“Ich bin der bleiche Sensenmann und trage eine Krone. Niemand sich erretten kann, niemand den ich schone”, so sang der hallesche Frauenchor Missklang am Samstagmittag zu Ehren der von Kunstfeinden bedrohten Augenfliese in der halleschen Schulstraße. Die nicht zuletzt durch das einzig originale Kachelverzeichnis weltweit bekanntgewordene Preziose ist Teil der von der Künstlergruppe Kachelmann geplanten großflächigen Neuverfliesung der halleschen Innenstadt. Als Blickfang wertet das strahlend blaue Keramikstück (oben) seit Jahren ein barockes Haus in der Schulstraße 11 auf, in dem der ehemalige Tatort-Kriminalist Bruno Ehrlicher, Vorgänger von Joachim Gauck als kurzzeitiger Bundespräsident der Herzen, einst hatte ein Wohnheim für benachteiligte Drogensüchtige errichten wollen. Der Plan war gescheitert, weil der Rechtsvertreter der von zwei aufeinanderfolgenden deutschen Diktaturen gemeinsam enteigneten Erbengemeinschaft dem Kommissar des Guten klar gemacht hatte, dass seine Mandantschaft entschlossen sei, das Haus zum Ausgleich für erlittenes Unrecht zusammenfallen zu lassen.
Im Zuge eines bereits vor Monaten eingeleiteten Anti-Fliesen-Feldzuges hatte die Stadtverwaltung daraufhin beschlossen, die barocke Ruine abreißen zu lassen. Man erhoffe sich damit, hieß es im Rathaus, die als Europas größtes laufendes Kunstprojekt geltende komplette Neuverfliesung der Altstadt aufhalten zu können. Zuvor hatte die Stadt, die nach schlechten Dresdner Erfahrungen mit der Unesco gegen die Verleihung des Weltkulturerbestatus Front macht, bereits mehrere Häuser abreißen lassen, um international vielbeachtete Keramikklebungen zu vernichten. Positiv werde sich der Abriss der Schulstraße Nummer 11 zudem auf das ehrgeizige Boykott mit dem Bagger-Projekt auswirken, mit dem Halle als erste deutsche Stadt versucht, das Stadtbild durch den Rückbau prägender Gebäude grundlegend umzugestalten. Ziel ist es, Halle schneller zu verändern, als Googles Street View-Dienst mit der Neuaufnahme hinterherkommt. Rathausvertreter hegen derzeit begründete Hoffnungen, dass weite Teile der Stadt abgerissen sein werden, wenn der fragwürdige Google-Fassadendarstellungsdienst zu Jahresende in Deutschland startet.
Neuentdeckte Fliesen-Funde können weiterhin direkt an politplatschquatsch@gmail.com geleitet werden, jede Entdeckung wird von uns auf Wunsch mit einem sandgestrahlten Kunstdruck der inzwischen von Kachel-Gegnern vernichteten Ur-Fliese prämiert.
Keine Frösche, Fledermäuse oder Amseln zur Hand, die man da kurzfristig ansiedeln könnte?
AntwortenLöschenDas hat doch bisher immer ganz gut funktioniert.
ich glaube, der gesang sollte abschrecken. hat aber nicht geklappt
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