Mittwoch, 10. Februar 2010

Safer Surf im Dorf

Er heißt ein wenig geheimnisvoll "Safer Internet Day", was sich so einfach nicht aus dem Englischen übersetzen lässt: Ist das der Tag, an dem das Internet sicher ist? Der Tag, von dem an es sicherer zu werden verspricht? Ein Tag der Hoffnung jedenfalls für alle, die von elektrischen "Abzockern" (Bild) gequält, um ihre selbstgemachten Heimpornos betrogen und mit Spam überschüttet werden.

Naturgemäß lässt sich das durch alle Medien kollernde Phänomen des "SID" nicht im Ansatz erklären, ohne den Qualitätsjournalismus des "Nachrichtensenders" MDR Info zu Hilfe zu nehmen. Es moderiert Heiner Martin, Eingeweihten bis zu diesem Moment als einer der letzten gelegentlich journalistisch tätigen Mitarbeiter der Gebührenverbrauchsanstalt bekannt. Martin steht heute an einem Ende einer "Schalte" zum "Safer Internet Day", der ortsgebunden "in Köln" angetreten war, das weltweite Datennetz endlich sicherer zu machen, am anderen ein namensloser Nachwuchskader, der sich mit nonchalanter Selbstverständlichkeit als Advokat eines umfassenden und sowieso unvermeidlichen Zensursystems gibt,

Distanz zum Objekt braucht er nicht, um hellstens zu scheinen. Den Konjunktiv kennt der Außenposten der elektronischen Menschenrechte auch nicht. In seiner Welt ist alles, wie es ihm gesagt wird - und zwar so: Das Internet wird "immer komplexer". "Für den einzelnen Nutzer" sind die Abgründe, Risiken und Gefahren des Netzes "nicht länger überschaubar". Deswegen, das ist nun naheliegend, "muss" hier der "Gesetzgeber tätig werden" und einen "Rahmen" schaffen, der die Ahnungslosen in den virtuellen Weiten vor sich selber
schützt.

Während die böse "Online-Industrie" nur an die Eigenverantwortung der Nutzer appelliert, liegt es für "Verbraucherschützer auf der Hand", dass "schärfere Richtlinien" erlassen werden und viele, viele Verbote folgen müssen, die die "Abzocke" der Ahnunglosen regulieren und reglementieren.

Dazu gehört nach Angaben von MDR Info beispielsweise, dass die Datenmenge, die Nutzer von "Sozialen Netzwerken" dort angeben können, begrenzt wird. Name, Haarfarbe, Lieblingshunderasse, Schluß. Der "Nutzer", in den Augen von Regierung, Verbraucherschutz und Gebührendudelfunk ein debiles, betreuungsbedürftiges Wesen, wüsste ja gar nicht, was mit seinen "Daten geschehe". Schaut sie sich jemand an? Nutzt sie ein anderer wie früher das Telefonbuch? Um Kontakt aufzunehmen?

Den Netzwerken vorzuschreiben, so heißt es beim "SID", dass die "Grundeinstellungen" für die Datensichtbarkeit immer nur "nicht zeigen" lauten müsse, könne hier nur ein "allererster Schritt" sein. Denn wer lese auf solchen Seiten "schon das Kleingedruckte"? Der Nutzer, ein ziellos durchs Leben treibendes Stück Unwissenheit, sei
ja "oftmals völlig unbedarft". Daher seien "die Networks in der Pflicht", nur wie die aussehen müsse, wisse man noch nicht: das Kleingedruckte größer schreiben? Netzwerken mit Echtdaten verbieten?

Die sicherste Lösung wäre das, denn besonders kritisch ist es nach den vom MDR aufgeschnappten Informationen "um Kinder bestellt". Kinder, die sich auf Social Networks als solche zu erkennen gäben, zögen "Pädophile" an wie das Licht die Motten. Es fängt, so lässt sich das knapp zusammenfassen, mit Facebook an und endet als Kinderfick. Das ist neu, das hat der MDR ganz allein herausgefunden.

Auch das Rezept hat er parat: Zur Sicherheit sollten die von Nutzern zu veröffentlichten Informationen generell "einer Limitierung" unterliegen. Andererseits seien aber auch
die Jugendlichen selbst in der Pflicht, sich als solche "nicht zu erkennen zu geben". Das findet auch die Landwirtschaftsministerin, Oberverbraucherschützerin, Netzsicherheits-Expertin und Hobbykarnevalistin Ilse Aigner, von der ihre Fans behaupten, dass sie ein Satellit wäre, wenn Dummheit fliegen könnte. Sie plädierte nach aufwendigen MDR-Recherchen "am Rande des Safer Internet Days" entschlossen für die "Einführung eines Internet-Führerscheins", mit dem "junge Online-Nutzer" ihre Befähigung zur Nutzung der "Datenautobahn" (Helmut Kohl) nachweisen sollten. Als Vorbild nennt Aigner den "Fahrradführerschein in der DDR", seinerzeit eine Errungenschaft der Weltrevolution, heute aber leider vergessen.

Man müsse, so Ilse Aigner, "dieses Projekt in die Schulen tragen", auch wenn "die genaue Ausgestaltung" der Beschneidung des Informationsrechtes junger Staatsbürger "noch unklar" sei. Ein Anfang aber ist gemacht. Safer Surf im Dorf: Nichts Anderes hätte ein Reporter des DDR-Staatsfunks anno 1987 erzählt. Für seinen Auftritt kam nur das Internet zu spät.

5 Kommentare:

  1. Irgend so eine Tante hat im Radio gesagt, daß man die Nutzer von sozialen Netzwerken nicht einfach so "searchen" können soll.

    Da habe ich den Player geclosed, den Laptop downgeshuttet und bin leise cryend ins Bed.

    "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten."

    Wenn sich alle Politiker an diese kleine Weisheit von Herrn Nuhr halten würden, was käme dann in den Qualitätsmedien? Und über wen würde ppq herziehen? Am Ende über die Blogleser, und das wollen wir doch auch nicht, oder?

    AntwortenLöschen
  2. diese frau ist eine neu- bzw. eine wiederentdeckung. sie hat potenzial zu einer ganz großen der absurden unterhaltung

    AntwortenLöschen
  3. VolkerStrammFebruar 10, 2010

    Es liegt wohl am Alter, man wird sentimental.
    Vielleicht ist es Verklärung der Vergangenheit. Aber in meiner (vielleicht falschen) Erinnerung war die abgebildete Tastatur einfach gut.
    Meine aktuelle ist 10 Jahre alt und ... ähem ... nicht mehr ganz sauber. Aber wenn ich im Mediamarkt die Ausstellungsstücke teste – nur Mist.
    Das alte Gerät war nicht ganz leicht (handgeschätzt 5 Kilo), aber funktioniert hat das Teil.
    .
    Es gab Zeiten, da war Nuhr ein wirklich guter Komiker.
    Vorbei.
    Heute möchte man diesem Regierungssprecher am liebsten zurufen:
    "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten."

    AntwortenLöschen
  4. An meinem PC tut eine über 10 Jahre alte Tastatur ihren Dienst: Cherry (mit Tastenklick).
    Sie wird gelegentlich demontiert und gereinigt. Ich werde sie nutzen, solange es geht.


    Nuhr hats auch nicht so einfach.
    Nachdem er immer mal die Wahrheit sagte, war es aus mit Fernsehauftritten. Da half auch die Narrenkappe nicht.

    AntwortenLöschen
  5. ich ahne jetzt, warum es mit dem konsum klemmt.

    AntwortenLöschen

Richtlinien für Lesermeinungen: Werte Nutzer, bitte beachten Sie bei ihren Einträgen stets die Maasregeln und die hier geltende Anettekette. Alle anderen Einträge werden nach den Vorgaben der aktuellen Meinungsfreiheitsschutzgesetze entschädigungslos gelöscht. Danke.