Mittwoch, 28. April 2010

Spekulanten retten Griechenland

Raustreten zum Retten! Erneut sind es die Spekulanten, die zuerst zur Stelle sind, um hilfreich einzugreifen. "Griechenland steht mit dem Rücken zur Wand", trompetet der Newsletter derspekulant.ch, jetzt aber sei es Zeit, die Wetten auf einen Staatsbankrott zu schließen und darauf zu setzen, dass die griechische Krankheit heilbar sei.

"Das Land hat mit geschönten Statistiken die Aufnahme in die Euro-Zone erreicht und einige Zeit lang von den daraus resultierenden niedrigen Zinssätzen profitiert", analysieren das Sprachrohr des schnellen Geldes, das innerhalb einiger Monate vollbracht hatte, was der gesamten EU-Bürokratie zuvor neun Jahre lang nicht gelungen war: Griechenland die Rechnung dafür zu präsentieren, dass das Land seit mehr als einem Jahrzehnt exzessiv über seine Verhältnisse lebte. Die älteste europäische Demokratie importierte mehr, als sie bezahlen konnte, sie lieh sich notgedrungen Geld, um es für Verbrauchsgüter auszugeben. Das Ende vom Lied, so der Spekulant: "Die Zinsen zeigen Panik, zweijährige Staatsanleihen bieten aktuell Renditen von über 20 %, während mittel- und längerfristige Anleihen deutlich niedrigere Renditen abwerfen" Das sei ein klares Zeichen dafür, dass die Angst vor den möglichen Ereignissen in den nächsten Wochen größer ist als etwa die Angst vor dem, was in zehn oder 30 Jahren passieren könnte.

Doch ist diese Angst wirklich begründet? Wird nicht die restliche EU alles tun, um die Griechen herauszuboxen - und sei es nur, um das eigene Überleben zu sichern? Ja, meinen die Profi-Spekulanten aus der Schweiz: "Wir gehen davon aus, dass die ersten Auszahlungen aus dem beschlossenen Hilfspaket von Euro-Staaten und IWF Beruhigung bringen werden." Man müsse das 'Problem Griechenland' im Rahmen des großen Bildes sehen, dann sei es "überschaubar", denn die griechische Wirtschaftsleistung von 0,3 Billionen Dollar sei im Vergleich zur Gesamtwirtschaftsleistung der von über 16 Billionen kaum mehr als eine Marginalie.

Die nächste Runde der Spekulation könnte folglich in Richtung Erholung gehen, gerade weil noch nichts darauf hindeute. Der frühe Vogel fängt den Wurm, der schnelle Spekulant lege sich die bis 20.3.2012 laufende griechische Euro-Anleihe mit der Wertpapierkenummer A0T6US zu einem Kurs von nur noch 74 Prozent des Nominalwertes ins Depot. "Das entspricht einer Rendite von 20 Prozent", rechnet der Börsenbrief vor. "Kommt die von uns erwartete Stabilisierung, sollten wir hier mittelfristig wieder Kurse um 100 % sehen können." Dann wäre der Spekulant reich. Und Griechenland gerettet.

Update: Ergänzend entdeckt jetzt auch die Welt die gesundende Kraft der Spekulation.

4 Kommentare:

  1. VolkerStrammApril 28, 2010

    https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=10985

    Wird wohl nichts nützen, bitte trotzdem mitmachen.

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  2. Was mich vollends begeistert - ehrlich gesagt, ist dies den diversen Politbüros nie gelungen - ist, daß es gelungen ist, eine Bevölkerung komplett zu sedieren.

    Daß sich PolitikerInnen ernsthaft hinstellen und sagen können, "man sollte sich an die eigene Nase fassen", "denen in Brüssel hätte es doch auffallen müssen" (Künast) oder etwas von "Banken in Deutschland" und "Bestechung von Siemens" (Lafontaine) ohne Angst vor einem wütenden Mob zu haben, läßt mich tief bewundernd zurück.

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  3. gestern hörte ich jemanden vom "geburtsfehler" des euro sprechen, ganz in diesem tiefen ton der innersten überzeugung. kohl und waigel, sagte der mann, hätten damals ganz schön viel falsch gemacht.

    mir als älterem vorruheständler fiel dann aber leider ein. wer damals noch mnister war. und es immer noch ist.

    aber weil der sprecher von der cdu war, hat der eben auch nichts falsch gemacht, der wolle schäuble

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  4. "Man" wollte die EU-isierung Europas in des Wortes wahrer Bedeutung "koste es, was es wolle".

    Die Kritik an Kohlibert könnte aus KMU- oder konservativer Ecke kommen aber doch nicht ausgerechnet von denen, die gar nicht schnell genug in´s Boot (oder auf einen Brüsseler Posten) springen konnten.

    Tja, die guten Zeiten, als man D. noch als Frontstaat(en) brauchte, sind vorbei, jetzt heißt es "Schafschur" ... und wir stehen mE auch erst am Anfang der Rasur.

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