Ein Stück Welt in der Stadt, die sich gern kleiner macht, als sie ist, weil sie sich für größer hält, als gut tut. Die Burg, wie die Hochschule für Kunst und Design in Halle nur heißt, lädt zur Jahresausstellung und preist das organisierte Kulturprogramm offensiv an: The Skatalites aus Jamaika sind da, eine Band, die "normalerweise nicht in der Provinz“ auftrete, wie Hochschulkanzler Wolfgang Stockert mit einigem Standortstolz wissen ließ.
Das hier ist ja aber auch keine Provinz, sondern Deutschlands gefühlte Design-Hauptstadt. Sogar die "Maus" aus der gleichnamigen Sendung entstand im Grunde genommen irgendwie hier, wie erst jüngst bekannt gemacht wurde, und selbst Bier das bei der Gartenparty der Geschmackselite genügt internationalen Ansprüchen. Spanisches Estrella, tschechisches Budweiser, deutsches Radeberger werden Kunstsinnigen und Kunstschaffenden gereicht. Hier entsteht Zukunft, hier werden die Eierbecher von Morgen entworfen, hier wird Kommunikation designt, hier werden Raum-, Sound- und Lichtinstallationen mit schönen Namen wie "Membran, Membrana, Membrum" ausgedacht, und das Thekenpersonal antwortet auf den Vorhalt, vorhin hätten die Getränke aber doch noch viel weniger gekostet "Na gut, was hast Du denn vorhin bezahlt?"
Kunst kommt von kennen und wer hier jemanden kennt, der ist deshalb Künstler. Anja Spitzer gestaltet Stuckmarmor zu einem "Rücken" (Titel), Dana Meyer hat aus Schweißblech einen Hund gebrannt, den sie "Brutus" nennt. Sebastian Pless schälte Pappelholz, bis fünf menschenähnliche Figuren übrigblieben, die jetzt "Suchen" heißen und im Kreis umeinanderstehen.
Je länger der Abend dauert, mit dem wiedermal ein Jahr Gestaltung gefeiert wird, umso weniger deutlich unterscheidet sich die Geschmackselite Mitteldeutschlands designtechnisch vom Publikum eines Tote-Hosen-Konzerts. Die Hände zum Himmel, die Kippen ins Gras und eine Bratwurst geht immer noch rein. Das Gerücht schwirrt herum, dass die große Jette Joop höchstselbst sich unter die Jungdesigner und -innen gemischt habe. Zu sehen ist sie nicht, gesucht werden überdies aber auch Freiwillige, die eine Videoarbeit von Sonja Schrader mit dem Titel "Bekleidungstechniken von Männern und Frauen, dargestellt anhand eines Pullovers" unterstützen möchten. Wissenschaft praktisch, im Visier die grundlegende Neugestaltung des Standardpullovers: "Wie ziehen Männer einen Pullover an? Wie machen es Frauen? Muss das schnell gehen? Was ist mit der Frisur?" (Sonja Schrader)
Ja, was eigentlich? Sie wird geschüttelt, nicht gerührt. Die Skatalites intonieren eine schleppende Version von "A Message To You Rudy", drei Jahrzehnte zuvor noch ein durchaus schmissiger Hit für die Specials. Bei den Weltstars aus Jamaika aber sitzt der Basser auf einem Stühlchen, als angle er Akkorde, und der Keyboarder spielt mit einer Hand. Ska ist da, aber wenn sowas hier ankommt, ist die Luft eben meistens schon ein bisschen raus. Der Campus am Neuwerk wackelt trotzdem wacker, ein Pfandflaschensammler schleicht durch die Reihen und eine hanseatisch wirkende Dame tanzt in der letzten Reihe selbstvergessen ihren Namen.
Wenn die Namen-tanzende Grazie hanseatisch aussah, war es wahrscheinlich eher nicht die Jette Joop, denn die Joops kommen ja aus Potsdam, so gesehen müsste sie eher potsdamerisch aussehen.
AntwortenLöschenIch tippe mal, die Tänzerin war in Wirklichkeit Angela Merkel. Inkognito natürlich. Die ist ja gebürtige Hamburgerin, und irgendwie kann man es nun mal nicht verbergen, ob man in Eimsbüttel oder am Wannsee geboren wurde. Wobei Eimsbüttel auch nicht sooo schlecht ist.
Wie deutlich unterschieden die sich denn designtechnisch vom Publikum eines Tote-Hosen-Konzerts wenn der Abend noch nicht so lang ist?
AntwortenLöschen1) jett kam in einem auto mit hamburgischem kennzeichen
AntwortenLöschen2) leinenhemden mit kordelzug, brillen mit lila gestänge, ältere professortypen mit halsgehängen aus keramik
@2)
AntwortenLöschenAha, und am späteren Abend dann auf Toilettte gegangen und das Survived Krachmallauter T-Shirt übergestreift?
Oder "Alkohol ist auch ein Lösung"?
Zumindest beim zweiteren sich so verhalten, als ob es eine wäre?
nein, dann eher unsicherer gang, kordelzug offen, brusthaar im wind
AntwortenLöschenDie Jette auch? Also Brusthaar im Wind? Das interessiert uns jetzt alle.
AntwortenLöschenweiß nicht. ich habe sie ja nicht gesehen. nur dass sie da war, das habe ich gehört. und einen wagen mit hh-kennzeichen wegfahren sehen, der aussah, als säße sie drin
AntwortenLöschenIch finde diese langsame Version des Musikstückes sehr gelungen. Aber ich bin ja auch Fän der Bänd, die den Hävy Mettl konsequent zu Ende gedacht hat. Ich meine "Bohren & der Club of Gore".
AntwortenLöschenAllerdings sehe ich ein, daß dieser "Club" zu artifiziell für die Sommerabschlußparty einer künstlerischen Hochschule wäre. ( Obwohl mir der Gedanke gefällt)
Leinenhemden mit kordelzug, brillen mit lila gestänge, ältere professortypen mit halsgehängen aus keramik
AntwortenLöschenKlingt eher nach Hamburger Alt-68er, ehemaliger Hochschullehrer, der nach seiner Pensionierung eine Zonen-Rundreise auf der Suche nach Frischfleisch macht.
ich hielt die alle für künstlerer, einfach künstlerer
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