Dienstag, 6. Juli 2010

Fremde Federn: Die sanfte Diktatur

"Was passiert mit einer Gesellschaft, die ihr Leben immer mehr auf die Verhinderung von möglichen und unmöglichen Attentaten ausrichtet und in einem permanenten Alarmzustand lebt?", fragt Peter Schneider in einem bemerkenswerten Cicero-Beitrag namens "Die sanfte Diktatur", der das Abkippen der freiheitlichen Gesellschaft in ein vormundschaftliches Fürsorgeregime beschreibt, gegen dessen allgegenwärtige Bemutterungsversuche die rundum überwachte DDR zuweilen wie ein Hort unendlicher Handlungsmöglichkeiten erscheinen will. "Die gute Regierung", schreibt Schneider, "will stets nur unser Bestes. Angesichts globaler Gefahren stellt sie das tatkräftig unter Beweis. Mit immer neuen Gesetzen und Verordnungen werden unsere Freiheiten beschränkt – bis aus „good governance“ eine sanfte Diktatur geworden ist".

"Verbot tut not" hieß es vor Wochen hier, seitdem haben Regierung und Volk sich folgerichtig zu neuen Denk- und Handlungsverboten durchgerungen: Ein nackter Papst musste weichen, das Rauchen ist in Bayern untersagt und Börsenkurse werden nun gesetzlich am Fallen gehindert. "Aus Mangel an Möglichkeiten, die Gegenwart zu regieren, regieren die Herrschenden die Zukunft", hieß es hier, als die Glühbirne als Klimaschädling enttarnt wurde und die Politiker von heute den Politikern von morgen per "Schuldenbremse" verboten, was sie sich selbst selbstverständlich nie verbieten lassen würden. Seitdem ist ziemlich genau ein Jahr vergangen und die Welt hat sich weitergedreht: Aus Mangel an Möglichkeiten, Wichtiges zu bewegen, bewegt die Politik inzwischen vor allem Nichtiges.

15 Kommentare:

  1. Stimme aus dem KissenJuli 06, 2010

    Sehr schön - ein Thema, was schon lange auf den Nägeln brennt.

    Macht doch einfach eine Kolumne draus, so ähnlich wie das "Verbot der Woche" oder "Fremde Federn", wo jede Woche oder so ein eine neue Super-Nanny-Maßnahme vorgestellt wird.

    Mein derzeitiger Favorit ist die "Lebensmittel-Ampel" - köstlich. Die ja gerade angeblich von der bösen Lebenmittel-Lobby verhindert worden ist, obwohl der Mensch ohne Lebensmittel-Ampel nun mal nicht wissen kann, dass Pommes Fett enthalten, Schokolade Zucker und das Chips dick machen.

    Wenn die Lebensmittel-Ampel endlich durch ist, wird man dazu übergehen, auf jede Pommes einzeln "Diabetesgefahr!" oder "Herzinfarkt!" oder "Pickel!" aufzudrucken. Ick freu ma schon drauf, ehrlich. Das öffnet ganz neue Dimensionen, so ein staatlich organisiertes Shopping-Wohlfühl-Paket. Da kann nix mehr schief gehen im Leben, wenn man weiß, dass Pommes fettig sind.

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  2. am wichtigsten wäre mir ein aufdruck auf sprudelflaschen: enthält klimaschädliches co2-gas!!!!

    sooooooooooooooooo groß müsste das draufgeschrieben werden, damit sich jeder zweimal überlegt, ob er das verantworten kann

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  3. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  4. Davor kommt aber immer noch die Blogampel. Denn die warnt vor dem Lesen gefährlicher Wortbeiträge, so daß man alsbald über gefährliche Chips und Nudeln oder des Saufens in Bayern nichts mehr zur Kenntnis nimmt.

    Das Blogamapelamt gibt es ja schon. Mir ist nur entfallen, hinter welcher Sanddüne in Meckpom es versteckt wurde.

    Insofern wäre die Lebensmittelampel dann überflüssig.

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  5. Stimme aus dem KissenJuli 06, 2010

    @ ppq

    Yep. Da muss sofort ein Aufdruck drauf: "Mit jeder Flasche Wasser, die Sie trinken, stirbt in der Antarktis ein Pinguin".

    Nächster Schritt nach der Lebensmittel-Ampel wäre ein Werbespotspruch für alle Lebensmittel. Und Beipackzettel. Z. B. bei Pommes oder Chips werden dann die ganzen Gefahren und Nebenwirkungen aufgelistet (Diabetes, Mundgeruch, Durstgefühl, Adipositas, Herzinfarkt usw. usw.). Bei TV-Werbung muss dann ein Spruch aufgesagt werden (Sprüche aufsagen kommt immer gut, das hat was von Manifesten): "Nach Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte ihren Pommeshändler, ihren Hausarzt, ihren persönlichen Sozial-Coach, ihren amtlich bestellten Betreuer und ihren Erziehungsberechtigten".

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  6. heute hatte die kugel einen echten aussetzer. alle kommentare wurden verschluckt.

    die idee mit der kolummne ist nett, aber wie soll man sowas nennen? betreuungsangebot der woche ist recht sperrig.

    das blogampelamt sitzt meiner erinnerung nach in warin in mecklenburg, ich muss da mal wieder anrufen, ein interiew mit dem chef da zum derzeitigen stand wäre sicher agenturfähig.

    die eu empfiehlt gerade die rente mit 70, wir müssen also sowieso alle noch jahrzehnte buckeln, selbst wir älteren. da bleibt noch viel zeit, über die sprudelwasserkennzeichnung und andere sachen nachzusinnen

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  7. Stimme aus dem KissenJuli 07, 2010

    die idee mit der kolummne ist nett, aber wie soll man sowas nennen? betreuungsangebot der woche ist recht sperrig.


    Ich dachte an sowas ähnliches: Betreuungsnovelle. Allerdings kann man bestimmt noch was Besseres finden. Es sollte jedoch möglichst bürokratisch sein, aber gleichzeitig das sorgenvolle Element mit drin haben. Schließlich ist man ja über die Bevölkerung BESORGT und über ihre gedankenloses Konsumverhalten.

    Ich sehe hier übrigens sechs Kommentare. Obwohl auf der Startseite steht, dass es nur zwei sind. Sehe nur ich die sechs? Wieso sind welche verschwunden? Und woran erkennt man, dass welche verschwunden sind.

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  8. Also, das mit dem Sicherheitshype im Flugverkehr geht so: Nachdem diverse Catia-Programme den Aluminiumbedarf von Fliegern soweit herunterfiniterierten, dass Einwickelpapier von Schokolade dagegen ja schon als mittlere Panzerung durchginge, ist irgendjemandem - mutmasslich bei den Versicherungen - aufgefallen, dass minime Belastungen über das Starten und Landen hinausgehend sofort einen Versicherungsfall auslösten. Dass allerpeinlichste aber war, dass winzige Spuren von Quecksilber so einen Flieger aufgrund von Aluminiumversprödung zu so einem Versicherungsfall machen können. Was tun?! Das Sicherheitsbewusstsein schärfen, mittels Sicherheitswahn, und um zu verschleiern, dass das alles nur wegen der sparsam wirtschaftenden CAD-Programme ist, alles für gefährlich zu erklären, sodass jederzeit je nach Ansicht von Versicherungsgesellschaften mal dies, mal das und mal alles zusammen als gefährlich erachtet wird. Bis die Flieger dann endlich alle auf Kohlefaser umgestellt sind. Das könnte dann mit dem „Wir wollen denn doch wieder was riskieren“-Hype zusammenfallen, der dann zufälligerweise zum gleichen Zeitpunkt voll ausbricht.

    BTW: Diese Eierfallyoghurt-Asche war deshalb so gefährlich, weil ihr Quecksilberanteil so hoch war...

    Stuff

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  9. @stuff; ich glaube nicht daran, dass irgendwer da die strippen zieht. die stochern alle im nebel, genau wie du und ich, nur weiter oben.

    @ stimme: ich denke mal drüber nach. man darf sich auch nicht zuviel vornehmen. neulich wurden wir gemahnt, weil die fliesensache schliff. (schleifte?) also weil wir sie schleifen lassen hatten.

    die kommentare müssen gestern kaputt gewesen sein bei google/blogger. z.t. wurden sie nicht gezählt, zum teil waren sie nur kurz da und verschwinden dann wieder. nachdem ich irgendwo 5 mal dieselbe antwort eingetragen hatte, die immer wieder weg war, entschlossen sich alle antworten, abends wieder zurückzukommen. dann stand das fein säuberlich 5 mal untereinander. wurde aber außen nur als 1 kommentar angezeigt.

    ich denke, dieses ganze internetzeug wird sich nicht durchsetzen. außer, der schäuble schafft es, nach der de-mail auch eine art amtliches de-netz aufzubauen.

    mal sehen, ob der kommentar bleibt

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  10. Stimme aus dem KissenJuli 07, 2010

    @ ppq

    Ach, die Idee mit der Kolumne kam mir bloß, weil man dafür ja immer regelmäßig Stoffnachschub braucht, und weil dieser ja beim Bevormundungsthema gewährleistet ist wie nirgendwo sonst. Man kann solchen Stoff aber natürlich mit ein bisschen Phantasie auch in der Verbotskolumne unterbringen oder im Freistil. Ihr macht das schon richtig.

    mal sehen, ob der kommentar bleibt

    Nur, wenn Du vorher eine Speichelprobe abgegeben hat und den Beitrag hast amtlich zertifizieren lassen.

    Ganz ehrlich habe ich beim Schäuble-Text Tränen gelacht. Die Holzpresse wie SPON, SZ, Zeit usw. weiß überhaupt nicht, was ihr entgeht und wie leichtsinnig sie ist, dass sie Euch nicht ein Angebot macht, das Ihr nicht ablehnen könnt.

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  11. ich für mich kann sagen, dass ich alles ablehnen kann

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  12. Stimme aus dem KissenJuli 07, 2010

    @ ppq

    Ich meinte natürlich ideelle Güter.

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  13. lob mithin? perlt ab

    ich sage dann immer: danke, ich bin gerührt, nicht geschüttelt

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  14. Stimme aus dem KissenJuli 07, 2010

    Nein auch kein Lob.

    Eine Batterie von Haussklaven, die die lästigen Recherche- und Schreibarbeiten erledigen....

    Nein, im Ernst: ich meinte z. B. eine große Reichweite und kompromisslose Freiheit, also vorgabenfreies Schreiben mit einer maximalen Bandbreite.

    Allerdings ist das realistischerweise Blödsinn, deswegen machen ja auch früher oder später alle ihr eigenes Ding auf, weil das Anhängsel-Dasein immer was Nuttiges hat, und wer will das schon auf Dauer.

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  15. exakt so sieht es aus. spaß macht es nur, wenn man es für sich macht

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