So ein Jubel überall. Seit Google bekanntgegeben hat, dass es seine Suchergebnisse in China nicht mehr nach staatlichen Vorgaben zensieren werde, lieben die deutschen Medien die Datenkrake aus Mountain View, als habe es die Google Earth-Autos auf deutschen Straßen, die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger eben noch mit einem verschärften Datenschutzgesetz bekämpfen wollte, nie gegeben. Oder als seien sie bloß Microsoft-Flieger, die Aufnahmen für Microsofts Virtual Earth-Landkarte machten. "Blumen für Google" verteilt die FAZ, das Manager-Magazin sieht gar eine Kehrtwende wegen Zensur mit folgendem "Showdown zwischen zwei Weltmächten". Applaus für den "mutigen Schritt"kommt von der Illustrierten "Stern", eine "Doppelmoral im Land des Drachen" kritisiert die "Börsen-Zeitung".
Die aber ist natürlich nicht auf das "Land des Drachens" beschränkt, wie ein Blick auf die deutsche Google-Suche zeigt. Werden in China Suchergebnisse zu Begriffen wie Tiananmen-Platz oder "Studentenunruhen" ausgefiltert, sind es in Deutschland Begriffe wie "Rotten", "Hitler", "Telefonsex-ohne0190" oder "Easydentic", zu der nur unvollständige Ergebnislisten geliefert werden. Ganz unten auf der Ergebnisseite lässt Google wissen: "Aus Rechtsgründen hat Google 1 Ergebnis(se) von dieser Seite entfernt". Besagte "Seite" ist die Google-Suchseite für Deutschland, gibt man denselben Suchbegriff in die Suchmaske von Google.com ein, sind die Ergebnislisten wieder vollständig, auch für Suchende von Deutschland aus.
Doch der Schuh ist dem deutschen Medienarbeiter in diesem Fall näher als das Unterhemd, wie auch Netzwerkrecherche beklagt. Protest gegen Zensur in China, wo selbst die Buddhisten religionsmäßig zustehende Wiedergeburt neuerdings staatlicher Zustimmung bedarf, geht immer gut, selbst wenn es jedem Chinesen natürlich freisteht, statt auf goole.cn auf google.com nicht nur zu suchen, sondern auch zu finden.
Protest gegen Suchergebnis-Zensur in Deutschland dagegen gibt es nicht, weil ja schon das Grundgesetz sagt, dass eine Zensur nicht stattfindet. Fände sie statt, wäre das Grundgesetz die Glasplatten nicht wert, auf die sie sich das Bundesparlament in Berlin teuer vor die Tür hat ätzen lassen. Google begründet die Aussortierung bestimmter Ergebnisse aus den Suchlisten zu bestimmten Begriffen denn auch nicht allzu umständlich: "Google received a complaint via email regarding a site that is allegedly illegal according to German law. In response to this complaint, we have removed the site from the www.google.de domain", heißt es da knapp. Sie haben eine Mail bekommen. In der jemand etwas auf irgendeiner Seite als ungesetzlich bezeichnet hat. Daraufhin haben sie die Seite halt gesperrt. Zensur ist das nicht. Wir sind ja schließlich nicht in China.
Liste der verbotenen Begriffe, schlecht geordnet: Chilling Effects Tracker
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AntwortenLöschenauch wenn man da jetzt sicher kleinkariert dran rumkritteln könnte.. ich lass es mal und befinde es,vorallem im hinblick auf derzeitigen hype, als gut bzw. plusgut.. mit leichtem hang zu doppelplusgut
AntwortenLöschenherzlichen glückwunsch zu ihrer herrausragenden einzelmeinung
danke
AntwortenLöschenDanke für den Hinweis -- dass google.de zensiert, war mit bis dato unbekannt.
AntwortenLöschen„...weil ja schon das Grundgesetz sagt, dass eine Zensur nicht stattfindet“.
AntwortenLöschenNatürlich nicht. Genauso wie es in Deutschland (GG Art. 3) keine Diskriminierung gibt – es sei denn, sie ist positiv.
Die ehemalige liberale
Süddeutsche Zeitung hat vor 3 Wochen wutschnaubend festgestellt, in Deutschland gäbe es keine PoliticalCorrectnes und keine Denkverbote – so wie die ersten beiden Kommentare auf der
Online-Leserbriefseite das eindrucksvoll belegen.
PS
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AntwortenLöschenaber auch das wäre ja sowas wie zensur ;-)
Tschuldigung für die Belästigung. War zu faul mich einzuloggen - deshalb konnte ich keinen Papierkorb sehen.
AntwortenLöschenTrotzdem danke für den Tipp.
Wenn China zensiert, Frau Leutheusser Dingsirgendwas das aber anstrebt, ist das natürlich ein Unterschied. Schliesslich werden wir China schon irgendwie überholen, ohne es einholen zu müssen.
AntwortenLöschenHa naa, beklagen tun wir nichts. Im Gegenteil freuen wir uns über den Schlachtensieg der Demokratie ... in China.
AntwortenLöschen"...selbst wenn es jedem Chinesen natürlich freisteht, statt auf goole.cn auf google.com nicht nur zu suchen, sondern auch zu finden."
AntwortenLöschenHab gerad ne Diskussion mit nem Kollegen darüber ob man in China einfach so auf Google.com gehen kann!? Es wäre ja schwachsinnig google.cn zu zensieren und die Leute dann einfach google.com nutzen zu lassen!?
ist doch bei uns auch möglich. rotten.com findest du bei google.de nicht, wg. jugendschutz. aber geh auf google.com, da isse da, die schreckliche seite
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AntwortenLöschenJa, allerdings lässt sich die Zensur in China weder technisch noch inhaltlich mit der in Deutschland üblichen Entfernung von einzelnen, gegen geltendes Recht verstossenden Einträgen zu vergleichen.
AntwortenLöschenDer einfache wechsel auf Google.com bringt in China rein garnichts.
In China hat Google eh nur einen Marktanteil von 17%. Die mit Abstand beliebteste Suchmaschine ist da baidu.com
AntwortenLöschen(quelle:heise)
@ anonym: der witz ist, das die in china gesperrten seiten gegen in china geltendes recht verstoßen.
AntwortenLöschen@alex: nach anderen quellen 30 % marktanteil. das ist nicht nur, denn das ist ein drittel vom größten internetmarkt der welt