gefuehlt weit weg ich bin
von dem Ganzen. Ich habe nicht das Gefuehl, sie komplett zu verstehen. Wie jeden Tag, wenn ich lese "Aufschrei ueber Paedophilie-Format" oder "Protest gegen Stuttgart 21". Gegen einen Bahnhof? Was?

B: Je weiter weg, desto Bahnhof. In etwa?

A: Ob es die Entfernung macht? Raumschiff Deutschland, anderer Stern. Früher war der Bau eines Bahnhofes Beweis dafür, dass die Welt sich weiterentwickelte. Heute besteht der Fortschritt darin, dass sich Fortschritt wegdemonstrieren laesst. Nein, das interessiert mit abnehmender Nähe nicht mehr.

B: Auch mit zunehmender Nähe wächst allerdings in diesem Fall die Entfernung. Das Hirn büchst aus, sobald man versucht, sich auszumalen, dass das von Interesse sein muss. Ist es ja nicht. Da war Sarrazin ein anderes Kaliber. Völkerverbindender in seiner anziehenden Abschreckungskraft.

A: In China war das ein Sack Reis in Regensburg Südwest.

B: Heißt?

A: Auf dem Höhepunkt der Debatte hat eine große Zeitungsredaktion ihren Korrespondenten da angerufen, damit der mal aufschreibt, wie der Chinese als solcher das alles bewertet. Die neue Ausländerfeindlichkeit der Deutschen, diesen Hass, die Gen-Sache, die ja so falsch ist, weil dieser chinesische Lidschnitt natürlich bloß eine Frage der Erziehung ist.

B: Und was sagen die Chinesen?

A: Falsche Frage. Die richtige wäre "Was sagte der Korrespondent?"

B: Und?

A: Der fragte verblüfft "Sarrazin? Was ist denn mit Sarrazin?"

B: Klar. Die haben ihre eigenen Esel zu kämmen. Ich habe auch eine Woche gebraucht, um den Bahnhofsbau von Stuttgart als würdigen Nachfolger von Dekadenz-Debatte, Loveparade-Katastrophe und Sarrazin-Diskussion bei mir daheim zu begrüßen.

A: Gelingt mir nicht. Es ist einfach zu unwesentlich.

B: Aber die Meta-Diskussion, die muss man doch verfolgen, wenn man wissen will, wo dieses Schiff hinfährt. Besser: Ob es überhaupt noch fährt.

A: Die Metadiskussion. An der kommt man nicht vorbei. Was anderes hat diese Gesellschaft ja auch nicht mehr, was sie bereden koennte.

B: Es war nicht alles schlecht, das sage ich ja seit Jahren. Manches ist auch bis heute nicht besser geworden.

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5 Kommentare:

  1. Und wieder ein Bild aus der Serie
    "China verschläft die Agenda 2010"
    - oder die menschliche Solarzelle speichert Strom + Wärme und braucht Daheim nicht zu heizen.

    Ein Integrationsvorschlag für das gebeutelte Sozialsystem für alle Hartz 4 Empfänger mit Balkon und Süd-West-Ausrichtung.

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  2. ein großer titel! "China verschläft die Agenda 2010", da müsste man glatt mehr draus machen. einen bildband oder so.

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  3. Libanese aus BlankeneseOktober 22, 2010

    http://www.youtube.com/watch?v=hZYe7l8mgms

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  4. Müßte es nicht Meta-DISKURS heißen ?

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  5. hätte es können, musste es aber nicht sollen. das wort klingt gut, aber im gespräch, im zwischendeck, unter ostdeutschen. da mangelt es manchmal an diskursiver begrifflichkeit. metadiskussion ist eine diskussion über die diskussion, die hat freilich immer diskurscharakter. im nachhinein möchte ich das denn auch nicht mehr ändern.

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