Die Mauern stehen still und schweigen, nur ein paar Vögel zwitschern aus dem dichten Baumbesatz hervor. Vor anderthalb Jahrzehnten brannten die Hildebrandtschen Mühlenwerke in Halle an der Saale zum dritten Mal seit ihrer Gründung aus. Von der damals schon weitgehend leerstehenden Ruine der früheren Fabrikationsanlage blieb nach dem Löschen der Flammen nur ein hochaufragender Backsteinberg, gekrönt von dem weithin sichtbaren Turm, den die Erbauer als Zeichen von Wohlstand und Fortschritt über dem imponierende Zeugnis der Gründerzeit der mitteldeutschen Industrie hatten errichten lassen.
Seitdem ist die Natur hier zu Hause. Der Backstein bröckelt, das Eisen rostet, Kletterpflanzen arbeiten sich die steil aufragenden Wände empor. Im weitläufigen Gelände darunter sind Trümmerforscher unterwegs, gelegentlich kommen Sprayer vorbei, die auch die Eisengitter an der ehemals hochherrschaftlichen Villa Hildebrandt nicht stören. Irgendwo geht es immer hinein in das einst prächtige Haus, das zuletzt als Kinderheim diente und heute einen intensiven Geruch nach Urin, Fäulnis und Verfall verbreitet.
Als der Anfang vom Ende kam, war die Sippe Hildebrandt, die die Getreidemühle der Saalestadt zwischen 1865 bis 1896 erbaut hatte, schon enteignet. Bis 1974 nutzte das Volk der DDR die Mühle mit dem naturnahen Tiefturbinenantrieb zur Herstellung von Mischfutter. Danach war nur noch das Kinderheim in Betrieb, über eine kleine Brücke ging es hinüber auf eine winzige Saaleinsel, auf der im Sommer ein sozialistisches Pionierlager betrieben wurde. Schließlich kam der Mauerfall und die Pionierorganisation ging. Das Gelände verwilderte eilig; Pläne, einen Jugendtreff und Jugendbildungseinrichtungen aufzubauen, scheiterten, nur zu ein paar anarchischen Rockkonzerten reichte die Kraft.
Auch mit denen war Schluß, nachdem es das erste Mal gebrannt hatte. Der Premiere folgten zwei weitere Großfeuer, Flammen schossen fast einhundert Meter hoch, die Bauhüllen aus Backstein, innen mit hölzernen Stockwerken gefüllt, blieben stehen, alles andere löste sich in Rauch auf. Achtzehn Jahre später ist die Szenerie apokalyptisch: Regen hat alle Rußspuren getilgt, die Wände sind sauber gebeizt, Treppen, Böden und Inneneinrichtung fehlen dennoch. Ein bizarres Bild, das die Folgen eines Großfeuers ohne Brandspuren zeigt.
Auch die hölzerne Brücke zum ehemaligen Pionierlager ist geschleift von den Jahren, von Kaminholzsuchern und Hochwassern. Das mehrere Fußballfelder große Trümmergelände direkt am Saaleufer gehört inzwischen wieder der Hildebrand`sche Mühlenwerke GmbH & Co. KG, die aber befindet sich anhaltend in Liquidation. Zuletzt tauchten Anteilsscheine an der ehemals florierenden Firma bei der Versteigerung des Reichsbankschatzes auf. Das Mühlengelände indes ist derzeit wieder bewohnt: Ein einsames Reh (Film oben im Abspann), so berichten Stammbesucher der idyllischen Ruinen am Ufer, lebe dort zwischen den zerfallenen Resten einer ehemaligen Autowerkstatt auf einer vorgeschobenen Halbinsel und den romantisch zugewachsenen Fabrikationsgebäuden der Mühle.
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Elegisch, elegisch ...
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