Am Boden der Tasse sitzt das Dicke, beim "Gedenken an die Zerstörung durch alliierte Bomben vor 65 Jahren" allerdings hockt es zur Abwechslung mal in der Timeline der Googlesuche (oben). Denn was heute so scheint, als werde das seit 1945 übliche Gedenken an die Bombardierung Dresdens im Februar 1945 durch englische und amerikanische Kampfflieger zum wiederholten Male von Rechtsextremen "für ihre Zwecke missbraucht", sieht in der Rückschau anders aus: Bevor die braunen Horden in schwarzer Straßenschlachtttracht anno 1999 zur ersten Mißbrauchsdemo antraten, gab es kein großes öffentliches und schon gar kein offizielles Gedenken an die Opfer des Flächenbombardements.
Erst der Widerstand gegen den Mißbrauch des Datums durch die "Falschen" (MDR) und den Versuch, durch die Erinnerung an zivile deutsche Opfer "die Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg zu leugnen" (Die Zeit) gebahr die Erinnerung; erst die Auseinandersetzung um das richtige Erinnern machte die Toten des Dresdener Feuersturms zum brandheißen Nachrichtenthema.
Zuvor war da nichts. Bis 1994 scherten sich weder Links noch Rechts noch Mitte um die nach letzten amtlichen Berechnungen 25.000 Toten. Gedacht wurde der Toten von Coventry, Streit gab es auch um ein Denkmal für Sir Arthur Travers Harris, genannt Bomber-Harris", den Erfinder der „Area Bombing Directive“ und Entwickler der "Feuersturm"-Strategie des britischen Luftfahrtministeriums. Doch es dauerte bis zum 50. Jahrestag der Bombenabwürfe, ehe das große "Trauern, um zu überwinden" wegen des "deutschen Hiroshima ohne Atombombe" (Die Welt) in Mode kam.
Zum runden Geburtstag eilte Bundekanzler Helmut Kohl 1995 selbst nach Dresden, um bei einem "Ökumenischen Gottesdienst mit Friedens-Fürbitte" allerlei europäischer Städten zu gedenken, die im Zweiten Weltkrieg zerstört worden waren. Vorsichtshalber hatte die Polizei NPD-Chef Günther Deckert zuvor in Gewahrsam genommen, um "befürchtete Demonstrationen Rechter" (Berliner Zeitung) zu verhindern. Rechte, damals üblicherweise noch "Rechtsradikale" genannt, nahmen das als Einladung. 1998 versuchten ein paar Dutzend einheimische Rechtsradikale zur Frauenkirche zu gelangen, wurden dabei von der Polizei eingekesselt. Sie sangen daraufhin Protestlieder. Im Jahr danach kamen schon 200, anno 2000 organisierte die Junge Landsmannschaft Ostpreußen dann erstmals einen nächtlichen „Trauermarsch“, an dem etwa 500 Personen teilnahmen.
In nämlichem Jahr entdeckte die "Welt" in Dresden einen "technisch-industriellen Massenmord", davon abgesehen aber blieben die Krokodilstränen weiter weitestgehend unbeachtet. Im Jahr 2002 ließ sich die Schweizer NZZ in einer Buchbesprechung zum Feuersturm in Dresden aus, 2004 warnte die tazdie britische Königin vor einer "förmlichen Entschuldigung" für die Zerstörungen im Bombenkrieg, denn damit könne sich "bei den falschen Leuten beliebt machen."
Der Durchbruch durch die wahrnehmungsschwelle kam erst, als der NPD-Abgeordnete Jürgen Gansel die Angriffe der Alliierten auf Dresden im Jubiläumsjahr 2005 im sächsichen Landtag als "Bomben-Holocaust" bezeichnete. Jetzt konnte ein Aufschrei durch die Magazine gehen, für die das Thema bis dahin nie eines gewesen war.
Der Rest ist eine einzige Erfolgsgeschichte: Bereits zwei Wochen später entdeckte die Netzeitung, dass in Dresden "Nazis versuchen, das Gedenken für Propaganda zu nutzen" und die "Dresdner sich diesen Missbrauch verbitten". Wie weiland Helmut Kohl zum 50. war nun Gerhard Schröder zur Stelle, um "jedem entgegentreten, der versuche, die Geschichte umzudeuten". Ein "großes Polizeiaufgebot sollte ein Aufeinandertreffen von Anhängern der linken und rechten Szene beim Gedenken an die Bombennacht" (Der Spiegel) verhindern.
Seitdem hat sich der Deutungskampf um die Bomben auf Dresden zu einem nationalen Ereignis mitten in der Karnevalszeit entwickelt. Je länger der Angriff der 450 Bomber selbst her ist, desto energischer wird seiner gedacht. 2006 wurde 1700 Polizisten eingesetzt, um Rechte und Gegendemonstranten zu trennen, 2007 waren es schon 2800, 2009 dann 4500. 2010 mobilisierte die Polizei 5693 Beamte. Geht es in diesem Tempo weiter, müssen noch vor dem Jahr 2015 rund 20000 Beamte am 13. Februar Wacht an der Elbe halten, vor 2020 wären mehr als 60000 Einsatzkräfte nötig und spätestens 2030 überträfe die Zahl der zur Gedenksicherung mobilisierten Ordnungshüter die der Einwohner Dresdens.
Mit der Zahl der Einsatzkräfte stieg die Zahl der Schlagzeilen.
Aus den "Rechtsradikalen" der Anfangszeit wurde nach und nach "Rechtsextreme" - in aktuellen Medienberichten ist 1613 Mal von "Rechtsextremen", jedoch nur noch 49 Mal von "Rechtsradikalen" die Rede. Im Streit um die Vergangenheit wird verbal aufgerüstet. Schon im Vorfeld kamen jetzt allenthalben Opfer der Bombardements zu Wort, die ein würdiges Gedenken anmahnten. Obgleich keine runden Geburtstage zu feiern waren, zeigten plötzlich Spitzenpolitiker "Gesicht" (Angela Merkel), Gewerkschaften riefen zu Gegendemonstrationen auf, der Landtag änderte das Versammlungsgesetz, um künftige Demonstrationen vorbeugend zu verhindern und Anti-Nazi-Bündnisse names "No Pasaran" und "Dresden Nazifrei" wollen sich das Gedenken, das es noch zehn Jahre zuvor gar nicht gegeben hatte, nun auf keinen Fall wegnehmen lassen.
Live wird im Netz vom Widerstand berichtet. Menschenketten allüberall, die Blockade hält, die Fronten stehen. "Große Freude beim Bündnis "Dresden Nazifrei!" und den tausenden UnterstützerInnen aus ganz Deutschland" am Ende: "Der rechtsextreme "Trauermarsch" durch Dresden wurde durch Massenblockaden erfolgreich verhindert", feiert Endstation rechts einen Erfolg zivilgesellschaftlichen Engagements. "Hätte ich gäwosst, dass man mit Händchenhalten marschierände Hordän aofhalten kann,", twittert derweil Der Führer, "hätte ich das för die Verteidigong Bärlins bäfohlen".
Ja, so ist das. Je länger die Bombardierung zurückliegt, umso intensiver das Gedenken. Ist wie mit dem Widerstandskampf gegen Hitler. Je länger der tot ist, umso mehr bläst der Widerstandswind couragiert in seine Asche.
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Im Ernst,
inwieweit der 13. Februar für die Auswärtigen eine Rolle spielte, kann ich nicht beurteilen. Aber der Tag gehörte schon immer (auch zu sozialistischen Zeiten) zur dresdner Politfolklore. Larmoyantes Selbstmitleid, das mir von Anfang an auf die Ketten ging.
"Dresdner Politikfolklore" ?
AntwortenLöschenGibt es noch die schöne Inschrift "rechts neben dem Eingang" vom Zwinger ?
Es ging wohl weniger um "Selbstmitleid", sondern um *hüstel* politische Instrumentalisierung, wie man bei dem Studium der Schriften O. Groehlers nachlesen kann.
Man sollte allerdings nicht vergessen, daß "gesamtdeutsch" durch Grass´ *Krebsgang* und Friedrichs *Brand* Erinnerung "erlaubt" wurde.
Friedrich, das für die Nicht-Kenner, gilt als Linker und hatte sich um die Vergangenheitsbewältigung verdient gemacht - deshalb auch die (weitestgehend) positive Resonanz auf sein Buch.
das buch wars, das die NZZ seinerzeit besprochen hatte
AntwortenLöschenNatürlich, Herold, politische Instrumentalisierung. So konnte man ja wunderbar die Verkommenheit des Kapitalismus aufzeigen. Seht her, egal ob deutsche oder amerikanische, alle sind gleich schlecht.
AntwortenLöschenDas ändert aber nichts daran, dass Dresden sich mit seinem Selbstmitleid schon von anderen (ebenfalls total zerstörten Städten) abhebt.
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Was meinst Du mit "rechts neben dem Eingang"?
Im(!) südlichen Eingang des Zwingers gab es rechts an der Wand noch Anfang der 90iger ein Gedenktafel.
AntwortenLöschenNunja, eventuell könnte man denn doch mal nachfragen, warum Helsinki http://en.wikipedia.org/wiki/Bombing_of_Helsinki_in_World_War_II denn nicht das gleiche Schicksal wie Dresden und andere Städte in Deutschland erlitt. Wobei in besagten Angriffen etliche Piloten Amerikaner waren, die in sowjetischen Uniformen Dienst taten, da die USA mit Finnland (noch) nicht im Kriegszustand waren. Tja, wo waren bei der Bombardierung Dresdens die in Helsinki so erfolgreich eingesetzten 8.8-Geschütze? Ah, an der Ostfront, um den Halunken noch ein paar Wochen Frist herauszuschinden!
AntwortenLöschenGenerell wird ja den Alliierten so eine Art Allwissenheit unterstellt, so als hätten einheimische Dresdner Stadtbauingenieure die Angriffe geflogen oder geplant.
Nun, meine lieben Leserinnen und Leser: Wer Krieg führt, noch dazu den totalen, der muss auch alle Tücken kennen und nicht überrascht sein, dass der Feind Waffen hat und die auch einsetzt. Denn den „Eliten” in Deutschland waren die Bombenopfer herzlichst egal, es wurde allerhöchstens beklagt, dass der Feind Waffen einsetzte. Wie gemein!
Stuff
Der Austausch der Rechtsradikalen durch Rechtsextremisten stimmt nur bedingt, ins Spiel kommen auch noch die Neonazis (das sind die mit den Hakenkreuzarmbinden und Hitlerschnauzbärtchen). Die Nachrichten meldeten nämlich, daß x-Tausend Menschen gegen Neonazis protestierten.
AntwortenLöschenAuf der einen Seite also Menschen, auf der anderen Neonazis. Diese werden sich wohl dementsprechend selbst als Unter- oder als Übermenschen ansehen.
nwr: das ist sicher richtig. aber guck mal bitte in früheren berichten, auch das ist als synonym zu "rechtsradikalen" immer mal von neonazis die rede. inzwischen aber hat die formulierung "rechtsradikale" beinahe durchweg dem martialerischen "rechtsextreme" platz gemacht - der unterschied ist nicht nur für feinschmecker wichtig, weil radikal hierzulande jeder straflos sein kann, so lange er nicht extremistisch wird. extremist sein ist strafbar.
AntwortenLöschen"rechtsextremistisch"?
AntwortenLöschenSchön wär´s!
"Dresden wehrt sich gegen Rechts" bringt 1.370 Google-Treffer,
"Dresden wehrt sich gegen Rechtsextremismus" aber nur 1 (in Worten: einen).
"Kampf gegen Rechtsextremismus" findet Google 27.900 mal, "Kampf gegen Rechts" fast doppelt so oft, nämlich 51.400 mal.
"rechte Gewalt" gibt es 110.000 mal, „rechtsextreme Gewalt“ 12.200 und "rechtsextremistische Gewalt" gar nur 11.200 mal.
Man muss heute gar nichts mehr tun, um als "Rechts" (also NS-Verbrecher) eingestuft zu werden. Den Schlägerkommandos der Antifa-SA nicht die Ehrerbietung zu erweisen oder denen kein Schutzgeld zu zahlen reicht heute schon für das Verdikt.
wir haben es hier mit einer steigerung zu tun: rechts ist das ganz allgemeine, rechtsradikal die nächste stufe, rechtsextrem das schlimmste, quasi käme dann nur noch rechtsterroristisch.
AntwortenLöschennun ist es aber so, dass zwischen rechts und rechtsextremistisch nicht mehr viel ist. rechtsradikal, früher die am meisten genutzte weil auch korrekte bezeichnung, wird inzwischen vermieden und gleich zum "rechtsextremistisch" gegriffen. google das anhand von dresden (google news), wirst sehen, es ist zieml,ich eindeutig