Es ist eine "völlig neue Qualität" (Bayerns Innenminister Joachim Herrmann) von Qualitätsjournalismus, die der renommierte "Spiegel" seinen Lesern als Ergebnis einer jahrelangen Diskussion um Urheber- und Verwertungsrechte stolz präsentiert: Auf seiner Internetseite bettete das frühere Enthüllungsmagazin ein Youtube-Video mit selbstaufgesprochenem Kommentartext ein und kennzeichnete das so entstandene "Werk" selbstbewusst mit dem Vermerk "Video: Spiegel Online". Auch n-tv, seit Jahren Heimatsender des ehemaligen Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler, war beim selben Video nicht zimperlich. Nur hier lautete der Quellenvermerkt natürlich "n-tv Video".
Angesichts der offensichtlich ganz absichtlich verfälschten Quellenangaben hat PPQ sich seiner von der Leserschaft immer wieder eingeforderten Blogwartsfunktion besonnen und den Deutschen Presserat alarmiert, der sich höchste Aufgabe gewählt hat, "das Ansehen der Presse zu wahren und für die Pressefreiheit einzutreten". Immerhin gilt Quellenverfälschung gilt als journalistische Todsünde, Quellenraub führte in den guten alten Zeiten der Schreibmaschine sogar zur sofortigen Exkommunikation ganzer Schreibschulen.
Entsprechend brach offenbar helle Aufregung beim Presserat auf, denn der reagierte prompt. "Hiermit bestätigen wir dankend den Eingang Ihrer Beschwerde. Darin beschweren Sie sich über verfälschte Quellenangaben", erfahren wir staunend. Und das Staunen wird noch größer: "Wir bitten Sie um Nennung Ihrer vollständigen Anschrift", teilt das Presseratssekretariat nun mit, "damit wir Ihre Beschwerde bearbeiten können".
Die Beschwerdeordnung des Deutschen Presserats sehe vor, dass Beschwerden, die im Beschwerdeausschuss behandelt werden, dem Beschwerdegegner zugeleitet werden, "um diesem die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben bzw. ihm die Möglichkeit einzuräumen, sich einvernehmlich mit dem Beschwerdeführer zu einigen", heißt es abweichend vom Originaltext der Beschwerdeordnung, in der nirgendwo die Rede davon ist, dass eine Beschwerde beim Presserat nur unter Abgabe der vollständigen Wohnadresse möglich ist.
Aber wenn es der Sache dient, muss der Datenschutz zurückstehen. Wer nichts zu verbergen hat, muss auch nichts fürchten, nicht einmal vom "Spiegel". "Bitte teilen Sie uns kurz mit, ob Sie Ihre Beschwerde unter Nennung Ihres Namens aufrecht erhalten möchten", fordert die Frau vom Presserat. Also dann, kurz gesagt: Ja.
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