Mittwoch, 20. Januar 2010

Verbot der Woche: Gefährliche Demonstrationen

Mutige Initiative des sächsischen Landtages im Kampf gegen womöglich politisch nicht mehrheitsfähige oder sogar unappettitliche Versammlungen und Zusammenrottungen. Um Aufläufe von unsympathischen, ewiggestrigen oder nicht in Bundestagsparteien vertretenen Menschengruppen künftig unterbinden zu können, haben die Parlamentarier in Dresden das sächsische Versammlungsgesetz verschärft. Künftig können Demonstrationen an Orten, die die Koalitionsparteien per Gesetz festlegen können, verboten werden, wenn die Koalitionsparteien der Meinung sind, dass es für Land und Menschen nicht gut ist, wenn sie stattfinden. Vorerst verbietet das Gesetz öffentliche Kundgebungen am Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, der Frauenkirche in Dresden und Teilen der dortigen Altstadt am Jahrestag der Vernichtung durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg, im Gespräch ist eine Erweiterung auf das Gebiet der Fichtelbergschanze, an der der Skispringer Jens Weißpflog für die DDR-Diktatur seine größten Erfolge feierte, die Leipziger Innenstadt, in der seinerzeit der berüchtigte "Gammleraufstand" spielte, und auf die Region um Weimar, in deren Mitte das von verschiedenen Diktaturen genutzte Lager Buchenwald liegt. Dazu müsste Thüringen das entsprechende Gesetz nur übernehmen, Sachsen wäre jedoch, so hieß es, bereit, dem anderen Freistaat einen guten Preis zu machen.

Es handele sich bei der im Rahmen der PPQ-Aktion "Verbot der Woche" beschlossenen Suspendierung der grundgesetzlich garantierten Versammlungsfreiheit um ein wichtiges politisches Zeichen gegen Extremisten und andere nicht demokratisch legitimierte Grundgesetzfeinde, versicherten Vertreter von CDU und FDP. Im ersten Zugriff könne mit dem Gesetz den alljährlichen ärgerlichen Demonstrationen von Neonazis in Dresden begegnet werden. Später sei es dann möglich, auch andere Orte und Daten vor anderen nicht vorzeigbaren Demonstranten zu schützen.

Die Opposition im Landtag zeigte sich störrisch und uneinsichtig. Linkspartei, Grüne und SPD kündigten eine Klage vor dem Landesverfassungsgericht an. Angeblich müsse Extremismus politisch bekämpft werden, nicht durch eine "Aushöhlung von Grundrechten". Vorsichtshalber wurde nicht öffentlich zu Demonstrationen vor dem Landtag aufgerufen, denn die wären wegen der geltenden Bannmeilen-Regelung illegal. Sprecher von Bürgerinitiativen schlugen vor, eine Demonstrationsgesetz zu verabschieden, dass Orte benennt, an denen Demonstrationen uneingeschränkt und öffentlich möglich seien. Denkbar sei die Austragung etwa in den aufgelassenen Urangruben der Wismut AG. "Dort stört es keinen", hieß es.

10 Kommentare:

  1. Mutige Initiative?
    Nein!
    Couragierte Initiative.

    Es heißt ja auch nicht
    "Es lebe der Mut",
    sondern
    Vive le courage

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  3. Sehr schöner Vergleich, Volker, doch leider ist der Verein scheintod, denn die letzte Neuigkeit stammt aus 08/2009. Und die wiederum lautet: Tanze gegen den Rassismus.

    Wie das wiederum gehen soll, weiß ich nicht, gebe aber auch ehrlich zu, daß ich noch nie in meinem Leben gegen Rassismus getanzt habe. Vielleicht geht's ja doch.

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  4. Mag ja sein, daß von Halle aus Weimar »irgendwie in Richtung Sachsen« zu liegen scheint, aber von Sachsen aus gesehen ist der Ettersberg immer noch westliches Ausland und damit auch dem Zugriff sächsischer Legislative entzogen.

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  5. "Vive le Courage e.V.
    Ernst-Thälmann-Straße 55
    04769 Mügeln"

    Haben die eigentlich auch noch eine Stalinallee?

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  6. Ich finde, es muß den verfassungsfeindlichen Subj ...äh... Demonstrierenden auch klar gesagt werden, was und wo sie demonstrieren dürfen, z.B.

    "02.02.2010 16:00 Demonstration vor dem roten Ochsen in Halle.
    18:00 Demonstration im roten Ochsen von Halle."

    Schlecht ist natürlich, wenn sich die Parteien des nationalen Blocks nicht einig sind und unterschiedliche Auffassungen von der zu regulierenden Meinungsfreiheit haben !

    P.S. Ich wäre dafür, rund um das Merseburger Südeck eine Bannmeile zu errichten. Aus ästhetischen Gründen.

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  7. sachsen, thüringen, alles eins

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  8. Bei Erich gab’s solche Probleme nicht. Da gab es Demo am ersten Mai für alle, und gut war’s. Für Bockwurst war genauso gesorgt wie für passende Losungen. Und demonstriert wurde dort, wo die Tribüne mit den lokalen Opas stand. Alles geregelt, nichts konnte schiefgehen. Und manchmal soll es sogar für die Teilnahme fünf Ostmark gegeben haben. Aber der Kapitalismus kriegt ja mal wieder nichts auf die Reihe.

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  9. VolkerStrammJanuar 21, 2010

    Glück gehabt. Gerade mal so die Wiedererrichtung der Hitlerdiktatur verhinder
    Nein, man kann nicht sagen, das vom Landtag couragiert erlassene Gesetz sei verfassungswidrig weil unbestimmt (also Willkür). Das Gegenteil ist der Fall. Es sind nämlich nicht irgendwelche, sondern „bestimmte Orte“, die vor Missbrauch geschützt werden.
    Wollen Rose kaufen?

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  10. flugs erweitert auf "sachsen" als bestimmten ort, wäre das problem ein- für allemal aus der welt (plus den ettersberg natürlich)

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