Sie sind überall, immerdar und jederzeit, omnipotent und unsichtbar zugleich. Sie stürzen Staaten ins Unglück, bestimmen darüber, wo sich die Volksmassen das Autofahren noch leisten können, entscheiden über Gold- und Baumwollpreise, haben den Orangensaft-Future im Griff und profitieren vom Zusammenbruch eines Großkonzerns mit derselben skrupellosen Schonungslosigkeit wie von seiner Weiterexistenz.
Früher gab es sie gar nicht (Grafik oben), später aber wurden sie immer mehr. Seit dem Mauerfall verzeichnet das unbestechliche Wortkonjunkturbarometer Google Timeline einen Anstieg des Vorkommens von Spekulanten um mehr als 600 Prozent: "Wettete" (Angela Merkel) noch kaum jemand auf den Untergang des sozialistischen Weltsystems, sind die Wetten auf ein Ausscheren Griechenlands aus dem Euro-System Legion.
Die Kulturgeschichte der Spekulation in der Moderne beginnt mit einem einzelnen Mann. Im September 1992, als Spekulanten noch Namen hatten, knackte der die Bank von England: George Soros hatte erkannt, dass das britische Pfund überbewertet war, konsequent setzte er darauf, dass sich eine solche Überbewertung auf Dauer nicht halten würde und er behielt Recht.
Dass Soros weder die Überbewertung ausgelöst noch ihr Ende herbeigeführt hatte, war anschließend schnell vergessen - und wird es immer mehr. Als im Sommer 1997 die Asienkrise ausbrach, waren so nicht wirtschaftliche und währungstechnische Ungleichgewichte schuld, sondern die Investoren, die darauf gesetzt hatten, dass Ungleichgewichte stets zum Ausgleich drängen. Dasselbe im Februar 2000, als die von beliebten Volksschauspielern heillos überteuert auf den Markt geworbene Volksaktie der Deutschen Telekom eine beispiellose Börsentalfahrt beginnt. Nein, nicht die Firma ist angesichts ihrer Wachstumsaussichten heillos überbewertet, tröstet die Politik, die mehrere Milliarden Gewinn aus dem Verkauf des Papiers zum Mondpreisen gezogen. Es sind die Spekulanten! Mit "massiven Leerverkäufen" (Hans Eichel) drückten sie die Aktie absichtlich, um billig einsteigen zu können!
Mit den Gewinnen, die sie kassierten, weil die Telekom-Aktie seitdem weitere 60 Prozent verlor, gingen die Spekulanten anschließend daran, den Ölpreis von einem Rekord zu anderem zu jagen. Als er bei 80 Dollar war, schimpfte die Politik erstmals lauthals über die durch nichts begründete Preistreiberei, bei 150 Dollar schließlich sahen das auch die Spekulanten so: Urplötzlich setzten sie auf fallende Notierungen, die dann auch prompt fielen, weil eine Weltwirtschaftskrise die Blase aus billigem Geld zum Platzen brachte, die Politikerentscheidungen großgepustet hatten.
Doch einfacher erklärt ist es umgekehrt. Nicht Biertrinken führt dann zu einem dicken Kopf, sondern leere Flaschen in der Wohnung, nicht Sex zu Schwangerschaften, sondern Fehler bei der Verhütung. Die Welt im Würgegriff geheimer Mächte, Preise und Werte festgelegt von klandestinen Zirkeln aus "Hegde Funds und Venture-Kapitalisten", wie Sigmar Gabriel nicht müde wird zu analysieren. Genauere Nachfragen allerdings gehen ins Leere: Wer sind diese Herren? Mit wem wetten sie? Wer hält denn da jeweils dagegen? Man kennt das noch aus der Grundschule: Wo keiner ist, der mit einem wetten will, bleiben Gewinne für gewöhnlich einfach aus.
Nicht so hier, an den "weltweiten Finanzmärkten", zumindest versucht die Politik das glauben zu machen. Was der Spekulant auch immer tut, er tut es um Schaden anzurichten, Länder zu ruinieren, Familien zu zerstören. Statt zu glauben, dass man ihm sagt, die Aktie der Deutschen Telekom sei 65 Euro wert, die Sparguthaben seien sicher und eine Griechenland-Anleihe eine seriöse Geldanlage, ruft der Spekulant dauernd "will sehen" wie ein Spieler, der seinem Gegenüber den Straigth Flush nicht glaubt.
Ein Unding, findet auch Angela Merkel. Wenn sie behaupte, sie habe einen Straight Flush, dann sei das als Tatsache zu behandeln, und wenn Europa einig sei, dass sich in Griechenland alles zum Guten wende, gebe es keinen Grund, daran zu zweifeln. "Es kann nicht sein, dass Spekulanten Profiteure der schwierigen Situation in Griechenland sind", sagt die frühere Klimakanzlerin, die darauf spekuliert, dass der Ruf "Haltet den Dieb" noch immer am wirksamsten von eigenem Raubzügen in die Brieftaschen der Bürger ablenkt.
Scharfe Maßnahmen braucht es auch nach Ansicht der SPD, um den "Blutsaugern" (Jacques René Hébert, 1793) am Volkskörper das schändliche Handwerk zu legen. Eine Börsenumsatzsteuer von 0,5 Prozent auf den gehandelten Kurswert könne "kurzfristige Spekulationen" eingedämmen, heißt es - der Prozentsatz sei so niedrig, dass er das Volumen die Börsenumsätze nicht beeinträchtigen werde.
Eindämmen durch nicht beeinträchtigen? Die SPD spekuliert offenkundig darauf, dass niemand richtig hinhört. US-Präsident Obama jedenfalls tut ihr den Gefallen und unterstützt "die europäischen Forderungen, Spekulanten stärker an die Kandare zu nehmen". "Die Presse" aus Österreich trötet noch ein einsames "verantwortlich für die Schwäche des Euro sind nicht Spekulanten, sondern fahrlässige und untätige Politiker. Der Euroverfall spiegelt lediglich die Erwartung der Finanzmärkte wider, dass die EU nicht in der Lage ist, die Griechenland-Krise einzudämmen und zu meistern. Und so falsch war die Einschätzung bisher nicht."
Die der Spekulanten schon gar nicht: Nach der Einführung des Euro wollte den erstmal niemand haben, der Wert der Einheitswährung fiel von 1,10 Euro pro Dollar auf 90 Cent (Chart). Zu groß waren Befürchtungen, die Aufnahme vieler hochdefizitärer Länder in die Währungsgemeinsachft könnte das Einheitsgeld zu einer Art Drachme mit begrenzter Haltbarkeit machen. Seinerzeit sprach niemand von einem "konzertierten Angriff" auf den Euro, niemand sah wegen der Währungsschwäche ein Ende Europas aufdämmern. Das wird erst behauptet, seit der Euro nach einem Höhenflug mit 70 Prozent Kursplus nur noch 40 Prozent mehr wert ist als kurz nach seiner Einführung.
Was hilfts, davon zu berichten? Dergleichen veralzheimert besser, wenn niemand dran rührt. "Der Spiegel" ist denn auch schon eine Ecke weiter: "Tatsächlich können Sparer, die an eine dauerhafte Euro-Schwindsucht glauben, ihr Portfolio entsprechend in Stellung bringen", empfiehlt das Sturmgeschütz im Krieg gegen das Spekulantentum seinen Lesern, die Sparer sind und keine Spekulanten, in einem spekulativen Text mit dem Namen "So profitieren Sie von der Euro-Krise".
Update: Nur 373 Jahre nach dem Ende des holländischen Tulpenbooms und acht Stunden nach dem PPQ-Text über Spekulanten (oben) dreht auch der Spiegel die Gewehre herum: Statt "So profitieren Sie von der Euro-Krise" heißt es jetzt "So funktioniert die Milliarden-Zockerei".
Früher gab es sie gar nicht (Grafik oben), später aber wurden sie immer mehr. Seit dem Mauerfall verzeichnet das unbestechliche Wortkonjunkturbarometer Google Timeline einen Anstieg des Vorkommens von Spekulanten um mehr als 600 Prozent: "Wettete" (Angela Merkel) noch kaum jemand auf den Untergang des sozialistischen Weltsystems, sind die Wetten auf ein Ausscheren Griechenlands aus dem Euro-System Legion.
Die Kulturgeschichte der Spekulation in der Moderne beginnt mit einem einzelnen Mann. Im September 1992, als Spekulanten noch Namen hatten, knackte der die Bank von England: George Soros hatte erkannt, dass das britische Pfund überbewertet war, konsequent setzte er darauf, dass sich eine solche Überbewertung auf Dauer nicht halten würde und er behielt Recht.
Dass Soros weder die Überbewertung ausgelöst noch ihr Ende herbeigeführt hatte, war anschließend schnell vergessen - und wird es immer mehr. Als im Sommer 1997 die Asienkrise ausbrach, waren so nicht wirtschaftliche und währungstechnische Ungleichgewichte schuld, sondern die Investoren, die darauf gesetzt hatten, dass Ungleichgewichte stets zum Ausgleich drängen. Dasselbe im Februar 2000, als die von beliebten Volksschauspielern heillos überteuert auf den Markt geworbene Volksaktie der Deutschen Telekom eine beispiellose Börsentalfahrt beginnt. Nein, nicht die Firma ist angesichts ihrer Wachstumsaussichten heillos überbewertet, tröstet die Politik, die mehrere Milliarden Gewinn aus dem Verkauf des Papiers zum Mondpreisen gezogen. Es sind die Spekulanten! Mit "massiven Leerverkäufen" (Hans Eichel) drückten sie die Aktie absichtlich, um billig einsteigen zu können!
Mit den Gewinnen, die sie kassierten, weil die Telekom-Aktie seitdem weitere 60 Prozent verlor, gingen die Spekulanten anschließend daran, den Ölpreis von einem Rekord zu anderem zu jagen. Als er bei 80 Dollar war, schimpfte die Politik erstmals lauthals über die durch nichts begründete Preistreiberei, bei 150 Dollar schließlich sahen das auch die Spekulanten so: Urplötzlich setzten sie auf fallende Notierungen, die dann auch prompt fielen, weil eine Weltwirtschaftskrise die Blase aus billigem Geld zum Platzen brachte, die Politikerentscheidungen großgepustet hatten.
Doch einfacher erklärt ist es umgekehrt. Nicht Biertrinken führt dann zu einem dicken Kopf, sondern leere Flaschen in der Wohnung, nicht Sex zu Schwangerschaften, sondern Fehler bei der Verhütung. Die Welt im Würgegriff geheimer Mächte, Preise und Werte festgelegt von klandestinen Zirkeln aus "Hegde Funds und Venture-Kapitalisten", wie Sigmar Gabriel nicht müde wird zu analysieren. Genauere Nachfragen allerdings gehen ins Leere: Wer sind diese Herren? Mit wem wetten sie? Wer hält denn da jeweils dagegen? Man kennt das noch aus der Grundschule: Wo keiner ist, der mit einem wetten will, bleiben Gewinne für gewöhnlich einfach aus.
Nicht so hier, an den "weltweiten Finanzmärkten", zumindest versucht die Politik das glauben zu machen. Was der Spekulant auch immer tut, er tut es um Schaden anzurichten, Länder zu ruinieren, Familien zu zerstören. Statt zu glauben, dass man ihm sagt, die Aktie der Deutschen Telekom sei 65 Euro wert, die Sparguthaben seien sicher und eine Griechenland-Anleihe eine seriöse Geldanlage, ruft der Spekulant dauernd "will sehen" wie ein Spieler, der seinem Gegenüber den Straigth Flush nicht glaubt.
Ein Unding, findet auch Angela Merkel. Wenn sie behaupte, sie habe einen Straight Flush, dann sei das als Tatsache zu behandeln, und wenn Europa einig sei, dass sich in Griechenland alles zum Guten wende, gebe es keinen Grund, daran zu zweifeln. "Es kann nicht sein, dass Spekulanten Profiteure der schwierigen Situation in Griechenland sind", sagt die frühere Klimakanzlerin, die darauf spekuliert, dass der Ruf "Haltet den Dieb" noch immer am wirksamsten von eigenem Raubzügen in die Brieftaschen der Bürger ablenkt.
Scharfe Maßnahmen braucht es auch nach Ansicht der SPD, um den "Blutsaugern" (Jacques René Hébert, 1793) am Volkskörper das schändliche Handwerk zu legen. Eine Börsenumsatzsteuer von 0,5 Prozent auf den gehandelten Kurswert könne "kurzfristige Spekulationen" eingedämmen, heißt es - der Prozentsatz sei so niedrig, dass er das Volumen die Börsenumsätze nicht beeinträchtigen werde.
Eindämmen durch nicht beeinträchtigen? Die SPD spekuliert offenkundig darauf, dass niemand richtig hinhört. US-Präsident Obama jedenfalls tut ihr den Gefallen und unterstützt "die europäischen Forderungen, Spekulanten stärker an die Kandare zu nehmen". "Die Presse" aus Österreich trötet noch ein einsames "verantwortlich für die Schwäche des Euro sind nicht Spekulanten, sondern fahrlässige und untätige Politiker. Der Euroverfall spiegelt lediglich die Erwartung der Finanzmärkte wider, dass die EU nicht in der Lage ist, die Griechenland-Krise einzudämmen und zu meistern. Und so falsch war die Einschätzung bisher nicht."
Die der Spekulanten schon gar nicht: Nach der Einführung des Euro wollte den erstmal niemand haben, der Wert der Einheitswährung fiel von 1,10 Euro pro Dollar auf 90 Cent (Chart). Zu groß waren Befürchtungen, die Aufnahme vieler hochdefizitärer Länder in die Währungsgemeinsachft könnte das Einheitsgeld zu einer Art Drachme mit begrenzter Haltbarkeit machen. Seinerzeit sprach niemand von einem "konzertierten Angriff" auf den Euro, niemand sah wegen der Währungsschwäche ein Ende Europas aufdämmern. Das wird erst behauptet, seit der Euro nach einem Höhenflug mit 70 Prozent Kursplus nur noch 40 Prozent mehr wert ist als kurz nach seiner Einführung.
Was hilfts, davon zu berichten? Dergleichen veralzheimert besser, wenn niemand dran rührt. "Der Spiegel" ist denn auch schon eine Ecke weiter: "Tatsächlich können Sparer, die an eine dauerhafte Euro-Schwindsucht glauben, ihr Portfolio entsprechend in Stellung bringen", empfiehlt das Sturmgeschütz im Krieg gegen das Spekulantentum seinen Lesern, die Sparer sind und keine Spekulanten, in einem spekulativen Text mit dem Namen "So profitieren Sie von der Euro-Krise".
Update: Nur 373 Jahre nach dem Ende des holländischen Tulpenbooms und acht Stunden nach dem PPQ-Text über Spekulanten (oben) dreht auch der Spiegel die Gewehre herum: Statt "So profitieren Sie von der Euro-Krise" heißt es jetzt "So funktioniert die Milliarden-Zockerei".
Sie hätten ja auch titeln können: "Bedingt abwertungsbereit".
AntwortenLöschenDieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenverwirrung macht sich breit. die von mir sonst geschätzte nzz schreibt "Die EU und der Internationale Währungsfonds wollen hochverschuldete Euro-Länder mit einem riesigen Schutzschirm von 750 Milliarden Euro vor dem Zerfall bewahren", obwohl es doch darum geht, nicht länder, sondern die eurozone als solche vor dem zerfall zu retten.
AntwortenLöschenWirklich erstaunlich, daß bei solchen Sachen plötzlich immer genügend Geld da ist.
AntwortenLöschenich hätte auch immer genug im mund, um vor denen auszuspucken. das prinzip ist dasselbe: wenn nichts da ist, macht man sich was.
AntwortenLöschenwenn die ezb die bonds der eu kauft, ist doch alles in butter. geld entsteht dann, indem mans vom konto abhebt. oder einfach erklärt: meine schwester gibt bei mir ihre alte mikrowelle in zahlung, um die raten für die mikrowelle bezahlen zu können, die sie früher bei mir gekauft hat. ich weise die mikrowelle bei der bank als sicherheit vor, die bank bin ich aber auch gleich noch selber, ich buche die mikrowelle also nur als sicherheit. das ist nachhaltigkeit! geschlossene kreisläufe! perpetuum mobile!
Ein Abwehrschirm voller Geldscheine. Daran werden die Schwärme der Spekulanten abprallen und taumelnd zur Erde stürzen. So viel ist sicher.
AntwortenLöschennach der ankündigungsorgie von scharfen maßnahmen ende letzter woche haben alle schlauen spekulanten auf einen steigenen euro gesetzt. sind die jetzt die guten?
AntwortenLöschenSpekulaten sind doch nur ein Gruppe der Aasgeier dieses schwer krebskranken Systems. Der Krebs ausgelöst durch ein absurdes Zinseszinssytems an dessen Ende immer der Wirtsköper erliegt und die Aasgeier weiterziehen.
AntwortenLöschenHat schon jemand ausgerechnet, wieviele Fantastilliarden die Exportnazis aus der Zinsdifferenz einstreichen werden? Ich schätze mal ganz viele.
AntwortenLöschenmüssen sie ja auch, weil der zins zwar gezahlt werden, der kredit aber nie beglichen werden wird
AntwortenLöschenEin wahres Wort, Nivodiwe.
AntwortenLöschenIch sage nur: Zinsknechtschaft.
Aber das weißt Du ja schon lange.
Spekulanten.
AntwortenLöschenEines der wenigen Worte, wo es pc zu sein scheint, nur die männliche Form zu benutzen.
Spekulantinnen und Spekulanten wehrt Euch!
Weiterziehen werden alle Aasgeier bis auf den, der ein schwarz rot gelbes Federkleid trägt. Der wird den Zinsknechten als Schuldiger vorgeworfen werden, da er sich an der Zinsdifferenz zu Lasten seiner Freunde und Partner gemästet hat. Vielleicht ist noch Zeit ein Mahnmal wider den verbrecherischen Exportwahn zu bauen und Busse dafür zu tun, Europa erneut ins Elend gestossen zu haben.
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